30.12.2021

AustrianStartups: “2021 war keine Sternstunde der Startup-Politik”

Hannah Wundsam und Markus Raunig von AustrianStartups blicken in einem Gastbeitrag kritisch auf das Startup-Jahr 2021 in Österreich zurück.
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Markus Raunig und Hannah Wundsam von AustrianStartups © AustrianStartups
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2021 war keine Sternstunde der Startup Politik. Neben Corona und diversen Regierungskrisen hatten wichtige Zukunftsthemen leider viel zu selten Platz. Da wurde ein Runway Fonds angekündigt, der nie gekommen ist. Da gab es eine Steuerreform, die Startups als Zukunftsmotor vergessen hat. Und da gab es lange Diskussionen über die bürokratischen Hürden von Unternehmensgründung und Wachstum, aber immer noch kein Gesetz zu einer zukunftsfitten neuen Gesellschaftsform.

Einzig beim Thema Bildung gibt es ein paar bemerkenswerte Lichtblicke – die von BMDW, BMBWF & WKO finanzierte Youth Entrepreneurship Week hilft mittlerweile Schülerinnen und Schüler in knapp 70 Schulen eigene Ideen umzusetzen und es gibt mit der Landkarte für Entrepreneurial Education & der nationalen Finanzbildungsstrategie einen Fahrplan für die nachhaltige Integration von unternehmerischem Denken & Financial Literacy in den Schulalltag. 

Startup-Politik, die 2022 passieren sollte

2022 gibt es jedenfalls viel aufzuholen. Ein Gründerpaket wurde bereits angekündigt und soll im kommenden Jahr Österreich als Startup-Standort endlich wettbewerbsfähig machen. Vom Notariatsakt übers Stammkapital bis hin zur Mitarbeiterbeteiligung – die Bundesregierung hat sich schon vor zwei Jahren im Regierungsprogramm vorgenommen, das Leben von Startups unbürokratischer zu machen. Sowohl im Gesellschaftsrecht als auch im Steuerrecht erwarten wir hier im ersten Quartal konkrete Gesetzesentwürfe, die endlich Licht ins Dunkel bringen – denn der Teufel wird wie so oft im Detail liegen.

Warum wir in Österreich Investitionsanreize brauchen

Es wäre klug im Gründerpaket auch eine Langzeitforderung der Startup-Szene umzusetzen, die sich ebenso im Regierungsprogramm wieder findet: ein Beteiligungsfreibetrag nach britischem Vorbild, der Anreize für Investments in Startups schafft. Der aktuelle Geldregen kommt nämlich hauptsächlich aus dem Ausland. Das ist den Startups berechtigterweise egal, aber aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive wäre es sinnvoll, wenn auch mehr österreichisches Geld in unsere besten Startups fließt – davon profitiert nämlich am Ende auch der Steuerzahler. 

Fachkräftemangel: Bessere Rot-Weiß-Rot-Karte

Neben dem Gründerpaket wird uns in den kommenden Monaten sicher ein Thema massiv beschäftigen: der Fachkräftemangel. Mit wem auch immer man derzeit in der Startup-Welt spricht – alle sind aktuell auf der Suche nach Verstärkung und niemandem fällt es leicht passende Leute zu finden. Wir gehen davon aus, dass der Druck der Wirtschaft hier im nächsten Jahr weiter zunehmen wird und die Politik handeln wird müssen. 

Mit Projekten wie der Youth Entrepreneurship Week sollte es mittelfristig gelingen, die Potenziale der nächsten Generation besser zu aktivieren und eine neue Welle an hochqualifizierten Talenten auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Kurzfristig wird man sich aber besonders international auf die Suche nach passenden Fachkräften machen – und da braucht es dringend eine echte und nachhaltige Attraktivierung der Rot-Weiß-Rot-Karte. Österreichs Unternehmen sind derzeit im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe benachteiligt, weil internationale Mitarbeiter nicht rasch und unkompliziert eingestellt werden können. Allzu oft entscheidet sich der Top-Developer dann doch für das Fast-Track Angebot aus Berlin, Paris oder Lissabon, wenn man in Österreich 3-6 Monate auf eine Genehmigung warten muss. 

Startups müssen zur Chefsache werden

Für alle diese Punkte braucht es vor allem eines: Startups müssen zur Chefsache werden. Frankreich hat sich in den letzten Jahren nur deshalb so erfolgreich als attraktiver Startup-Hotspot etablieren können, weil dort Macron das Thema auf allen Ebenen mit einer immensen Hartnäckigkeit persönlich pusht. In diesem Sinne gilt auch für Österreich 2022: neuer Bundeskanzler, neue Chance. 

Über Autorin und Autor

Hannah Wundsam ist Geschäftsführerin und Markus Raunig Vorstandsvorsitzender von AustrianStartups – Österreichs größter Startup Plattform und Think Tank für innovatives Unternehmertum. Gemeinsam mit mehr als 40.000 Unterstützern arbeitet die Non-Profit Organisation an einer Zukunft, in der Entrepreneurship in Österreich so normal wird wie Skifahren und setzt dabei auf eine Vielzahl von Aktivitäten: Von medialen Formaten wie Österreichs führendem Tech Podcast & Newsletter, über ein weitreichendes Portfolio an Vernetzungsevents in jedem Bundesland, bis hin zu wissenschaftlichen Studien als Daten-Grundlage für politische Entscheidungsträger und Bildungsprogramme an Schulen. Dabei vereint AustrianStartups die Erfahrung von erfolgreichen Gründerinnen mit einem weitreichenden Netzwerk an Expertinnen und zeigt so Wege auf, wie in Österreich ein unternehmerfreundlicheres Klima geschaffen werden kann.

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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