04.02.2020

Amabrush-Betrugsverfahren eingestellt – das sagt Gründer Musialek

Seit Mai vergangenen Jahres hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen die Gründer des Wiener Zahnbürsten-Startups Amabrush ermittelt. Im Juni folgte der Konkursantrag. Nun wurde das Betrugsverfahren (vorerst) eingestellt.
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Amabrush, Marvin Musialek, Standard, ORF - Betrugsverfahren
(c) Amabrush - Amabrush-Gründer Marvin Musialek

Die Geschichte des Wiener Zehn-Sekunden-Zahnbürsten-Startups Amabrush ist, verglichen mit anderen Hardware-Startups, gar nicht so ungewöhnlich. Auf einen Crowdfunding-Erfolg bei Kickstarter und Indiegogo folgte die große Ernüchterung, als es an die Massenproduktion ging. Die Auslieferung musste mehrmals verschoben werden – dann hielt das Produkt aus Sicht vieler Kunden nicht, was ursprünglich versprochen worden war. Was Amabrush von vielen anderen Startups unterscheidet, die dieses Schicksal teilen, ist die Größenordnung.

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Amabrush: Mega-Erfolg auf Kickstarter und Indiegogo wird zum Mega-Problem

Denn mit rund 4,6 Millionen Euro aus der Kickstarter- und Indiegogo-Kampagne war Amabrush 2017 auch im internationalen Vergleich eines der erfolgreichsten Crowdfunding-Projekte. Rund 55.000 bereits bezahlte Vorbestellungen mussten bearbeitet werden – Vorbestellungen, die großteils eingegangen sind, als es vom Produkt erst ein paar Prototypen gab.

WKStA-Betrugsverfahren nach VSV-Sachverhaltsdarstellung

Die Unzufriedenheit zahlreicher Kunde schlug entsprechend große Wellen. Nach zahlreichen kritischen Medienberichten um den Jahreswechsel 2018/2019 brachte dann der Verbraucherschutzverein (VSV) von Peter Kolba (damals Abgeordneter der Liste Jetzt) im April 2019 eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein. Im Mai wurde ein Verfahren mit Verdacht auf schweren Betrug unter anderem gegen die Amabrush-Gründer eingeleitet. Dabei ging es etwa um die Frage, wohin das Crowdfunding-Geld genau geflossen ist -. nach dem Konkurs im Juni 2019 blieben rund 30.000 Gläubiger ohne Entschädigung zurück – der brutkasten berichtete.

Amabrush-Verfahren eingestellt – VSV überlegt Fortsetzungsantrag

Das Verfahren wurde, wie futurezone berichtet, nun eingestellt. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens sei “ein Täuschungs- und Schädigungsvorsatz nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar” gewesen, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Peter Kolba sieht auf Twitter aber Probleme im Verfahren: “Die Wege der WKStA sind wundersam. Da werden die Personen hinter Amabrush befragt, belasten sich selbst natürlich nicht und dann wird ohne Überprüfung deren Aussagen eingestellt”, schreibt er. Und weiter: “Wir haben eine Begründung beantragt und überlegen einen Fortsetzungsantrag”. Damit ist die Sache für die Amabrush-Gründer also möglicherweise nach wie vor nicht abgeschlossen.

Das sagt Gründer Marvin Musialek

Gründer Marvin Musialek hofft freilich dennoch, nun einen Schlusstrich ziehen zu können, wie er in einem Statement gegenüber dem brutkasten klarstellt. “Das Ermittlungsverfahren war aus meiner Sicht sehr umfassend und kam zu dem Schluss, dass es keinerlei sachliche Begründung für einen Betrug gab und gibt. Das war mir zwar schon von Anfang an klar – trotzdem ist es schön, dass es jetzt auch offiziell so bestätigt wurde. Für mich heißt es jetzt wieder nach vorne blicken”, schreibt er. Peter Kolbas Kritik am Verfahren lässt er nicht gelten: “Der Prozess war sehr umfassend. Der WKStA wurde Zugriff auf alle vorhandenen Firmen-Unterlagen gewährt sowie ein Einblick auf alle geforderten Systeme und Prozesse gegeben. Die Befragung ist nur ein kleiner Teil des ganzen Ermittlungsprozesses”.


Anmerkung der Redaktion: die Statements von Amabrush-Gründer Marvin Musialek wurden nachträglich ergänzt.


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Die Wiener Innovationskonferenz fand im Wiener Rathaus statt. Am Panel sind Moderator Dejan Jovicevic mit Karin Tausz, Rene Heinzl, Anita Ender, Monika Unterholzner und Philip Walther | Foto: Fabian Krausböck, brutkasten

Die Brutkasten Media GmbH unterstützte als Eventagentur bei der Umsetzung der 10. Wiener Innovationskonferenz.


Die 10. Wiener Innovationskonferenz fand dieses Jahr vom 28. bis zum 30. Jänner im Wiener Rathaus bzw. online statt. Im Dialog aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantenphysik, Life Science und urbaner Infrastruktur berichteten Expert:innen von aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen.

Alle waren sich einig: Der Standort Wien hat enormes Potenzial, wenn Unternehmen, Universitäten und Risikokapitalgeber an einem Strang ziehen – mit einem klaren Bekenntnis zu raschem Handeln und mutigen Experimenten.

Wie halten wir Forschung, Innovation und Talente im Land?

Als Moderator führte brutkasten-Founder Dejan Jovicevic durch die Diskussionen. Eine zentrale, für die Zukunft Österreichs wegweisende Diskussion fand im Zuge des Panels “Wie werden aus technologischen Stärken Innovationen?” statt.

Für das Podium waren Karin Tausz, Anita Ender, Monika Unterholzner sowie Philip Walther und Rene Heinzl eingeladen. Gemeinsam beleuchteten die Expert:innen, wie man die in Österreich vorhandene Forschungskraft noch besser in global konkurrenzfähige Anwendungen und damit in zukunftsweisende Innovationen überführen könnte.

Zentrale Fragen blieben dabei stets präsent: Wie lässt sich die stark wachsende Forschung noch besser in marktreife Lösungen übersetzen? Wie kann ein innovativer Spirit im Ökosystem verankert werden? Und was braucht es, um Talente im Land zu halten?

Neuer Schwung für KI und Quantentechnologie

Rene Heinzl, Founder und CEO der Building Digital Solutions GmbH 421 sowie Co-Founder der datAInsights GmbH, betonte, dass sein Team an einem Ansatz zur „Eliminierung und Reduzierung von Halluzinationen“ in KI-Systemen arbeite.

„Der Zug ist absolut nicht abgefahren”, so Heinzl zur länderübergreifenden KI-Thematik. Ihm zufolge könne auch eine vermeintlich kleine Firma in kürzester Zeit an die Spitze kommen, wenn sie auf die richtigen Technologien und auf intelligente Talente setze. Die technologische Basis dazu sei vielerorts bereits vorhanden.

„Wir haben unglaubliches Potenzial”

Auch Philip Walther, Professor für Quantenphysik an der Universität Wien und Mitgründer von Qubo Technology, zeigte Parallelen zwischen den Entwicklungen in der KI und in der Quantentechnologie auf. Walther sieht in der aktuellen Dynamik ein Symbol für die Chancen am Forschungsstandort Österreich: „Wir haben unglaubliches Potenzial”, so der Professor.

Allerdings dürfe man nicht zögern: Gerade bei der Quantentechnologie sei es „allerhöchste Eisenbahn”, zu investieren, um mit internationalen Entwicklungen mitziehen zu können.

Walther sieht ein enormes Potenzial in der Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und Startups. Er betonte die Notwendigkeit, mehr junge Menschen für den Weg in die unternehmerische Umsetzung zu begeistern. Ein Hub zur Verschmelzung von Forschung und Unternehmertum könne dazu einen erheblichen Beitrag leisten.

Interner Fördertopf in der urbanen Infrastruktur

Monika Unterholzner, Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Stadtwerke, stellte den praktischen Nutzen neuer Technologien im urbanen Raum in den Vordergrund. Sie berichtete, wie ihre Organisation „das Commitment zum Experimentieren” unterstützt und bereits zahlreiche Projekte in den Bereichen Mobilität und Energiewende vorantreibt. In der Praxis heißt das zum Beispiel KI-basierte Analysen, Drohnentechnologie zur Inspektion von Anlagen oder On-Demand-Verkehrskonzepte.

„Wir haben einen internen Fördertopf aufgelegt, mit dem wir Experimente und Pilotprojekte gezielt unterstützen“, so Unterholzner. Sie verwies darauf, dass die IT-Strukturen innerhalb der Stadtwerke in den letzten Jahren um das Doppelte gewachsen seien. Zudem sprach sie sich für eine intensive Zusammenarbeit mit Universitäten und Startups aus, um Innovation schnell in Betriebe zu bringen.

Silos aufbrechen und auf Augenhöhe kooperieren

Auch im Bereich Biomedizin sei die Zeit reif, betonte Anita Ender, Administrative Director bei CeMM und AITHYRA. Ender sprach aus Erfahrung über den Ausgründungsprozess: Vielen jungen Talenten sei es nicht klar, dass sich Forschungsfreiheit und unternehmerisches Denken nicht ausschließen. 

Ender machte deutlich, dass der Brückenschlag zwischen akademischer Forschung und Industrie gelingen muss: „Man muss zulassen, dass es auch Zusammenarbeit auf Augenhöhe gibt – zwischen der Industrie und der Grundlagenforschung.“ Dabei betonte sie, dass Innovationskraft nicht zwingend zur Gründung eines Startups führen muss, sondern auch in interdisziplinären Forschungskooperationen wirksam werden könne. 

Enders Worte zeigten, wie wichtig es ist, Silos aufzubrechen und den offenen Austausch zwischen den Disziplinen zu fördern. Für sie beginnt Innovation schon in Laboren, sie braucht aber Kooperationsmodelle auf Augenhöhe mit Unternehmen.

Finanzierung und Skalierung als Knackpunkte

Karin Tausz, Geschäftsführerin der FFG, richtete den Blick auf Fördermaßnahmen und langfristige Strategien. „Wir brauchen eine 4-Prozent-Forschungsquote“, sagte sie. Nur mit ausreichenden Mitteln ließen sich zentrale Zukunftsfelder besetzen. Sie verwies auf den guten Status quo im Förderbereich: „Wir sind sehr, sehr gut im Bereich der Frühphasenförderung.“ Gerade Gründer:innen aus Universitäten holen sich hier wichtige Starthilfe.

Gleichzeitig sah Tausz im Bereich der Skalierung Aufholbedarf. Die öffentliche Hand könne den ersten Schub geben, doch für den Sprung zu weltweiten Märkten fehle es häufig an Risikokapital aus privater Hand.

Wien soll zum “Brain Magnet” werden

Rene Heinzl bestätigte, wie entscheidend ein zügiger Marktzugang sei, um auf internationaler Ebene mitzuhalten. „Man kann heutzutage von einer Grundidee innerhalb ganz weniger Wochen einen Proof of Concept oder ein Minimal Viable Product schaffen“, erklärte er. Kürzere Abstimmungsprozesse seien eine Lösung, um Innovationen schneller auf den Markt zu bringen. 

Unverkennbar sind sich die geladenen Expert:innen einig: Vernetzung ist ein zentraler Schlüssel zu Innovation. Kooperationen zwischen Universitäten, Unternehmen und Investoren müssen gefördert werden. Die Voraussetzungen zur Ansiedelung internationaler Talente sind da, so Philip Walther. Immerhin zeichnet sich Wien immer wieder als eine der lebenswertesten Städte der Welt aus. Auch er habe Angebote in Amerika bekommen und sei freiwillig wieder nach Wien zurückgekommen. 

Sein Ziel: Aus der Stadt Wien einen “Brain Magnet” zu machen. Das heißt: Gute Leute gezielt zu behalten und Talente aus internationalen Märkten anzuziehen: “Weil egal, was wir für Initiativen haben: Innovation kommt von Leuten und von Talent. Wenn man eine Schlüsselperson verliert, verliert man meistens ein ganzes Team.” 

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Amabrush-Betrugsverfahren eingestellt – das sagt Gründer Musialek

Die Geschichte des Wiener Zehn-Sekunden-Zahnbürsten-Startups Amabrush ist, verglichen mit anderen Hardware-Startups, gar nicht so ungewöhnlich. Auf einen Crowdfunding-Erfolg bei Kickstarter und Indiegogo folgte die große Ernüchterung, als es an die Massenproduktion ging. Die Auslieferung musste mehrmals verschoben werden – dann hielt das Produkt aus Sicht vieler Kunden nicht, was ursprünglich versprochen worden war. Nach medialen Vorwürfen und einer Sachverhaltsdarstellung des Konsumentenschutzvereins VSV wurde im Mai 2019 ein Verfahren mit Verdacht auf schweren Betrug unter anderem gegen die Amabrush-Gründer eingeleitet. Diese Verfahren wurde nun eingestellt, doch der Fall ist damit vielleicht noch nicht vom Tisch.

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