03.04.2019

Blockchain in der Health-Branche: „Das Problem ist, dass Daten in Silos liegen“

Die Health-Branche steht vor zahlreichen Herausforderungen - viele davon könnten mit der Blockchain gelöst werden, sagen Experten. Doch das wirft wieder neue Fragen auf, unter anderem in Sachen Datenschutz.
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Blockchain Health
(c) Fotolia/ leowolfert

„Im Gesundheitsbereich haben wir einige sehr ernstzunehmende Herausforderungen in unserer Wertschöpfungskette“, sagt Thomas Endress, New Business Builder bei Merck, auf dem ANON Blockchain Summit in Wien: In Südamerika setze man etwa Leute ein, die „mit Methoden im James-Bond-Stil“ nachforschen, ob dort Produkte des Unternehmens 1:1 gefälscht werden.

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Es ist nur eine von vielen Herausforderungen, denen sich die Pharmabranche derzeit stellen muss – und die mit Hilfe der Blockchain adressiert werden könnten. Das Beratungsunternehmen Deloitte hat diese Aufgaben und Potenziale in einem eigenen Whitepaper zusammengefasst (Download unter diesem Link).

Zu den größten Herausforderungen gehören dem Whitepaper zufolge: Der Aufbau eines Vertrauens-Netzwerks, die Notwendigkeit geringerer Transaktionskosten, der Aufbau eines umfassenden Patientenindex, variierende Datenstandards, ein eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsdaten  der Bevölkerung, sowie ein inkonsistentes Regelwerk.

(c) Deloitte

Diese und andere Probleme ortet auch Sascha Mundstein, Senior Manager Digital Solutions and Emerging Technologies bei Pfizer, sowie einer der Juroren des HealthHubs Vienna: Allein durch die Patentierung und den Genehmigungsprozess eines neuen Medikaments ist die time-to-market im Pharmabereich sehr lange und könnte durch die Blockchain beschleunigt  werden.

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Ein zweites Problem sei, dass die Patienten ihre Medikamente oft nicht in der vorgegebenen Regelmäßigkeit einnehmen – wodurch die erwünschte Wirkung ausbleibt und unnötige Kosten im Gesundheitssystem entstehen. Hier wurde bereits mit Apps und Tracking Tools experimentiert, vielleicht könnte die Blockchain hier ebenfalls helfen.

Daten für die Health-Branche

Ein essentieller Punkt dabei ist, wie mit den Daten umgegangen wird. „Das Problem ist, dass die Daten in Silos liegen“, sagt Mundstein (siehe dazu auch: “brutkasten Meetup #OpenData: “Daten dürfen nicht im Silo lagern”). Und somit ist es für Vertreter im gesamten Gesundheitssystem – vom F&E-Mitarbeiter im Pharmakonzern über den Arzt bis zum Apotheker – schwierig, ein umfassendes Bild vom Patienten, beziehungsweise der Gesellschaft als Ganzes zu bekommen. Hier wird angedacht, die Daten über die Blockchain öffentlich verfügbar zu machen – für jene, die darauf zugreifen dürfen und müssen.

c) Stefan Mey

Bedenken kommen diesbezüglich jedoch von Glen Ogden, General Manager Guardtime Health: „Ich stimme zu, dass Daten die neue Medizin sind“, sagt er: Aber es gebe Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung. Alles könne gehacked werden – und da spielt es keine Rolle, ob die Daten anonymisiert sind oder nicht: „Allein anhand von zwei Faktoren, seinem Alter und seiner Krankheit, hätte man Stephen Hawking unverwechselbar in einem anonymisierten Datensatz identifizieren können“, sagt Ogden.

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Auch schütze die DSGVO den Konsumenten, betont Ogden: Das Recht auf Löschung von Daten ist hier klar definiert. „Diese Regeln sind aber nicht mehr zeitgemäß“, entgegnet Mundstein: Die DSGVO gebe das Recht auf Löschung vor, während die Blockchain-Technologie per se die Löschung unmöglich mache.

In Estland wurde bereits im Jahr 2016 ein Projekt gestartet, mit dem die Gesundheitsdaten von 1,3 Millionen Einwohnern in die Blockchain wandern.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

+++ Jetzt bewerben und von Expedition Zukunft profitieren +++

Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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