31.07.2024
WORK

Arbeitsmarkt-Kompass: So viel Arbeitszeit wünschen sich Österreicher:innen

Nach Ablauf der ersten Jahreshälfte präsentieren das Online Research Institut Marketagent und Leitbetriebe Austria die neuesten Ergebnisse ihres Arbeitsmarkt-Kompass – einer Längsschnittuntersuchung zur Stimmung unter Erwerbstätigen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Erfreulich zeigen sich dabei insbesondere die hohen Zufriedenheitswerte im aktuellen Job - bemerkenswert hingegen das gewünschte Arbeitsvolumen im DACH-Raum.
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Arbeitsmarkt-Kompass, 4-age-Woche, Home-Office
(c) Marktetagent - Bevorzugtes Arbeitsvolumen pro Woche im DACH-Raum.

Dass sich der Arbeitsmarkt im Wandel befindet und Arbeitgeber:innen gefordert sind, mit neuen Arbeitsmodellen aufzuwarten, um den gestiegenen Ansprüchen der Arbeitnehmerschaft zu begegnen, hat mittlerweile kaum noch Neuigkeitswert. Die Frage bleibt aber: Wo genau ansetzen? Antworten liefert der Marketagent Arbeitsmarkt-Kompass, der neuerdings länderübergreifende Erkenntnisse aufzeigt.

Arbeitsmarkt-Kompass: Faire Bezahlung wesentlich

Seit 2023 befragt das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut vierteljährlich Arbeitnehmer:innen zur aktuellen Stimmung am Arbeitsmarkt. Die mittlerweile dritte Auflage des Arbeitsmarkt-Kompass nimmt nicht nur österreichische Erwerbstätige unter die Lupe, sondern zeigt die Präferenzen aus der gesamten DACH-Region auf. In Summe geben 3.737 Arbeitnehmer:innen aus dem 1. Halbjahr 2024 Einblick, wo die Prioritäten in ihrem Berufsleben liegen und welche Rolle die viel zitierten Schlagwörter “Work-Life-Balance”, “Home Office” oder die “4-Tage-Woche” tatsächlich in ihrem Wunsch-Szenario spielen.

Aus der Untersuchung erkenntlich wird, dass eine faire Bezahlung im Job eine wesentliche Rolle spielt: in Österreich und der Schweiz sogar eine deutlich höhere, als in Deutschland (Österreich: 65 Prozent vs. Schweiz: 67 Prozent vs. Deutschland: 59 Prozent).

Ebenso würde sich ein nicht zu vernachlässigender Teil über ein flexibles Arbeitszeitmodell freuen, wobei hier insbesondere die Schweizerinnen mit 47 Prozent hervorpreschen (42 Prozent in Deutschland und 39 Prozent in Österreich).

Doch: “Ein erfüllter Arbeitsalltag ist vielschichtig. Neben einem ansprechenden Gehalt entpuppen sich ein gutes Arbeitsklima, Sicherheit im Job sowie Wertschätzung als wesentliche Treiber bei der Jobsuche und lassen vermeintlich ausschlaggebende Rahmenbedingungen wie die Möglichkeit zu ‘Home-Office’ oder zur vieldiskutierten ‘4-Tage-Woche’ am Ende des Tages weit hinter sich”, betont Marketagent-Geschäftsführer Thomas Schwabl. “Arbeitgeber:innen sind im Sinne der Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit daher dazu aufgerufen, den so wichtigen Spagat zwischen attraktiven Eckpfeilern und diesen wesentlichen Wohlfühlaspekten zu meistern.”

Frauen legen mehr Wert auf Flexibilität

Dennoch ist und bleibt es wichtig zu betonen, dass Frauen hierzulande bei der Jobsuche mehr Wert auf die Möglichkeit einer “4-Tage-Woche”, flexible Arbeitszeiten und Remote-Work legen. Kein Zufall, so Marktagent und Leitbetriebe Austria, wenn man bedenkt, dass der Großteil der unbezahlten Care-Arbeit immer noch auf weiblichen Schultern lastet. Demnach sei es kaum überraschend, dass sie den Schlagworten “Zeit für die Familie” und “Work-Life-Balance” im Geschlechtervergleich eine höhere Bedeutung beimessen.

Arbeitszeit

“Der Arbeitsmarkt hat in den vergangenen Jahren eine spürbar neue Dynamik bekommen. Erst vergangene Woche forderte die Arbeiterkammer erneut eine Verkürzung der Arbeitszeit und scheint in der heimischen Bevölkerung damit einen Nerv zu treffen”, heißt es per Aussendung.

Im Detail, so die Erkenntnis, würden sich Österreicher:innen im Schnitt ein Arbeitsvolumen von 33,5 Stunden wünschen. “40-Stunden-Woche adé” heißt es aber nicht nurhierzulande, sondern ebenso in den beiden untersuchten Nachbarnationen.

Während die Schweizerinnen ein Arbeitspensum von 34,5 Stunden präferieren, erreicht der Schnitt bei den Deutschen mit einer Wunsch-Dienstzeit von 31,7 Stunden das niedrigste Niveau im Drei-Länder-Vergleich. Sofern es ihr Job erlaubt, würden sie zudem davon rund 41 Prozent von zu Hause aus arbeiten. Höher ist der bevorzugte Remote-Work-Anteil lediglich in der Schweiz (44 Prozent vs. 37 Prozent in Österreich).

Arbeitsmarkt-Kompass: Zufriedenheit hoch

Abseits dieser New-Work-Thematik ist bemerkenswert, dass 83 Prozent der österreichischen Erwerbstätigen angeben, in ihrem Beruf sehr oder eher zufrieden zu sein. In Deutschland und der Schweiz ist der Wert zwar etwas niedriger, bewegt sich mit 79 Prozent bzw. 78 Prozent aber ebenfalls auf einem hohen Level.

Dass sich Unternehmer:innen darauf allerdings nicht ausruhen sollten und der Wettbewerb um die talentiertesten Köpfe weiterhin hoch bleibt, zeigt die hohe Wechselbereitschaft unter den Arbeitnehmer:innen.

In der Schweiz verspüren 41 Prozent den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung und das, obwohl sie ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt weit weniger positiv wahrnehmen (45 Prozent), als die Deutschen (67 Prozent) und die Österreicher:innen (64 Prozent). Mit ein Grund dürfte bei den Schweizer:innen dafür der beachtliche Gehaltssprung sein, den sie sich mit einem neuen Job erwarten und den sie mit 31 Prozent beziffern (vs. 28 Prozent in Österreich und 25 Prozent in Deutschland).

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Benefits, Home-Office
(c) GrECo - Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits GrECo.

Es herrscht eine Zeit im Arbeitswesen, in der sich sehr viele Personen mit der Zukunft und davon ausgehend mit Benefits von Unternehmen beschäftigen. Dabei steht vor allem die betriebliche Vorsorge hoch im Kurs. Neun von zehn Befragte finden eine Pensionsvorsorge (91 Prozent), eine private Krankenversicherung (90 Prozent) oder steuerfreie Zukunftsleistungen wie lohnsteuerfreie betriebliche Vorsorge (89 Prozent) bei der Jobsuche besonders attraktiv. Das zeigt die aktuelle “Health & Benefits Studie” des Versicherungsunternehmens GrECo, die sowohl die Arbeitnehmer:innen- als auch die Arbeitgeberseite befragt hat.

Benefits: Anforderungen an Jobs steigen

Die unternehmenseigene Befragung unter österreichischen Unternehmen wurde im Juli und August 2024 durchgeführt, um die Sichtweisen und Strategien der Arbeitgeber zu beleuchten. Diese Umfrage richtete sich an heimische Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen “Human Resources” und “Benefits-Management”. Insgesamt nahmen 274 Unternehmensrepräsentant:innen an der Befragung teil. Dabei lag der Fokus auf den geplanten Benefits-Maßnahmen der nächsten zwei Jahre.

“Die Anforderungen an den Job steigen weiter. Viele Arbeitnehmer:innen wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei den alltäglichen Herausforderungen unterstützt. Auch eine zusätzliche Pensions- und Krankenvorsorge, die deutlich über die staatliche Grundversorgung hinausgeht, wird zunehmend geschätzt. Lösungen, die Mitarbeiter:innen auch in Zukunft gut absichern, stehen insgesamt an oberster Stelle der Wunschliste”, erklärt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits bei GrECo.

Für Unternehmen gilt es, sich bewusst zu machen, dass Benefits, die zeitgemäß und besonders relevant für die Lebensqualität der Mitarbeitenden sind, den besten Pull-Faktor darstellen und einen direkten Einfluss auf die Loyalität haben.

Langfristig vs. kurzfristig

Vor allem langfristige Benefits wie Vorsorgelösungen hätten laut der Umfrage für acht von zehn Befragten (83 Prozent) eine höhere Priorität als kurzfristige Vorteile wie Fitnessangebote. Ein Unterschied zeigt sich jedoch bei der Gen Z, deren Fokus auf anderen Herausforderungen wie beispielsweise mentaler Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gerichtet ist.

“Das liegt nicht daran, dass die Gen Z Pensionsvorsorge oder Krankenversicherung nicht schätzt. Untersuchungen zeigen, dass die Gen Z anfälliger für Burnout und Stress ist. Der Mental Health-Aspekt wird somit immer wichtiger, um Fluktuation und geringer Produktivität entgegenzuwirken“, erklärt Schuller. “Es geht hier um ein abgestimmtes Paket, das sowohl Prävention als auch die entsprechende Absicherung im Bedarfsfall sicherstellen kann.”

Bemerkenswert ist, dass trotz aller Bemühungen aktuell 67 Prozent der Unternehmen die Vorteile betrieblicher Vorsorgeleistungen noch nicht ausschöpfen. Dabei bieten steuerfreie Zukunftssicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung und Pensionszusagen gerade die finanzielle Sicherheit, die sich die Mitarbeiter:innen wünschen würden, so die Studie.

Der Jahresbericht der Pensionsversicherung Österreich zeigt, dass ein Viertel der österreichischen Arbeitnehmer:innen (25 Prozent) noch vor dem Ruhestand berufsunfähig sind und nur vier Prozent der Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

“Diese Lücke wird aber nach wie vor auch in der Praxis von nur rund 17 Prozent der Unternehmen abgedeckt. Auch eine “Pensionszusage” bieten nur 27 Prozent an und das, obwohl sie angesichts der steigenden Lebenserwartung ein wichtiges Angebot wäre, um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter sicherzustellen”, liest man im Bericht.

Benefits kein Obstkorb

Im Kampf um die besten Talente steigt der Druck auf die Arbeitgeber, über das Gehalt hinaus ansprechende Sozialleistungen anzubieten. Über ein Drittel (35 Prozent) der heimischen Arbeitnehmer:innen ist sogar bereit, auf zehn Prozent des Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür wichtige Benefits erhalten – in der Gen Z ist es sogar jede:r Zweite (46 Prozent).

Benefits wie Home-Office oder flexible Arbeitszeiten, zählen jedoch nicht dazu. Sie werden viel mehr als selbstverständliche Voraussetzung betrachtet und sind wie der Obstkorb, den nur mehr 24 Prozent als sehr ansprechend bewerten, seit langem kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

“Eine ‚One-size-fits-all-Lösung‘ bei Benefits ist nicht mehr zeitgemäß. Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen erkennen und entsprechend handeln, sind für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser gerüstet und langfristig erfolgreicher”, so Schuller weiter.

Kommunikation mangelhaft

Aufholbedarf gibt es auch in der Kommunikation: Nur 56 Prozent der Mitarbeiter:innen kennen auch alle angebotenen Benefits. Auf Seite der Arbeitgeber gilt es dringend, eine zugängliche Übersicht der angebotenen Benefits zu schaffen und diese laufend zu kommunizieren. Etwa ein Drittel (32 Prozent) der befragten Unternehmen gibt zudem an, keine genaue Kenntnis darüber zu haben, wie viel Prozent der Lohnsumme für Benefits aufgewendet werden.

“Das zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie für bestehende Mitarbeiter:innen dringend verbessern müssen, denn 88 Prozent wünschen sich einen Arbeitgeber, der sich um sie kümmert”, fasst Schuller abschließend zusammen. “Nur wer langfristige Absicherung und moderne Arbeitsmodelle kombiniert, wird im Wettbewerb um die besten Talente bestehen können – erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels.”

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