28.10.2019

Gute Apps dürfen etwas kosten! Case-Study: Butleroy

Gastbeitrag: Berthold Baurek-Karlic, Managing Partner bei Venionaire Capital, und Philipp Baldauf, Co-Founder & CEO vom Linzer Startup Butleroy, erläutern in einem Gastbeitrag, warum gute Apps etwas kosten dürfen.
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Butleroy
Das Linzer Startup Butleroy entwickelte eine App, die individuelle Termine und To-Dos intelligent koordiniert
Es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass Startups ihre Apps und Software gratis zur Verfügung stellen müssen, um “Traction“ aufzubauen. Unsere Erfahrung mit Butleroy – einer unserer Portfolio Firmen – hat uns aber gezeigt, dass gratis Apps nicht unbedingt besser vom Fleck kommen. Sie verbrennen viel mehr Geld und liefern tatsächlich keine besseren Kennzahlen. Wir waren überrascht, aber die App gegen einen kleinen Kostenbeitrag anzubieten, war die beste Idee, die wir haben konnten – die Downloads sind nicht gefallen, die Nutzer sind deutlich aktiver und letztlich treuer geworden. Wenn die Qualität stimmt, sollte man immer etwas für Software verlangen!

Case-Study Butleroy

Anfang Juli startete ein “Experiment”, angestoßen durch die Mentoren von NEXT Amsterdam, welches sich als einer der größten Erfolge der jungen Firmengeschichte von Butleroy entpuppen sollte. Die Frage, die wir uns stellten, machte uns schon lange Kopfzerbrechen: Warum muss das Produkt eigentlich gratis sein? Würde wirklich niemand für einen wirklich smarten Hybrid zwischen Kalender und To-do-Listen bezahlen?“ Ein gutes Produkt darf und muss auch etwas kosten und unsere Kunden haben uns sofort recht gegeben!

Der App-Store und seine Geschäftsmodelle

Der App-Store hat seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2007 schon viele Businessmodelle kommen und gehen sehen. Zu Beginn waren vor allem das Lite/Pro, sowie werbegestützte Geschäftsmodelle erfolgreich. Die Lite Version bot meist einen eingeschränkten Funktionsumfang und war teilweise mit Werbebannern zugepflastert. Bei der Pro Version handelte es sich um die “echte” App mit vollem Feature-Set, jedoch musste diese für einen fixen Preis erstanden werden. Runtastic war hier einer der Vorreiter und konnte dieses Modell erfolgreich nutzen. Ende 2009 kam dann der Wandel hin zum “Freemium-Modell”. Dies war und ist bis heute besonders bei Spielen sehr erfolgreich. Durch die Einführung von Abos kam wieder eine neue Möglichkeit Geld zu verdienen ins Spiel.

Zahlungsmüdigkeit der Kunden

Trotz all dieser Möglichkeiten haftete Apps immer eine gewisse Zahlungsmüdigkeit an. So waren viele der beliebtesten Dienste im Internet kostenlos. Von Social Media bis News hin zu Produktivitäts-Apps. So wurde Butleroy auch mit dem Gedanken geboren, kostenlos zu sein. Durch relevante Werbung und Partnerschaften sollten die Nutzer dann “später” monetarisiert werden. Dieses Modell setzt allerdings stark auf Volumen und Masse. Ist man allerdings erst dabei eine Nutzerbasis aufzubauen, bleiben die Erträge zu Beginn niedrig. Aus diesem Grund waren wir auf der Suche nach einem neuen Geschäftsmodell.

Was nichts kostet, ist nichts wert

Ein völlig anderes Problem von Gratis-Apps ist aber auch die Wertschätzung. Hier kommt der alte Spruch “Was nichts kostet, ist nichts wert” voll zu tragen. Wir wussten von vielen zufriedenen Nutzern, dass die App bereits sehr gut war. Neue Nutzer probierten allerdings oft wenig, bis gar nichts aus. Der Mehrwert von Butleroy konnte in diesen ersten “5 Sekunden” nur schwer vermittelt werden.
Spoiler: Selbst “namhafte” Investoren oder sogenannte Experten der Startup-Szene nehmen sich häufig nur wenige Minuten Zeit eine App zu testen und kritisieren in weiterer Folge sogar Features, die so gar nicht in der App vorhanden sind – auch diese Erfahrung musste das Team von Butleroy machen.
Die Hypothese für unser Eingangs erwähntes Experiment lautete: Gelingt es als “Bezahl-App” die Aufmerksamkeit der Nutzer länger zu halten und dadurch die initiale Absprungrate wesentlich zu verringern? Gelingt es darüber hinaus mit der verringerten Absprungrate die (vermeintlich) geringeren Downloads zu kompensieren?

Preis als Filter

Die Antwort fiel überraschend deutlich aus: Ja. Durch die Bezahlhürde sind neue Nutzer sehr aufmerksam in der ersten Handhabung der App. Verständlicherweise wollen unsere Nutzer schnell den Mehrwert erkennen, sind aber gewillt etwas mit der App “zu spielen”. Die Absprungrate hat sich dadurch mehr als halbiert.
Aber reicht das aus, um die geringeren Downloads zu kompensieren? Die Antwort ist ebenfalls Ja. Mit dem süßen Beigeschmack, dass die Downloads überhaupt nur unwesentlich gesunken sind. Durch Interviews fanden wir beispielsweise heraus, dass durch den Preis der versprochene Mehrwert der App wesentlich glaubwürdiger wurde. Frei nach dem Motto: “Wer würde eine wirklich gute App gratis anbieten”.
Das Resultat war, dass wir zufriedenere und loyalere Nutzer hatten. Dies fiel auch Apple auf und so war Butleroy nun bereits mehrmals in der DACH-Region und in den USA prominent im App-Store gefeatured. Es gilt den Kurs der Qualitätsapp fortzusetzen und über Empfehlungen der Community weitere Nutzer zu überzeugen.

Warum kein Abo-Modell?

Ein Abo-Modell hat natürlich aus Entwicklersicht viele Vorteile. So werden Updates an bestehende, zufriedene Nutzer beispielsweise nicht “kostenlos” verteilt. Wiederkehrender Umsatz macht auch die Finanzplanung wesentlich einfacher. Aus Kundensicht macht sich allerdings bereits eine gewisse “Abomüdigkeit” bemerkbar.
Wir schließen ein Abo-Modell zwar nicht grundsätzlich aus, tendieren aber eher dazu, künftig andere Dienste mit “Servicecharakter” für eine monatliche Gebühr anzubieten. Dieses Geheimnis behalten wir aber noch für uns – wir verraten nur soviel, unsere Kunden werden es lieben! Auch eine Produktdiversifizierung kann helfen. So ist Butleroy ab 30. Oktober am Mac verfügbar.


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Grafiken zur Startup Entwicklung Österreich
Eigene Grafiken, Karte Rechts (c) ASM
mit Visuals

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Es ist das Jahr 2014, brutkasten wurde soeben gegründet. Im September launcht Bitpanda, damals noch unter dem Namen Coinimal, Runtastic bringt ein Fitnessarmband auf den Markt und Shpock steht kurz vor der Übernahme durch den norwegischen Medienkonzern Schibsted. Die Startup-Szene boomt.

Das alles ist heute zehn Jahre her. Eine lange Zeit, in der in der österreichischen Startup-Szene einiges passiert ist – Erfolgsstorys von großen Exits werden geschrieben, Investor:innen stecken Millionenbeträge in junge Unternehmen, staatliche Gesellschaften wie die FFG vergeben jährlich 100 Millionen Euro für Projekte von Startups. Aber auch Krisen wie die Covid-19-Pandemie erschütterten die Wirtschaft – immer wieder werden Startups insolvent.

All diese Veränderungen versucht der Austrian Startup Monitor (ASM) festzuhalten, hinter dem das Austrian Institute of Technology (AIT) steht. Durch jährliche Umfragen erhebt die Forschungseinrichtung wichtige Daten, die einen Überblick über die Welt der Startups liefern. Diese Daten wurden brutkasten exklusiv zur Verfügung gestellt. Wir haben uns an – gesehen, was sich in den letzten zehn Jahren in der österreichischen Startup-Szene verändert hat.

Gründungsland Österreich

Beginnen wir mit den Neugründungen. Insgesamt 277 Startups wurden 2014 – im Entstehungsjahr von brutkasten gegründet. Anschließend stieg die Anzahl der Gründungen jährlich, bis der Wert 2017 mit 379 Startups seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.

Was die Daten des ASM ebenfalls zeigen, ist ein kleiner Rückgang im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie. Doch die Startup-Szene erholt sich schnell, bereits 2021 befinden sich die Neugründungen wieder auf Vorkrisenniveau. Aufgrund der vom AIT ausgewählten Suchstrategien, scheinen neu gegründete Startups erst mit einer zeitlichen Verzögerung bis zu zwei Jahren in den Daten auf. Doch für 2022 bis heute wird, ähnlich der Werte aus Deutschland, eine stabile Anzahl an Neugründungen erwartet  – wenn auch mit einem leichten Rückgang.

Investments: Mehr Deals, Gesamtsumme aber zuletzt rückläufig

Dass Startups über die Jahre vor allem wirtschaftlich immer relevanter werden, zeigen auch die Daten des jährlich erscheinenden EY Start-up-Barometer. Die Studie verrät, dass die Anzahl der Investments für österreichische Startups im vergangenen Jahr ein Rekordhoch erreicht hat. Noch nie zuvor wurden so viele Deals abgeschlossen.

Hier lohnt sich jedoch der Blick auf die Gesamtsumme der Investments. Denn 2023 waren die Investmentbeträge zum zweiten Mal rückläufig. Wie die Daten von EY zeigen, wurden 2023 zwar weit mehr Investments abgeschlossen als jemals zuvor, allerdings gab es keinen einzigen Großdeal im Umfang über 100 Millionen Euro.

2021 war die Anzahl an Investments zwar noch um einiges niedriger als 2023, allerdings katapultierte die Anzahl an Großdeals - wie etwa jene von Bitpanda oder GoStudent - die Summe in eine noch nie da gewesene Höhe. Über 1,2 Milliarden Euro wurde damals in Startups investiert  – mehr als die Hälfte davon alleine durch Großdeals.

Startups werden immer höher bewertet

Neben der Anzahl an Investments steigt auch die Bewertungen der Startups kontinuierlich. Aus den Daten des ASM geht hervor, dass die Investor:innen 2019 noch den Großteil der Startups mit weniger als 2,5 Millionen Euro bewertet haben. Doch bereits im Jahr darauf hat sich alles geändert: Mehr als die Hälfte der Startups erhielt eine Bewertung über dem Schwellwert. 

Seitdem sind die Bewertungen jährlich gestiegen. Im vergangenen Jahr kamen 44 Prozent der heimischen Startups auf eine Bewertung von mehr als fünf Millionen Euro  –  so hoch war der Wert noch nie. Einige Startups haben Bewertungen von über 100 Millionen Euro erreicht.

Startup-Gründung: eine Frage des Geldes

Insgesamt steigt zwar die Anzahl der Investments und auch die Bewertungen. Doch auf welche Finanzierungsformen setzen österreichische Startups überhaupt in welchem Ausmaß?

Die Daten zeigen: Bootstrapping bleibt nach wie vor häufigste Finanzierungsform. Zwei von drei Founder:innen finanzieren ihr Startup aus eigenen Mitteln. Allerdings ist der prozentuale Anteil an eigenfinanzierten Startups seit 2018 stark zurückgegangen. Vor sechs Jahren wurden noch 81 Prozent der Startups gebootstrappt - letztes Jahr waren es nur noch 66 Prozent.

Auch hier zeigt sich, dass öffentliche Förderungen aktuell wieder häufiger werden. Rund die Hälfte der Startups erhielt nationale Unterstützungen. Auch gaben mehr als ein Viertel der Startups an, sich aus dem Cashflow zu finanzieren. Daneben hat gut jedes vierte Startup einen Business Angel hinter sich. Hingegen spielen Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding nur mehr eine sehr geringe eine Rolle.

Beliebte Branchen

Vor zehn Jahren war Künstliche Intelligenz noch weitaus weniger verbreitet als heute. Doch die Grundsteine waren bereits gelegt. Aus den Fortschritten im maschinellen Lernen gingen die ersten Pioniere hervor: 2014 übernahm Google das Startup DeepMind und bald danach wurde auch OpenAI gegründet - das Unternehmen hinter der beliebtesten KI ChatGPT. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, bis KI auch die österreichische Startup-Szene umkrempelt.

Was aus der Grafik hervorgeht ist, dass IT & Software prozentual gesehen nach wie vor die dominierende Branche bleibt. Startups in der Branche der Life Sciences bekamen in den vergangenen Jahren starken Zuwachs. Ein Rückgang hingegen gab es bei den Anteilen an Hardware-Startups. Sie verlieren über die Jahre immer mehr an Bedeutung – verhältnismäßig setzen sich auch immer weniger Jungunternehmen in der industriellen Technologie an.

Dass Life-Science-Startups beliebter werden, zeigt sich auch bei den Gründungsformen. Akademische Startups, also Unternehmen, die als Spin-Off an einer Universität oder an einer Fachhochschule entstanden sind, machen heute knapp ein Viertel aller Gründungen aus. Aber dennoch: Mehr als jedes zweite Startup wird weiterhin unabhängig gegründet.

Frauen in den Gründungen

Auch der Frauenanteil in den Gründungsteams verändert sich. Nach den Daten des ASM waren vor sechs Jahren nur rund zwölf Prozent der Gründer:innen Frauen, während insgesamt 29 Prozent der österreichischen Gründungsteams zumindest eine Frau im Team hatten.

Bis 2022 stieg der Frauenanteil in den Gründungsteams auf rund 39 Prozent, bevor er vergangenes  Jahr wieder leicht zurückging. Der Anteil der Gründerinnen insgesamt hat sich bei etwa 17 Prozent eingependelt – auch dieser Wert ist leicht rückläufig.

Startups-Teams wachsen

Anhand der Anzahl der Mitarbeiter:innen zeigt sich: Startups wachsen. Vor sechs Jahren, also 2018, waren durchschnittlich 8,2 Mitarbeitende pro Startups angestellt. Nur drei Jahre später, 2021, waren es mit 12,3 Mitarbeiter:innen bereits um die Hälfte mehr. Auch im vergangenen Jahr waren durchschnittlich wieder 12,3 Mitarbeitende pro Startup angestellt.

In welchen Bereichen werden Mitarbeitenden eingesetzt? Am meisten gefragt ist nach wie vor IT und Softwareentwicklung. Jährlich gaben mehr als 40 Prozent der heimischen Startups an, dass sie hierbei Probleme in der Besetzung haben – 2022 war es sogar die Hälfte aller Startups.

Auch Positionen im Sales und in der Produktentwicklung sind gefragt – mehr als ein Viertel der Startups sucht ergiebig nach Angestellten.

Finanzielle Realität

Doch wie viel Umsatz machen die Startups am Ende des Jahres wirklich? Die Antwort wirkt etwas ernüchternd: Nach wie vor geben etwas mehr als ein Viertel der heimischen Startups an, keinen Umsatz zu machen. Ein weiteres Viertel hingegen äußert, dass sie einen Umsatz bis 50.000 Euro hatten – auch dieser Wert bleibt über die Jahre unverändert.

Immerhin kann die andere Hälfte von sich behaupten, einen Umsatz zu erwirtschaften, der darüber liegt. Nicht nur das, auch gibt mehr als jedes zehnte Startup an, bereits einen Umsatz über einer Million Euro zu haben.

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Die Daten, die wir für diesen Artikel verwenden, wurden dem brutkasten vom Austrian Startup Monitoring (ASM) zur Verfügung gestellt, sowie vom EY Start-up Investment Barometer Österreich 2023 abgerufen. Das ASM wird vom Austrian Institute of Technology (AIT) an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Jährlich befragt die Forschungseinrichtung die österreichische Startup-Szene empirisch. https://austrianstartupmonitor.at/


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