29.03.2023

Anyline: Wiener KI-Startup baut 25 Prozent der Belegschaft ab

Das auf Optical Character Recognition (OCR) spezialisierte Wiener KI-Startup Anyline reagiert auf die schwache Wirtschaftslage und baut jeden vierten Job ab. Dies geschieht im Rahmen eines Strategiewechsels, der das Unternehmen innerhalb von zwölf Monaten cashflow-positiv machen soll.
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(c) Anyline vlnr.: David Dengg, Entwickler, Daniel Albertini, CTO, Lukas Kinigadner, CEO, und Jakob Hofer, CMO
(c) Anyline vlnr.: David Dengg, Entwickler, Daniel Albertini, CTO, Lukas Kinigadner, CEO, und Jakob Hofer, CMO

Dass es für Startups und Scaleups aktuell nicht einfach ist, Kapital aufzunehmen, ist bekannt. Viele Scaleups – darunter auch große Namen wie Stripe oder Klarna – mussten sich auf Finanzierungsrunden mit deutlichen Bewertungseinbußen einlassen. Einen anderen Weg wählt nun das Wiener Scaleup Anyline – bekannt für seine auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Optical-Character-Recognition-Technologie (OCR), die unter anderem bei den “Alles gurgelt”-PCR-Tests der Stadt Wien eingesetzt wird. Das Unternehmen will in den nächsten zwölf Monaten cashflow-positiv werden – und baut dazu in den nächsten Wochen 25 Prozent seiner Belegschaft ab.

Rund 25 der aktuell knapp über 100 Stellen sollen wegfallen, wie Anyline-CEO Lukas Kinigadner gegenüber brutkasten bestätigte. In Vollzeitäquivalenten gerechnet wird das Team um 20 Prozent verkleinert. Betroffen sind sämtliche Bereiche im Unternehmen.

Anyline-CEO Kinigadner: “Sehr schmerzhafte Entscheidung”

Kinigadner bezeichnet den Jobabbau als “sehr schmerzhafte” Entscheidung: “Eine der schwierigsten, die ich je getroffen habe, und eine, von der ich gehofft habe, sie nie treffen zu müssen”. Das Unternehmen habe auf die makroökonomischen Veränderungen schnell reagiert. Dadurch müssen wir zu weit weniger drastischen Maßnahmen greifen, als sie derzeit in unserem Tech-Umfeld zu beobachten sind”.

Es sei für das gesamte Team eine schwierige Zeit. “Ich bin jedoch überzeugt, dass diese Entscheidung zum heutigen Zeitpunkt die richtige ist, um langfristig gemeinsam erfolgreich sein zu können”, sagte Kinigadner.

Das Team von Anyline wurde am gestrigen Donnerstagnachmittag über die Entscheidung informiert. Das Scaleup kündigte an, die betroffenen Mitarbeiter:innen bei ihrer Neuorientierung mit individuellen Lösungen unterstützen zu wollen.

Fokus auf Kernsegmente und bestehende Kund:innen

Der Jobabbau geschieht im Rahmen eines Strategiewechsels, mit dem sich Anyline künftig auf seine Kerngeschäfte konzentrieren will. Das ist einerseits das Segment Automotive Aftermarket, in dem die OCR-Technologie von Anyline beispielweise zum Scannen von Auto-Kennzeichen oder Reifenprofilen eingesetzt wird.

Andererseits fällt auch das Segment Energie & Utilities darunter, in dem die OCR-Technologie etwa zum Ablesen von Strom-, Gas- oder Wasserzählern eingesetzt wird. Auch das Polizei-Segment Mobile Policing soll weiterhin ein Schwerpunkt bleiben, wie Kinigadner gegenüber brutkasten sagte.

“Wir haben Umsätze in Millionenhöhe und zahlungskräftige Kunden”, sagte Kinigadner im burtkasten-Gespräch. Mit dem Strategiewechsel wolle man sich nun auf bestehende Produkte und bestehende Kunden konzentrieren.

Anyline will innerhalb von zwölf Monaten cashflow-positiv werden

Das Ziel des Strategiewechsels ist klar: Cashflow-positiv zu werden. Damit soll das Unternehmen unabhängig von Investor:innen gemacht werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer ungünstigen makroökonomischen Entwicklung, die sich auch in der Venture-Capital-Landschaft deutlich niedergeschlagen hat.

Bei Anyline rechnet man mittlerweile damit, dass die Finanzierungssituation für Startups und Scaleups noch lang schwierig bleiben wird. Zunächst sei man in Einklang mit den allgemeinen Markterwartungen davon ausgegangen worden, dass der Tiefpunkt im ersten Quartal 2023 erreicht sei und sich die Situation gegen Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres verbessere, erzählt Kinigadner im brutkasten-Gespräch. “Mittlerweile hat sich aber herausgestellt, dass es heuer wahnsinnig schwierig wird”, sagte der Anyline-CEO.

Das Scaleup hatte ursprünglich angedacht, Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres eine weitere Finanzierungsrunde aufzunehmen. Dies ist mit dem Strategiewechsel nun hinfällig.

Zuletzt 20 Mio. US-Dollar Investment im Jahr 2020

Anyline hatte zuletzt im Sommer 2021 eine 20 Mio. US-Dollar schwere Finanzierungsrunde abgeschlossen. Seit der Gründung im Jahr 2013 hat das Unternehmen insgesamt 37 Mio. Dollar aufgestellt. Anyline zählt mit seiner Optical-Character-Recognition-Technologie (OCR) zu den globalen Marktführern bei der mobilen Datenerfassung. Für Anyline ist es allerdings auch nicht die erste schwierige Phase: In der Coronakrise hatte das Unternehmen aufgrund des Rückgangs beim Neukundengeschäft Kurzarbeit eingesetzt.

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Vor rund einem halben Jahr vermeldete das Wiener DeepTech-Startup Somareality den Erhalt eines 1,5 Mio. Euro schweren Investments (brutkasten berichtete). Nun kommuniziert das Startup eine Aufstockung des Kapitals: In einem LinkedIn-Posting gab das Unternehmen den Abschluss einer “überzeichneten Seed-Runde” in Höhe von 2,6 Millionen Euro bekannt. In dem Posting nennt das Unternehmen unter anderem Birdhouse Ventures, Gateway Ventures, Startup Wise Guys, FFG und aws als Unterstützer.

“Ein finales Closing für unsere 2024-Runde”

Laut Co-CEO Julia Kern handelt es sich bei den genannten Stakeholdern um “wesentliche Partner” in der nun geschlossenen Runde. Auf brutkasten-Nachfrage bestätigt Co-CEO Kern außerdem, dass es sich bei der nun kommunizierten Runde um “ein finales Closing für unsere 2024-Runde” handelt. Die in diesem Jahr gesammelte Summe soll “direkt auf unsere Kommerzialisierung und den Ausbau des Produktportfolios für nächstes Jahr” einzahlen, so Co-CEO Kern.

Somareality wurde 2019 in Wien gegründet und entwickelt Eye-Tracking-basierte Biomarker, um damit Rückschlüsse auf den kognitiven Zustand einer Person treffen zu können. Mit dem ersten Biomarker erreichte das Unternehmen einen Umsatz von knapp einer Million Euro. Bis 2026 sollen weitere Folgen, die insgesamt ein volles non-invasives kognitives Monitoring ermöglichen sollen.

Im Vorjahr hatte das Unternehmen einen strategischen Pivot vorgenommen: Das Projektgeschäft wich einem B2B-SaaS-Modell und die bestehende Technologie wurde fit gemacht für Hardware-Umgebungen außerhalb von Virtual Reality.

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