22.10.2018

Kein internationaler Anschluss bei der Anschlussfinanzierung?

Anschlussfinanzierung: Wenn es um große Finanzierungsrunden für Later Stage Startups geht, ist innerhalb Österreichs wenig zu holen. Doch es liegen Lösungsvorschläge auf dem Tisch.
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Millioneninvestments von österreichischen InvestorInnen für österreichische Startups haben inzwischen eine gewisse Regelmäßigkeit. Einstellige Millioneninvestments wohlgemerkt. Pre-Seed-, Seed- und kleine Serie A-Kapitalrunden sind hierzulande heute gut abgedeckt. Von “kleinen” Business Angels über “Super Angels” wie Hansi Hansmann, von spezialisierten Fonds im Umfang von ein paar Millionen Euro über Corporate Venture Fonds bis zu – im internationalen Vergleich noch immer kleinen – VCs wie Speedinvest wird der Kapitalbedarf von Startups in den ersten Jahren gut abgedeckt – wenn sie “investable” sind. Sobald es aber um Anschlussfinanzierung mit größeren Kapitalrunden geht, müssen sich heimische Unternehmen im Ausland umsehen.

+++ FinTech-Startups: Zwischen Angriff und Kooperation +++

Tricentis, TTTech und TourRadar

Ein paar Beispiele? Anfang 2017 holt sich das auf automatisierte Software-Tests spezialisierte Wiener IT-Unternehmen Tricentis, das inzwischen zu den Unicorns zählt, 165 Millionen US-Dollar Kapital – von einem New Yorker VC. Im Herbst 2017 holt sich das Wiener IT-Unternehmen TTTech, das unter anderem Software-Lösungen für selbstfahrende Autos entwickelt, 75 Millionen Euro Kapital – von Samsung aus Südkorea. Und im Juni 2018 holt sich der Wiener Online-Reiseanbieter TourRadar 50 Millionen US-Dollar Kapital – vorwiegend von einem Silicon Valley VC.

Der positive Befund: Auch für österreichische Scaleups sind hohe acht- oder sogar niedrige neunstellige Kapitalrunden also möglich. Der negative: Es wandern dafür immer Anteile ins Ausland.

Kein Fonds ist groß genug

Dabei wäre Kapital für größere Runden vorhanden. Einerseits privates – es gibt laut Forbes hierzulande zumindest neun Milliardäre – und andererseits Corporate-Kapital – es gibt auch hier Großkonzerne mit 10-stelligem Jahresgewinn. Wenn schon nicht für Einzelinvestments – man will ja nicht zu viel riskieren – müsste es zumindest für größere VC-Fonds reichen. Zu den Fakten: Österreichs größter privater VC-Fonds, Speedinvest II, hat ein Volumen von rund 90 Millionen Euro. Die Corporate VCs von Raiffeisen Bank International und der Uniqa verfügen über je 50 Millionen Euro. Für die oben genannte Kapital-Runde von Tricentis würde also keiner der drei ausreichen. Von Risiko-Verteilung nicht zu sprechen.

Was tun?

Was also tun, um den internationalen Anschluss in der Anschlussfinanzierung zu schaffen? Hier kommen Forderungen an die Politik ins Spiel. Da wäre natürlich jene bereits bekannte nach steuerlichen Begünstigungen für Startup-InvestorInnen. Doch auch diese dürften, wenn sie umgesetzt werden, nicht gleich zu zehnmal so großen Kapitalrunden führen. Einen größer gedachten Plan für die Anschlussfinanzierung brachte daher vor einiger Zeit die AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation), die Dachorganisation der heimischen VCs aufs Tapet.

Der Dachfonds

“Es braucht einen staatlich unterstützten nationalen Dachfonds, der über seine Zielfonds eine Milliarde Euro vorbörsliches Eigenkapital inklusive Venture Capital bereitstellt”, sagt AVCO-Vorstand Berthold Baurek-Karlic. Dieser Fonds solle breit gestreut in alle Segmente von Private Equity investieren, was dessen Risiko drastisch senke und somit ein attraktives Investment für institutionelle Anleger darstelle. Die Idee sei dabei nicht neu. In Dänemark gebe es mit dem Danish Growth Fund bereits seit 1992 ein ähnliches Modell. Und kürzlich kam eine weitere Vorlage aus Skandinavien dazu. “Auch Finnland ist uns Lichtjahre voraus”, sagt Baurek-Karlic. Dort wurde dieses Jahr mit Vake Oy ein staatlich unterstütztes Investmentvehikel mit drei Milliarden Euro Volumen geschaffen.

Staatlich unterstützt – nicht staatlich getragen

Staatlich unterstützt bedeutet dabei – wie sollte es im Private Equity-Bereich anders sein – freilich nicht staatlich getragen. Konkret will die AVCO das Fondsmanagement international ausschreiben und damit “einen privatwirtschaftlich initiierten Dachfonds für Österreich professionell aufsetzen”. Institutionelle Investoren, etwa Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen und Stiftungen, sollen in den breit gestreuten Fonds investieren. “Allenfalls in Kombination mit einer Art Garantie der Republik, aber nicht Maastricht-Schulden erhöhend”, sagt Baurek-Karlic.

Video-Interview mit AVCO-Präsident Rudolf Kinsky

Dr. Rudolf Kinsky im Interview bei der AVCO Jahrestagung 2018

Dr. Rudolf Kinsky, Präsident der AVCO, im Interivew bei der AVCO Jahrestagung 2018 über die Forderungen für das vorbörsliche Kapital, sowie notwendige Maßnahmen im Bereich Venture Capital und Private Equity.

Gepostet von DerBrutkasten am Freitag, 5. Oktober 2018

Staatliche Beteiligungsgesellschaft investiert nicht in Scaleups

Apropos Republik: Österreich hat mit der ÖBIB eine eigene Beteiligungsgesellschaft, die die verbleibenden staatlichen Unternehmensanteile, etwa an Telekom, Post und OMV verwaltet. Und die soll nun – ein entsprechender Entwurf aus dem Finanzministerium soll bereits vorliegen – mehr Kompetenzen erhalten. Entstehen soll ein Staatsfonds, der gemeinsam mit privaten Anlegern investiert – übrigens nach norwegischem Vorbild. Ziel dieser Investments sollen aber nicht Startups oder Scaleups sein, sondern Betriebe aus den “Schlüsselindustrien”. Hier wird das Problem der Anschlussfinanzierung also vorerst wohl nicht gelöst.

Anschlussfinanzierung über die Börse?

Dabei ignoriert man Startups im Finanzministerium nicht grundsätzlich. Und verfolgt auch Ansätze, ihre Finanzierungssituation zu verbessern. Einer davon läuft über die Börse. Es geht um die Öffnung des sogenannten dritten Markts für Startups und KMU. Ein entsprechendes Gesetz wird bald umgesetzt.

Konkret soll dieser dritte Markt, nach einer entsprechenden Reform, (wieder) das Handeln von Inhaberaktien für kleinere Unternehmen ermöglichen. Das sind Anteils-Papiere, die nicht explizit auf einen Namen ausgestellt sind. Seit einer Gesetzesänderung 2011 im Lichte von Geldwäsche- und Intransparenz-Vorwürfen, war die Ausgabe solcher Inhaberaktien am dritten Markt börsennotierten Unternehmen vorbehalten – also – vereinfacht gesagt – den ganz großen Playern.

“Kapitalisierung nicht nur über den Börsenplatz”

“Das ermöglicht auch unseren Nischenplayern, darunter einige Weltmarktführer, den Zugang zur Börse”, sagt Finanzminister Hartwig Löger dazu. Er schränkt zugleich ein: “Es ist aber wichtig zu erkennen, dass Kapitalmarkt und Kapitalisierung nicht nur über den Börsenplatz passieren. Wir arbeiten an einer Stimulanz für Österreich, dass privates Kapital mehr in die Unternehmensfinanzierung fließt”. Zugleich wolle man auch auf institutioneller Ebene die Möglichkeiten zur Vergabe von Risikokapital verbessern.

Eine Frage des Mindsets

Es geht dabei also um jene eingangs erwähnten Player, die das Geld eigentlich haben, es aber nicht riskant investieren. Eine Änderung von deren Risikobereitschaft – womöglich politisch stimuliert – scheint nötig zu sein. Egal welcher Weg die Lösung bringen soll. Sei es ein Dachfonds, der erst einmal eine Milliarde Euro einsammeln muss. Sei es der dritte Markt, der finanzkräftige Käufer für die Startup- bzw. Scaleup-Anteile braucht. Oder sei es sogar die ÖBIB – wenn die Strategie noch geändert wird – die finanzkräftige Co-Investoren aus Österreich braucht. All diese Lösungen funktionieren letztlich nicht, wenn sich das Mindset nicht ändert.

Doch dieses ist – gewiss nicht nur zum Nachteil des Landes – ganz anders als etwa im Silicon Valley. Und ein derartiger Umschwung dürfte, wenn er denn überhaupt eintritt, dauern. Für die wirklich großen Finanzierungsrunden wird es also bis auf Weiteres heißen: Bitte im Ausland umsehen. Und um es positiv zu sehen: Immerhin haben österreichische Startups uns Scaleups diese Möglichkeit – und nutzen sie.

Dieser Beitrag erschien in gedruckter Form im brutkasten Magazin #7 “Die Welt in 5 Jahren”

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Gründerin Lilly Messner und Markenbotschafter & Profifußballer Kevin Danso (c) Green Lilly

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Startups vegane Ersatzprodukte auf den Markt gebracht, die meist konventionelle Fleischprodukte wie Burger-Patties, Würstel oder Leberkäse nachahmen. Das oberösterreichische Startup Green Lilly hingegen möchte mit einem anderen Ansatz überzeugen: Es konzentriert sich auf die Herstellung pflanzlicher Brotaufstriche in Tuben. Die Produkte sollen nicht nur ausschließlich für Veganer:innen attraktiv sein, sondern auch die breite Zielgruppe der Fleischesser:innen ansprechen.

Die Geschäftsführerin und Gründerin des Unternehmens ist Lilly Messner. Die 22-jährige stammt aus der Familie Reiter/Messner, die seit drei Generationen Wurstwaren in Oberösterreich produziert. Mit Green Lilly bringt Lilly Messner nun ihre eigenen Produkte auf den Food-Markt. Im Gespräch mit brutkasten verraten Lilly Messner und Elisabeth Drzaic-Lang – sie kam als Beraterin und Co-Founderin ins Unternehmen – was die Green Lilly-Produkte so einzigartig macht.

Green Lilly führt mit pflanzlichen Aufstrichen die Familientradition fort

Am Familienstandort in Eberschwang in Oberösterreich stellt das Startup Green Lilly pflanzliche Brotaufstriche her, die mit ihren natürlichen Zutaten, hohem Proteinanteil und praktischen Tubenverpackungen überzeugen wollen. Die veganen Aufstriche bieten eine „unkomplizierte, ausgewogene und nachhaltige Alternative“ für alle, die sich bewusster ernähren möchten. Ganz nach dem Unternehmensmotto: “Bei uns kommt nur das Beste in und aus der Tube“. 

Der Familienbetrieb blickt auf über 75 Jahre Erfahrung in der Wurstwarenproduktion zurück. Tochter Lilly führt diese Familientradition mit einem modernen Ansatz fort, möchte jedoch klarstellen, dass Green Lilly als eigenständiges Unternehmen auftritt.

CEO Lilly Messner: Vom Familienunternehmen zur eigenen Vision

Die Idee des Startups stammt von der Namensgeberin Lilly. Obwohl die 22-jährige Studentin im Familienunternehmen, das Fleischprodukte herstellt, aufgewachsen ist, bevorzugt sie pflanzliche Alternativen. Bei der Entwicklung ihrer Idee war es ihr wichtig, „dieses Handwerk und die Tradition der Qualität“, die sie aus ihrer Familie kennt, in ihr neues Unternehmen zu integrieren. 

Durch das Familienunternehmen hatte Lilly schon früh die Gelegenheit, die Produktionsabläufe hautnah zu erleben. Bei Green Lilly sei sie der „kreative Kopf“, die neuen Ideen einbringt und die Verantwortung trägt, „das Produkt zu den Menschen zu bringen und möglichst authentisch zu sein“. CEO Lilly Messner verfolgt die Vision einer „ausgewogenen, nachhaltigen Welt“ und ist überzeugt, dass „gutes Essen das Wohlbefinden fördert“.

Green Lilly soll kein Fleischersatz sein

Gemeinsam mit Elisabeth Drzaic-Lang und ihrer Mutter Simone Messner entwickelte Lilly ihre Produktidee weiter. Im März 2024 gründeten sie schließlich das Unternehmen Green Lilly in Form einer flexiblen Kapitalgesellschaft. Momentan halten Lilly Messner und Elisabeth Drzaic-Lang jeweils 25 Prozent der Anteile am Startup, während Simone Messner die restlichen 50 Prozent besitzt.

Green Lilly sieht sich nicht als Marke für Fleischersatzprodukte, sondern konzentriert sich ausschließlich auf die pflanzlichen Erzeugnisse. Die Gründerinnen möchten Fleischprodukte „nicht ersetzen, […] auch keinen Fleischgeschmack nachbauen, sondern […] Produkte erschaffen aus dem, was die Natur uns bietet“. Die Gemüseaufstriche sollen eine breite Zielgruppe ansprechen, einschließlich Fleischliebhaber:innen. „Wir wollen Genuss verkaufen und nicht fleischlos oder Fleischersatz verkaufen“, betont Drzaic-Lang gegenüber brutkasten.

Haltbarkeit und cremige Konsistenz macht Green Lilly besonders

Der Weg zu den heutigen Green Lilly-Produkten war für die Gründerinnen ein „extrem schwieriger und steiniger Prozess“. Es stellte sich als eine Herausforderung heraus, geeignete Rezepturen zu entwickeln, die sowohl gut schmecken als auch ihren Vorstellungen entsprechen. Nach zahlreichen Versuchen zeigen die Gemüseaufstriche nun ihre Besonderheit: Die cremige Konsistenz aus der Tube soll eine natürliche Haltbarkeit bieten. Diese erreiche man durch einen Erhitzungsprozess, der ohne Konservierungsstoffe oder künstliche Zusätze auskomme.

Aktuell produziert das Unternehmen fünf verschiedene Sorten von Gemüseaufstrichen: Sunny Tomate, Spicy Rote Rübe, Fine Basilikum Pesto, Sweet Karotte-Pastinake Cumin und Roasted Kürbis. Die Formulierung der Produkte kombiniert natürliche Erbsen- und Hefeproteine mit Gemüse. Die Aufstriche sind in 100g-Alu-Tuben erhältlich, die fast vollständig recycelbar seien. Green Lilly soll sich durch den hohen Proteingehalt, den natürlichen Geschmack und die lange Haltbarkeit hervorheben. Der Großteil der Zutaten stammt aus Europa.

Ziel: europaweiter Vertrieb der Green Lilly-Produkte

Das Startup Green Lilly finanzierte sich von Anfang an privat. Drzaic-Lang betont, dass das Unternehmen derzeit keine Finanzierungsrunden plant. Aktuell sei Green Lilly „sehr gut aufgestellt“, sodass sie hoffen, den weiteren Markenaufbau durch Partnerschaften und Umsätze finanzieren zu können.

Obwohl die Gemüseaufstriche in Österreich hergestellt werden, verfolgt das Unternehmen von Beginn an die Absicht, die Produkte auch international zu vertreiben. Mit einem internationalen Key-Account-Manager im Team startet das Startup breit gefächert in verschiedenen Kanälen in ganz Europa. Zudem befindet sich Green Lilly derzeit in der Abschlussphase von Verhandlungen mit europäischen Partnerunternehmen. Für das Startup sei Österreich allein zu klein, um das angestrebte Wachstum zu erreichen. 

Fokus auf internationale Expansion

Um den Markenaufbau und die Brand Awareness voranzutreiben, sucht das Startup künftig nach weiteren Partnerschaften in den Nachbarländern. Das Startup kann sich trotzdem vorstellen, zukünftig in den österreichischen Einzelhandel und den HoReCa-Bereich zukommen. Momentan liegt der Fokus jedoch ausschließlich auf dem Online-Markt und dem Export. Seit Oktober 2024 können österreichische Kund:innen die Green Lilly-Produkte im Onlineshop erwerben.

Gründerin Lilly Messner äußert gegenüber brutkasten ihren “Traum”, dass die Green Lilly-Produkte in fünf Jahren in ganz Europa erhältlich sind. Bis dahin sollen auch weitere Sorten von Gemüseaufstrichen verfügbar sein.


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