22.09.2015

Alibaba doch kein sicheres Pferd: Von der Vision zur Realität

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© www.alibabagroup.com: Alibaba-HQ in Hangzhou

Seifenblasen neigen dazu, recht schnell zu platzen – dabei tut es nichts zur Sache wie schön oder wie groß sie zu Beginn gewesen sein mögen. So ging es auch der Alibaba-Aktie. Der Seifenblasen-Vergleich mag dabei bei näherer Hinsicht gar nicht hinken: Nach dem IPO (kommt vom Englischen “initial public offering” und bedeutet Börsengang) stieg die Aktie innerhalb von zwei Monaten um 76 Prozent. Seitdem ging es aber nur noch abwärts. Dabei schien der Erfolg anfangs so gut wie “todsicher”. Immerhin: Alibaba hatte den chinesischen Onlinehandel fest im Griff, die Wirtschaft florierte und die Konsumausgaben stiegen stetig. Kein Wunder also, dass das Unternehmen den größten Börsengang der Geschichte aufs US-Parkett legte und die Aktien innerhalb von zwei Monaten um 76 Prozent stiegen.

Dann wurde es holprig. Der Konzern geriet ins Visier einer chinesischen Regierungsbehörde, sorgte mit diversen Übernahmen für Verwirrung bei Investoren und wechselte den CEO aus, nachdem sich das Wachstum abschwächte. Und was am Wichtigsten war: Die chinesische Wirtschaft geriet ins Straucheln und mit ihr auch der Anstieg der Konsumausgaben, den Alibaba so dringend braucht. Konsequenz: Die Aktie fiel und fiel und fiel – auf den IPO-Preis und dann darunter. Logisch: An der Börse gibt es so etwas wie eine sichere Sache einfach nicht.

Wie geht es jetzt weiter? Investoren, die zusehen mussten, wie insgesamt 128 Milliarden Dollar an Börsewert dahinschmolzen, sollten nicht auf eine Erholung in allzu naher Zukunft wetten. James Cordwell, Analyst bei Atlantic Equities, geht davon aus, dass die Abschwächung des chinesischen Wirtschaftswachstums zumindest bis 2016 auf den Onlinehandel drücken wird. Auch wird es dauern bis die unzähligen Investitionen und Übernahmen etwas abwerfen werden. “Sämtliche operativen Kennzahlen scheinen irgendwie in die falsche Richtung zu zeigen”, warnt Cordwell gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.” Solange die Investoren nicht halbwegs sicher sind, dass der Kurseinbruch einen Boden gefunden hat, wird es die Aktie schwer haben.”

Zumal Alibaba-Gründer Jack Ma nicht gerade dafür bekannt ist, die Aktionäre zu verhätscheln. Im Zuge des IPO hatte er explizit darauf hingewiesen, dass die Investoren erst an dritter Stelle – nach Kunden und Angestellten – stehen. Die Begründung leuchtet ein: Seine Partner und er selbst wollten sich von kurzfristigen Marktschwankungen nicht ablenken lassen. Es sollte ein langfristig erfolgreiches Unternehmen entstehen.

Tatsächlich sind viele der Probleme, mit denen es Alibaba jetzt zu tun hat, auf die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft zurückzuführen – und diese liegt nun einmal nicht im Einflussbereich des Konzerns. Zwar hat der Online-Händler den einen oder anderen Fehltritt in seinem ersten Jahr eingestanden, in der Vergangenheit existieren will man aber nicht: “Wir blicken nicht zurück, wir schauen nach vorne.” So zumindest machte es Vice-Chairman Joseph Tsai deutlich. Und: “Wir haben Fehler gemacht und daraus gelernt.”

Alibaba ist auf Expansionskurs: Auf China und den Online-Handel alleine will man sich nicht verlassen. Entsprechend hat der Konzern 15 Milliarden Dollar investiert. Viele der Transaktionen machen strategisch Sinn, andere weniger. So hat Alibaba einen Anteil an einem Fußballklub, an einem kleinen Player am indischen Smartphone-Markt und einem unprofitablen Unterhaltungsstudio erworben.

“Die Investitionsstrategie wirkt manchmal etwas konfus”, bestätigt Li Muzhi von Arete Research Service. “Mit der Verlangsamung des Kerngeschäfts machen diese Investitionen weniger Sinn.” Allerdings hat Jack Ma eine Vision, wie all diese Deals im kommenden Jahrzehnt zu einem großen Ganzen verschmelzen sollen: Das Ziel ist, Alibaba über den klassischen Handel hinaus zu entwickeln – hin zu inhaltlichen Angeboten wie Filmen und Sport, der Entwicklung von Zahlungssystemen für den eigenen Online-Handel und für andere sowie der breiteren Verwendung des hauseigenen Betriebssystems und der eigenen Cloud-Dienstleistungen.

Ma zählt zudem auf Investitionen, die helfen sollen, Informationen und Produkte mittels Web besser an den Konsumenten in der realen Welt heranzutragen. Die Idee ist in der Tech-Industrie als O2O (Online-to-Offline) bekannt. Die Menschen sollen übers Smartphone praktisch alles bekommen, was sie wollen: Vom täglichen Supermarkt-Einkauf übers Abendessen bis zum Fernseher oder einer Autowäsche. Damit diese Vision real wird, hat Jack Ma etwa in eine Kaufhauskette und einen Elektronikhändler investiert.

Letzten Endes werden diese Investitionen sich vielleicht auszahlen, wann das sein wird, bleibt bis auf Weiteres aber unklar. “Wenn der Onlinehandel richtig gut laufen würde, würden sich die Investoren überhaupt keine Sorgen über diese Transaktionen machen”, glaubt Cordwell. Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre.

Die Schwäche der chinesischen Wirtschaft ist aber nicht alleine für die Talfahrt der Aktie verantwortlich: Streitereien mit chinesischen Behörden und Kritik aus den Medien setzten die Aktie ebenfalls unter Druck: So prognostizierte das Finanzmagazin “Barron’s” kürzlich die Alibaba-Titel könnten um weitere 50 Prozent einbrechen. Eine weitere Meinung eben, derer es viele gibt. Die überwältigende Mehrheit fällt allerdings deutlich optimistischer aus: 44 von 52 von Bloomberg befragten Analysten sprechen derzeit ein “Kaufen” für die Alibaba-Titel aus. Auch wenn die Mehrheit nicht immer recht hat und der Schnitt oftmals keine gute Wette ist, kann es doch ein Indiz für die Richtung sein. Daher zwecks Vollständigket: Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 91 Dollar. Aktueller Kurs: 65,8 Dollar.

Konkreter wird Daiwa-Analyst John Choi: Trotz schlechter Presse und schwächelnder Konjunktur sei die operative Lage immer noch positiv – der Onlinehandel wächst. “Alles dreht sich um die Stimmung. Die Stimmung, was China angeht, ist aktuell einfach negativ”, erklärt Choi. “Aber der Onlinehandel wächst weiterhin.”

Die Aktionäre selbst sind weniger euphorisch: Die Milliardäre Daniel Loeb und George Soros haben ihre Anteile an Alibaba verkauft oder deutlich zurückgefahren. Atlantic-Analyst Cordwell sieht Licht am Ende des Tunnel: “Wir rechnen mit zwei oder drei weiteren schwierigen Quartalen für den Online-Händler”, so Cordwell. Die aktuelle Herausforderung werde Alibaba aber zu einem besseren Unternehmen auf Sicht der nächsten zehn Jahre machen.

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ooia-Gründerin Kati Ernst auf der Global Stage des 4Gamechangers-Festivals.

Female Funding Gap, unbezahlte Care-Arbeit, Frauenmangel in Führungspositionen: Die Probleme, mit denen sich Frauen im Arbeitsleben konfrontiert sehen, wurden bereits erkannt, benannt und „x-fach diskutiert“, wie 4Gamechangers-Mitgründerin Nina Kaiser es formuliert. „Und trotzdem kommen wir nicht wirklich weiter.“ Um den Diskurs anzufachen und hoffentlich etwas schneller in Richtung Problemlösung zu peitschen, wurde Equality zu einem Leitthema des diesjährigen 4Gamechangers-Festivals erklärt. Das Resultat: Ein Programm gespickt mit Keynotes, Panels und Chats, in denen Vorreiterinnen aus Wirtschaft und Technik über ihre Erfolge referierten – und über den Hürdenlauf dorthin.

ooia: Erfolg against all Odds

Eine davon ist Kati Ernst, Co-Gründerin des deutschen Periodenwäsche-Imperiums ooia. Auf der Bühne sprach sie mit Mahdis-Gharaei, CEO von „The Female Factor“, über ihren Erfolg als Unternehmerin, Podcasterin und Mutter. Mittlerweile rühmt sich die deutsche Startup-Szene mit ihrem Namen, 2021 wurde ooia sogar in die Top 10 der Startup Brands in Deutschland gereiht. Von diesem Support war zu Anfangszeiten noch keine Spur. „Die Investmentsuche gestaltete sich deutlich schwerer, als wir uns das vorgestellt haben“, so Ernst.

Eine Ex-Unternehmensberaterin von McKinsey und eine vormalige Zalando-Managerin, zuständig für die Unterwäsche-Abteilung – mit ihrer Vorerfahrung rechnete sich das Gründungsduo gute Aussichten beim Fundraising aus. Außerdem, so Ernst, sei das Timing optimal gewesen. 2018, als ooia mitten in der Produktentwicklung steckte, verstärkte sich das feministische Bewusstsein für Periodenartikel. Aus Protest gegen das Duopol von Tampons und Binden – beide umweltbelastend, beide oft mit Unbehagen verbunden – entstand die Nachfrage nach Alternativen. Und ooia hatte sie.

“Nur” was für Frauen

Eine erfahrene Crew und Wind in den Segeln: Günstige Bedingungen für das junge Startup, um ins Fundraising zu stechen. Woher also die Probleme, Investments zu finden? „Ich glaube, es war das Produkt“, so Ernst. Den Periodenmarkt habe damals noch niemand auf dem Schirm gehabt – dementsprechend mussten die Gründerinnen oft erst Aufklärungsarbeit leisten. „Einfach ein total schlecht ausgeprägtes Verständnis in einem extrem männlich dominierten Bereich, wie es eben die Investorenlandschaft auch heute noch ist“, erklärt Ernst.

Eine Reaktion aus der Investmentszene blieb in Erinnerung: Und zwar die von Carsten Maschmeyer in der VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Nach dem Pitch der Gründerinnen zog sich der Finanzunternehmer aus den Investmentgesprächen zurück mit dem Argument, es handle sich um ein Produkt, in das eigentlich nur Frauen investieren könnten. „Dabei wissen wir alle, dass die Frauen in der Investorenlandschaft vielleicht auf drei Prozent des Kapitals sitzen, wenn überhaupt. Zu sagen, dass Produkte, die für Frauen sind, nur von Frauen gefundet werden können – genau das macht Ideen von Frauen klein“, so Ernst.

Der Markt hat gesprochen

Klein blieb ihre Idee trotzdem nicht. Innerhalb von drei Jahren schaffte es ooia, achtstellige Umsätze zu erzielen – und das gänzlich ohne Fremdkapital. Das Sortiment umfasst mittlerweile auch Still-BHs, Antitransparenz-Tops, Inkontinenzprodukte und vieles mehr. Mit ihrem Bestseller, der Periodenunterwäsche, schaffte ooia nun auch die Listung im Handel: Seit etwa vier Wochen sind ooia-Panties österreichweit in fast 400 dm-Filialen erhältlich.

Ein besonderer, persönlicher Erfolg für Ernst: Knapp fünfzig Personen beschäftigt ihre Firma, die meisten davon Frauen. „Da bin ich besonders stolz drauf, dass ich so vielen Frauen finanzielle Stabilität gewähren kann. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in unseren europaweiten Produktionsstätten, wo fair produziert wird. Wir als frauengeführtes Unternehmen glauben, dass es nicht reicht, nur die westlichen europäischen Konsumentinnen zu empowern, an die wir vermarkten.“

Kein Akt der Wohltätigkeit

Bis heute ist ooia bootsrapped; zuerst mangels Angebot, später bewusst. „Wir haben von Anfang an gesehen, dass die Firma so gut läuft und hatten dann das Gefühl, dass wir das auch selber hinkriegen. Und dann war’s uns lieber, unsere Freiheit zu behalten“, so Ernst. Der Erfolg von ooia ist ein Paradebeispiel für Märkte, die systematisch unterschätzt werden. „Dafür, dass das wirklich Relevanz hat – nicht nur gesellschaftliche, sondern auch ökonomische, weil es da wirklich um viel Geld geht – dieses Verständnis hat komplett gefehlt“, so Ernst.

Dieses Verständnis müsse schnellstmöglich in allen Köpfen ankommen; denn auf Frauen und Diversität zu setzen, ist kein Akt der Wohltätigkeit, sondern ein wirtschaftlich logischer Schritt. „Statistisch gesehen sind wir ökonomisch erfolgreicher als Männer”, sagte Ernst. Und fügte noch hinzu: “Das ist ein Fakt“. Oder, wie es Weltstar Charlize Theron später bei ihrem Auftritt auf derselben 4Gamechangers-Bühne formulierte: „Women are fucking amazing“.

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