28.03.2023

Gründungsfonds II: Neuer aws-Fonds für Startups ist 72 Mio. Euro schwer

Das Wirtschaftsministerium wird bis zu 72 Mio. Euro in den Nachfolger des aws-Gründerfonds einzahlen. Mittels privaten Co-Investitionen soll er laut Minister Kocher auf rund eine halbe Milliarde "gehebelt" werden.
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Minister Martin Kocher.
© BKA/Dunker - Minister Martin Kocher.

500 Mio. Euro – das ist viel Geld. Auch für einen Venture-Capital-Fonds. Und gleich vorweg: So hoch ist das Volumen des neuen Gründungsfonds II nicht. Der nun geschlechtsneutral benannte Nachfolger des bis 2022 gelaufenen Gründerfonds wird wieder vom Austria Wirtschaftsservice (aws) umgesetzt und dazu vom Ministerium für Arbeit und Wirtschaft mit 72 Mio. Euro ausgestattet. Aber: “Mit Co-Investitionen aus dem privaten Bereich wird dieses Kapital auf rund 500 Mio. Euro gehebelt”, kündigte Wirtschaftsminister Martin Kocher auf einer Pressekonferenz am Dienstag an.

Gemeint ist hier: Investiert der aws-Fonds in ein Startup, beteiligen sich an diesen Finanzierungsrunden im Regelfall auch private Investor:innen. Deren Investment wird in Kochers Darstellung als Hebelwirkung auf das von der aws investierte Kapital interpretiert. Beim Vorfängerfonds, dem Gründerfonds, hatte die aws etwa 60 Mio. Euro investiert. Insgesamt waren die Finanzierungsrunden, an denen der Fonds beteiligt war, aber 500 Mio. Euro schwer.

Auf Rückfrage des brutkasten, wie sicher es aus Sicht des Ministers sei, dass der Betrag von 500 Mio. Euro erreicht werde, sagte Kocher: “Wir wissen aus Studien, dass das Signal von der öffentlichen Hand ein sehr wichtiges ist. Ich kann nicht sagen, wer investieren wird und wie viel es sein wird. Ich bin aber recht optimistisch, dass wir die 500 Mio. Euro erreichen werden. Garantieren kann ich es natürlich nicht”.

Gründungsfonds beteiligt sich mit Beträgen zwischen 100.000 Euro und 5 Mio. Euro

Der neue Fonds wird jedenfalls pro Beteiligung mindestens 100.000 Euro und maximal fünf Millionen Euro investieren. Er nimmt sowohl Erst- als auch Folgeinvestititonen vor. Die ersten Beteiligungen will der Fonds im Laufe des zweiten Quartals eingehen. Er investiert mittels offener Beteiligungen oder eigenkapitalähnlicher Mezzaninfinanzierungsinstrumenten. Die Konditionen sollen marktüblich sein. Thematisch unterliegt der Fonds keinen Einschränkungen.

“Mit dem neuen Gründungsfonds II schaffen wir damit ein Instrument, dass Startups den Zugang zu Risikokapital erleichtert, insbesondere in der frühen Wachstumsphase”, sagte Kocher weiter. Bei der Gestaltung des neuen Fonds würde das Modell des Gründerfonds, also eine Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und privaten Investor:innen, als “langfristiges Unterstützungsmodell” fortgeführt werden.

In einer ersten Reaktion begrüßte die Industriellenvereinigung die Ankündigung: Die Neuauflage des Gründungsfonds mit rund 72 Mio. Euro sei ein wesentlicher Grundstein zur Unterstützung von Startups in einer frühen Phase. “In einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld, wie wir es gerade erleben, ist der Zugang zu Risikokapital für frühphasige Unternehmen besonders wichtig, um Innovationen und Unternehmertum entsprechend zu fördern und Innovationen voranzutreiben und marktfähig zu machen”, wird Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung zitiert.


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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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