21.05.2015

Brutkasten.Inside: “4 Gründe, wieso mein Startup letztlich scheiterte”

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In Berlin nahm David Pichsenmeister mit orat.io beim Accelerator-Programm von Axel Springer teil.

David Pichsenmeister, Co-Gründer von orat.io, erzählt dem Brutkasten, welche Erfahrungen er aus seiner Zeit als Startup-Gründer mitgenommen hat. 

 

Vor rund einem Monat haben wir die Schließung von orat.io bekanntgegeben. Orat.io war eine Diskussionsplattform und ebenso ein Plugin für Blogger und Onlinemedien.

Wie kam es dazu? Mein Co-Founder und ich haben unser Unternehmen als Hobby-Projekt im Sommer 2013 neben unserem Studium gestartet. Nachdem wir Orat.io für ungefähr ein Jahr als Diskussionsplattform geführt hatten, haben wir beschlossen, ein Plugin zu bauen, damit Blogger und Onlinemedien unsere Diskussionen in ihre Webseite integrieren konnten. Im Frühjahr wurden wir dann damit in den Axel Springer Plug and Play Accelerator in Berlin aufgenommen.

Es war eine wirklich spannende Erfahrung. Ich habe eine Menge interessanter Leute getroffen, gutes und auch schlechtes Feedback bekommen, aber vor allem – da dies auch meine erste Startup-Gründung war – sehr viel gelernt.

Es gibt viele Gründe, warum unser Startup nicht funktioniert hat. Ein paar Lehren und mögliche Stolpersteine, die wir daraus gezogen haben, habe ich hier zusammengefasst. Alle diese Gründe sind natürlich subjektiv und treffen möglicherweise nicht für andere Produkte oder Branchen zu.

1. Existierendes Produkt ersetzen vs. neues Produkt einführen

Ein existierendes Produkt zu ersetzen ist um einiges schwieriger als ein neues Produkt einzuführen. Das Risiko, ein funktionierendes Produkt oder Plugin zu ersetzen, ist für viele Unternehmen einfach zu hoch. Vor allem, wenn das Unternehmen nicht auf direktem Weg mehr Umsatz davon macht.

Ein Diskussionsplugin, wie das von orat.io, zielt darauf ab, den Umsatz indirekt durch User Engagement und Brand Building zu erhöhen. Unternehmen können daher keine direkte bzw. kurzfristige Steigerung des Umsatzes wahrnehmen.

Das Risiko, ein funktionierendes Produkt oder Plugin zu ersetzen, ist für viele Unternehmen einfach zu hoch. Vor allem, wenn das Unternehmen nicht auf direktem Weg mehr Umsatz davon macht.

2. Niemals Sales und Support unterschätzen

Wir haben die Zeit, die es braucht, um unser Produkt zu verkaufen, total unterschätzt. Vor allem wenn es um größere Verlage geht, dauert der Sales-Vorgang weit länger als erwartet.

Damit wir das Risiko für unsere Kunde, die ihr bestehendes Kommentarsystem durch orat.io ersetzen, möglichst gering halten, führten wir eine 30 Tage lang andauernde Testperiode ein, in der unser Plugin gratis war.

Für die meisten Kunden mussten wir in etwa einen Monat aufwenden, um einmal in Erstgespräche zu kommen – wobei die meiste Zeit hier vor allem dafür verwendet werden musste, die richtige Ansprechperson zu finden.

Nach Ablauf der Testperiode mussten die meisten Firmen die Ergebnisse erst für ein bis zwei Monate evaluieren und bei ihren Projektmanagern ein Budget für unser Plugin beantragen.

Damit hatten wir im Schnitt eine Dauer von drei bis vier Monaten für eine erfolgreiche Akquisition: bei weitem zu lange für ein Startup mit nur 25k Funding und einer damit verbundenen Laufzeit von sechs Monaten!

3. Fokus auf die “richtigen” Kunden 

Wenn man ein neues Produkt auf den Markt bringt, ist es wichtig, sich zu entscheiden, auf welche Kunden man sich anfangs konzentrieren sollte. In unserem Fall mussten wir uns entscheiden, ob wir mit Bloggern oder Onlinemedien (Verlagen) starten. Da Blogger schwierig zu monetarisieren sind, haben wir uns entschieden, uns anfangs auf Verlage zu spezialisieren. Das war eventuell nicht die beste Entscheidung. Blogger sind zwar schwieriger zu monetarisieren, dafür adaptieren sie neue Technologien viel schneller bzw. mit weniger Risiko. Somit hätten wir in einer früheren Phase leichter Traction bekommen können.

Blogger sind zwar schwieriger zu monetarisieren, dafür adaptieren sie neue Technologien viel schneller bzw. mit weniger Risiko.

4. Technologie ohne Community ist absolut nichts wert

Man kann die beste Software mit ausgezeichneter Performance schreiben, aber interessieren wird sich niemand dafür, solange es niemand nutzt. Am wichtigsten ist daher das Produkt selbst- nicht die Codebase. Man kann das beschissenste Stück Software auf Erden haben, wenn die Leute dein Produkt lieben, ist es immer noch ok. Unglücklicherweise funktioniert das nicht in entgegengesetzter Richtung.

Deshalb sollte man anfangs die meiste Zeit aufwenden um mit potenziellen Kunden zu sprechen, anstatt die Software zu verbessern oder neue Features zu implementieren, vor allem wenn man in einem Accelerator ist. Diese Kontakte werden nämlich auch in Zukunft der größte Benefit sein, selbst wenn das Startup scheitert.

Man kann das beschissenste Stück Software auf Erden haben, wenn die Leute dein Produkt lieben, ist es immer noch ok. Unglücklicherweise funktioniert das nicht in entgegengesetzter Richtung.

Keine dieser Gründe soll eine Entschuldigung oder Ausrede darstellen, warum unser Startup gescheitert ist. Viel mehr sind es essentielle Lehren, die wir daraus ziehen.

Dennoch, es war eine großartige Erfahrung, die ich nicht bereue und irgendwann in der Zukunft finde ich definitiv wieder ein neues Projekt, an dem ich arbeiten werde. Einstweilen freue ich mich, dass ich nun die Möglichkeit habe, das Startup SmartHires (Y Combinator 2014) als Tech Lead mit meiner “Weisheit” zu unterstützen 😉

David Pichsenmeister

Davids Website. Er ist auch auf Twitter, Facebook, Medium und Linkedin.

Der Brutkasten hat David Pichsenmeister im Zuge des Axel Springer Plug and Play Accelerator Programms kennengelernt.

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02.07.2024

Nehammer und Kocher fordern EU-weiten Dachfonds für Startup-Investments

Bundeskanzler Karl Nehammer und Wirtschaftsminister Martin Kocher präsentierten heute unter dem Titel "Standortimpulse für ein wettbewerbsfähiges Europa" eine Art wirtschaftspolitischen Forderungskatalog an die EU.
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Minister Martin Kocher.
© BKA/Dunker - Minister Martin Kocher.

Mit Forderungskatalogen hat man als Regierungsmitglied wohl allerlei Erfahrung. Erst vergangene Woche kam mit der “Vision 2030” von Playern des österreichischen Startup-Ökosystems ein weiterer dazu, wie brutkasten berichtete. Dass die Regierung, die als Exekutive bekanntermaßen selbst zur Umsetzung politischer Maßnahmen auserkoren ist, selbst einen Forderungskatalog aufstellt, ist hingegen unüblich. Bundeskanzler Karl Nehammer und Wirtschaftsminister Martin Kocher machten selbiges heute in Hinblick auf die neue EU-Legislaturperiode.

“Standortimpulse” und “Standorthesen” als wirtschaftspolitischer Forderungskatalog an die EU

“Als Bundeskanzler ist es mir ein großes Anliegen, den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union und somit auch in Österreich zu erhalten. Aus diesem Grund habe ich den Wirtschaftsminister beauftragt, Impulse für die nächste EU-Legislaturperiode auszuarbeiten”, wird Nehammer in einer Aussendung zitiert. Heraus kam ein 19-seitiges Paper mit “Standortimpulsen”. Darin enthalten sind neun “Standortthesen” – eine Aufzählung manchmal mehr und manchmal weniger konkreter wirtschaftspolitischer Forderungen für die kommende EU-Legislaturperiode.

Nach Dachfonds-Forderung aus dem Startup-Ökosystem fordert Minister seinerseits Dachfonds

Für die Startup-Welt besonders relevant ist dabei These 7: “Privates Kapital mobilisieren”. Nachdem Kocher vergangene Woche in der Vision 2030 mit der Forderung nach einem nationalen Dachfonds für Startup-Investments in Österreich konfrontiert wurde, spielt er den Ball elegant weiter an die EU. So fordert er im Paper unter anderem “die Etablierung eines europäischen Dachfonds für DeepTech und ausgewählte Startup-Bereiche”. Einen weiteren Dachfonds will der Minister im Bereich Transformation des Energiesystems prüfen lassen.

Von Fachkräften über “Vollendung des Binnenmarkts” zu Produktion in Europa

Weitere “Standortthesen”, die mitunter aber eher vage bleiben, beschäftigen sich etwa mit den Themen Fachkräftemobilisierung, Reduktion der Bürokratie und Förderung von Forschung und Entwicklung sowie Produktion vor Ort in der EU. “Fachkräfte, die Verfügbarkeit von nachhaltiger Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen, die Vollendung des Binnenmarkts und die Mobilisierung von privatem Kapital werden in den nächsten Jahren entscheidende Wachstumsfaktoren für die Europäische Union sein und den zukünftigen Wohlstand von uns allen bestimmen. Wir brauchen noch mehr offene Forschung und Innovation, verzahnt mit der Produktion in Europa, damit Europa als Standort und die Arbeitsplätze langfristig absichert sind”, wird Minister Kocher zitiert.


Die 9 “Standortthesen” von Kocher im Überblick:

Im Folgenden sind die neun “Standortthesen” und ihre Unterpunkte im Wortlaut laut offizieller Aussendung des Wirtschaftsministeriums wiedergegeben:

1. “Standortpolitik strategisch ausrichten”

  • Europa muss, mit weniger Naivität, seine wirtschaftlichen Stärken besser erkennen, schützen sowie stärken, um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu bleiben.
  • Dazu braucht es eine Übersicht über strategische Lieferketten und Schlüsselindustrien, die durch eine “Europäische Stärkenlandkarte” abgebildet werden könnten.
  • Eine stärkere Vernetzung zwischen Sicherheits-, Wirtschafts- und Handelspolitik, um europäische Interessen zu wahren, ist ebenso notwendig wie gezielte Beihilfen, um die Transformation der Wirtschaft zu beschleunigen.

2. “Mehr Tempo in Europa”

  • Um seine Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, muss Europa schneller bei der Genehmigung strategischer Investitionen werden.
  • Raschere Genehmigungen (Fast-Track-Verfahren und Genehmigungsfiktionen) und eine strategisch abgestimmte industriepolitische Vorgehensweise (z.B. bei IPCEI-Programmen (Important Projects of Common European Interest)) sind entscheidend.
  • Auch temporäre Steuererleichterungen könnten als Anreiz für Investitionen dienen. Hier kann man sich z.B. am Inflation Reduction Act orientieren.

3. “Bürokratie zurückfahren”

  • Die Flut neuer Regulierungen in der EU bindet zu viele unternehmerische Ressourcen.
  • Eine “regulatorische Atempause”, die schlanke Umsetzung der bereits beschlossenen Richtlinien und eine Reduktion von unternehmerischen Berichtspflichten um mindestens 25% sind notwendig, um den Betrieben eine Erholung zu ermöglichen.
  • Die spezifische Entlastung von kleineren und mittleren Unternehmen (gemäß dem Proportionalitätsprinzip) und die Verwendung von Sunset-Klauseln bei EU-Gesetzen sollen die Bürokratie weiter abbauen.

4. “Fachkräfte als Schlüssel”

  • Europas Wettbewerbsfähigkeit hängt stark von der Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte ab.
  • Eine europaweite Aufwertung der Berufsbildung, eine bessere Koordination der nationalen Arbeitsmarktpolitikstrategien und spezifische Programme zur Förderung der Mobilität von Fachkräften innerhalb der EU sind erforderlich.
  • Ein konkreter Vorschlag ist die Schaffung einer europaweiten Ausbildungsgarantie bis zum 25. Lebensjahr.
  • Österreich muss hier auch auf nationaler Ebene weitere Schritte z.B. zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zu Anreizen für Vollzeitarbeit, zur Attraktivität für Arbeitskräfte, zu Qualifizierungsmaßnahmen setzen.

5. “Nachhaltige Energie verfügbar machen”

  • Die Verfügbarkeit von nachhaltigem Strom und grünem Wasserstoff ist essenziell für Europas Industrie.
  • Ein strategischer Ausbau der Produktion, Leitung und Speicherung erneuerbarer Energien sowie Energiepartnerschaften mit stabilen Nachbarregionen sind notwendig. Dazu braucht es in Österreich eine öffentliche Institution, die Ausbaupläne und Regulatorik mit den Finanzierungsbedingungen in Einklang bringt.
  • Eine entsprechende Anpassung des EU-Strommarktdesigns und das rasche und koordinierte Hochfahren der Wasserstoffwirtschaft sind ebenfalls entscheidend.

6. “Vollendung des Binnenmarkts”

  • Der Binnenmarkt muss rasch weiter vertieft werden, besonders in den Bereichen Energie, Kapitalmarkt, Verteidigung und Telekommunikation.
  • Nationale Fragmentierungen bzw. bestehen Hürden müssen abgebaut und EU-Recht konsequenter durchgesetzt werden, um die wirtschaftliche Stärke Europas zu sichern.

7. “Privates Kapital mobilisieren”

  • Zur Bewältigung großer Herausforderungen wie der Dekarbonisierung und der Transformation des Energiesystems muss mehr privates Kapital mobilisiert werden.
  • Ein europäischer Dachfonds für Deep Tech und Startups sowie ein unionsweites Garantiesystem für Investitionen in die Transformation des Energiesystems sind notwendig um das Innovations- und Wachstumspotential Europas voll auszuschöpfen.

8. “Innovation bedingt Produktion”

  • Europa muss neben Forschung und Entwicklung auch die Produktion vor Ort sicherstellen.
  • Ein wettbewerbsfähiges Beihilfenrecht, weitere IPCEI-Projekte und eine Erhöhung der österreichischen Forschungsprämie sind erforderlich, um Forschung und Produktion eng zu verzahnen und Europas Rolle als globaler Forschungs-Hub zu stärken.

9. “Technologiefreiheit als Garant für Innovationsfähigkeit”

  • Um Innovationskraft zu entfalten, muss Europa technologische Freiheit als Doktrin verankern und neue EU-Regulierungen einem Wettbewerbsfähigkeits-Check unterziehen.
  • Eine ausreichende Dotierung des 10. EU-Forschungsrahmenprogramms und nationale Rahmenbedingungen zur Steigerung der Forschungsquote sind entscheidend, um Österreich und Europa als Innovationsführer zu positionieren.
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