21.06.2022

“Alles war ein Kampf und ich habe mich dafür geschämt” – Selma Prodanovic über ihre Depression

Im Interview erklärt Selma Prodanovic, wie sie aus ihrer hochfunktionalen Depression rausgekommen ist.
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Von hochfunktionaler Depression bis hin zu fast suizidalen Gedanken – und das alles, während man nach außen hin äußerst produktiv erscheint. Genau das hat die Startup-Grand-Dame und Keynote-Speakerin – Selma Prodanovic – vor knapp zehn Jahren durchgemacht. Im Interview spricht sie mit dem brutkasten darüber, wie sie mit ihrer Depression umgegangen und aus der negativen Gedanken-Spirale rausgekommen ist sowie warum sie nie mit Psychotherapie aufhören würde. 

Mental Fitness ein wichtiges Thema, das du entmystifizieren möchtest. Das Thema Mental Health soll zu einer normalen Diskussion werden. Warum liegt dir das am Herzen?

Selma Prodanovic: Es gibt mehrere Gründe, aber der grundlegendste hat mit meiner persönlichen Geschichte zu tun, dass ich an hochfunktionaler Depression gelitten habe. In den letzten 15 Jahren konnte ich aber auch viele Startup-Founder:innen und Entrepreneur:innen begleiten und habe das auch bei ihnen beobachtet. Wir haben hier ein Thema, ein Problem, das irgendwie tabu ist, worüber wir nicht sprechen. 

Wie stark hat dich in diesem Thema deine persönliche Geschichte geprägt? Was hast du erfahren, was ist dir passiert?

Das Typische fängt damit an, dass bestimmte Sachen nicht so gut laufen.Es wird ein bisschen zu viel – also das, was wir als Burnout definieren würden. Das ist vielleicht verbunden mit dem Arbeitsplatz, man schafft die viele Arbeit nicht, es ist overwhelming und too much. Dann fängt eine negative Spirale nach unten an. Das Problem ist es, dass man dann schleichend auch in einer Depression landen kann. Es ist wichtig zu identifizieren, dass Burnout keine Depression ist. Ich war depressiv und wusste es nicht. 

Man hat es dir auch nicht angesehen, man kennt dich als eine Powerfrau, die von einer Bühne zur nächsten geht und Leute begeistert. Was hat sich hinter dieser Powerfrau versteckt?

Das Schlimmste ist, dass es gerade in der Hochphase von Awards am Schlimmsten ist. Ich hatte innerlich eine völlige Leere. Es war leer, dunkel und einsam. Das sind einfach zwei Welten, die nichts miteinander zu tun haben. Ich habe Jahre gebraucht, um überhaupt herauszufinden, was mit mir los war. 

Natürlich bin ich auch zu Ärzt:innen oder Psychiater:innen gegangen. Die haben gesagt, dass alles passt. Es hat sich herausgestellt, dass es so etwas gibt wie High-Functioning-Depression. Und das ist genau der Punkt. Das ist keine Depression, wo du im Bett liegst und nichts mehr machen kannst, sondern nach außen funktionierst du weiterhin, aber innerlich bist du völlig depressiv mit allen Gedanken, die dazugehören. 

Wie hast du erkannt, dass du an Depression leidest? Wie kann man das erkennen und wie geht man damit um und löst es?

Das ist schlimm. Das ist ganz schlimm. Das Problem bei mir ist, dass es schleichend kam. Und das ist meistens so, außer es gibt ein Traumata. Meistens merkst du es nicht. Dir geht es von Tag zu Tag schlechter. Und irgendwann ist es mir schlecht gegangen, ich habe nicht verstanden wieso, was los ist. Nach außen hin war alles super. Mein Leben ist genau gleich heute wie vor zehn Jahren, aber innerlich war ich leer und ausgepowert und ich habe mich wirklich depressiv mit Gedanken – die sehr negativ sind – befasst. Das Aufstehen war ein Kampf, überhaupt aus dem Bett zu kommen, das war wirklich ein Kampf. Sich zu bewegen, irgendeine Entscheidung zu treffen. Ich habe das “Mona-Lisa-Lächeln” genannt, das habe ich zur Perfektion gekonnt. Sobald ich rausgegangen bin, war alles in Ordnung. 

Auch mit meiner Familie habe ich versucht, so viel wie möglich das nicht zu zeigen, weil ich keine Ahnung gehabt habe, was mit mir los war. Damals hat niemand darüber gesprochen, dass das passieren kann und man es auch lösen kann. Ich wusste das nicht. Ich habe mich geschämt, weil ich nicht genug geleistet habe. Ich habe nicht so gearbeitet wie ich es mir wünschte, da alles ein Kampf war. Das Selbstwertgefühl ist da sehr stark betroffen und daher war es eine schwierige Situation, die ich nicht verstanden habe und ich habe mich dafür geschämt. Und ich glaube, das ist das Schlimmste. 

Du bist eine der Pionierinnen unserer Startup-Ökosystems. Hast sehr viele Gründer:innen die letzten zehn Jahre gesehen und hautnah miterlebt und begleitet. Ist das auch ein Phänomen, das bei anderen Gründer:innen erscheint? 

Absolut. Es war leichter bei jemanden anderen das zu sehen, zu erkennen und zu helfen, als bei mir selbst.  Der Druck den man im Beruf hat, der ist immer da, das ist keine Frage. Egal welchen Beruf man ausübt. Aber als Entrepreneur, wenn es darum geht, dass du immer zeigen musst, wie cool, toll und super du bist, ist dieser Druck noch höher. Es ist ein wichtiger Punkt darüber zu sprechen und aufzuzeigen, dass es ok ist, wenn es einem nicht gut geht.

Hilft es deiner Meinung nach, über das Thema zu reden und zu sehen, dass es auch andere beschäftigt? 

Ja, ich glaube, dass wir alle so tun, als ob alles perfekt wären. Wir leben in dieser perfekten Welt, wo alle erfolgreich und großartig sind und niemand macht einen Fehler und niemandem geht es schlecht. Wenn wir darüber sprechen und die Möglichkeit haben, uns auszutauschen, ist es besser.  Hätte ich vor zehn Jahren jemanden gehabt , wäre ich nicht so tief gelandet. Ich habe mich selbst dafür verantwortlich gefühlt und habe mich geschämt, weil ich es nicht verstanden habe. Und dann geht es tiefer. Wenn wir darüber sprechen, welche Zeichen und Symptome es gibt, dann kann es schon viel besser werden. Denn man kann es vermeiden. Genau so wie wir wissen, dass wenn es jemandem wichtig ist, physisch fit zu sein, gesund zu sein, musst man sich um den Körper kümmern. Und so kann man auch das Gehirn trainieren. Die mentale Fitness ist ganz wichtig, besonders für Entrepreneur:innen. Weil wir wollen, dass sie groß denken und dazu fähig sind, diese Visionen umzusetzen. Und dafür müssen wir ihnen das Tool geben, dass sie durchhalten können. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, daran zu arbeiten. 

Ich bin regelmäßig in Psychotherapie und das war der absolute Hammer. Ich werde Psychotherapie nie aufhören. Genau so wie ich ins Fitnessstudio gehe, ist das meine Psychotherapeutin, davon gehe ich nicht mehr weg, weil ich nicht mehr dort landen möchte, wo ich war. Es gibt immer etwas, das uns beschäftigt. Es ist unfassbar schön, wie man das verändern kann. Und genau darum geht es. Mir ist es so schlecht gegangen und ich habe überhaupt keine Unterstützung bekommen. Es gab eigentlich viele Menschen, die mir helfen konnten, aber dadurch, dass sie nicht wussten, was mit mir los war, war diese Hilfe sogar in einer gewisser Weise negativ, weil es mir noch mehr Druck gemacht hat. Weil es in meinem Kopf hieß: Jetzt bekommst du Hilfe und bist trotzdem nicht dazu fähig, etwas zu machen. Du kannst es nicht umsetzen.

Eine Gründer:in, die nicht performt, wird auch für die Investor:innen keine Ergebnisse abliefern können. Ist Investor:innen das Thema bewusst? 

Nein, ich glaube die Mehrheit ist noch nicht da. Aber das wird noch kommen. Es gibt einige VCs in Amerika, die von vornherein klar machen, dass ein kleiner Prozentsatz ihres Investments für die mentale Fitness und das Mental Wellbeing von Angestellten genutzt werden muss. 


Am 23. Juni dreht sich bei uns alles rund um das Thema #mentalhealth. Im Rahmen unserer brutkasten-Meetup-Eventreihe heißen wir Georg Molzer, Johannes Felder, Eva Gruber und Claudia Altmann für unsere Podiumsdiskussion willkommen. Das Programm schmücken zudem Startup-Pitches von Arcletic, CoachHub und Pandocs sowie ein Fireside-Talk mit Instahelp.

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OVE, LCM
(c) OVE/Fürthner - (v.l.) Johann Hoffelner, Josef Passenbrunner und Hubert Mitterhofer von LCM.

Seit August des heurigen Jahres hat das LCM mit Johann Hoffelner einen neuen CEO – brutkasten berichtete. Rund drei Monate später darf man sich über den OVE Innovation Award freuen.

Pankl Turbosystems beschäftigt sich mit Brennstoffzellen-Luftversorgungssystemen (FCAS – Fuel Cell Air Supply) sowie mit elektrisch unterstützten Abgasturboladern (EAT – Electrically Assisted Turbocharger) für Kleinserien. Weil aber Turbosysteme technologisch extrem anspruchsvoll sind, setzt die Mannheimer (Deutschland) Firma bei der Optimierung spezieller Komponenten auf externe Entwicklungspartner.

LCM mit Neuauslegung des E-Motors

“Die Elektromotoren für den Antrieb der Verdichterräder sind das Herzstück in FCAS-Systemen. Mit der kompletten Neuauslegung dieses Elektromotors hat LCM einen unentbehrlichen Beitrag zum gelungenen Innovationssprung und Wettbewerbsvorsprung geleistet”, erklärt Pankl Turbosystems-Geschäftsführer Gerhard Krachler.

Konkret hat es neun Monate gedauert, bis das LCM-Team rund um Hubert Mitterhofer und Josef Passenbrunner die ersten Funktionsmuster für den Elektromotor lieferte. Diese erfüllten die Erwartungen von Pankl und liefern Drehzahlen von bis zu 140.000 U/min und eine Nennleistung von 22kW. In diesem Sinne könnte ein FCAS von Pankl Turbosystems, in dem ein von LCM ausgelegter Motor arbeitet, schon bald bei einem Stratosphärenflug an Bord sein, heißt es.

Im Auftrag der britischen Stratospheric Platforms Ltd, eines Herstellers von Bauteilen für die Luft- und Raumfahrt, hat Pankl gemeinsam mit weiteren internationalen Unternehmen an der Entwicklung eines unbemannten Zero-Emission-Flugobjekts gearbeitet: “Selbst wenn dieses Projekt noch in einem sehr frühen Stadium ist, unterstreicht es die enorme Dynamik in der Brennstoffzellen-Technologie”, so Krachler weiter.

“Begrenzter Bauraum”

So unterschiedlich die Einsatzgebiete der FCAS sind, haben sie doch eine Gemeinsamkeit: Der Bauraum ist immer extrem begrenzt. Mithilfe der LCM-Software-Plattform “SyMSpace” konnte aus dieser Not eine Tugend gemacht werden. Damit wurden alle Komponenten – von der Baugröße des Motors über die Materialauswahl bis zur Dimensionierung jedes Bauteils – so aufeinander abgestimmt, dass die errechnete Motorauslegung nicht mehr verbessert werden kann, wie es in einer Aussendung heißt.

“Aus mehreren tausenden Varianten entsteht auf diese Art ein Elektromotor in der geforderten Baugröße, der in der Simulation 97 Prozent Wirkungsgrad erreicht. Es lässt sich kein Parameter weiter verbessern, ohne einen anderen zu verschlechtern”, erklären Passenbrunner und Mitterhofer.

Welches enorme Potential Brennstoffzellen haben, unterstreicht auch das Projekt SkalTABs (skalierbares Thermomanagement und Antriebsstrang für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge). In dem vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt arbeiteten mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) neben Infineon, GreenIng, AVL LIST und MACCON auch Pankl Turbosystems zusammen.

Das Ziel war es, für mittelständische Unternehmen und Fahrzeughersteller mit kleineren Stückzahlen einen Baukasten für verschiedene Leistungsstufen eigener Brennstoffzellensysteme zu erforschen: “Selbstverständlich war auch unser gemeinsam mit LCM entwickeltes FCAS mit an Bord”, sagt Krachler. Weitere Förderprojekte für Antriebssysteme im Megawatt-Bereich werden gerade vorbereitet.

Award für LCM mit Signalwirkung

Dass LCM und Pankl Turbosystems für ihr Projekt mit dem OVE Innovation Award ausgezeichnet werden, hat für Hoffelner Signalwirkung. Gerade bei nicht-fossilen Antriebtechnologien sei Reichweite das entscheidende Kriterium: “Reichweite ist immer eine Frage der Effizienz. Je effizienter Antriebsysteme arbeiten, desto mehr Reichweite ist möglich. Mit der Zusammenarbeit am FCAS haben wir die Grenzen des Möglichen gemeinsam ein wenig verschoben”, sagen Hoffelner und Krachler.

Bernhard Jakoby, OVE-Juryvorsitzender und Vorstand des Instituts für Mikroelektronik und Mikrosensorik an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU), begründet die Entscheidung LCM zu prämieren wie folgt: “Das ausgezeichnete Projekt zeigt wieder einmal, dass es in Österreich gelingt, innovative Technologien aus der Forschung in die Praxis zu bringen und am Weltmarkt zu etablieren.”

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