08.10.2024
LIFE SCIENCE

Biotech: Langer Atem, großer Impact

Sie entwickeln Therapien für bislang unheilbare Krankheiten und lösen Probleme, die so alt sind wie die Menschheit selbst: Der potenzielle Impact von Biotech-Startups ist enorm. Dafür gelten für sie andere Spielregeln als für Startups in anderen Branchen.
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Biotech: (vlnr.) Peter Llewellyn-Davies, Anna Orlova und Christopher Trummer | (c) invIOs / Riana Therapeutics / Venga Ventures
(vlnr.) Peter Llewellyn-Davies, Anna Orlova und Christopher Trummer | (c) invIOs / Riana Therapeutics / Venga Ventures

Dieser Beitrag erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe unseres Printmagazins – “Kettenreaktion”. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.

“Es ist immer schwierig, Menschen, die nicht aus dem Life-Science-Bereich kommen, zu erklären, was unsere Herausforderungen sind und warum wir noch keine Umsätze machen”, sagt Anna Orlova. Mit dem von ihr mitgegründeten Biotech-Startup Riana Therapeutics ist sie noch in einem sehr, sehr frühen Stadium – für Biotech-Verhältnisse.

Soll heißen: Nach jahrelanger Forschung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien wurde das Unternehmen im Februar 2023 gegründet. “In etwa zehn Jahren werden wir dann vielleicht am Markt sein”, sagt die Gründerin. Dann sollen Medikamente des Startups gezielt Krebszellen zerstören und damit etwa Leukämie mit vergleichsweise geringen Nebenwirkungen heilen. Bis dahin warten auf Orlova und ihr Team sehr viel Arbeit, umfassende Studien, die Suche nach passenden, großen Partnern – und nicht zuletzt ein sehr hoher Kapitalbedarf.

Riana Therapeutics ist mit dieser Situation nicht alleine. Während etwa Software-Startups in kürzester Zeit ein Produkt auf den Markt bringen können, gelten in der Life Science andere Regeln. Einer, der das Prozedere schon mehrmals durchgemacht hat, ist Peter Llewellyn-Davies, Präsident der Interessenvertretung Biotech Austria. Bis Juli 2024 war er CEO des Wiener Biotech-Unternehmens Apeiron; da wurde es für 100 Millionen US-Dollar verkauft. Apeiron hat sein Produkt – ein Medikament gegen eine Form von Krebs, die nur bei Kindern auftritt – bereits Jahre zuvor auf den Markt gebracht. Mit dem Startup invIOs arbeitet dasselbe Team nun an einem neuen Medikament gegen eine andere Krebsart. Das Prozedere ist wieder dasselbe.

Langer Weg von der Forschung auf den Markt

“Bereits in der Grundlagenforschung und in der präklinischen Forschung sieht man, ob ein Projekt die Möglichkeit hat, erfolgreich zu werden. Wie auch in anderen Branchen besteht im Biotech-Bereich dann die große Herausforderung darin, es in die Großanwendung zu bringen”, erläutert Llewellyn-Davies. Denn die Wirksamkeit sei zwar in der Theorie bewiesen, es müsse aber noch gezeigt werden, dass der Therapieansatz tatsächlich bei Menschen funktioniert. “Es gibt eine starke regulatorische Schranke, es muss extrem lange mit vielen Vorschriften getestet werden. Wenn man das geschafft hat, hat man ein Produkt“, so der Biotech-Austria-Präsident.

Doch tatsächlich schaffen es bei Weitem nicht alle. Wenn die Wirksamkeit präklinisch bewiesen wurde, beträgt die Chance, dass ein Biotech-Unternehmen sein Produkt irgendwann auf den Markt bringt, statistisch gesehen immer noch nur 17 Prozent, so Llewellyn-Davies – “im Erfolgsfall gibt es aber eine sehr hohe Rendite für Investoren”.

Ganz oder gar nicht

Sofern man denn Investoren findet. Denn: „Die Due Diligence im Biotech-Bereich ist alles andere als trivial. Man braucht jemanden, der sich wirklich auskennt“, sagt Christopher Trummer. Er ist so jemand – Trummer hat mit Celeris Therapeutics selbst ein Biotech-Startup gegründet, ist Vorstandsmitglied von Biotech Austria und baut gerade gemeinsam mit Florian Schuster Venga Ventures auf.

Der neue VC-Fonds soll schon bald eine Finanzierungslücke in der heimischen Biotech-Landschaft schließen. Bislang gab es in Österreich nämlich keinen einzigen nur auf Life-Science-Startups spezialisierten Fonds. Und während die Finanzierungssituation in der Frühphase (auch dank Förderungen) nicht schlecht sei, gebe es schon bei Series-A-Finanzierungsrunden eine “gläserne Decke”, sagt Trummer – “und die wollen wir durchbrechen”.

Doch auch in dieser Unternehmensphase ist man als Investor keineswegs auf der sicheren Seite, erläutert der Gründer: “Im klassischen Fall von Therapeutika wird die Serie-A-Finanzierung genutzt, um einen wichtigen Meilenstein zu erreichen, etwa die klinische Studie. Da gibt es nach wie vor eine extrem hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Investment ausfällt“, so Trummer. Wenn das aber nicht passiert, ist das Ziel klar: “Wenn es klappt, wird das Unternehmen von einem großen Pharmakonzern aufgekauft oder geht an die Börse.” Und dann bekommt der Investor bzw. die Investorin ein Vielfaches des Geldes zurück. Im Biotech-Bereich gilt für Investor:innen also: Ganz oder gar nicht.

Große Partner gesucht

Auch beim Einsammeln von Kapital steht Riana Therapeutics von Anna Orlova noch ganz am Anfang. “Aktuell stellen wir eine 1,5-Millionen-Euro-Seed-Kapitalrunde auf. Auch das ist schon aufwendig”, sagt die Gründerin. Die Series-A-Runde soll dann laut Plan bereits zehn Millionen Euro schwer werden. “Insgesamt brauchen wir sicher gute 200 Millionen Euro, bis wir auf dem Markt sind. Das wollen wir aber nicht alles alleine aufstellen. Wir werden dazu große Partner suchen”, so Orlova.

Peter Llewellyn-Davies hat mit invIOs einen ähnlichen Plan, wie er erläutert: “Wir bringen das Medikament bis zum Clinical Proof of Concept. Dann steigt ein Groß-Pharmaunternehmen ein. Das kann auch schon während der Phase zwei der klinischen Studie passieren. Damit arbeiten wir dann schon wirtschaftlich und haben eine Wertschöpfung und eine Wertsteigerung geschaffen.” Doch bis dahin dauert es noch einige Jahre – im Biotech-Bereich braucht man eben einen langen Atem.

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Das Atomico-Team | (c) Atomico
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Klarna, Lilium, DeepL – beim in London ansässigen VC Atomico sucht man nicht lange nach richtig bekannten – europäischen – Portfolio-Unternehmen. Die Statistik spricht für sich: Seit dem Start 2006 investierte der VC in 155 Unternehmen in 15 europäischen Ländern. Nicht weniger als ein Sechstel davon erreichte eine Unicorn-Bewertung.

485 Mio. US-Dollar für die Frühphase, 754 Mio. für die Spätphase

Zumindest innerhalb Europas ist Atomico also einer der ganz großen Namen. Und das wird mit zwei neuen Fonds nun deutlich unterstrichen. 485 Millionen US-Dollar stellt der VC für den Fonds “Venture VI” zu Verfügung, der “hauptsächlich Series A-Investments, gelegentlich aber auch Seed-Investments” tätigen soll. 754 Millionen fließen in den Fonds “Growth VI”, der die Phasen von Series B bis vor dem IPO abdecken soll. Mit insgesamt 1,24 Milliarden US-Dollar sei es das bislang größte Fundraising in der Geschichte des VCs, heißt es von der Beteiligungsgesellschaft in einer Aussendung.

Klarer Europa-Fokus

Der geografische Fokus bleibt dabei klar: “Unsere beiden neuen Fonds werden die ambitioniertesten Gründer:innen Europas bei ihrer Mission unterstützen, die Welt besser zu machen”, heißt es von Atomico. “Es ist kein Geheimnis, dass wir uns schon immer für europäische Technologien eingesetzt haben, und die neuen Fonds kommen in einer Zeit, in der das Drei-Billionen-Dollar-Ökosystem in Europa beginnt, mit seinen globalen Pendants zu konkurrieren. Auf Europa entfallen inzwischen fast 30 Prozent der weltweiten Early-Stage-Finanzierung und es entstehen mehr neue Unternehmen als in jeder anderen Region.”

Auch Atomico-CEO Niklas Zennström unterstreicht den Europa-Fokus in einem Statement: “Die europäische Technologie wird erwachsen. Um diese Chance zu nutzen, sind Ehrgeiz, Eifer und Engagement der Gründer:innen erforderlich. Sie brauchen Investoren mit der Erfahrung und der Perspektive, über die Marktzyklen hinauszusehen. Die Daten zeigen, dass Europa in der Frühphase mit einer Vielzahl neuer Startups weltweit führend ist. Unsere neuen Fonds bringen ihnen die nötige Feuerkraft, um sich zu verbessern und globale Größe zu erreichen – von Europa aus.”

Atomico-Fonds als positives Zeichen in der VC-Krise

Diese Ansagen schüren auch Hoffnungen über die beiden neuen Atomico-Fonds hinaus. Denn Europa steckt nach wie vor in einer VC-Krise, die 2022 nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ihren Ausgang nahm. Und während sich in den USA seitdem wieder Zeichen der Erholung zeigten, wird es am alten Kontinent nur sehr zaghaft besser.

Österreich etwa erreichte auch im ersten Halbjahr 2024 laut EY einen neuen Negativrekord bei Startup-Investments seit Beginn der Krise. Nicht nur in der Spätphase, in der Europa immer schon deutlich schwächer war, als die USA, sondern zuletzt auch in der Frühphase läuft es nicht gut. Dass Atomico also genau jetzt seine bislang größte Summe aufstellt und diese in Europa investieren will, kann nur als positives Zeichen gewertet werden.

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