13.04.2022

Exit an Nestlé: Startup stößt seine Kund:innen vor den Kopf

Das Gewürz-Startup Ankerkraut ist eine der größten Erfolgsgeschichten der deutschen Startup-Show "Die Höhle der Löwen". Die Übernahme der Mehrheit des Unternehmens durch den Konzern Nestlé sorgt nun aber für viel Kritik.
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Anne und Stefan Lemcke von Ankerkraut © Ankerkraut
Anne und Stefan Lemcke von Ankerkraut | © Ankerkraut

“Kennt jemand gute Alternativen” ist eine vergleichsweise nette Antwort auf einen Tweet des deutschen Gewürz-Startups Ankerkraut des Gründerpaars Anne und Stefan Lemcke heute. In diesem wird mitgeteilt, dass die Mehrheit des Unternehmens an Nestlé verkauft wurde. Laut Medienberichten soll der Lebensmittelkonzern rund 85 Prozent übernommen haben. Dabei dürfte ein neunstelliger Betrag geflossen sein. Alle bisherigen Investor:innen sind raus, die restlichen 15 Prozent teilen sich auf Gründer:innen und Management auf. Andere Twitter-User:innen drücken sich weniger diplomatisch aus, als der eingangs genannte. “Nicht tragbar”, “irritiert und enttäuscht”, “Aua, das tut weh”, “ihr seid unten durch” und “damit fliegen die Gewürze bei uns in den Müll” kommentieren andere.

Nestlé-Image kommt bei Kund:innen schlecht an

Denn Ankerkraut war bislang stets um einen Ruf als nachhaltiger Hersteller bemüht. Nestlé hat nicht nur in diesem Bereich, nach einer Jahrzehnte langen Historie nachweislich problematischer Produktionsmethoden, ein massives Image-Problem in Teilen der Bevölkerung. Dass genau diese Teile der Bevölkerung bislang die Zielgruppe des Startups waren, scheint sich nun zu rächen. Wie stark die Auswirkung tatsächlich ist, werden aber erst die Verkaufszahlen zeigen. Die Twitter-Bubble reagiert bekanntlich oftmals sensibler als andere.

Ankerkraut: Bekanntheit durch Höhle der Löwen, zuletzt 40 Mio. Euro Jahresumsatz

Zuletzt war Ankerkraut mit seinen Gewürz-Mischungen jedenfalls ziemlich erfolgreich. Vergangenes Jahr lag der Umsatz laut Unternehmensangaben bei 40 Millionen Euro. Einen wichtigen Grundstein für diesen Erfolg hatte das Startup 2016 mit einem Auftritt in der deutschen TV-Show “Die Höhle der Löwen” gelegt, wo Anne und Stefan Lemcke vergangenes Jahr auch einen Auftritt als Gastjuror:innen hatten. Damals holte sich Frank Thelen für 300.000 Euro 20 Prozent der Anteile. Er und andere stiegen 2020 aus, als die französische Investmentgesellschaft EMZ 30 Prozent des Unternehmens für einen zweistelligen Millionenbetrag übernahm. Nun verkaufte EMZ seine Anteile laut eigenen Angaben um das doppelte.

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Jumug Carbon Recovery Ataleo Insolvenzen
(c) Adobe Stock

Das Unternehmen ilvi mit Sitz in Gleisdorf, Steiermark, digitalisiert mit seiner Hardware-Software-Kombination die Erfassung von Vitalwerten von Patient:innen. 2018 gab es dafür eine knapp siebenstellige Kapitalspritze unter dem Lead von eQventure. Wie nun der KSV (Kreditschutzverband) bekannt gab, wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Graz beantragt.

ilvi: Sanierungsplanquote von 20 Prozent

Es gibt 37 Gläubiger, elf Dienstnehmer:innen und rund 165.000 Euro Aktiva, bei 1,6 Millionen Euro Passiva. Das Unternehmen bietet eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Annahme des Sanierungsplanvorschlages an.

Zu den Gründen für die Insolvenz zählen, dass die Umsatzerlöse der ilvi GmbH für das Jahr 2024 nicht erzielt werden konnten. Zudem wurde ein gewährtes Darlehen schneller verbraucht als ursprünglich angenommen. Eine weitere Darlehensvergabe war nicht möglich. Gespräche mit potentiellen Investoren führten ebenfalls zu keinem positiven Abschluss.

2018 gegründet

Zur Geschichte: Die ilvi GmbH wurde am 16. August 2018 von Erwin Berger und Christoph Kauer als Spin-off der Berger Medizintechnik GmbH gegründet. Nach mehreren Wechseln an der Spitze wird das Unternehmen seit dem 14. Mai 2024 durch Geschäftsführer Franz Salomon selbstständig vertreten.

Das Medtech fokussierte sich auf Softwareentwicklung im Bereich der Medizintechnik, insbesondere im Bereich mobiler Datenerfassung im Gesundheitsbereich. Darauf basierend entwickelt, produziert und vertreibt das Unternehmen Medizintechnikprodukte.

Die mobilen Softwarelösungen hingegen zielen darauf ab, die Lebens- und Versorgungsqualität der Patient:innen zu verbessern und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung der Zukunft sicherzustellen. Der “Personal Digital Assistant”, der Gesundheitswerte direkt am Krankenbett erfasst, via Bluetooth mit unterschiedlichen Geräten kommuniziert und Daten an das Krankenhaus-Informationssystem überträgt, soll die Arbeitsprozesse des Pflegepersonals digitalisieren und dadurch zugleich optimieren.

Fortführung von ilvi geplant

Die ilvi GmbH beabsichtigt das Unternehmen unter Umsetzung einiger Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen fortzuführen: “Der zu bestellende Insolvenzverwalter wird nunmehr zu prüfen haben, ob eine Fortführung im Interesse der Gläubiger liegt und der vorgelegte Sanierungsplan eingehalten werden kann”, sagt Brigitte Peißl-Schickmair, Leiterin Unternehmensinsolvenz Graz.

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