10.11.2023

Neues Amazon-Verteilerzentrum in NÖ von Gemeinde-Politik verhindert

Die Mandatar:innen der SPÖ, die in der Gemeinde St. Valentin die absolute Mehrheit hält, kündigten an, gegen den Bau eines geplanten Amazon-Verteilerzentrums zu stimmen. Zuvor hatten sich schon FPÖ und Grüne dagegen positioniert.
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Amazon Vertriebszenter
Amazon-Verteilerzentrum | © Amazon

Vier Paket-Verteilerzentren betreibt Amazon bereits hierzulande – drei im Großraum Wien und eines in Klagenfurt. Mit weiteren geplanten Zentren in Österreich ist der US-Riese schon mehrmals an der lokalen Gemeindepolitik gescheitert – etwa in Graz und Dornbirn. Nun dürfte auch ein geplantes Lager im niederösterreichischen St. Valentin das selbe Schicksal ereilen. Der Ort an der Grenze zu Oberösterreich, der zudem direkt an der Westautobahn liegt, hätte sich aufgrund der Nachbarschaft zum Großraum Linz gut angeboten.

Petition mit hoher Beteiligung, SPÖ folgt FPÖ und Grünen mit Ablehnung

Doch in der Bevölkerung regte sich Widerstand. Eine Petition gegen das Amazon-Zentrum in der rund 9.400 Einwohner:innen-Gemeinde erreichte im Frühling etwa 1.850 Unterschriften. Auf politischer Ebene sprachen sich zunächst FPÖ und Grüne gegen das mit 5.200 Quadratmetern Größe geplante Lager aus. Nun kündigte auch Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ) an, dass die Mandatar:innen ihrer Partei, die in der Gemeinde die absolute Mehrheit hält, im Gemeinderat gegen den Bau stimmen werden. Somit dürfte das Projekt, das Amazon mit dem Immobilienentwickler Fraktal umsetzen wollte, endgültig vom Tisch sein.

“Eine Ansiedelung um jeden Preis war ohnehin nie ein Thema”

“Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir das Projekt, auch wenn es umstritten ist, nicht von vornherein ablehnen, sondern es uns im Detail ansehen werden, um danach eine fundierte und inhaltliche Entscheidung treffen zu können. Eine Ansiedelung um jeden Preis war ohnehin nie ein Thema”, wird der zuständige Stadtrat und SPÖ-Fraktionsobmann Rafael Mugrauer im Regional-Magazin tips.at zitiert.

Monatelange Verhandlungen der Gemeinde mit Amazon und Fraktal

Man habe in den vergangenen Monaten viele Verhandlungen geführt und zentrale Themen intensiv diskutiert und die Ergebnisse in einem eigenen Vertrag festgehalten. Dabei ging es etwa um den Umgang mit und die Entlohnung von Mitarbeiter:innen, die Ermöglichung von Betriebsräten, eine ökologische Bauausführung, den Anteil der versiegelten Fläche, die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte sowie den Schutz der Anrainer:innen, die Auswirkungen durch den zusätzlichen Verkehr und den Umgang mit den Lieferpartnern.

“Verhandlungsergebnis entspricht nicht dem, was wir uns für unsere Stadt vorstellen”

“Das nun vorliegende Verhandlungsergebnis entspricht in den genannten Bereichen nicht dem, was wir uns für unsere Stadt vorstellen. Auch wenn die Schaffung neuer Arbeitsplätze natürlich immer wünschenswert ist, überwiegen bei diesem Projekt nach umfangreicher Prüfung und Verhandlung die Vorbehalte”, so Mugrauer.

Amazon wollte umfangreiche Rücktrittsrechte und Exit-Möglichkeiten

So gebe es etwa keine konkrete Lösung, wie das übermäßige Verkehrsaufkommen vor allem im Bereich der Autobahnauffahrt Richtung Linz gelöst werden könne. Auch beim Anteil der E-Fahrzeuge sowie den Zusicherungen in Bezug auf die Lieferpartner sei der Vertrag hinter den Erwartungen der Stadtgemeinde geblieben. Umfangreiche Rücktrittsrechte und Exit-Möglichkeiten von Amazon hätten zudem das Vertrauen in die Beständigkeit des Vertrags “nicht gerade gefördert”.

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Die dritte Folge von "No Hype KI" mit Manuel Moser, Alexandra Sumper, Moritz Mitterer und Clemens Wasner (v.l.n.r.) (c) brutkasten

„No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz.


Wie lässt sich KI “richtig” in Unternehmen integrieren? Wieso erleben Unternehmen einen “Bottom-Up-Push” und warum sprechen viele dabei noch von großen Hürden? Um diese und viele weitere Fragen ging es in der dritten Folge von “No Hype KI”. Zu Gast waren Alexandra Sumper von Nagarro, Manuel Moser von CANCOM Austria, Moritz Mitterer von ITSV sowie Clemens Wasner von AI Austria und EnliteAI.

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Der Bottom-Up-Push

“Der AI-Hype ist jetzt circa zehn Jahre alt”, startet Clemens Wasner die Diskussionsrunde. Was als “vorausschauende Warnung und Betrugserkennung” im B2B-Sektor begann, hat sich eine knappe Dekade später zu einer Bottom-Up-Push-Bewegung entwickelt. “Einzelne Mitarbeitende verfügen teilweise über weitaus mehr praktische Erfahrung mit Generativer KI”, als “das oft auf einer Projektebene passiert”, so Wasner.

Um KI federführend in Unternehmen zu verankern, sei es wichtiger denn je, Mitarbeitende einzubinden und ihnen intern eine Bühne für den Best-Practice-Austausch zu geben, erklärt Wasner weiter. Aktuell ginge der KI-Push immer intensiver von Mitarbeiter:innen aus. Vergleichbar sei diese Bewegung mit dem Aufkommen der Smartphones vor etwa fünfzehn Jahren.

Daten mit Qualität

Als Basis sollte zuerst allerdings der Datenhaushalt eines Unternehmens sauber strukturiert und reguliert werden, sagt Manuel Moser, Director Digital Innovation & Software Engineering bei CANCOM Austria. “Wenn ein Unternehmen in puncto Daten hinterherhinkt, kann das jetzt durchaus ein Stolperstein sein”, sagt der Experte. In CRM- und ERP-Systemen finden sich häufig unvollständige Angaben. Die dadurch entstehende unzureichende Datenqualität könne jede KI-Initiative ins Stocken bringen, so Moser.

“Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”

Schon allein das Notieren von Informationen auf Zetteln gilt nicht nur als scheinbar banale Hürde, wie Moser im Talk erläutert. Analoge Gewohnheiten können enorme Auswirkungen auf den gesamten Digitalisierungsprozess des Unternehmens haben: “Ich sage immer: Bei Digitalisierungslösungen ist der größte Feind der Zettel und der Bleistift am Tisch, mit denen man das digitale Tool am Ende des Tages umgeht.”

Gerade der öffentliche Sektor sollte im KI-Einsatz sowie in der Verwaltung von Daten sorgfältig agieren. Moritz Mitterer, Aufsichtsratsvorsitzender der ITSV, spricht von besonders sensiblen Daten aus der Sozialversicherung, die ein enges rechtliches Korsett und damit ein höheres Maß an Vorsicht mit sich bringen.

“Wir haben 2017 in der ITSV damit begonnen, innerhalb der Struktur damit zu experimentieren”, erzählt Mitterer. Ein essentielles Learning daraus: Gerade große Prozessmengen stellen sich als ideales Feld für KI heraus – wenn man vernünftige Leitplanken, klare Haftungsregeln und eine unternehmensweite Governance definiert.

Im Fokus stehen User:innen

Datenqualität, Governance und gleichzeitig reichlich Agilität? Worauf sollten sich Unternehmen in erster Linie konzentrieren, um KI lösungsorientiert einzusetzen? Alexandra Sumper, Director Delivery Österreich bei Nagarro, betont, dass KI-Projekte weit mehr als reine Technik voraussetzen: “Meine Erfahrung zeigt wirklich, nicht zu groß zu beginnen, wenn man erst am Anfang steht.“ Viele Firmen würden sich gerade anfangs in Strategiepapieren verlieren, anstatt realitätsgetreue Use Case zu definieren, so die Expertin.

“Man muss gut darauf achten, dass man liefert. Sowohl an Datenqualität, als auch an optimierter User Experience”, erläutert Sumper. Als Erfolgsbeispiel nennt sie die Asfinag, die einen KI-Chatbot erfolgreich eingeführt hat. Das Besondere dabei: Ein Kernteam entwickelte die KI-Lösung, achtete auf Datenqualität und band die künftigen Nutzer:innen ein. Die Akzeptanz im Unternehmen stieg rasant, erzählt Sumper von den Projektanfängen.

Ähnliche Schlüsse zieht Sumper aus der Beobachtung anderer Kund:innen: In erster Linie gelte es zu testen, ob KI in einem kleinen Rahmen Nutzen bringt. Sobald Mitarbeiter:innen erleben, dass KI ihre Arbeit wirklich erleichtert, wächst das Vertrauen und die Bereitschaft, weitere Schritte zu gehen.

“Am Anfang gibt es nichts, dass zu 100 Prozent funktioniert”

Dass sich eine Trial-and-Error-Phase gerade in den Anfängen des KI-Einsatzes nicht vermeiden lässt, scheint ein allgemeiner Konsens der Diskussionsrunde zu sein. “Es gibt nichts, was sofort 100 Prozent top funktioniert”, so Sumper. Um Fehlerquellen und deren Auswirkungen jedoch möglichst gering zu halten, empfiehlt die Expertin Qualitätssicherung durch ein Key-User-Team, um Fehler festzustellen, zu korrigieren und Daten-Gaps zu schließen.

Hierbei sollen die Möglichkeiten von generativer KI intelligent genutzt werden, wie Clemens Wasner hervorhebt: “Wir haben das erste Mal eine Technologie, die es ermöglicht, unstrukturierte Daten überhaupt auswertbar zu machen.” Nun gilt es, Effizienz in der Datenstrukturierung und -auswertung zu fördern, um mit der aktuellen Welle der digitalen Transformation mitzuhalten. Denn KI ist, wie Manuel Moser von CANCOM Austria bestätigt, ein wesentlicher Teil der digitalen Transformation: “Ein Baustein, wenn man so will, wie ein ausgestrecktes Werkzeug eines Schweizer Taschenmessers.”

KI-Bereiche mit Potenzial zur Ausgründung

Das Gespräch zeigte insgesamt, dass Unternehmen viel gewinnen können, wenn sie KI nicht als fertige Lösung, sondern als Lernprozess verstehen, in den die Belegschaft aktiv mit eingebunden wird. Auf einer soliden Datenbasis mit klarer Kommunikation ließe sich schon in kleinen Projekten ein spürbarer Mehrwert für das Unternehmen erzeugen.

In manchen Branchen, darunter Sozialversicherungen, E-Commerce sowie Luftfahrt und Logistik, sind Fortschritte unvermeidlich, um den steigenden Anforderungen von Markt- und Mitarbeiterseite gerecht zu werden.

Wasner spricht hierbei von einem Fokus auf Digital Business, der sich bereits in der Entstehung neuer Geschäftsfelder am Markt zeigt: Immer häufiger bündeln Unternehmen Wissensträger:innen zu den Bereichen Data, IoT und Machine Learning in einer eigenen Organisation oder Ausgründung. Gezielt wird hier das Potenzial eines eigenen KI-Kernteams zu nutzen und auszubauen versucht.

Luft nach oben

Dass es in vielen Branchen noch reichlich ungenutztes Potenzial gibt, haben mittlerweile einige Reports aufgeschlüsselt dargestellt. Gerade im Healthcare-Bereich sei “mit Abstand am meisten rauszuholen” – unter anderem im Hinblick auf den sicheren und effizienten Umgang mit Patienten- und Amnesie-Daten zur schnellen und akkuraten Behandlung.

Laut Moritz Mitterer der ITSV besteht eine große Herausforderung darin, sensible Patientendaten und strenge Regulatorik mit dem Wunsch nach Fortschritt zu vereinen. Gerade in Sozialversicherungen sei es wichtig, eine klare Governance zu schaffen und den Einsatzrahmen von KI zu definieren. Nur so könne Vertrauen gefestigt und sichergestellt werden, dass neue Technologien nicht an bürokratischen Hemmnissen oder Sicherheitsbedenken scheitern.

Vertrauen ist “noch ein starker Blocker”

“Am Ende des Tages probieren Unternehmen aus: Wie reagiert die Technologie, wie geht man damit um, welche Art von Projekten macht man?”, rundet Manuel Moser von CANCOM Austria die Diskussion ab. Der nächste Schritt liege darin, immer “mehr in die Kernprozesse von Unternehmen reinzukommen”, so Moser. “Und das, glaube ich, ist ein sehr wesentlicher Punkt.” Das Vertrauen, dass es die Technologie braucht. Das ist aktuell noch ein “starker Blocker in Unternehmen”.

Die Expertenrunde teilt einen universellen Konsens: Der Mensch sowie sein Know-how und Vertrauen in KI spielen bei der digitalen Transformation eine erhebliche Rolle. Sobald KI-Anwendungen auf eine verlässliche Datenstruktur und klare Organisation treffen, kann sich KI im Unternehmensalltag entfalten. Erst durch das Zusammenspiel von Technik, Datenkultur und motivierten Teams wird KI zum Treiber neuer Chancen.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI
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