02.07.2018

Buchhaltungs-Startup Abacus erhält 1-Million-Euro-Investment

Die auf künstlicher Intelligenz basierende Software des Wiener Unternehmens Abacus Accounting Technologies konnte mit eQventure einen Lead-Investor überzeugen, der gemeinsam mit dem Gründerteam die Internationalisierung vorantreiben will.
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Abacus
(c) Abacus Intelligence: Christoph Prieler, Ulrich Tröller und Patrick Sagmeister freuen sich über das Millionen-Investement in ihre Buchhaltungs-Software.

Für die Gründer des Data Sciene-Unternehmens ist es nicht die erste Zusammenarbeit. Ulrich Tröller und Christoph Prieler taten sich, nachdem sie in verschiedenen Geschäftsführungspositionen im Vertrieb (Tröller) bzw. im Bereich Finanzen und Buchhaltung (Prieler) tätig waren, bereits 2011 für ein Buchhaltungsdienstleister-Startup zusammen. Der dritte Abacus-Gründer Patrick Sagmeister sammelte direkt im Anschluss an die Uni Startup-Erfahrung als CTO. In der Folge machte er sich für eine Biotech-Firma zusammen mit Tröller selbständig. Das Abacus-Führungsteam verfügt insofern über die besten Voraussetzungen, um auch die jüngste Unternehmung zum Erfolg zu führen.

+++ Wo steht die Artificial Intelligence wirklich? +++

Warnung vor Unregelmäßigkeiten

Ihr Kernprodukt von Abacus ist eine Software, die Buchhaltungsprozesse auf Basis eines selbstlernenden Algorithmus beschleunigt und verbessert. Dabei handelt es sich laut CEO Tröller nicht um ein “Add-on für Finanzabläufe”, sondern um “eine komplett neue, bisher am Markt nicht verfügbare Technologie”. Die basiere auf drei besonderen Komponenten: Capture, Compete und Control.

Capture umfasse das Auslesen von Daten, was nicht nur Rechnungen sondern alle Arten von für die Buchhaltung relevanten Belegen meine, wie Co-Founder Prieler ausführt. “In diesem Bereich sind wir eher traditionell unterwegs und bedienen uns teils auch zugekaufter Software – da gibt es sehr viele Anbieter.” Der von Abacus entwickelte Algorithmus ermöglicht es, die wirklich buchhalterischen Fachleistungen zu automatisieren. Ferner macht er die richtige Kontierung mit Hilfe von KI-Technologien sichtbar. Die Software tritt damit in Konkurrenz (“Compete”) mit dem Menschen. In der Folge lernt die Software den Umgang mit diversen rechtlichen und wirtschaftlichen Themenstellungen. So werden schließlich Buchhaltungsabläufe kontrolliert und User werden darauf hingewiesen bzw. gewarnt, wenn Unregelmäßigkeiten auftauchen. “Auf dieser Informationsbasis trifft der Buchhalter dann Handlungsentscheidungen.”

Entscheidungsgewalt bleibt beim User

Von einer Abschaffung des Menschen durch künstliche Intelligenzen, wie von Kritikern dieser Technologien befürchtet, könne dabei keine Rede sein: “Ich beschäftige mich seit über 20 Jahren mit der Branche, bin selbst auch Buchhalter und gehe nicht davon aus, dass der Job sich in den nächsten Jahren überflüssig wird”, so Prieler. “Vielmehr wird er sich wie schon in den vergangenen Jahren weiter verändern und sich sukzessive zu einer höherwertigen Tätigkeit weiter entwickeln.” Die Abacus-Software sei schlicht eine Unterstützung, “aber wie damit umgegangen wird, bleibt die Entscheidung des Buchhalters.”

Als Zielgruppe nennt er “Buchhaltungsexperten, die in der Regel zumindest fünf MitarbeiterInnen haben”. Hieraus ergeben sich zwei Zielgruppen: die Buchhaltungsabteilungen größerer Firmen sowie Buchhaltungsdienstleister wie z.B. Steuerberaterkanzleien. Diesen werde die Software als maßgeschneiderte Lösung über ein Lizenzmodell angeboten; entsprechend sei auch die Preisgestaltung individuell.

Abacus forciert die Internationalisierung

Von diesem Konzept sind auch Investoren überzeugt, die in einer ersten Finanzierungsrunde insgesamt eine Million Euro in Abacus einlegen. Lead Investor ist die Beteiligungsgesellschaft eQventure rund um Herbert Gartner aus Graz. Er begründet sein Investment wie folgt: “Das Unternehmen verfügt über ein extrem überzeugendes Gründer- und Management-Team, ein skalierbares Produkt und eine technologische Lösung, die wir rasch international vermarkten können.”

Die Internationalisierung nennt demnach auch Prieler als erstes, wenn es um die weitere Entwicklung von Abacus geht: “Bereits jetzt sind wir in Österreich und Deutschland sehr erfolgreich. Den deutschen Markt werden wir nun verstärkt bedienen, aber auch erste Schritte in weiteren Ländern Europas wagen.” Was das Produkt selbst betrifft, werde man sich vor allem der Control-Funktion widmen, “die es im Sinne unserer Kunden – und in Zusammenarbeit mit ihnen – weiter zu entwickeln gilt.”

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Niki Futter über WIN und Dachfonds
Niki Futter | Foto: Patrick Münnich/Angels United GmbH & Adobe Stock (Hintergrund)

Während in Österreich der Wahlkampf in der heißen Phase ist, ist im großen Nachbarland Deutschland noch ein Jahr Zeit bis zur Bundestagswahl. Vielleicht hat es Startup-Politik dort nun genau deswegen kurz auf die ganz große Bühne geschafft. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) unterzeichneten am vom Wirtschaftsministerium organisierten “Start-up Germany Summit” eine Absichtserklärung für ein “umfangreiches Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wachstums- und Innovationskapital (WIN) in Deutschland”.

Große Banken, Versicherungen und Konzerne bei WIN-Initiative dabei

Ebenfalls unter den 39 Unterzeichner:innen waren Vertreter:innen zahlreicher großer Banken, Versicherungen und anderer Unternehmen, etwa Allianz, BlackRock Deutsche Bank und Henkel, sowie von der Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), die eine zentrale Rolle bei WIN spielen soll. Gemeinsam will dieses Bündnis “etwa zwölf Milliarden Euro bis 2030 in die weitere Stärkung des deutschen Venture Capital-Ökosystems” investieren.

12 Milliarden Euro: Nicht nur direkte Investitionen in VCs

Das soll einerseits über “direkte Investitionen in Wachstums- und Innovationskapital” passieren, also mit einem Modell, das dem von den österreichischen Startup-Institutionen geforderten und von der ÖVP mittlerweile ins Wahlprogramm aufgenommenen Dachfonds ähneln dürfte. Daneben soll das Kapital aber auch in “die finanzielle Unterstützung beim Aufbau von Startup-Factories” oder strukturelle Beiträge wie den “Aufsatz und Vertrieb von VC-Investmentvehikeln für geeignete Privatpersonen” fließen.

Futter: “zeigt uns, dass die Regierung in Deutschland die Situation der Startups erkannt hat”

Sollte die das Vorhaben zum Vorbild für Österreich werden? Business Angel Niki Futter, seines Zeichens auch Chairman of the Board von invest.austria, meint gegenüber brutkasten: “Die WIN-Initiative der Bundesregierung zeigt uns, dass die Regierung in Deutschland die Situation der Startups erkannt hat.” invest.austria hat erst kürzlich gemeinsam mit drei weiteren Organisationen die “Vision 2030” präsentiert (brutkasten berichtete).

Auch in Österreich fehle es an ausreichend Risikokapital aus dem Inland, sagt Futter nun weiter. Daher seien vielversprechende Startups gezwungen, im Ausland nach Investor:innen zu suchen. “Dadurch verlieren wir nicht nur wirtschaftliche Potenziale, sondern auch Innovationskraft, die für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes entscheidend wäre”, meint Futter.

Dachfonds-Vorschlag mit gleicher Zielsetzung: “Kapital heimischer institutioneller Investoren bündeln”

Deutschland habe mit der WIN-Initiative “einen wichtigen Schritt getan, um genau dieses Problem anzugehen”. “Ähnlich wie dort gibt es auch in Österreich erhebliche Vermögen bei institutionellen Investoren – wie Pensionskassen und Versicherungen –, die bisher nur selten in Risikokapital investiert werden”, so Futter. Mit dem Dachfonds-Vorschlag verfolge invest.austria genau die Strategie: “das Kapital heimischer institutioneller Investoren bündeln und es als Anker-Investor für heimische Startups und KMUs in der Wachstumsphase einsetzen”.

WIN: Futter hofft auf Dachfonds-Einführung mit nur einem Jahr Verzögerung

Und der Business Angel fügt an: “Bei der Einführung der Mitarbeiterbeteiligung im Jänner 2024 waren wir rund ein Jahr später als Deutschland. Wenn wir ein Jahr Verzögerung gegenüber unserem größten Wirtschaftspartner als gegeben hinnehmen, dann sollten wir im Sommer 2025 den von uns vorgeschlagenen Dachfonds zur Wirkung bringen”. Es sei “eine wichtige Aufgabe mit großen Auswirkungen, die die kommende neue Bundesregierung schnellstmöglich angehen muss”.

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