18.01.2019

Mit dem Phone auf Urlaub: VR und AR erobern das Reisen

Die Reiseindustrie ist im Begriff sich umzustellen. Durch die Digitalisierung und neue Möglichkeiten durch Augmented und Virtual Reality bieten Orte und Reiseanbieter vor allem durch massive Entwicklungen auf Facebook, Snapchat und Instagram ihren Kunden neuartige Vorab-Erlebnisse vor dem eigentlichen Urlaub. Wir sprachen mit Laurie Ainley, Co-Founder und CTO von Poplar.Studio, einem AR-Marktplatz aus der Founders Factory in London über existierende und zukünftige Use-Cases der Branche.
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AR VR
(c) Creativa Images/fotolia.

Der klassische Urlaub, bei dem man bucht und hinfliegt, ohne zu wissen, wie sich das Hotelzimmer tatsächlich darstellt oder wie sandig der Strand ist, ist nicht tot. Aber etwas ändert sich. Durch VR (Virtual Reality) und AR (Augmented Reality) haben sich dem Reisenden, besonders im letzten Jahr, wie das “Facebook, Instagram, Messenger & Snapchat AR Creative Studio” Lenslist schreibt, neuartige Möglichkeiten eröffnet, Urlaub anderweitig zu erleben und exakter zu planen.

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Datenbrillen und 360°-Videos

Bei der digitalen Entwicklung der “Travel Industry” sind vor allem Reise- und Fluganbieter treibend. Thomas Cook etwa hat 2016 damit begonnen, 880 Reisebüros mit Datenbrillen auszustatten und dessen Mitarbeiter dazu angehalten, auf deren Reisen 360°-Videos zu drehen. Dadurch bekommen Nutzer einen Vorgeschmack auf ihre Destinationen und können Regionen und Hotels vor der Buchung austesten. Ähnlich verhält es sich beim Kreuzfahrtschiff MS Deutschland, wo man virtuell bis zu sechs verschiedene Orte des Schiffs, darunter die Suite oder das Sonnendeck, begutachten kann.

AR-Spielereien

Während VR eher für den Einsatz vor dem Urlaub (in Reisebüros oder online) gedacht ist, eignet sich AR für Erlebnisse vor Ort. Hierzu hat Poplar.Studio als Beispiel seine “Poplar Face Filters” in petto, womit sich der User etwa in Griechenland per Smartphone vor Sehenswürdigkeiten in eine alte Gottheit verwandeln kann. Enlivear, ein Onlineverzeichnis von “AR-reality effects” auf Facebook hingegen, führt eine Liste von Orten mit Sehenswürdigkeiten, bei der Augmented Reality für Besucher zum Einsatz kommt. Darunter auch Wiener Attraktionen wie das “Mumok Schedule Board”, die “Kunsthalle”, das “Goethe-Denkmal” und der “Pink Rabbit” bei der Oper . Wie das untere Video zeigt, lassen sich an diesen Plätzen per Smartphone Informationen über die jeweiligen touristischen Glanzstücke einsehen.

AR-Effekt der “Pink-Rabbit-Installation” in Wien

“Sneak Peak” vom virtuellen Balkon aus

Laurie Ainley, CTO und Mitgründer von Poplar.Studio sieht viele Wege, wie VR und AR die “Travel Industry” beeinflussen kann und es bereits tut. Das Flugunternehmen Lufthansa bildet Portale, die der Kunde durchschreiten und auf Balkone heraustreten kann, um einen “sneak peak” auf die Skylines von Hongkong und New York zu werfen. “Es gibt viele kreative Wege mit AR-Destinationen zu bewerben. Etwa Personen zu ermöglichen, sich selbst an berühmten Plätzen vorzustellen, indem sie die Frontkamera nutzen. Oder Broschüren zum Leben zu erwecken”, sagt er.

Mit der AR-APP nach New York oder Hongkong

Hilfstools beim Reisen

Abseits genannter Use-Cases schaffe es AR den Akt des Reisen selbst zu vereinfachen, so Ainley weiter. Als Beispiel für diese Behauptung führt er die nationale Fluggesellschaft der Niederlande KLM und das US-Unternehmen American Airlines ins Feld, die beide AR-Addons in ihren Apps haben. Im ersten Fall erlaubt es die App dem Fluggast, die Dimensionen des eigenen Gepäcks mit den Reise-Restriktionen der Fluglinie fürs Handgepäck abzugleichen. Der US-amerikanische Fluganbieter hingegen bietet eine “wayfinder-App“, die User durch den Flughafen lotsen kann. “Ein ‘lifesaver’ für Personen, die in einem fremden Land in Eile sind”, sagt Ainley.

Mittels AR testen, ob das Handgepäck fürs Flugzeug geforderte Standards erfüllt

Im Zug und doch “Underwater”

Eine weitere Form der VR-Nutzung im “Reise-Business” lasse sich im Entertainment-Sektor verorten, wie man erfährt, sieht man sich die die Londoner Hochgeschwindigkeitsbahn “Eurostar” an. Per Handy oder zu erwerbenden “VR-Headset” kann der Zug-Gast bequem vom Sitz aus, als “Virtual-Reality-Experience”, ein “Unterwasser-Abenteuer” erleben.

Aus dem Sitz ins Wasser

AR als Use-Case für Touristik

“Zudem gab es neulich eine neuartige AR-Anwendung von Snapchat hier in London. Der berühmte “Big-Ben” wird aktuell renoviert. Um für Touristen dennoch ein besonderes Erlebnis zu schaffen, hat der Instant-Messaging-Dienst eine ‘geofencing lens’ (Anm.: Beziehung zwischen der Position eines mobilen Geräts und einem vorbestimmten Ort) geschaffen, der dem Turm eine Art Schneekugel-Effekt verleiht”, erklärt Ainley, “Und so die Fähigkeit der Attraktion wiederherstellt, etwa als Weihnachtskarten-Motiv zu dienen”.

Fort mit der Baustelle: der “Big Ben” als Schneekugel

“AR und VR keine Bedrohung fürs echte Verreisen”

Wer diese Entwicklungen mit Sorge sieht und an Avatare denkt, mit denen Menschen ihren Urlaub physisch im Wohnzimmer und als Projektion am Strand verbringen, dem setzt Ainley eine andere Sichtweise entgegen. “Ich denke, die Möglichkeit für Personen einen Ort mittels AR beziehungsweise VR zu erleben, ist keine Bedrohung für die Reiseindustrie, sondern eher eine ‘opportunity’. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird die Technologie den Besuch eines anderen Landes und dessen Erleben – die Frische der Luft, fremde Menschen treffen, die Kultur kennen lernen – nicht ersetzen. Jedoch kann eine interaktive Erfahrung, die ein einfaches Foto oder Video nie zu bieten vermag, Leute mehr dazu bewegen zu Reisen”, sagt der CTO.

Der Wunsch nach Abschaltung

In die Zukunft blickend geht Ainley sogar so weit zu behaupten, dass der Mensch alsbald ein Gerät, etwa in Form eines Headsets, als Brille, Kontaktlinsen oder Ähnliches tragen wird, um die Welt um ihn herum zu erweitern. “Es wird ein nahtloser Übergang sein, Informationen und Medien in die reale Welt zu überführen. Fürs Reisen bedeutet das, User von einem Ort zum anderen zu lotsen, ihnen Kontext über das Umfeld zu präsentieren und eine neue Dimension an Erfahrung zu ermöglichen”, sagt er. “Es wird eine Zukunft, in der ein Mensch allein durch den Blick etwas über seine Umgebung lernt. Wo gibt es das beste chinesische Essen, welches Hotel hat freie Zimmer, oder welche Empfehlungen geben Freunde ab. Ich hoffe allerdings auch, dass dabei ein leicht zu bedienender ‘on- und off-button’ integriert sein wird, um uns weiterhin zu erlauben, die Welt so zu erleben, wie sie ist”.

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CEO und Gründer Arnulf Sorgo (c) Ging It

Das Klagenfurter Startup Ging It entstand beinahe zufällig. Während der Corona-Pandemie sah sich der langjährige Immobilienmakler Arnulf Sorgo vor einer großen Herausforderung: Das Immobiliengeschäft war zeitweise zum Erliegen gekommen. Sorgo musste kreativ werden, um mit Kund:innen den Kontakt zu halten. So kam ihm eine Idee: Anstatt gewöhnliche Visitenkarten zu verschicken, begann er, handgemachte Ingwer Shots zu versenden. Auf den Fläschchen druckte er QR-Codes, die zu seinen Immobilienprojekten führten.

Diese Idee fand großen Anklang, sodass die Immobilien fast in den Hintergrund rückten, erzählte Sorgo. Im April 2022 gründete er daraufhin das Startup Ging It. Vordergründig geht es dem Unternehmen nicht nur um den Verkauf von gesunden Ingwer Shots –  vielmehr steckt hinter der Geschäftsidee von Ging It ein durchdachtes Marketingtool.

Ging It verkauft “gesunde Visitenkarte” an Unternehmen

Anstatt nur gewöhnliche Ingwer-Shots zu verkaufen, verfolgt Ging It die Vision, eine „gesunde Visitenkarte“ im B2B-Bereich zu schaffen. Die handgemachten Shots sollen Unternehmen die Chance bieten, „einen bleibenden Eindruck“ zu hinterlassen. Ging It-Shots eignen sich als „Give-Away, Mitarbeiter-Benefit oder Welcome-Drink“ und sollen eine klare Botschaft vermitteln: „Hier geht es nicht nur um das Business, sondern auch um das Wohlbefinden“. Unternehmen können die Produkte auf der Ging It-Website erwerben und dann als Marketingtool verschenken. Im Interview mit brutkasten erklärt CEO Sorgo, dass sein Startup „den verstaubten Ingwer aus der Schublade“ holt und daraus „eine coole Lifestyle-Marke macht, die man gerne verschenkt“. Auf diese Weise möchte Ging It zu einem positiven Image seiner Kund:innen beitragen.

Ging It konzentriert sich nach eigenen Angaben aktuell zu 90 Prozent auf den B2B-Bereich. Dennoch sind die Produkte auch für Privatkund:innen im Onlineshop und in ausgewählten Billa Corso-Filialen erhältlich.

Ging It-Produkte sollen Energie liefern und Wohlbefinden fördern

Das Kernprodukte von Ging It, die Energy-Shots, sind derzeit in zwei Sorten erhältlich: Ginger und Mango. Je nach Variante enthalten sie natürliche Zutaten wie Ingwer, Mango, Papaya und Kurkuma. Ergänzend dazu bietet der Onlineshop einen Ingwersirup und verschiedene Geschenkboxen an. Für besondere Anlässe können Unternehmen die Ging It-Produkte sogar individuell branden oder beschriften lassen.

Die Shots sind konzipiert als „Kraftpaket für das Immunsystem“ – mit entzündungshemmenden Inhaltsstoffen, die den Körper stärken und Erkältungen vorbeugen. Darüber sollen die Ging It-Produkte natürliche Energie liefern und das Wohlbefinden fördern. Sie sind reich an Vitamin C, Magnesium und Eisen.

Produktion erfolgt zu 100 Prozent in Kärnten

Alle Produkte von Ging It sind bio-zertifiziert, was durch die enge Zusammenarbeit mit Landwirt:innen gewährleistet werde. Die Produktion erfolgt zu 100 Prozent in Kärnten, womit das Unternehmen die lokale Landwirtschaft stärken möchte. So will Ging It „Frische und Geschmack direkt aus der Region“ sicherstellen. Die industrielle Abfüllung der Shots übernimmt die Firma Kärntner Frucht, während die “hochwertige Verpackung” von der ABC Auftragsfertigung aus Klagenfurt angefertigt wird.

Momentan besteht das Ging It-Kernteam aus drei Leuten: CEO Arnulf Sorgo wird von seinem Sohn Matteo unterstützt, der für den Social-Media-Auftritt und die Website des Unternehmens verantwortlich ist. Verena Geier, die als Visionary in Sales & Business tätig ist, kümmert sich unter anderem um die Weiterentwicklung der Produkte und den Export ins Ausland.

Kärntner Sparkasse zählt zu den größten Kunden

Die Geschäftsidee des Startups zeigt Erfolg: Zu den größten Kunden zählen inzwischen namhafte Unternehmen wie die Kärntner Sparkasse, die Raiffeisenbank und die Kärntner Landesversicherung. Unterstützung erhielt Ging It durch eine stille Beteiligung der “StartInvest” der Kärntner Sparkasse. Darüber hinaus finanziert sich das Startup aus seinen laufenden Umsätzen und hat bislang keine Investoren an Bord.

Neben Ging It ist CEO Sorgo weiterhin im Immobiliengeschäft tätig. Doch der Aufbau der Marke nimmt aktuell viel seiner Zeit in Anspruch. Die Weiterentwicklung des Startups empfindet er als „sehr spannend“ und „eine ganz neue Erfahrung im Vergleich zur Immobilienbranche“, äußert er gegenüber brutkasten.

Ging It gründet Vertriebsfirma in Dubai

Nun steht Ging It vor dem nächsten Schritt: „Das Unternehmen ist bereit für den großen Markt“, versichert Arnulf Sorgo. Derzeit arbeitet das Startup intensiv an der Gründung einer eigenen Vertriebsfirma in Dubai. Sorgo sieht dort großes Potenzial, da es in Dubai üblicher sei, Kund:innen zu beschenken. Außerdem könne Ging It mit seinen 100% Bio-Produkten aus Österreich bei den Dubai tätigen Unternehmer:innen punkten. Ziel ist es, beim nächsten Gulfood-Event im Februar 2025 in Dubai mit den Ging It-Produkten und der neuen Vertriebsfirma präsent zu sein.

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