09.05.2019

“Being Public” oder wie die Börse das (Unternehmer-)Leben verändert

Im Gastbeitrag zieht startup300 Co-Founder Bernhard Lehner ein erstes Zwischenresümee nach etwas mehr als 100 Tagen der Linzer AG im direct market plus der Wiener Börse.
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startup300-Co-Founder Bernhard Lehner zieht nach 100 Tagen im direct market plus der Wiener Börse ein Zwischenresümee
(c) Patrick Münnich: startup300-Co-Founder Bernhard Lehner

Ein Blick auf den Kalender zeigt: 105 Tage sind vergangen, seitdem wir die startup300 AG am direct market plus der Wiener Börse gelistet haben. Wow! Das heißt, dass ich jetzt doch glatt diese berühmten ersten 100 Tage für ein erstes Resümee übersehen habe. Auch gut, dann hole ich das an dieser Stelle schnell mal nach.

+++ startup300: Aufnahme von 3 Mio. Euro Kapital für M&A-Strategie +++


Wichtige Wahl bei der ersten ordentlichen Hauptversammlung

Wenn dieser Beitrag erscheint, wird die erste ordentliche Hauptversammlung der startup300 AG als Public Company bereits Geschichte sein. Und ich werde wissen, ob wir ein neues Aufsichtsratsmitglied haben. Ich hoffe, schon. Denn es ist uns etwas, wie ich meine, Großartiges gelungen: Hannes Niederhauser, CEO der S&T AG, stellt sich der Wahl zum fünften Aufsichtsrat der startup300 AG. Ich hoffe, dass die Aktionäre ihn gewählt haben. (Anm. der Redaktion: Hannes Niederhauser wurde gewählt).

Warum ich dieser Wahl so große Bedeutung für die startup300 AG beimesse? Weil es nach nur 107 Tagen an der Wiener Börse der nächste Professionalisierungsschritt für unser ehrgeiziges Projekt wäre. Denn mit Hannes Niederhauser würden wir eine Person zum Organ gewählt haben, die Kapitalmarktwissen und -erfahrung auf einem ganz neuen Niveau einbringen könnte. Zur Erinnerung: Niederhauser hat die S&T AG zu einem Unternehmen mit einem Umsatz von rund einer Milliarde entwickelt und hat bisher eine Marktkapitalisierung von rund 1,5 Milliarden Euro erreicht. Er verfolgt eine konsequente M&A-Strategie und er behauptet sein Unternehmen im Tec-DAX. Einer seiner Aktionäre bei der S&T AG ist niemand geringerer als Foxconn (Anm.: die Foxconn-Tochter Ennoconn). Mit einem Wort: Hannes Niederhauser ist eine extrem erfahrene und bestens vernetzte Person am internationalen Kapitalmarkt.

“Während im Startup-Umfeld zum Beispiel oft Zukunftsphantasie und Wachstumsdynamik ausreichen, die Unternehmensbewertungen in die Höhe zu treiben, sind die Anleger an den Börsen davon meist viel weniger zu beeindrucken.”

(Bedingt) nützliche Erfahrung

Und genau diese Erfahrung ist es, die uns jetzt dabei hilft, den nächsten Schritt zu machen. Die startup300 AG trägt Gründer-DNA in sich. Vorstände, Aufsichtsräte und die mir bekannten Aktionäre sind allesamt erfahrene und erfolgreiche Startup-Founder und -Investoren. Aber diese enorme Erfahrung beim Bauen und Hochbringen von Unternehmen hilft uns an der Börse jetzt nur bedingt. Denn die Logik des Investierens in Tech-Startups ist eine ganz andere als die des Investierens in ein börsennotiertes Unternehmen.

Während im Startup-Umfeld zum Beispiel oft Zukunftsphantasie und Wachstumsdynamik ausreichen, die Unternehmensbewertungen in die Höhe zu treiben, sind die Anleger an den Börsen davon meist viel weniger zu beeindrucken. Während Business Angels ihre Investments fast immer auch als eine kleine Wette verstehen (es bleibt ihnen auch nichts anderes über, denn die Unsicherheiten in den frühen Unternehmensphasen sind einfach nicht), sind Anleger auf der Suche nach Berechenbarkeit und nach Verlässlichkeit.

Glaube an die Vision

Die startup300 AG steckt gerade zwischen diesen Welten. Während unsere Beine noch auf dem Startup-Grund stehen, haben wir unsere Kopf bereits im Börsen-Himmel. Nach 105 Tagen gibt es natürlich noch keine neuen Wirtschaftszahlen und -Kennziffern, auf Basis derer Anleger ein mögliches Investment überprüfen können. Wir veröffentlichen ja am direct market plus keine Quartalszahlen, sondern zeigen unseren wirtschaftlichen Fortschritt nur rund alle sechs Monate. Wer sich die Aktie der startup300 AG in das Depot legt, der tut das also heute, weil er an unsere Vision glaubt und (noch) nicht deshalb, weil er unsere Fundamentaldaten so prickelnd findet.

Rund 2 Mio. Euro Geldumsatz der startup300-Aktie bisher

Mit Personen wie Hannes Niederhauser gelingt es uns, diese beiden Welten näher zusammenzubringen. Denn beide können voneinander lernen. Auch der Vorstand eines extrem erfolgreichen Börse-Unternehmens wird in der Startup-Welt das eine oder andere Neue entdecken. Und umgekehrt gilt das natürlich auch. Auf diese Challenge würde ich mich freuen.

Worüber ich mich noch freue: Dass es trotz der noch eingeschränkten Verfügbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung der startup300 AG schon jede Menge Anleger gibt, die uns während der ersten 100 Tage ihr Vertrauen geschenkt haben. Rund zwei Millionen Euro Geldumsatz ist doch eine gar nicht so schlechte Liquidität am direct market plus in den ersten rund 100 Tagen, wie ich meine.

⇒ Zur Page von startup300

⇒ Die Aktie auf der Page der Wiener Börse

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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