25.07.2019

Finanzierung per Bootstrapping: Eine Anleitung für Neo-Gründer

Gründen ohne fremdes Geld: Das klingt nach Freiheit, birgt aber auch zahlreiche Stolpersteine. Der brutkasten hat bei den zwei österreichischen Startups "Cora-Health" und "Botium" nachgefragt, welche Erfahrungen sie mit Bootstrapping gemacht haben.
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Bootstrapping
(c) Cora Health: Cora Health Gründer Josef-Moser und Melanie-Hetzer wissen was es beim Bootstrapping braucht um erfolgreich zu sein.

“Mein Pferd und ich wären hoffnungslos versunken, wenn ich es nicht geschafft hätte, mich an meinem eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zu ziehen.” So lautet ein Zitat aus den Erzählungen von Baron Münchhausen. Dieser Satz hat insofern einen Definitionsbezug zum Bootstrapping, als der Eigenfinanzierungsbegriff leger mit Schnürsenkel übersetzt und dessen Bedeutung in einer englischen Redewendung besser verstanden werden kann:

“To pull yourself up by your bootstraps” bedeutet, die individuelle Situation durch eigene Mühen zu verbessern, oder im Startup-Deutsch: ohne externe Finanzhilfen die Gründung des eigenen Unternehmens zu bewältigen, um der eigentlichen Begriffsbeschreibung gerecht zu werden.

+++ Globale Erfolgsgeschichten: Mit Bootstrapping zum Big Player +++

Zu den grundlegenden Punkten für erfolgreiches Bootstrapping zählt, so schnell wie möglich in das operative Geschäft einzusteigen. Zudem ist es wichtig, mit Vorsicht zu wachsen und kluge Investitionsentscheidungen zu treffen. Um diesen Tipps die Eigenheit einer leeren Worthülse zu nehmen, gilt es für Gründer mit Bootstrap-Gedanken, diverse Prinzipien zu beachten, um Erfolg zu haben und Stolpersteinen zu entgehen.

Eigenkapital als Grundvoraussetzung

Die Voraussetzung für Bootstrapping ist, dass Gründer über ein gewisses Kapital verfügen – sei es das eigene oder das von Familie und Freunden zur Verfügung gestellte. Bei der Erstellung des Finanzplans darf der Unternehmer nicht vergessen, dass er auch die Kosten für seinen Lebensunterhalt einkalkulieren muss.

Ist dies gelungen und ein enges Budget erstellt, sollte der Gründer nicht zu lange planen: Das operative Geschäft muss so bald wie möglich aufgenommen werden, um den Break-Even Point auf dem schnellsten Weg zu erreichen, mit dem Ziel, einen positiven Cashflow in Gang zu setzen. Zur Optimierung des Vertriebs ist Verkaufstalent gefragt. Mangelt es dem Gründer daran, sollte er sich einen entsprechenden Partner suchen.

Sparen vs. Investieren

Danach gilt der Vorsatz: Sparen, aber intelligent investieren. Kapital muss an den richtigen Stellen eingesetzt und auch die eigene Zeit gut gehandhabt werden. Hier wird der Gründer nicht über Outsourcing hinwegkommen, weil er nicht alles erledigen muss oder kann, sondern sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren sollte. Ein weiterer Stolperstein ist die Vorstellung, unbedingt ein perfektes Produkt entwickeln zu müssen – das verzögert den Start des operativen Geschäfts.

Cora Health zu Beginn ohne externe Geldgeber

Melanie Hetzer und Josef Moser, Gründer der eHealth-Plattform Cora Health, wissen, wie man ohne externe Geldgeber von Beginn an vorgehen muss. Besonders wichtig war es für die beiden, ohne Erwartungen und Verpflichtungen gegenüber Dritten zu starten: “Als Bootstrapper kann man verschiedenste Geschäfts- und Vermarktungsmodelle testen, ohne Investoren suchen zu müssen oder an ihre Vorgaben gebunden zu sein”, sagen sie. “Demgegenüber steht natürlich, dass aufgrund fehlender Finanzierung mehr Do it yourself und Kreativität bei der Umsetzung notwendig sind.” So haben sie etwa kürzlich ihren eigenen YouTube-Kanal gestartet, um mehr Patienten über Blut­hochdruck und ihre Produkte aufklären zu können.

Job vs. Gründen

Zudem müssen Bootstrapper vor allem zu Beginn diverse Vorkehrungen treffen. Die Health-Gründer empfehlen, die Grundlagen für das Unternehmen zunächst neben dem Job zu legen.

“Das reduziert den Druck, mit seinem Produkt profitabel sein zu müssen. Zu diesen Grundlagen zählen unter anderem die Marktrecherche und Interviews mit potenziellen Kunden, Finanzplanungen und im besten Fall auch die Entwicklung eines MVP sowie die Akquise erster zahlender Kunden”, so das Gründer-Duo. “Hat man diese erst einmal an Land gezogen, fällt es deutlich leichter, seinen Job zu verlassen und in Vollzeit am Projekt zu arbeiten.”

Bootstrapping und Personalpolitik

Ein weiterer wichtiger Punkt für erfolgreiches Bootstrapping ist die Personalpolitik. Gründern wird geraten, sich mit Personen zusammenzuschließen, die ein anderes Skill-Set haben als sie selbst: Techniker zum Beispiel, die schlecht im Networking sind, brauchen dafür Hilfe. Erfahrene Experten werden beim Bootstrapping aber wohl kaum zu entlohnen sein – junge Talente hingegen, die die Philosophie der Eigenfinanzierung mitleben, können mit dem Startup wachsen und oft frischen Input einbringen.

“Risikobereitschaft schlägt schnell in Wahnsinn um.”

Bootstrapping ist nicht für jedermann geeignet. “Etwas aus eigener Kraft aufzubauen ist natürlich immer ein erhebendes Gefühl. Trotzdem eignet sich eine Bootstrapping-Strategie sicher nicht für jedes Geschäftsmodell. Der erste Stolperstein ist die Risikobereitschaft der Gründer. Diese muss höher sein als üblich, schlägt aber auch schnell in Wahnsinn um. Es geht darum, Potenziale und Risiken der eigenen Geschäftsidee vernünftig abzuwägen”, sagt Christoph Börner, der die Mühen von Bootstrapping kennt.

Botium
(c) Botium: Das Team des gebootstrappten Chatbot-Startups Botium hat vor der Gründung das Potenzial der Idee ausgelotet.

Der Gründer des Chatbot-Startups Botium warnt davor, dass sich Projekte mit absehbar langer Entwicklungszeit nur mäßig zum Bootstrappen eignen: “Ein Stolperstein ist natürlich die Zeit. Diese arbeitet permanent gegen dich. Lange Entwicklungszeit bedeutet große TTM und keinen Cashflow.”

Marketing als Herausforderung

Ein weiterer Punkt, der viele Gründer beim Bootstrappen vor Probleme stellt, ist das Marketing. “Schon lange bevor unser erster Release online ging, kannte man Botium über die Grenzen Österreichs hinaus. Egal, ob Branchenveranstaltungen, Wettbewerbe, Meetup-Gruppen oder Hackathons, wir waren überall dabei”, sagt Börner über seine Erfolgsstrategie: Die Präsenz an wichtigen Networking-Events brachte dem Startup relativ schnell zwei internationale Pilotkunden und schlussendlich auch den ersehnten positiven Cashflow.

Mit ausgeklügelten Finanzplan zum Erfolg

Das Um und Auf beim Bootstrapping bleibt bei allen Ratschlägen und Erfolgsstories jedoch ein ausgeklügelter Finanzplan. “Dieser gibt uns permanent Auskunft über anfallende Kosten und Einnahmen und einen Vergleich der geplanten Ausgaben und Zahlen zum Vorjahr und zum letzten Quartal sowie nicht zuletzt zum aktuellen Trend. Wenn auch etwas ungeliebt, ist dieser Budgetplan ein zentrales Instrument unserer Unternehmen und ein Garant für den Erfolg”, sagt Börner.

Nicht zwangsläufig den Kontakt zu Geldgebern meiden

Abschließend sei überzeugten Bootstrappern ein Ratschlag mitgegeben, der zwar Arbeit ohne unmittelbaren Lohn verlangt, sich aber dennoch auf spätere Jahre positiv auswirken kann: Freiheit von Banken und Investoren bedeutet nicht zwangsweise, den Kontakt zu Geldgebern meiden zu müssen.

Kontaktpflege stärkt die eigene Awareness und lässt bei Erfolg die Möglichkeit weiterer Kapitalakquise offen. Börner dazu: “Falls irgendwann die Entscheidung für Fremdkapital oder einen Investor fällt, haben Bootstrap-Gründer einen erheblichen Reputationsvorteil. Wer es aus eigener Kraft geschafft hat, beeindruckt damit nicht bloß Kunden, sondern vor allem potenzielle Geldgeber und Investoren”.


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Gründer und CTO von Dynatrace - Bernd Greifeneder © Ines Thomsen

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024 – bis zum 31. März 2024 – hat das in Linz gegründete und global tätige Softwareunternehmen Dynatrace einen Umsatz von 1,431 Milliarden US-Dollar erreicht. Gemessen am Vorjahresumsatz in Höhe von 1,159 Milliarden US-Dollar entspreche dies einem Umsatzzuwachs von 23 Prozent, gab das Unternehmen bekannt.

Gegründet wurde das Software-Multinational am 2. Februar 2005 als dynaTrace Software GmbH durch Bernd Greifeneder, Sok-Kheng Taing und Hubert Gerstmayr. Im Jahr 2011 kaufte die US-amerikanische Compuware-Corporation mit Hauptsitz in Detroit, Michigan, das SoftwareTech. Damit gelang dem AI-Specialist aus Linz einer der größten Tech-Exits der österreichischen Startups-Geschichte – für 256 Millionen US-Dollar.

Den Durchbruch hat dann der Pivot zum Cloud-Fokus gebracht. Nach dem ersten Exit an Compuware folgte ein zweiter Verkauf – nämlich die Übernahme durch die in Chicago ansässige Beteiligungsgesellschaft Thomas Bravo für 2,4 Milliarden US-Dollar.

Pivot brachte Durchbruch

Seit seiner Gründung im Jahr 2005 hatte sich der AI-Spezialist auf den Bereich Application Performance-Monitoring fokussiert. Ab 2015 stellte Gründer und CTO Bernd Greifeneder mit seinem Team das Produkt mit Fokus auf Entreprise Cloud neu auf. Inzwischen wurde das Unternehmen vom US-Marktforschungsunternehmen Gartner als Marktführer in seinem Bereich gelistet. Schon damals positionierte sich Dynatrace als SaaS-Market-Leader in der Kategorie AI-powered Software Intelligence.

Konkret ist Dynatrace auf Netzwerk-Monitoring spezialisiert – das multinationale Unternehmen überwacht den Netzwerkverkehr auf Host- und Prozessebene. Überwacht wird indes, welche Prozesse die meiste Netzwerkbandbreite verbrauchen und wo es Verbindungsprobleme gibt. Die aus dem Monitoring gewonnenen Informationen dienen der Kapazitätsplanung und -optimierung – ressourcenintensive Prozesse werden indes “auf einen Blick erkennbar”, wie das SoftwareTech auf seiner Website schreibt.

2019 ging das Unternehmen dann mit einem erfolgreichen IPO an die New Yorker Börse. Der Wachstumskurs setze sich fort: 2022 erreichte der Software-Spezialist fast eine Milliarde Dollar Umsatz – konkret 929 Millionen US-Dollar bis zum 31. März 2022 – damals eine Umsatzsteigerung um 32 Prozent im Vorjahresvergleich. Als CEO ist seit Dezember 2021 Rick M. McConnel tätig.

Zuwachs bei Belegschaft

Nach oben geht es auch mit der Zahl der bei Dynatrace Beschäftigten: Binnen eines Jahres sind 500 neue Mitarbeitende in den Betrieb aufgenommen worden. Weltweit erhöhte sich die Dynatrace-Belegschaft damit von 4.200 auf 4.700 Personen.

Das von Gründer und CTO Bernd Greifeneder geleitete Forschungs- und Entwicklungsteam (R&D) ist nach Angaben des Unternehmens von 1.400 auf über 1.600 Mitarbeitende gewachsen sein. Damit seien rund ein Drittel der Mitarbeitenden des Konzerns im Bereich Forschung & Entwicklung – zu Englisch Research und Development (R&D) – beschäftigt.

KI soll gegen Engpässe und Kostenfallen helfen

„Dynatrace unterstützt die größten Unternehmen der Welt dabei, ihre digitalen Innovationen voranzutreiben, Cyber-Risiken zu minimieren und Cloud-Kosten zu optimieren. Dabei spielt der Gründungsstandort eine zentrale Rolle“, erklärt Bernd Greifeneder.

Bereits Anfang des Jahres hat Dynatrace seine Analyse- und Automatisierungsplattform um Observability und Security – zu Deutsch Beobachtbarkeit und Sicherheit – für KI-gestützte Anwendungen erweitert. Diese soll Schutz vor technischen Leistungsengpässen und Kostenfallen bieten, wie Dynatrace kommuniziert.

Spatenstich in Linz

Erst im März 2024 startete der Ausbau des Dynatrace Engineering Headquarters in der Linzer “Am Fünfundzwanziger Turm-Straße”. Der Campus soll über sieben Stockwerke verfügen – und das Herz der Produktentwicklung bilden, heißt es in einer Aussendung. Bis Ende 2025 soll das Gebäude fertig sein. Der gesamte Dynatrace-Campus soll indes auf eine Bürofläche von 29.000 Quadratmetern gewachsen sein – und rund 1.500 Software-Entwickler:innen aus aller Welt beheimaten.

Österreich zählt über ein Viertel der globalen Belegschaft

Zudem sollen die Entwicklungs-Labors in Wien und Graz erweitert werden: Im laufenden Mai soll Der Wiener Standort im Icon Tower des Hauptbahnhofs ein zusätzliches Stockwerk bekommen. In Graz stehe im baldigen Sommer eine Übersiedelung bevor – und zwar in den Grazer Impuls Campus auf den Reininghaus-Gründen.

Nach eigenen Angaben sollen in ganz Österreich mehr als 1.200 Expert:innen aus über 60 Nationen angestellt sein. An den österreichischen Dynatrace-Standorten Linz, Wien, Graz, Klagenfurt, Hagenberg und Innsbruck sind damit 26 Prozent – also über ein Viertel – der weltweiten Belegschaft beschäftigt.

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