08.04.2021

Nur Zocker sollen zahlen: Das bedeuten die Aktien-Steuerpläne der Regierung für Anleger

Wer Aktien längerfristig hält, soll Gewinne daraus künftig nicht mehr versteuern müssen. Welche Auswirkungen hätte dies auf Anleger?
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Gewinne aus Aktien und Fonds sollen nach einer gewissen Haltedauer steuerfrei werden.
Gewinne aus Aktien und Fonds sollen nach einer gewissen Haltedauer steuerfrei werden. | Foto: Adobe Stock

Es war einer der Punkte im Regierungsprogramm, der Anleger am meisten gefreut haben dürfte: Kursgewinne aus Aktien und Fonds sollen in Österreich wieder steuerfrei werden – zumindest, wenn man die Wertpapiere über einen bestimmten Zeitraum hält. Eine ähnliche Regelung existierte bereits bis 2012 – bis damals galt: Besitzt man eine Aktie mindestens ein Jahr und verkauft dann mit Gewinn, wird keine Steuer fällig.

Das ist aber längst Vergangenheit. Ab April 2012 waren zunächst 25 Prozent Kapitalertragssteuer auf sämtliche erzielten Kursgewinne zu bezahlen. Schon 2016 erhöhte die Bundesregierung den Steuersatz auf 27,5 Prozent. Das Sparbuch wurde davon übrigens ausgenommen: Dort zahlt man weiterhin 25 Prozent – allerdings 25 Prozent auf nichts, in den meisten Fällen zumindest. Für Aktienanleger blieb nur mehr die Möglichkeit, Kursverluste mit Gewinnen gegenzurechnen – ein schwacher Trost.

Die Idee hinter einer Haltefrist: Langfristig orientierte Anleger sollen belohnt werden. Wer zockt und zehn Mal am Tag Aktien kauft oder verkauft, soll dies tun – aber muss dafür einen Teil seiner Gewinne abdrücken. Wer andererseits langfristig anlegt und damit auch zur eigenen finanziellen Vorsorge beiträgt, soll profitieren. Anders formuliert: Investieren, nicht spekulieren, soll gefördert werden. Klingt logisch? Nicht für alle Bundesregierungen in der Vergangenheit.

Regelung soll bis spätestens 2024 kommen

Im aktuellen Regierungsprogramm steht nun aber wieder eine entsprechende Absichtserklärung. Wie lang die Haltefrist betragen soll, ist nicht ausgeführt. Auch nicht, wann in der Legislaturperiode sie kommen soll. In einem Interview mit dem Magazin Börsianer sagte Finanzminister Gernot Blümel nun, das Ziel sei, die Regelung bis zum Ende der Legislaturperiode 2024 umzusetzen. Wann genau, hänge von der “Dynamik in der Koalition” ab. Außerdem deutete Blümel an, dass die Haltefrist wahrscheinlich eher länger als ein Jahr betragen würde. Jedenfalls aber wolle man Vorsorge und nicht Spekulation begünstigen.

Wirklich festlegen wollte sich der Finanzminister insgesamt also nicht. 2024 ist noch einigermaßen fern. Auch hat die Vergangenheit gezeigt, dass Regierungskoalitionen in Österreich nicht immer bis zum Ende des Legislaturperiode bestehen. Gleichzeitig dürfte es einige Anleger jedoch beruhigt haben, dass das Plan weiterverfolgt wird und nicht mit der Coronakrise zu den Akten gelegt wurde.

Auch für ETFs relevant

Für einen Anlagetrend der vergangenen Jahre ist das Thema ebenfalls sehr relevant: Börsennotierte Indexfonds (ETFs), die einen breiten Aktienindex wie den S&P-500 oder den DAX 1:1 nachbilden, sind auch in Österreich zunehmend populärer geworden: Sie sind kostengünstig, weil teure Gebühren für Fondsmanager wegfallen – aber performen meist trotzdem besser. Man investiert automatisch breit gestreut, was das Risiko gegenüber Einzelaktien deutlich senkt, und muss sich keine Gedanken über Diversifikation machen.

Selbst wenn ein Unternehmen pleite ginge, würde es im Index einfach durch ein anderes ersetzt. Investiert man über einen Sparplan, braucht man auch nicht überlegen, ob gerade der richtige Zeitpunkt für ein Investment gekommen ist – was selbst für die meisten Profis schwer zu beurteilen ist, ganz zu schweigen von Privatanlegern.

Kurz gesagt: ETFs sind gut geeignet, um langfristig Geld anzulegen. Aber auch sie unterliegen der 27,5-prozentigen Kapitalertragssteuer. Steuerlich macht es keinen Unterschied, ob jemand über 10 Jahre in einen ETF investiert, der den breiten Welt-Aktienindex MSCI World nachbildet, oder ob man kurz vor der Quartalzahlenveröffenlichung Tesla-Aktien kauft und zehn Minuten später wieder verkauft.

Ein weiteres, durchaus kurioses Detail am Rande: Für Kryptowährungen gilt die einjährige Behaltefrist nach wie vor. Wer also Bitcoin, Ether oder theoretisch sogar irgendwelche kleinen Zocker-Coins über ein Jahr hält und mit Gewinn verkaufen kann, zahlt darauf keine Steuern.

Anderer Ansatz in Deutschland

Einen anderen Ansatz verfolgt man übrigens in Deutschland: Dort wurde die Haltefrist von einem Jahr zwar ebenfalls abgeschafft – bereits 2009. Weiterhin gibt es allerdings einen Freibetrag für Kapitaleinkünfte, der Kursgewinne, aber vor allem auch Dividenden betrifft. Bis zu 801 Euro pro Person sind damit steuerfrei.

Klingt wenig, spielt aber gerade für Kleinanleger, die auf Dividenden setzen, eine Rolle: Nehmen wir an, jemand hat 3.000 Euro in Aktien investiert und hält diese langfristig. Sie oder er bekommt im Schnitt eine jährliche Dividende von drei Prozent, was ein realistischer Wert ist. Das wären also 90 Euro. In Deutschland blieben davon die gesamten 90 Euro – in Österreich nach Abzug der Kapitalertragssteuer nur 65,25 Euro. Kein großer Unterschied? Gerade für langfristig orientierte Einsteiger, die etwa eine Dividendenstrategie verfolgen, macht es doch einen: Das Spiel wiederholt sich ja jedes Jahr, in dem man die Aktien weiter hält.

Mit dem Steuerfreibetrag in Deutschland kommt man auch vergleichsweise weit: Erst bei 26.700 Euro im Depot erreicht man bei 3 Prozent Dividendenrendite die 801 Euro, ab denen besteuert wird. Die Besteuerung beginnt natürlich auch erst ab dem ersten Euro über der Grenze und gilt nicht für den Gesamtbetrag. In Österreich bleiben einem bei der selben Summe dagegen nur 580 Euro. Nimmt man hier wieder eine mehrjährige Haltedauer an, summiert sich der Unterschied.

Kleinanleger zahlt selben Steuersatz wie Mateschitz

Die österreichische Regel unterscheidet auch in keiner Weise nach der Größe der Kapitaleinkünfte: Red-Bull-Co-Eigentümer Dietrich Mateschitz hat Medienberichten zufolge beispielsweise für das Geschäftsjahr 2018 alleine von Red Bull Ausschüttungen in der Höhe von 329 Mio. Euro erhalten. Nehmen wir der Einfachkeit halber an, er hätte diese als Privatperson – und nicht über andere Firmen – erhalten: Dann zahlt Mateschitz auf die gesamten 329 Mio. Euro den exakt gleichen Steuersatz von 27, 5 Prozent wie ein Kleinanleger, der beispielsweise 1.000 Euro investiert hat und 30 Euro Dividende erhält.

Pläne hinsichtlich einer ähnlichen Regelung mit einem Freibetrag stehen nicht im Regierungsprogramm. Die meisten Anleger wären aber wohl schon einigermaßen zufrieden, wenn die Behaltefrist für Aktien und Fonds kommt.

Dauer der Behaltefrist noch offen

Bleibt noch die Frage nach der Dauer: Finanzminister Blümel hat angedeuet, dass die Frist eher mehr als ein Jahr betragen wird. Dies wird wohl auch etwas von der Zielsenkung abhängen. Sieht man die Maßnahme hauptsächlich als Anreiz für private Altersvorsorge, wären auch längere Zeiträume wie fünf oder zehn Jahre denkbar. Will die Regierung aber den Kapitalmarkt etwas genereller für Privatanleger attraktiver machen, könnte die Frist bei einem, zwei oder drei Jahre liegen.

Und zum Abschluss noch eine Klarstellung: Natürlich ist nicht jeder, der eine Aktie oder einen Fonds nach weniger als einem Jahr verkauft, ein Zocker. Es kann viele Gründe geben, warum man sich bereits früher von einem Wertpapier wieder trennt. Und wirkliche Zocker verwenden meist keine Aktien, sondern unterschiedliche Derivate.


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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Die beiden Gründer Franz Hörhager und Sebastian Pfisterer (c) Bambus
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Das Wiener Startup Bambus Immobilien hat eine Kooperation mit der europaweit tätigen Multi-Asset-Plattform Mintos bekannt gegeben. Mintos, eine Multi-Asset-Plattform mit Sitz in Riga, wird zukünftig Kapital für den Teilverkauf von Immobilien zur Verfügung stellen. Damit wird laut Bambus der steigenden Bedarf nach dieser Dienstleistung abgedeckt. Diese Partnerschaft eröffnet Bambus nach eigenen Angaben neue Möglichkeiten, um in diesem Wachstumsmarkt weiter zu expandieren.

Bambus möchte Einstiegshürden in den Immobilienmarkt senken

Bambus, gegründet 2018, hat sich auf die Bereitstellung von Liquiditätslösungen für Eigentümer:innen von Einfamilienhäusern spezialisiert. Das Unternehmen ermöglicht es Immobilieneigentümer:innen, bis zu 50 Prozent ihrer Immobilie zu verkaufen, während sie weiterhin das Wohnrecht behalten. Dieses Modell setzt Kapital frei und adressiert laut dem Startup diverse finanzielle Bedürfnisse der Eigentümer:innen. Durch die Kooperation mit Mintos können Anleger:innen nun passiv in private, ungehebelte Bestandsimmobilien investieren. Außerdem ist es erklärtes Ziel, den Immobilienmarkt zugänglicher und weniger komplex zu machen.

Mit einer Mindestinvestition von 50 Euro möchten die beiden Unternehmen das Investieren in Mietwohnimmobilien einem breiteren Publikum zugänglich machen. Das Wiener Startup kommuniziert eine mögliche Rendite von sechs bis acht Prozent.

Wertpapiere liefern „Miete“ als monatliche Rendite

Durch die Anteile an einer Immobilie bekommen die Anleger:innen ein Art Miete. Diese liege laut Co-Founder von Bambus, Franz Hörhager, beim marktüblichen Preis. Abgewickelt wird dies über eine Tochterfirma von Bambus. Die Provision liege bei zehn Prozent der monatlichen Mieteinnahmen, so Hörhager auf brutkasten-Nachfrage. Rechtlich gehört den Anleger:innen keine Teilimmobilie, sondern ein Wertpapier.

Immobilienbesitzer:innen haben nach Aussage von Hörhager jederzeit die Möglichkeit, ihre Anteile zurückzukaufen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, auch die restlichen Anteile der Immobilie zu verkaufen.

Franz Hörhager sagt zur Kooperation mit Mintos: „Mit der Gründung von Bambus haben wir uns zum Ziel gesetzt, das in Immobilien gebundene Kapital für die Besitzer verfügbar zu machen. Durch die Kooperation mit Mintos ist es uns nun möglich, unser Angebot für Einfamilienhausbesitzer weiter auszubauen und die steigende Nachfrage zu attraktiven Konditionen abzudecken.“

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