26.11.2021

Bitcoin Austria live aus El Salvador: “Von 0 auf 100 in wenigen Wochen”

Seit 7. September ist Bitcoin in El Salvador neben dem US-Dollar offiziell das zweite gesetzliche Zahlungsmittel. Aber wie sieht die Lage vor Ort aus? Im brutkasten-Talk waren Anita Posch und Johannes Grill von Bitcoin Austria direkt aus El Salvador zugeschaltet und gaben Einblicke - ebenso wie Matthias Reder von Coinfinity, der erst vor kurzem ebenfalls aus dem lateinamerikanischen Staat zurückgekehrt ist.
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Anita Posch und Johannes Grill von Bitcoin Austria
Anita Posch und Johannes Grill von Bitcoin Austria wurden im brutkasten Talk live vom "Bitcoin Beach" in El Zonte zugeschaltet.

Das vollständige Video-Interview ist am Ende dieses Artikels eingebunden.

Die Gruppe war auf Einladung von El Salvadors Botschafterin in Deutschland in das Land gereist. Bitcoin-Austria-Präsident Johannes Grill hatte die Botschafterin bei der Bitcoin-Zitadelle, einem Treffen der deutschsprachigen Bitcoin-Szene im vergangenen August, kennengelernt. Neben der Teilnahme an der “Adopting Bitcoin”-Konferenz gab es ein dichtes Programm: “Von touristisch über politisch bis zum Treffen mit Bankern war alles dabei”, erzählt Grill im brutkasten-Talk. Gemeinsam mit Anita Posch war er direkt vom “Bitcoin Beach” in El Zonte ins brutkasten-Studio zugeschaltet.

Posch ist ebenfalls Mitglied bei Bitcoin Austria und als Bitcoin-Podcasterin wie auch -bloggerin bekannt. Vor allem junge Menschen seien in El Salvador sehr offen gegenüber Bitcoin, berichtete sie von ihren Erfahrungen vor Ort. Überall wird die Kryptowährung aber noch nicht als Zahlungsmittel akzeptiert: “Wir haben die Taxifahrer immer angesprochen, ob wir mit Bitcoin zahlen können. Einige haben ‘nein’ gesagt und sogar mit den Augen gerollt, aber bei anderen hat es funktioniert”.

Ebenfalls zugeschaltet war Matthias Reder, Bitcoin Key Account Manager bei Coinfinity und ein weiteres Mitglied von Bitcoin Austria. “Ich habe erlebt, dass der einfache Händler auf der Straße oder auch der Frisör Bitcoin akzeptiert haben, aber im Steakhouse, in dem wir zu Abend gegessen haben, war es dann nicht möglich. Das wird noch eine Zeit brauchen”, berichtete Reder. Teilweise hätten die Händler ihm das Handy hingehalten: “Man hat ein bisschen helfen müssen mit den Einstellungen, niemand will wegen eines Fehlers Geld verlieren”. Viele würden beispielsweise auch nicht wissen, dass es in der staatlichen Chivo-Wallet die Möglichkeit gibt, Bitcoin automatisiert in US-Dollar zu konvertieren. Reders Fazit aus der Reise fällt aber ingesamt sehr positiv aus: “Der Land hat in mir einen neuen Fan gefunden”.

Fehlende Wissensvermittlung als Hindernis

Auch Anita Posch sieht die größte Herausforderung bei der Bitcoin-Adaption in El Salvador im noch geringen Wissensstand der Bevölkerung: “Leider hat es da sehr wenig Wissensvermittlung der Regierung gegeben, sodass ein Großteil der häufig armen Bevölkerung keine Ahnung hat, was Bitcoin überhaupt ist”. Die Bitcoin-Podcasterin fände dabei auch wichtig, dass die Menschen erfahren, dass es Alternativen zu Regierungswallet Chivo gibt. Am “Bitcoin Beach” in El Zonte werde beispielsweise eine eigene Wallet verwendet, bei der die User ihre Keys nicht selbst halten müssen und die wie eine “lokale Bank” fungiere. Allerdings werde auch die Muun-Wallet in El Salvador teilweise bereits verwendet.

Was den Informationsstand angeht, verweist Johannes Grill aber auf den kurzen Zeitraum, in dem das Projekt umgesetzt wurde: “Die sind von null auf 100 in wenigen Wochen gestartet. Im Juni kam das Gesetz, im September ist es in Kraft getreten – das ist ein ultrakomprimierter Zeitraum. Wenn man so etwas in Europa machen würde, würde man drei Jahre Vorbereitungszeit brauchen und dann nicht so ein gutes Ergebnis erreichen”.

Dennoch brauche es mehr Informationen über die Grundlage von Bitcoin. Bei einem Termin im Wirtschaftsministerium sei aber gesagt worden, dass ein Angebot von möglichst niederschwelligen Infos zu Bitcoin noch folgen soll. “Aber das braucht alles Zeit. Es ist riesiges Experiment und dafür, dass es so schnell aus dem Boden gestampft wurde, läuft es überraschend gut. Ich hab Verständnis dafür, dass nicht alles sofort perfekt funktioniert”, sagt Grill.

Matthias Reder
Matthias Reder berichte im brutkasten-Talk von seinen Erfahrungen in El Salvador

Das große Potenzial für El Salvador bei der Bitcoin-Adaption liegt jedenfalls im Bereich der Geldtransfers aus dem Ausland, den “money remmitances”, wie Matthias Reder erläutert: “El Salvador hat 6,5 Mio. Einwohner, aber 3 Mio. Arbeitsmigranten außerhalb des Landes. Die schicken Geld nachhause, das je nach Zählart 17 bis 22 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht”. Meist ginge es da um Kleinbeträge wie 50 oder 100 Dollar. Reder hat dies selbst getestet: “Ich habe aus Graz 100 Euro weggeschickt und in El Salvador bei einem Remmitance-Büro abgeholt. Mir wurden sage und schreibe 14,35 Prozent an Gebühren abgezogen”, erzählt der Bitcoin-Experte.

Nach Angaben von El Salvadors Präsidenten Nayib Bukele seien es rund 400 Mio. Dollar im Jahr, die auf diesem Weg an Finanzdienstleister gingen. Mit Bitcoin gebe es nun eine gute Alternative: “In Kombination mit den Bitcoin-Automaten, die landesweit aufgestellt wurden, ist Bitcoin eine adäquate Möglichkeit, um gerade den Ärmsten der Armen günstigere Geldtransfers zu ermöglichen”, sagt Reder.

Posch kritisiert Menschenrechtssituation in El Salvador

Die Bitcoin-Adaption in El Salvador hat in der Bitcoin-Community weltweit Euphorie ausgelöst, seit Präsident Nayib Bukele den Schritt im Juni angekündigt hatte. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, zumal Bukele als Populist gilt, der durchaus autoritär regiert. “Ich persönlich seh das relativ entspannt, Bitcoin ist für alle da, vom Diktator bis zum Human-Rights-Fürsprecher”, sagt Johannes Grill zu der Kritik. “Es ist auch gar nicht möglich, das einzuschränken, dass nur die ‘Guten’ Bitcoin verwenden dürfen. Bitcoin ist eine neutrale Technologie.”

Anita Posch sieht die Annäherung vieler Bitcoiner in der Szene an Bukele allerdings durchaus kritisch: “Es wird eine Regierung hochgejubelt, die als einziges Land die Nutzung von Bitcoin vorschreibt, was eigentlich absurd ist. Die Philosophie von Bitcoin ist ja, eine Alternative zu sein, die man freiwillig nutzt”, sagt Posch. Starke Kritik übt sie außerdem an der Menschenrechtssitution in El Salvador: Es gebe Übergriffe durch die Polizei bis hin zu Vergewaltigungen und Menschen würden verschwinden.

Auch bei der Bitcoin-Adaption selbst sieht sie kritische Punkte: El Salvador hat als Staat Bitcoins gekauft – aber man wisse nicht, wer genau die Private Keys halte. “Ich kritisiere diese Intrasparenz, auch die Einführung war nicht gerade demokratisch”, sagt Posch. Allerdings habe Bukele eine Mehrheit im Parlament, ergänzte Johannes Grill.

Bau von “Bitcoin City” angekündigt

Erst vergangenes Wochenende hat Bukele den Bau einer eigenen “Bitcoin City” in einer Region im Südosten des Landes angekündigt. In Gesprächen mit Einheimischen habe er positive Resonanz dazu wahrgenommen, erzählt Grill. “Bisherige Regierungen haben sich oft auf die Hauptstadt San Salvador konzentriert, aber das restliche Land wurde vernachlässigt. Umso spannender ist es, dass sich Bukele entschieden hat, dieses Experiment am anderen Ende des Landes durchzuführen und so in einer Region, in der es nicht viel gibt, ein zweites Zentrum zu schaffen”, sagt der Bitcoin-Austria-Präsident weiter.

In der Stadt sollen abgesehen von 10 Prozent Umsatzsteuer keine weiteren Steuern eingehoben werden. Außerdem soll die Energie vollständig geothermisch aus einem Vulkan generiert werden: “Da gibt es Energie im Überfluss, die muss man nur anzapfen”, erläutert Grill.

“Crowdfunding-Kampagne für Bitcoin City”

Zur Finanzierung der Stadt will Bukele Bitcoin-Anleihen ausgeben. “Bukele holt in einer Art Crowdfunding-Kampagne 1 Milliarde US-Dollar herein und möchte dann um 500 Mio. US-Dollar Bitcoins kaufen und mit den anderen 500 Mio. US-Dollar die City bauen”, sagt Matthias Reder. Ob das Geld reiche, sei offen. Aber die Investoren würden einen Zinssatz von 6,5 Prozent für zehn Jahre erhalten. “Das ist deutlich günstiger die Konditionen, mit denen sich El Salvador derzeit am Kapitalmarkt refinanzieren kann”, führt der Coinfinity-Key-Acocunt-Manager weiter aus.

Bei der letzten Tranche am international Kapitalmarkt habe El Salvador 800 Mio. Dollar zu einem Zinssatz von 7,125 Prozent aufgenommen. Obwohl El Salvador wirtschaftlich der Musterschüler der Region sei, hätte das Land also eingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt. Bukuele versuche mit Bitcoin nun, andere Geldquellen anzuzapfen. Reder kann sich übrigens gut vorstellen, sich selbst an der Emmission zu beteiligen: “Wenn es die Möglichkeit gibt, würde ich da auch gerne etwas hineingeben”.

Hier der gesamte brutkasten-Talk mit Matthias Reder, Anita Posch und Johannes Grill:

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Die liebe Not mit AI-Act und anderen regulatorischen Anforderungen für Unternehmen in Österreich und der EU prägt die aktuelle Standort-Diskussion wie kaum ein anderes Thema. Dass man sich diese bürokratischen Hürden auch zu Nutzen machen und dabei anderen Unternehmen helfen kann, will das Wiener Startup Daiki beweisen – brutkasten berichtete bereits im Oktober über ein Millioneninvestment.

Zentrale Anwendung zur KI-Überwachung

Daiki launchte nun seine AI-Registry, wie das Startup heute bekanntgab. Die Anwendung, die über ein SaaS-Modell vertrieben wird, dokumentiert und überwacht sämtliche KI-Systeme, die im Unternehmen genutzt werden. Sie soll dabei einen umfassenden Überblick über KI-Risiken und Compliance schaffen, für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sorgen und klare Insights zur Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit der genutzten Systeme liefern.

“Detaillierter Katalog der KI-Systeme und -Modelle”

“Die KI-Registry ermöglicht es Unternehmen, einen detaillierten Katalog der KI-Systeme und -Modelle zu erstellen, die ihr Team verwendet oder entwickelt, indem es Vorlagen für gängige Modelle verwendet oder eigene Systembeschreibungen erstellt”, heißt es vom Startup. Nach der Fertigstellung erhielten Unternehmen ein Feedback von Daiki mit konkreten Verpflichtungen und Empfehlungen für das Qualitätsmanagement durch automatisches Benchmarking und die Überprüfung der Einhaltung durch Experten. Nach erfolgreicher Überprüfung erhalten die Unternehmen einen “trustworthiness score”.

Daiki-System auch für Unternehmen mit hohem Risiko laut AI-Act

Nicht nur reine Anwender, sondern auch Unternehmen, die gemäß EU-AI-Act als “Bereitsteller und Anbieter von KI-Systemen” mit hohem Risiko eingestuft werden, könnten mithilfe der AI-Registry alle regulatorischen Anforderungen erfüllen, betont man bei Daiki.

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