04.04.2015

Brutkasten.Interview: Drei Wiener mischen E-Bike-Markt auf – eine Erfolgsgeschichte per Crowdinvesting

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© Freigeist: Drei Wiener mit großer Vision: Sie wollen E-Bikes von ihrem staubigen Image befreien.

Österreich ist mobil. Aber nicht unbedingt per Auto. Immer mehr greifen auf öffentliche Verkehrsmittel zurück, gehen zu Fuß oder nutzen ein Fahrrad zur Fortbewegung. Fast sieben von zehn benutzen ein Fahrrad um von A nach B zu kommen. Die Wiener sind Vorreiter mit 72 Prozent, die auf das Auto verzichten. Danach folgen Innsbruck und Bregenz.

Der Markt für Fahrräder hat dementsprechend großes Potential – das noch lange nicht ausgeschöpft ist. Vor allem Elektro-Fahrräder rücken immer mehr ins allgemeine Interesse. Längere Strecken können mit den E-Bikes schneller und mit weniger Kraftaufwand zurück gelegt werden – ein Vorteil, vor allem, wenn man knapp bei Puste ist.

Das immense Potential, das hier versteckt liegt, haben drei Wiener erkannt und vor rund einenhalb Jahren ihre Jobs – sie waren in der Juristerei, im Ingenieurswesen und im Consulting tätig – an den Nagel gehängt. Sie haben das Startup FREYGEIST gegründet und ein E-Bike entwickelt, das genauso viel wiegt wie ein normales Fahrrad- und auch so aussieht. Ein Vorteil gegenüber anderen Mitbewerbern, deren Modelle oft plump aussehen und schwer sind. Damit ihre elektrischen Fahrräder in Produktion gehen können, haben sie eine Crowdinvesting Kampagne auf Companisto gestartet.

Innerhalb von wenigen Stunden wurde die minimale Fundinggrenze erreicht und die Schwelle nun bereits zum dritten Mal angehoben. Aktuell haben beinahe 600 Companisten über 750.000 Euro investiert – knappe 40 Tage läuft die Kampagne noch. Der Erfolg beweist, dass nicht nur das Potential da ist, sondern auch tatsächliches Interesse.

Co-Gründer Martin Trink von Freygeist hat dem Brutkasten beantwortet, wie er auf die Idee kam, wieso sie den Weg des Crowdinvesting gewählt haben und ob es ein Rezept für eine erfolgreiche Kampagne gibt.

Welchen Vorteil bietet das Freygeist E-Bike gegenüber anderen E-Bikes?

E-Bikes in Städten sind DAS Thema der Zukunft. Aktuelle Modelle sind aber meist schwere, klobige „elektrische Mofas“. Mit 25 kg Durchschnittsgewicht werden ein paar Stiegen, etwa in den Radkeller oder zur U-Bahn, im Alltag eine unüberwindliche Hürde. Auch die Nutzung bei leerem Akku ist nur sehr eingeschränkt möglich. Damit geht bis jetzt auch ein eher rückständiges und langweiliges Image einher. Uns ist die Symbiose aus klassischem Fahrrad und modernem e-Bike gelungen. Mit 12 kg und vollwertiger Schaltung sind ein leerer Akku oder ein paar Stiegen kein Problem mehr. Das Freygeist E-Bike ist auch nicht mehr als E-Bike erkennbar. Das alles aber ohne Einschränkungen bei Leistung oder Reichweite. Damit erzeugen wir nicht nur ein völlig neues Fahrerlebnis sondern ändern auch das verstaubte Image, das man mit e-Bikes verbindet. Wir sprechen eine global im Wachstum befindliche Käufergruppe, die „Urban Professionals“, an, für die bisher ein E-Bike keine Option war.

Freygeist ist eine Symbiose aus klassischem Fahrrad und modernem e-Bike. Mit 12 kg und vollwertiger Schaltung sind ein leerer Akku oder Stiegen kein Problem mehr.

Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen? Und wie kam es zum Team?

Ich habe mich immer geärgert, wenn ich mit dem Auto irgendwohin fahren musste und dann unendlich viel Zeit verloren habe, weil ich im Stau stand oder stundenlang Parkplatz suchen musste. Und erst der Weg in der Früh in die Arbeit: Die Wahl zwischen der überfüllten Straßenbahn oder verschwitzt mit dem Fahrrad im Büro kommen, war jedes Mal ein Qual. So kam ich schließlich auf die Idee, das Projekt Freygeist zu starten.

Und wieso gerade ein E-Bike? Es gibt kein Verkehrsmittel das einen innerstädtisch schneller von A nach B bringt oder ohne Anstrengung am Radweg am Stau vorbei fährt – und das alles zu einem Bruchteil der Kosten eines KFZ. Von den positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, die ja inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen sind, und reduziertem CO2 Ausstoß gar nicht zu sprechen…

Wofür steht der Name Freygeist?

Der Name „Freygeist“ steht für “Freiheit”. In den Nachkriegsjahren wurde für viele Menschen erstmals ein eigener PKW leistbar. Wir kennen alle die Geschichten wie die ganze Familie im Käfer nach Italien auf Urlaub fahren konnte – großartig! Der PKW vermittelte eine neue Freiheit. Heute hat sich das im städtischen Bereich doch völlig ins Gegenteil verkehrt. Mit dem Auto steht man im Stau, sucht Parkplatz und die Politik versucht dem Verkehrschaos durch finanzielle Belastungen Herr zu werden. Genau diese Freiheit und Lebensfreude möchten wir den Menschen mit unseren Bikes zurück geben.

Wie seid ihr an die Entwicklung herangegangen?

Erster Schritt war für uns verschiedene Motoren zu testen. Dann haben wir extremen Leichtbau betrieben um zu sehen was technisch möglich ist – da war etwa ein fahrfähiges E-Bike mit 8,6 kg dabei. Nächster Schritt war ein Konzept zu designen, das eine breite Käuferschicht anspricht. Wir haben dann nach Zulieferern und Kooperationspartnern gesucht um dieses Konzept umzusetzen. Den Aufbau haben wir bei den Prototypen in einer zur Werkstatt umfunktionierten Garage gemacht – geleitet wurde das von Usama Assi, unserem Techniker.

Was waren eure bisherigen Milestones und habt ihr bereits vor der Kampagne Finanzierung aufgestellt?

Start-Up ist natürlich finanziell zu Beginn ein schwieriges Thema. Wir Gründer haben ja unsere Jobs aufgegeben, um uns ganz auf Freygeist konzentrieren zu können. Die ersten Monate haben wir von unseren Ersparnissen gelebt und damit auch Testmotoren und Bauteile finanziert. Dann haben unsere Familien uns unterstützt wo es ging, bis wir einen fahrfähigen Prototypen hatten. Damit sind wir dann zu mehreren Investoren gegangen, haben aber erst mit Martin Egger (und Christian Köhler, Trend Consulting GmbH) den perfekten Partner für Freygeist gefunden, der an den Erfolg des Projekts zu 100% geglaubt hat – er hat die weitere Finanzierung übernommen. Durch die “Companisten” sind wir jetzt natürlich nicht nur finanziell sehr gut aufgestellt, sondern haben auch unseren Bekanntheitsgrad deutlich steigern können.

Wieso habt ihr euch für Crowdinvesting entschieden?

Crowdinvesting ist für uns die ideale Markteintrittsstrategie. Das hat drei Aspekte:

  • zum einen ist die Finanzierung sichergestellt,
  • dann haben wir durch die Prämien erreicht, dass wir eine kritische Masse an Rädern in kürzestem Zeitraum auf die Straße bringen können
  • und schlussendlich haben wir durch das erfolgreiche Crowdinvesting mit einem Schlag einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht.

Wieso Companisto und keine andere Crowdinvesting-Plattform? Und wieso jetzt?

Österreichische Plattformen haben, abgesehen von der aktuellen Rechtslage, ganz klar nicht die Kapazität um so hohe Beträge zu generieren oder so viele Menschen zu erreichen. Um so eine Kampagne erfolgreich umzusetzen, mussten wir zu einer der größten Plattformen im deutschsprachigen Raum. Wir glauben, dass Companisto der ideale Partner für Freygeist ist. Wir brauchten die Finanzierung vor allem deswegen, da wir an den Punkt angelangt sind, an dem das Freygeist E-Bike reif ist für die Produktion in Serie. Die Jahreszeit im Frühjahr bzw. Frühsommer ist auch ideal, weil viele Menschen jetzt wieder aufs Rad steigen.

Habt ihr damit gerechnet, einen so durchschlagenden Erfolg auf Companisto zu haben? Und wie war das Gefühl zu sehen, dass die Investoren auf der Comapnisto-Plattform minütlich einen Betrag investieren?

Wir waren schon zuversichtlich, dass wir im Laufe der Kampagne eine halbe Million erreichen werden. Dass dieses Ziel nach einer Woche erreicht war, damit haben wir absolut nicht gerechnet! Es ist für uns natürlich sehr schön zu sehen, dass viele Menschen die Opportunity sehen und Freygeist auf diesem Weg begleiten wollen. Das hat ja einen Mehrwert der weit über das eingesammelte Kapital hinausgeht!

Ja, das war schon ein tolles Gefühl als man gesehen hat, dass hier so viele Menschen bereit sind Geld zu investieren, weil sie Bedarf für Veränderung und Potential sehen – und Freygeist zutrauen hier eine Lösung zu bringen, die am Markt nachhaltig erfolgreich ist.

Wie hoch soll die Finanzierungsrunde sein?

Unser Business Plan geht von einem Kapitalbedarf von 1,2 Mio. Euro aus. Diese Summe sollte ursprünglich durch einen Mix aus Mitteln der Companisten sowie unseres Investors erreicht werden. Dass jetzt der Anteil der Companisten höher wird, ist natürlich aus der Sicht vom Aufbau der Marke sehr positiv. Die absolute Obergrenze im Rahmen der Kampagne liegt bei EUR 1,5 Mio. Sollte (wonach es derzeit aussieht) mehr Kapital zur Verfügung stehen als ursprünglich vorgesehen, wird dieses für die Finanzierung der höheren Stückzahlen sowie die raschere Umsetzung der Technologieroadmap genutzt. Also ausschließlich Bereiche die den Unternehmenswert steigern und somit ganz im Interesse der Companisten liegen.

Habt ihr denn überhaupt die Kapazität so viele E-Bikes zu produzieren? Und, hattet ihr von Beginn an eine Werkstatt?

Es ist natürlich ein Thema, dass wir nicht mit so einer starken Nachfrage gerechnet haben und jetzt auch bei höheren Stückzahlen primär die Qualitätssicherung sicherstellen müssen. Für Vorbestellungen die derzeit eingehen, können wir aber noch eine Lieferung in diesem Jahr garantieren.

Wir haben freilich einen Ort gebraucht, um an Prototypen zu bauen, also haben wir kurzerhand einen leerstehenden Raum unseres Co–Gründers Stephan Hebenstreit zur Werkstatt umfunktioniert. Damit erfüllt Freygeist perfekt das Klischee der „Garagengründung“. Für die Serienfertigung arbeiten wir aber mit etablierten Partnern zusammen. Klingt zwar weniger romantisch, stellt aber Professionalität und gleichbleibend hohe Qualität sicher.

Ist Wien der richtige Ort, um durchzustarten? Man hört oft, dass man ins Ausland gehen muss, um ein Startup erfolgreich in die Zukunft zu führen.

In Wien entstand zwar die Idee, die FREYGEIST GmbH hat ihren Sitz mittlerweile aber in Berlin, wo die Start–Up Szene deutlich stärker ausgeprägt ist. Unsere Zulieferbetriebe und Kooperationspartner sind auf der ganzen Welt verteilt.

Sieht man sich die Erfolgsstories an, hat der angelsächsische Raum, speziell Silicon Valley, schon den Ruf als „the place to be“ für ein High Tech Start-Up. Der rasche Erfolg unserer (und anderer) Kampagnen zeigt aber klar, dass auch in Kontinentaleuropa zukunftsweisende Projekte möglich sind und die Menschen viel offener sind als ihr Ruf das nahelegen würde.

Gibt es Learnings, die ihr bereits mitgenommen habt?

Ganz entscheidend ist der Mehrwert den ein Investor abgesehen vom Kapital in ein Start-Up einbringt. Erfahrung, Netzwerk und persönliches Engagement des Investors spielen hier eine entscheidende Rolle. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht und profitieren jeden Tag von der Zusammenarbeit mit Martin Egger.

Ansonsten gibt es viele Menschen die meinen, Start-Up bedeutet, ein paar verträumte Studenten haben eine geniale Idee und ein paar Jahre später sind sie Millionäre. Die Realität sieht natürlich ganz anders aus. Gute Ideen haben viele, 90 Prozent der Arbeit ist es aber, die Ideen in die Realität umzusetzen. Unsere Arbeit ist auch nicht immer spannend oder kreativ, die ersten Jahre als Gründer ist man auch Sekretärin, Mechaniker und Laufbursche. Das muss man können und wollen.

Ein klares Learning ist der Mehrwert den ein Investor abgesehen vom Kapital in ein Start-Up einbringt: Seine Erfahrung, sein Netzwerk und persönliches Engagement.

Was sind eure nächsten Ziele? Kurzfristig, Mittel- und auch Langfristig?

Dieses Jahr geht es darum mit der Serienproduktion der Nachfrage nachzukommen und dabei die hohe Qualität durchgehend sicherzustellen. Daneben bauen wir nachhaltig tragfähige Strukturen auf, wobei hier von Zusammenarbeit und Unterstützung unseres erfahrenen Business Angels profitieren.

Mittelfristig werden wir aufbauend auf unserer aktuellen Plattform weitere Modelle auf den Markt bringen, der Fokus liegt dabei auf noch geringerem Gewicht und puristischem Design – natürlich auch weiterhin ohne Einbußen bei Leistung oder Reichweite. Aus unternehmerischer Sicht ist Markenaufbau ein ganz wesentlicher Punkt und wir werden die ersten Projekte im Bereich Forschung und Entwicklung umsetzen.

Langfristig arbeitet FREYGEIST an der Entwicklung einer Technologieplattform im Bereich der elektrischen Leichtfahrzeuge für den urbanen Bereich. Wir bewegen uns also in einen technologieintensiven Bereich. Hier liegt ganz klar das Zukunftspotential.

Habt ihr Tipps für erfolgreiche Crowdfinancing Kampagne?

Es gibt Produkte und Geschäftsmodelle die besser für Crowdfinancing geeignet sind, als andere. Es ist eine Kombination aus mehreren Faktoren. Zu allererst müssen Produkt, Geschäftsmodell und Markt relativ unkompliziert zu erklären sein. Crowdinvestoren sind ja meist keine hauptberuflichen Venture Capitalists, die die Kapazität haben, hochkomplexe Geschäftsmodelle im Detail zu verstehen.

Darüber hinaus hatten wir den Vorteil ein serienreifes Produkt vorzeigen zu können, viele Companisten sind zu einer Testfahrt gekommen und haben sich danach für eine Investition in Freygeist entschieden. Das ist mit webbasierten Anwendungen oder komplexen b2b Produkten nicht möglich.

 

Freygeist

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Alexander Schmitz | (c) XELA

Japan gilt seit Jahrzehnten als Vorreiter in der Robotik und Automatisierung, ein Land, in dem Roboter nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch im Alltag eine zentrale Rolle spielen. Inmitten dieser technologischen Hochburg hat sich der österreichische Gründer Alexander Schmitz mit seinem Unternehmen XELA Robotics erfolgreich etabliert. Seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt entwickelt und erforscht der Österreicher taktile Sensoren für menschlich-kollaborative Roboter. Vor der Unternehmensgründung im August 2018 war Schmitz auch als Associate Professor an der Waseda University in Japan tätig, bevor er sich vollständig auf sein Unternehmen konzentrierte.

Technologie ermöglicht menschenähnlichen Tastsinn

XELA Robotics setzt auf eine KI-Technologie, die taktile Sensoren integriert und damit neue Möglichkeiten für personalisierte Servicerobotik, Montage, Verpackung und Landwirtschaft schafft. Die Sensor- und Software-as-a-Service (SaaS)-Lösungen von XELA unterstützen Unternehmen weltweit bei der Digitalisierung und Automatisierung.

XELA Robotics hat uSkin entwickelt, einen Drei-Achsen-Tastsensor, der in einem weichen, langlebigen Gehäuse untergebracht ist und sich nahtlos in neue und bestehende Roboter integrieren lässt. uSkin verleiht Robotern einen menschenähnlichen Tastsinn und verbessert ihre Fähigkeit, Objekte präzise zu manipulieren. Jeder Sensorstreifen enthält mehrere Sensoren, und jeder Sensor misst 3-Achsen-Kräfte , die an spezifische Anwendungen angepasst werden können. Zu den Kunden von XELA zählen internationale Konzerne wie Honda, Hitachi oder Samsung.

Millionen-Investment und Expansion nach Europa

Wie XELA nun bekanntgab, konnte man für das weitere Wachstum ein Millionen-Investment an Land ziehen. Investor ist die Investoren-Gruppe FSR mit Sitz in Tokio.

„Die Partnerschaft mit unserem neuen Investor wird unsere Fähigkeit beschleunigen, sowohl unsere Sensortechnologie als auch unsere KI- Software zu skalieren. Dadurch können wir komplette Lösungen anbieten und die Produktion ausweiten, um der wachsenden globalen Nachfrage gerecht zu werden”, so Schmitz.

In Europa bedient XELA ebenfalls namhafte Kunden. Zudem hat XELA die Möglichkeit genutzt, sich über das Global Incubator Network (GIN) strategisch in Europa zu positionieren. “Durch das erstklassige Programm des Global Incubator Networks konnten wir unsere Marktchancen in Europa evaluieren, einen klaren Go-to-Europe-Plan mit Österreich als Basis entwickeln und einen erfahrenen Mentor gewinnen. Dieser Mentor hat uns nicht nur in der Umsetzung unserer Europastrategie begleitet, sondern auch wesentlich zur Finanzierungssicherung in Japan beigetragen“, sagt Schmitz.


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