09.02.2023

AQT: Tiroler Quantencomputing-Startup knackt Europa-Rekord

Das Startup AQT aus Innsbruck setzt einen weiteren Schritt für Europa im Bereich Quantum Computing.
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Das Gründerteam Rainer Blatt, Thomas Monz und Peter Zoller (v.l.) vom Tiroler Quantencomputing-Startup AQT © AQT
Das Gründerteam Rainer Blatt, Thomas Monz und Peter Zoller (v.l.) vom Tiroler Quantencomputing-Startup AQT | © AQT

Das Innsbrucker Quantum Computing-Unternehmen AQT (Alpine Quantum Technologies GmbH) verkündet einen Europa-Rekord. Mit einem Quantum Volume-Wert von 128 setzt AQT einen markanten Schritt für den europäischen Kontinent. Zur US-amerikanischen Konkurrenz besteht bei diesem Wert allerdings noch eine große Lücke. Den internationalen Rekord hält seit Ende letzten Jahres das amerikanische Unternehmen Quantinuum mit einem Wert von 8192. Franz Domig von AQT erklärt im brutkasten-Gespräch, was die Benchmark von 128 dennoch bedeutet.

Was ist Quantum Volume?

Beim sogenannten Quantum Volume handelt es sich um eine Einheit, auf die man sich im Quantencomputing geeinigt hat, um verschiedene Quantencomputer miteinander vergleichen zu können. In der Branche gibt es unterschiedliche Technologien, wie bspw. die Ionen-Technologie oder das Superconducting-Verfahren.

“Quantum Volume ist eine gemeinschaftliche Performance-Kenngröße, damit die unterschiedlichen Systeme vergleichbar sind. Es ist ein Messkriterium wie die Pferdestärke (PS) bei Autos”, erklärt Domig. Der Wert werde im Wesentlichen auf Basis von drei Komponenten berechnet: Die Anzahl der Qubits, die Fehlerrate und die Konnektivität zwischen den Qubits. “Mit den 128 sehen wir einen deutlichen Fortschritt in der Technologie. Das System gewinnt an Stabilität. Außerdem bekennen wir uns nicht zuletzt auch zu diesem Messwert”, sagt der Marketing Director Franz Domig.

Warum Ionen-Technologie?

Das Startup wurde im Februar 2018 von Rainer Blatt, Thomas Monz (CEO) und Peter Zoller in Innsbruck gegründet. Der Gründung gehen jedoch mehrere Jahre Forschung an der Universität Innsbruck voraus. Bis heute besteht eine enge Verbindung zur Universität. “Wir sitzen quasi in und neben dem Campus. Viele unserer Angestellten sind Absolvent:innen der Uni”, erklärt Domig. Die Entscheidung für die Ionen-Technologie rührt also daher, dass an der Universität verstärkt zu dieser Technologie geforscht wird. Neben AQT ist unter anderem auch das Quantumcomputing-Unternehmen ParityQC ein Spinoff aus Innsbruck.

Innsbruck als Österreichs Quantum Computing Hub

Abgesehen von Wien nennt Domig Innsbruck das Hub für Quantum Computing in Österreich. Die Verbindung zu ihrem Standort macht AQT auch in der Namensgebung ihrer Produkte deutlich. Ihren selbst entwickelten Quantencomputer haben sie “PINE” (deutsch: Kiefer) genannt – angelehnt an seine Tiroler Herkunft.

Die Produktreife hat AQT inzwischen also erreicht. Das Startup bietet bisher drei Optionen an. Man könne Komponenten des Quantencomputers wie beispielsweise den Prozessor oder den gesamten Quantencomputer kaufen. Als dritte Möglichkeit bietet AQT einen Zugang über die Cloud. Dadurch entfällt die Notwendigkeit das Gerät zu kaufen. Das Tiroler Unternehmen baut aktuell den Zugang über die Cloud aus, sodass Kund:innen ihre Berechnungen beauftragen können, PINE diese durchführt und die Ergebnisse via Cloud übermittelt werden.

Das Quanten Computer PINE System ist genau 19 Zoll breit © Dieter Kühl

Mögliche Anwendungen kommen dabei unter anderem aus dem Chemie-, Risikoanalyse- oder dem Finanzbereich. Domig betont jedoch, dass man sich aktuell noch im Versuchsstadium befindet. “Es wird also versucht, mit Quantentechnologie Dinge zu berechnen, die zuvor nicht machbar waren. Man steht da aber noch am Anfang”, so Domig.

Quantencomputing: Wettlauf USA vs. Europa

Der Wettlauf zwischen den Vereinigten Staaten und Europa ist laut Domig in vollem Gange. Dennoch betont er im Interview die Synergien in der Branche. So würde AQT beispielweise mit Quantinuum – die bereits erwähnten Rekordhalter aus den USA – zusammenarbeiten. Des Weiteren gebe es auch in Europa wichtige Vernetzungen. 

Als größte Herausforderung nennt das Unternehmen die Suche nach qualifizierten Angestellten. Das aktuell 25-köpfige internationale Team braucht vor allem Entwickler:innen. “Es ist nicht so einfach, Menschen in diesem Sektor zu finden. Für den Cloud-Bereich benötigen wir speziell im Software Development gute Leute”, stellt Domig fest. Auch eine stabile Finanzierung sei für das angestrebte kontinuierliche Wachstum wichtig. Ende 2022 hat AQT Funding in Höhe von 2,5 Millionen Euro vom European Innovation Council Accelerator (EIC) erhalten. 

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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