07.10.2020

„Startups durchleben schwere Zeiten – und der Ausblick sieht nicht gut aus.“

Der brutkasten befragt Investoren, wie es ihnen in der Coronakrise ergeht. Den Auftakt macht Berthold Baurek-Karlic, CEO von Venionaire Capital.
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Berthold Baurek-Karlic, Venionaire Capital | (c) Rene Wallentin

Wie geht es der Community inmitten der Coronakrise? Diese Fragen hat der brutkasten vor wenigen Wochen den Startups in einer Umfrage gemeinsam mit TeamEcho und starting-up gestellt – die Ergebnisse finden sich unter diesem Link. Und während sich die besagte Umfrage hauptsächlich an Startups und Jungunternehmen richtete, sind im nächsten Schritt die Investoren am Zug.

Den Anfang unserer Reihe macht dabei Berthold Baurek-Karlic, CEO von Venionaire Capital. Venionaire Capital wird gegen Ende dieser Woche die nächste Ausgabe des European Venture Sentiment Index präsentieren, welcher die Stimmung der europäischen Venture-Szene widerspiegelt. Im Vorfeld hat Baurek-Karlic dem brutkasten bereits verraten, wie das Venionaire-Portfoio derzeit performed, wie die aktuelle Investment-Strategie lautet – und wie der Ausblick für die Community in der Coronakrise ist.

Wie haben sich die Startups innerhalb Eures Portfolios während der Coronakrise entwickelt?

Wir sind insgesamt sehr gut durch die Krise gekommen. Unsere Startups waren glücklicherweise durch die Krise nicht so stark betroffen, was allerdings sicherlich stark an den Sektoren liegt, in denen wir investiert sind. Ein paar unserer Beteiligungen konnten in der Krise sogar zusätzlich ganz ordentlich Wachstum generieren, allen voran Grape.io, Yodel.io und Kompany. Unsere Aufgabe war in der Krise klar – wir mussten so schnell wie möglich zusätzliches Kapital in die Firmen bringen, um das Wachstum durch starke Kapitalisierung zu sichern.

Wie ist Euer aktueller Status? Sucht ihr neue Investments oder wartet Ihr ab?

Hinsichtlich neuer Investments werden die Investoren im European Super Angels Club wieder etwas vorsichtiger. Das Klima ist allerdings in anderen Ländern, wie etwa Deutschland, allerdings aktuell deutlich besser. Wir haben selbst gerade in Sponsoo investiert, die Stadt Hamburg legt hier mehr als das Investment nochmal on-top – das ist super attraktiv.

Mit dem Wegfall des Covid-Hilfsfonds spüren wir am heimischen Markt sehr stark, dass es immer schwieriger wird, mit Investoren zu sprechen.

Berthold Baurek-Karlic, CEO Venionaire Capital Ges.m.b.H.

Unsere Beteiligung in carfellows.de via motec ventures ist in guten Gesprächen mit Investoren für eine Folgerunde – hier sind wir auch optimistisch. In Österreich ist die Lage schwierig. Mit dem Wegfall des Covid-Hilfsfonds spüren wir am heimischen Markt sehr stark, dass es immer schwieriger wird, mit Investoren zu sprechen. Wir lassen da aber nicht locker und sind aktiv und guter Dinge, dass wir bald ein großartiges Fintech im Portfolio haben werden.

Welche Branchen sind für Euch derzeit besonders interessant?

Aktuell gefällt uns RegTech, FinTech und Digital Health sehr gut. Insbesondere Kompany, Blockpit und myBioma haben sich fantastisch entwickelt, da haben wir große Freude. HR-Tech ist auch ein super spannendes Thema, da gerade (so tragisch es ist) viele Talente freigesetzt werden und neue Herausforderungen suchen – während Firmen händeringend IT Fachkräfte suchen.

Firstbird konnte hier trotz der Krise stark wachsen und international gute Zahlen zeigen, und mit Workhero.co hat Firstbird auch eine extrem wertvolle Lösung als Antwort auf die Krise präsentiert, die vielen Menschen helfen wird, wieder in Beschäftigung zu kommen.

Wie wird sich die Situation in den kommenden Monaten entwickeln?

Prinzipiell versuchen wir, die Chancen in der Krise zu sehen und richten unser Aktivität auch darauf aus. Wir sind sehr eng im Kontakt mit unseren Beteiligungen und helfen, wo wir nur können. Das gesagt, möchte ich aber unterstreichen dass wir alles andere als bullish sind. Der European Venture Sentiment Index, welcher von Venionaire quartalsweise erhoben wird, wird in seinem nächsten Bericht aufzeigen, dass Startups derzeit schwere Zeiten durchleben, und der Ausblick sieht vermutlich nicht gut aus.

„Die Kriegskasse ist aufgebraucht und ich kann nur an die Regierung appellieren, den Standort viel stärker mit Eigenkapital unterstützenden Maßnahmen zu stärken.“

Berthold Baurek-Karlic, CEO Venionaire Capital Ges.m.b.H.

In Europa wurde die Krise ganz unterschiedlich adressiert. In Österreich wurde zunächst schnell reagiert, Hilfsmaßnahmen wurden rasch vorgestellt und alle haben versucht, das Tief zu überwinden. Über den Sommer ist aber zu wenig passiert und es hängen jetzt viele Unternehmen in den Seilen. Die Kriegskasse ist aufgebraucht und ich kann nur an die Regierung appellieren, den Standort viel stärker mit Eigenkapital unterstützenden Maßnahmen zu stärken – sonst nehmen wir hier einen nachhaltigen Schaden mit.

Was brauchen Startups derzeit am dringendsten?

Eigenkapital. Der angekündigte Covid-Hilfsfonds ist noch immer nicht ausgeschrieben? Der Covid-Hilfsfonds ist leer, weil er viel zu klein dimensioniert war. Der Fixkostenzuschuss steckt in Verhandlungen mit der EU. Warum stocken wir nicht den AWS Gründerfonds auf? Warum stellen wir keine Garantie für den von der AVCO geforderten Dachfonds? Wo sind die Stimmen, die eine Deregulierung für Pensionskassen, Versicherungen und Banken fordern damit diese mehr in Eigenkapital investieren dürfen? Wo sollen sie derzeit sonst noch Rendite verdienen? Pensionskassen verheizen unsere Zukunft derzeit in negativ verzinsten Anleihen (weil sie per Gesetz dazu gezwungen sind) – ist uns das wurscht?

„Es wird aktuell sehr viel kommuniziert, aber es passiert gefühlt zu wenig.“

Berthold Baurek-Karlic, CEO Venionaire Capital Ges.m.b.H.

Wir brauchen eine klare Linie für den Standort. Wir sollten uns für die Zukunft positionieren. Jetzt kann der Staat investieren und die richtigen Weichen stellen, und damit meine ich nicht Pensionserhöhungen. Es wird aktuell sehr viel kommuniziert, aber es passiert gefühlt zu wenig. Wir arbeiten so hart wir können, und müssen dabei zusehen, wie andere Standorte viel stärker vor den Startup Sektor eintreten – das hilft nicht um den Gründerstandort attraktiv zu machen. Wer heute arbeitslos wird, ist besser beraten in Berlin zu gründen als in Wien (leider). Das muss nicht so sein. Wir können das schnell ändern – ich hoffe, dass die Politik das erkennt.

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Markta-Gründerin Theresa Imre gilt als Pionierin eines neuen, nachhaltigen Lebensmittelhandels in Österreich. Erst im Frühjahr sorgte die Eröffnung der zweiten Filiale in der Zollergasse im 7. Bezirk für Schlagzeilen. Jetzt erschüttert eine überraschende Nachricht die heimische Startup-Szene: Markta muss Insolvenz anmelden. Gründerin Theresa Imre teilte die Hiobsbotschaft in einem emotionalen Instagram-Reel mit ihren Follower:innen – und ließ dabei die Vorgeschichte einer sieben Jahre andauernden Reise Revue passieren.

Emotionale Videobotschaft zur Insolvenz

„Nach diesen sieben Jahren von einem wilden Ritt über einen Online-Bauernmarkt, der danach großartige Pop-up-Bauernmärkte auch in Wien veranstaltet hat und mittlerweile sogar zwei Geschäfte betreibt, ist nun ein Zeitpunkt erreicht, den ich weder absehen hätte können, noch mir je gewünscht habe“, sagt Imre mit spürbarer Betroffenheit.

Noch Anfang dieses Jahres schien die Zukunft rosig, als das Team in der Zollergasse den zweiten Standort eröffnete. Die Idee: Stadtbewohner:innen sollen regionale Produkte direkt vor Ort kaufen können, ohne lange Lieferketten. Doch die Zeiten wurden rauer. „Durch die Entwicklungen der letzten Monate, Wochen oder muss man fast sagen Tage, was globalpolitisch passiert, aber auch was die Auswirkungen auf den Finanzmarkt betrifft, muss Markta heute Insolvenz anmelden“, erklärt Imre in ihrer Videobotschaft.

Den ersten Laden eröffnete Imre übrigens im Frühjahr 2023 im 9. Bezirk in der Alserstraße gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Julian Hödlmayr (brutkasten berichtete).

„Geld Reicht nicht, um Rechnungen zu bezahlen“

Für viele kam das Aus gerade deshalb so unerwartet, weil Markta in den letzten Monaten das Geschäftsmodell noch einmal stark angepasst hatte. „Wir haben drastisch Kosten eingespart und auch das Team halbiert“, berichtet die Gründerin. Gleichzeitig habe man bewusst den Schritt gewagt, die neue Filiale im 7. Bezirk an den Start zu bringen – im Vertrauen darauf, dass nachhaltige Konzepte langfristig Bestand haben. „Wir sind einen Schritt weiter nach vorn gegangen, weil wir auch mit der Überzeugung unserer Geldgeber daran geglaubt haben, dass Markta einen Platz hat.“

Die Realität sieht nun anders aus: „Es ist aber so, dass das Geld aktuell nicht reicht, um unsere Rechnungen zu zahlen“, gesteht Imre offen. Kritische Faktoren wie die fehlende finanzielle Sicherheit am Investorenmarkt und die globale Krisenstimmung hätten das zarte Wachstum zum Erliegen gebracht. Um eigenständig wirtschaftlich zu sein, hätte es laut Imre „drei bis vier Geschäfte“ gebraucht. Doch an diesem Punkt war Markta noch nicht.

„Markta hat das tollste und beste Team in den letzten Wochen und Monaten noch einmal dermaßen gut und fest zusammengeschweißt“, sagt Imre. Trotz großer Bemühungen, einer merklich treuen Kundschaft und engagierten Produzentinnen und Produzenten endet die Erfolgsgeschichte damit in ihrer bisherigen Form abrupt.

Insolvenz wird nun angemeldet

Wie es mit Markta nun weitergeht, ist ungewiss. Ein Masseverwalter könnte das Ruder übernehmen, die bestehenden Filialen bleiben vorerst bis Ostern geöffnet. „Somit könnt ihr noch bei uns einkaufen kommen, es hilft uns jeder einzelne Einkauf wahnsinnig viel weiter“, appelliert Imre an ihre Community. Zugleich versichert sie, dass die ehrliche Kommunikation mit den Partnerbetrieben weiterhin oberste Priorität hat. Zur Höhe der Passiva liegen noch keine Informationen vor.

Ihr persönliches Fazit fällt trotz allem kämpferisch aus: „Manchmal genügen alle Kräfte und alle Motivation und alle Liebe, die man in so einen Aufbau reinsetzt, trotzdem nicht.“ Ob Markta in einer neuen Form weiterleben wird, steht noch in den Sternen.

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