01.07.2019

Bankenfinanzierung bei heimischen Unternehmen auf Tiefststand

Jüngere Unternehmen finanzieren sich immer weniger über Bankkredite, das geht aus der aktuellen Finanzierungsumfrage der WKÖ und der aws hervor, die seit 2010 jährlich durchgeführt wird. Die aws möchte Unternehmen künftig mit Vorab-Garantien im Rahmen von Kreditanträgen bei Banken unterstützen.
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Bankkredit
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Die Finanzierung durch Bankkredite befindet sich aktuell auf einem Tiefststand. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Finanzierungsumfrage der WKÖ und der aws, die seit 2010 jährlich bei österreichischen Unternehmen durchgeführt wird. Insbesondere jüngere Unternehmen (mit Gründung ab 2011) würden sich im Vergleich zum Vorjahr seltener über Bankkredite finanzieren. Mehr als 60 Prozent der befragten Betriebe würden ihre Investitionen hingegen mit Eigenkapital finanzieren. 48 Prozent entfallen dabei auf Cash-Flow, wohingegen 16 Prozent eingebrachtes Eigenkapital ausmacht. Für die Umfrage wurden rund 2500 Unternehmen vom Marktforschungsinstitut marketmind befragt.

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Größere und mittlere Investitionsvorhaben

Neben den unterschiedlichen Finanzierungsformen wurde zudem erhoben, wie sich das Investitionsvolumen insgesamt entwickelte. Hierbei sei laut WKÖ und aws ein positiver Trend feststellbar. So ist die Investitionstätigkeit im Vorjahresvergleich gestiegen. Dies trifft insbesondere auf größere und mittlere Investitionsvorhaben zu. Diese hätten sich seit 2018 sogar auf dem höchsten Niveau seit 2008 befunden, wobei für 2019 ein weiterer Anstieg zu erwarten sei.

Betriebe hätten gerne mehr investiert

Wie weiters aus der Umfrage hervorgeht, haben rund 33 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, dass sie gerne mehr investiert hätten. Laut der WKÖ und der aws sei der Hauptgrund für das Scheitern von angestrebten Investitionen die mangelnde interne Verfügbarkeit von Eigenmitteln. In diesem Zusammenhang betont aws Geschäftsführer Bernhard Sagmeister: “Die Finanzierung ist mit Abstand die größte Hürde für unternehmerische Projekte. Gleichzeitig ist die Bankfinanzierung auf einem historischen Tiefststand. Besonders fehlende Sicherheiten werden von den Unternehmen als Begründung für die Ablehnung von Krediten angeführt.”

aws Vorab-Garantien sollen Abhilfe schaffen

Aufgrund der aktuellen Situation, insbesondere hinsichtlich der Finanzierung durch Bankkredite, bräuchte es für Startups und Jungunternehmen verstärkt Unterstützung, so Sagmeister, der auf den aktuellen Ausbau der aws-Vorab-Garantien verweist. Diese zielen darauf ab, im Rahmen von Kreditanträgen die Verhandlungsposition der Unternehmen gegenüber der Bank zu stärken. “Damit können Unternehmen eine werthaltige Kreditsicherheit bereits in die Verhandlung mit der Bank mitbringen. Das stellt sicher, dass Kredite nicht mehr an fehlenden Sicherheiten scheitern”, so Sagmeister. Die Antragsstellung für die aws Vorab-Garantie ist seit 4. Juni 2019 möglich.

2000 KMU sollen profitieren

Um die Garantien zu gewähren, hat die aws unlängst mit dem Europäischen Investitionfonds (EIF) eine Verlängerung der Garantievereinbarung verabschiedet. Der EIF verfolgt die Aufgabe, KMU in Europa den Zugang zu Finanzierungsmitteln zu erleichtern. In einer Aussendung Mitte Juni hieß es dazu: “Durch die Verlängerung und Erhöhung der Fazilität können zusätzliche Finanzierungen zu günstigen Konditionen im Gesamtvolumen von mehr als 160 Millionen Euro an über 2000 KMU in Österreich vergeben werden.” Die bestehende Verlängerung soll bis 2021 laufen.

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PlanRadar Co-Founder und CEO Sander van de Rijdt
PlanRadar Co-Founder und CEO Sander van de Rijdt | (c) der brutkasten / Martin Pacher

Hierzulande laufen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Die neue EU-Kommission steht dafür bereits. Währenddessen kommt nicht nur Österreich weiterhin nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben recht düster. Entsprechend gibt es dieser Tage eine Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

PlanRadar-Gründer Sander van de Rijdt hält im brutkasten-Interview nicht mit deutlichen Worten zurück. Und er benennt dabei konkret, was es seiner Ansicht nach braucht, damit es in Österreich und der EU wirtschaftlich wieder bergauf geht.


brutkasten: Negativ-Nachrichten dominieren aktuell die Wirtschaftsberichterstattung. Ist die Situation wirklich so dramatisch?

Sander van de Rijdt: Das Gesamtbild zeichnet sich wirklich düster, insbesondere auch wie sich Österreich – und Deutschland – im Vergleich zum EU-Raum entwickeln. Den Vergleich zu den USA braucht man gar nicht erst zu suchen. Beim inflationsbereinigten Wachstum ist nur Luxemburg schlechter, von der Entwicklung von Staatsausgaben und Produktivität will man nicht sprechen. Aber wenn man tiefer reinschaut, gibt es nach wie vor Lichtblicke, also Nischen und Teilmärkte, die resilient sind und gut performen.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten auf nationaler Ebene möglichst schnell umgesetzt werden? Was siehst du also als Must-Haves im Regierungsprogramm?

Es braucht eine sofortige Bremse bei den Staatsausgaben. Wir haben ganz klar ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Neue Steuern werden mit Sicherheit keine Lösung sein. Sie werden das dringend benötigte Wirtschaftswachstum weiter einbremsen. Im Gegenteil sollten Anreize für Vollzeit und mehr Produktivität geschaffen werden. Durch die sechste Urlaubswoche, Pensionserhöhungen und vollen Bezug bei Teilzeit wird sich das Problem der abwandernden und eingehenden Industrie höchstwahrscheinlich nicht lösen lassen.

Und wie sieht es auf EU-Ebene aus? Was sollte die neue Kommission unbedingt sofort angehen?

Einen Abbau der Bürokratie und einen vollen Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas – den Draghi-Bericht nicht nur durchlesen und kritisieren, sondern die teils unbestrittenen Punkte einfach umsetzen. Let’s get the right sh*t done…

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Bürokratische Anforderungen wie DSGVO müssen überarbeitet werden. Wir sprechen hier von 15 Prozent weniger Profitabilität alleine aufgrund dieser Verordnung. Und dabei sind jene Startups und Ventures nicht einmal eingerechnet, die ihre Reise durch die hohe Komplexität wirklicher Compliance überhaupt niemals antreten und dadurch niemals volkswirtschaftlich etwas beitragen können. Das Werk stammt aus 2016. Unter Anbetracht der Schnelllebigkeit der IT ist es somit buchstäblich aus dem Mittelalter.

Du bist auch als Business Angel aktiv – was bräuchte es in diesem Bereich von politischer Seite?

Eindeutig Investitionsanreize. Hierfür muss das Rad überhaupt nicht neu erfunden werden, sondern es funktioniert bereits gut in anderen Ländern. Und der volkswirtschaftliche Effekt kann auch leicht nachgerechnet werden, da das Geld mit Hebel in den Kreislauf zurückfließt und damit einen viel wertvolleren Beitrag als auf dem Sparbuch leistet.

PlanRadar strebt ja auch mittelfristig einen IPO an. Was braucht es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse dafür attraktiv ist?

Ein IPO hat uns als Gründer von Anfang an fasziniert, aber ob und wann dieser zustande kommt, lässt sich heute noch nicht mit Sicherheit sagen. Um als Marktplatz wirklich kompetitiv zu sein, muss sich hier allerdings auf europäischer Ebene etwas tun. Die Pläne gibt es schon länger, aber ob eine europäische Börse je realisiert werden kann, bleibt abzuwarten. Meiner persönlichen Meinung nach gibt es zu viele Stakeholder mit zu vielen konträren Interessen.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Jede Unternehmensführung sollte sich periodisch mit strategischen Themen wie Standortattraktivität, Kapitalmaßnahmen und Zukunftssicherheit beschäftigen. Genauso ist es auch bei uns. Und diese Dinge sind nie mit einer einzelnen Entscheidung abgearbeitet, sondern müssen immer wieder neu zum Wohle des Unternehmens betrachtet werden. Wir haben mittlerweile 16 Standorte weltweit und erleben dadurch natürlich genau, bei welchen Themen wir in Österreich noch Aufholbedarf haben.

Bitte eine Prognose: Was passiert, wenn jetzt nicht oder zu langsam Maßnahmen gesetzt werden?

Abwanderung der Industrie, Rezession, Wohlstandsverlust – Stichwort Griechenland.

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