13.11.2017

BikerSOS, roomchooser und Projekt Volare gewinnen bei der ÖAMTC Startup Challenge

Die drei Sieger der ÖAMTC Startup Challenge stehen fest. Nun folgt eine einjährige Betreuungsphase durch den ÖAMTC. Auch mit den anderen drei Finalisten wird es Kooperationen geben.
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(c) ÖAMTC/APA-Fotoservice/Schedl: Andreas Fürlinger (Projekt Volare), Michael Sicher (roomchooser), Werner Richtsfeld (BikerSOS) und Oliver Schmerold (ÖAMTC-Direktor)
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“Wir haben heute de facto sechs Sieger. Auch wenn das jetzt vielleicht ein schwacher Trost für die drei Projekte ist, die heute nicht gewinnen”, sagt ÖAMTC Direktor Oliver Schmerold bevor er die drei Sieger der ÖAMTC Startup Challenge verkündet. Mit dem “schwachen Trost” stapelt er etwas tief. Denn tatsächlich hat er auch für jene drei Startups, die nicht für ein Jahr in die ÖAMTC Zentrale ziehen, konkrete Kooperationsvorschläge. Doch zuvor geht es zur Siegerehrung.

+++ Mobilität: Startups als Triebwerk kommender Revolutionen +++

Oliver Schmerold und die Jury-Mitglieder Irene Fialka und Markus Ertler im Interview:

BikerSOS: Lebensrettende Motorrad-App

“Es ist ein Projekt, das wirklich in unsere Kernaufgabe fällt: Hilfeleistung im Mobilitätsbereich”, leitet Schmerold ein. Dann bittet er Werner Richtsfeld vom Linzer Startup BikerSOS auf die Bühne. Er überreicht ihm eine Holzfigur, die an einen Crashtest-Dummy erinnert und die Zutrittskarte zum ÖAMTCZentrum im 3. Wiener Gemeindebezirk in der Hand hält. Das Startup betreibt eine App, die Motorradunfälle mit der Smartphone-Sensorik automatisch erkennt und einen Notruf absendet. “BikerSOS hat momentan 45.000 Kunden. In dem einen Jahr wollen wir mit Hilfe unserer Kanäle auf 90.000 erhöhen”, sagt Schmerold später im Gespräch mit dem Brutkasten. Founder Richtsfeld gibt sich selbstsicher: “Ich erhöhe auf 100.000”, sagt er lachend. Bescheidener sieht es Business Angel Markus Ertler, der in der Jury saß: “Wenn auch nur ein Menschenleben damit gerettet wird, hat es sich tausend Mal gelohnt.”

roomchooser: booking.com für Menschen mit Behinderung

Auch Sieger-Startup Nummer Zwei treffe eine Zielsetzung des ÖAMTC perfekt, fährt Schmerold fort. “Es ermöglicht Menschen mehr Mobilität im Reisebereich. Und es geht um eine Gruppe von Menschen, die häufig vernachlässigt wird”, erklärt der CEO. Er bittet roomchooser-Gründer Michael Sicher auf die Bühne. Das Wiener Startup bietet Menschen mit Behinderung ein Service, mit dem sie ihren individuellen Anforderungen entsprechende, barrierefreie Hotelzimmer finden können. “Man kann es sich wie booking.com vorstellen, mit dem Unterschied, dass es Detailfotos aus den Zimmern gibt, anhand derer man genau abschätzen kann, ob der Raum für einen passt”, sagt Sicher, der selbst im Rollstuhl sitzt, im Brutkasten-Interview. Am großen Ziel, die Reise-Bedingungen für Menschen mit Behinderung zu verbessern, wolle man nun mit dem ÖAMTC weiterarbeiten. Und wenn irgendwann auch booking.com soweit ist, gute Lösungen für Menschen mit Behinderung anzubieten? “Dann gibt es viele weitere Betätigungsfelder für mich. Keine Sorge”, sagt Sicher.

Projekt Volare: Automatisiertes E-Luftfahrzeug für Langstrecken-Pendler

“Mit dem dritten Sieger-Projekt haben wir eines gewählt, mit dem wir uns etwas weiter in die Zukunft wagen”, kündigt Schmerold an. Denn noch ist das Wiener Projekt Volare keine Firma. Auch der Name sei ein Arbeitstitel und werde bald geändert, sagt Projekt Volare-Chef Andreas Fürlinger im Gespräch mit dem Brutkasten. Die Vision des Luftfahrttechnikers und seines Teams ist dafür umso größer: Ein elektrisch betriebenes, autonom fliegendes Luftfahrzeug. Es soll künftig Menschen aus abgelegenen Gegenden schnell und bequem an den Stadtrand bringen, wo sie auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können. “Der ÖAMTC bietet mit seiner Helikopter-Flotte extrem viel Erfahrung und Know-How in der Luftfahrt im bodennahen und urbanen Raum an”, erklärt Fürlinger. Davon wolle man im kommenden Jahr profitieren.

Die drei Sieger im Brutkasten-Talk:

Konkrete Angebote für die drei anderen Finalisten

Wie angekündigt hatte ÖAMTC-Direktor Schmerold auch für die drei anderen Finalisten etwas in petto. “Wir glauben an Payuca als eine Lösung für das Parkplatzproblem”, sagt er über das Wiener Startup. Es macht seinen Usern mit Leerständen in Garagen ein günstiges Park-Angebot. “Daher bieten wir an, mit unseren Fachleuten weiter am Konzept zu arbeiten und das Angebot unseren Mitgliedern zur Verfügung zu stellen”. Auch für tofmotion aus Wien, das 3D-Kameras für Automated Driving entwickelt, hat Schmerold ein Angebot. “Wir können unsere Fahrleistung für den Test und die Datensammlung der Kameras zur Verfügung stellen.” Mit dem sechsten Finalisten, WillStrom, will Schmerold im Gespräch bleiben. Das Wiener Startup arbeitet an einer “Strom-Sharing-Plattform”, mit der die Ladeinfrastruktur für E-Autos verbessert werden soll. “Gerne reden wir über eine gemeinsame Nutzung der ÖAMTC-Ladestationen”, sagt Schmerold.

(c) ÖAMTC/APA-Fotoservice/Schedl: v.l.n.r. Oliver Schmerold (ÖAMTC Direktor), Andreas Fürlinger (Projekt Volare), Werner Sichtsfeld (BikerSOS), Michael Sicher (roomchooser), Mario Prinz (WillStrom), Christian Neufeld (tofmotion), Dominik Wegmayer (PAYUCA)

+++ E-Mobility: Ein Gegenwartsthema mit großer Zukunft +++

“In der gesamten Organisation mitgetragen”

Über den Erfolg der ersten ÖAMTC Startup Challenge sind sich alle Beteiligten einig. “Besonders schön ist hier die extrem starke Beteiligung der ÖAMTC-Mitarbeiter”, sagt INiTS-Chefin Irene Fialka, die in der Jury saß. Man merke, dass die Challenge in der gesamten Organisation mitgetragen werde. “Das ist auch entscheidend für das kommende Jahr. Es werden hier alle in der Arbeit mit den Startups an einem Strang ziehen”, sagt ÖAMTC-Innovationschef Florian Moosbeckhofer. Dass es dann eine weitere Startup Challenge geben könnte, wollen er und Schmerold nicht ausschließen. “Jetzt gilt es aber einmal im kommenden Jahr ordentlich etwas weiterzubringen”, sagt der ÖAMTC-Direktor.

Der ÖAMTC über die Challenge:

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Grafiken zur Startup Entwicklung Österreich
Eigene Grafiken, Karte Rechts (c) ASM
mit Visuals

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Es ist das Jahr 2014, brutkasten wurde soeben gegründet. Im September launcht Bitpanda, damals noch unter dem Namen Coinimal, Runtastic bringt ein Fitnessarmband auf den Markt und Shpock steht kurz vor der Übernahme durch den norwegischen Medienkonzern Schibsted. Die Startup-Szene boomt.

Das alles ist heute zehn Jahre her. Eine lange Zeit, in der in der österreichischen Startup-Szene einiges passiert ist – Erfolgsstorys von großen Exits werden geschrieben, Investor:innen stecken Millionenbeträge in junge Unternehmen, staatliche Gesellschaften wie die FFG vergeben jährlich 100 Millionen Euro für Projekte von Startups. Aber auch Krisen wie die Covid-19-Pandemie erschütterten die Wirtschaft – immer wieder werden Startups insolvent.

All diese Veränderungen versucht der Austrian Startup Monitor (ASM) festzuhalten, hinter dem das Austrian Institute of Technology (AIT) steht. Durch jährliche Umfragen erhebt die Forschungseinrichtung wichtige Daten, die einen Überblick über die Welt der Startups liefern. Diese Daten wurden brutkasten exklusiv zur Verfügung gestellt. Wir haben uns an – gesehen, was sich in den letzten zehn Jahren in der österreichischen Startup-Szene verändert hat.

Gründungsland Österreich

Beginnen wir mit den Neugründungen. Insgesamt 277 Startups wurden 2014 – im Entstehungsjahr von brutkasten gegründet. Anschließend stieg die Anzahl der Gründungen jährlich, bis der Wert 2017 mit 379 Startups seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.

Was die Daten des ASM ebenfalls zeigen, ist ein kleiner Rückgang im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie. Doch die Startup-Szene erholt sich schnell, bereits 2021 befinden sich die Neugründungen wieder auf Vorkrisenniveau. Aufgrund der vom AIT ausgewählten Suchstrategien, scheinen neu gegründete Startups erst mit einer zeitlichen Verzögerung bis zu zwei Jahren in den Daten auf. Doch für 2022 bis heute wird, ähnlich der Werte aus Deutschland, eine stabile Anzahl an Neugründungen erwartet  – wenn auch mit einem leichten Rückgang.

Investments: Mehr Deals, Gesamtsumme aber zuletzt rückläufig

Dass Startups über die Jahre vor allem wirtschaftlich immer relevanter werden, zeigen auch die Daten des jährlich erscheinenden EY Start-up-Barometer. Die Studie verrät, dass die Anzahl der Investments für österreichische Startups im vergangenen Jahr ein Rekordhoch erreicht hat. Noch nie zuvor wurden so viele Deals abgeschlossen.

Hier lohnt sich jedoch der Blick auf die Gesamtsumme der Investments. Denn 2023 waren die Investmentbeträge zum zweiten Mal rückläufig. Wie die Daten von EY zeigen, wurden 2023 zwar weit mehr Investments abgeschlossen als jemals zuvor, allerdings gab es keinen einzigen Großdeal im Umfang über 100 Millionen Euro.

2021 war die Anzahl an Investments zwar noch um einiges niedriger als 2023, allerdings katapultierte die Anzahl an Großdeals - wie etwa jene von Bitpanda oder GoStudent - die Summe in eine noch nie da gewesene Höhe. Über 1,2 Milliarden Euro wurde damals in Startups investiert  – mehr als die Hälfte davon alleine durch Großdeals.

Startups werden immer höher bewertet

Neben der Anzahl an Investments steigt auch die Bewertungen der Startups kontinuierlich. Aus den Daten des ASM geht hervor, dass die Investor:innen 2019 noch den Großteil der Startups mit weniger als 2,5 Millionen Euro bewertet haben. Doch bereits im Jahr darauf hat sich alles geändert: Mehr als die Hälfte der Startups erhielt eine Bewertung über dem Schwellwert. 

Seitdem sind die Bewertungen jährlich gestiegen. Im vergangenen Jahr kamen 44 Prozent der heimischen Startups auf eine Bewertung von mehr als fünf Millionen Euro  –  so hoch war der Wert noch nie. Einige Startups haben Bewertungen von über 100 Millionen Euro erreicht.

Startup-Gründung: eine Frage des Geldes

Insgesamt steigt zwar die Anzahl der Investments und auch die Bewertungen. Doch auf welche Finanzierungsformen setzen österreichische Startups überhaupt in welchem Ausmaß?

Die Daten zeigen: Bootstrapping bleibt nach wie vor häufigste Finanzierungsform. Zwei von drei Founder:innen finanzieren ihr Startup aus eigenen Mitteln. Allerdings ist der prozentuale Anteil an eigenfinanzierten Startups seit 2018 stark zurückgegangen. Vor sechs Jahren wurden noch 81 Prozent der Startups gebootstrappt - letztes Jahr waren es nur noch 66 Prozent.

Auch hier zeigt sich, dass öffentliche Förderungen aktuell wieder häufiger werden. Rund die Hälfte der Startups erhielt nationale Unterstützungen. Auch gaben mehr als ein Viertel der Startups an, sich aus dem Cashflow zu finanzieren. Daneben hat gut jedes vierte Startup einen Business Angel hinter sich. Hingegen spielen Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding nur mehr eine sehr geringe eine Rolle.

Beliebte Branchen

Vor zehn Jahren war Künstliche Intelligenz noch weitaus weniger verbreitet als heute. Doch die Grundsteine waren bereits gelegt. Aus den Fortschritten im maschinellen Lernen gingen die ersten Pioniere hervor: 2014 übernahm Google das Startup DeepMind und bald danach wurde auch OpenAI gegründet - das Unternehmen hinter der beliebtesten KI ChatGPT. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, bis KI auch die österreichische Startup-Szene umkrempelt.

Was aus der Grafik hervorgeht ist, dass IT & Software prozentual gesehen nach wie vor die dominierende Branche bleibt. Startups in der Branche der Life Sciences bekamen in den vergangenen Jahren starken Zuwachs. Ein Rückgang hingegen gab es bei den Anteilen an Hardware-Startups. Sie verlieren über die Jahre immer mehr an Bedeutung – verhältnismäßig setzen sich auch immer weniger Jungunternehmen in der industriellen Technologie an.

Dass Life-Science-Startups beliebter werden, zeigt sich auch bei den Gründungsformen. Akademische Startups, also Unternehmen, die als Spin-Off an einer Universität oder an einer Fachhochschule entstanden sind, machen heute knapp ein Viertel aller Gründungen aus. Aber dennoch: Mehr als jedes zweite Startup wird weiterhin unabhängig gegründet.

Frauen in den Gründungen

Auch der Frauenanteil in den Gründungsteams verändert sich. Nach den Daten des ASM waren vor sechs Jahren nur rund zwölf Prozent der Gründer:innen Frauen, während insgesamt 29 Prozent der österreichischen Gründungsteams zumindest eine Frau im Team hatten.

Bis 2022 stieg der Frauenanteil in den Gründungsteams auf rund 39 Prozent, bevor er vergangenes  Jahr wieder leicht zurückging. Der Anteil der Gründerinnen insgesamt hat sich bei etwa 17 Prozent eingependelt – auch dieser Wert ist leicht rückläufig.

Startups-Teams wachsen

Anhand der Anzahl der Mitarbeiter:innen zeigt sich: Startups wachsen. Vor sechs Jahren, also 2018, waren durchschnittlich 8,2 Mitarbeitende pro Startups angestellt. Nur drei Jahre später, 2021, waren es mit 12,3 Mitarbeiter:innen bereits um die Hälfte mehr. Auch im vergangenen Jahr waren durchschnittlich wieder 12,3 Mitarbeitende pro Startup angestellt.

In welchen Bereichen werden Mitarbeitenden eingesetzt? Am meisten gefragt ist nach wie vor IT und Softwareentwicklung. Jährlich gaben mehr als 40 Prozent der heimischen Startups an, dass sie hierbei Probleme in der Besetzung haben – 2022 war es sogar die Hälfte aller Startups.

Auch Positionen im Sales und in der Produktentwicklung sind gefragt – mehr als ein Viertel der Startups sucht ergiebig nach Angestellten.

Finanzielle Realität

Doch wie viel Umsatz machen die Startups am Ende des Jahres wirklich? Die Antwort wirkt etwas ernüchternd: Nach wie vor geben etwas mehr als ein Viertel der heimischen Startups an, keinen Umsatz zu machen. Ein weiteres Viertel hingegen äußert, dass sie einen Umsatz bis 50.000 Euro hatten – auch dieser Wert bleibt über die Jahre unverändert.

Immerhin kann die andere Hälfte von sich behaupten, einen Umsatz zu erwirtschaften, der darüber liegt. Nicht nur das, auch gibt mehr als jedes zehnte Startup an, bereits einen Umsatz über einer Million Euro zu haben.

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Die Daten, die wir für diesen Artikel verwenden, wurden dem brutkasten vom Austrian Startup Monitoring (ASM) zur Verfügung gestellt, sowie vom EY Start-up Investment Barometer Österreich 2023 abgerufen. Das ASM wird vom Austrian Institute of Technology (AIT) an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Jährlich befragt die Forschungseinrichtung die österreichische Startup-Szene empirisch. https://austrianstartupmonitor.at/


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