05.08.2021

Airsoft-Startup Novritsch: Aus dem Schlafzimmer zu 30 Millionen Euro Umsatz

Dominik Knoll hat mit Novritsch gänzlich ohne Fremdkapital ein E-Commerce-Unternehmen aufgebaut, mit dem er in 80 Ländern Airsoft-Hardware vertreibt und einen zweistelligen Millionen-Umsatz damit macht. Auch wenn er ursprünglich keine physischen Produkte produzieren wollte, malt sich sein Weg als eine logische Konsequenz von Erfahrung. Und begann in einem Schlafzimmer.
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(c) Novritsch - Das Novritsch-Team rund um Dominik Knoll gehört zu den Großen der Airsoft-Branche.

Es muss nicht immer mit der Garage beginnen, in der sich leere Energy-Drinks-Dosen tummeln und Pizzaschachteln vor Fett triefen, will man später seine Startup-Story erzählen. Auch das Schlafzimmer kann ein Hort des Erfolgs sein, wie das Beispiel von Dominik Knoll zeigt. Der Novritsch-Gründer besuchte die HTL in Braunau, programmierte Webseiten, zog nach Wien und nahm eine Stelle als Developer in einer Agentur an. Ein Startup zu gründen, war stets eines seiner Ziele gewesen. Unterstützung fand er aber in seinem Arbeitsumfeld keine.

Kollegen erklärten dem jungen Mann, dass sein Plan nie funktionieren würde, er könne sich doch im nächsten Projekt “verwirklichen”. Solche Sätze bekam der Gründer öfter zu hören. Den Unterschied machte jemand anderer: Sein Mitbewohner Christoph Neuwirth hatte bereits einen YouTube-Kanal zum Thema “Airsoft” gestartet und war damit ziemlich erfolgreich geworden.

Von 100.000 zu über vier Millionen Abonnenten

“Ich habe mitgeholfen und schnell realisiert, das ist kein Hobby mehr. Der Kanal wächst”, erinnert sich Knoll an damals. “Wir hatten bald 100.000 Abonnenten. Ich habe dann verglichen und gemerkt, wir haben mehr ‘Views’ als andere Nachrichtenkanäle.”

Dies war die aufgehende Knospe einer Idee, die da startete. Das spätere Gründer-Duo tat sich zusammen, entwarf einen Online-Shop und verkaufte Fan-Artikel. Knoll überwand sich seinen Job aufzugeben und begann ein Wirtschaftsstudium an der Universität. Das er aber nicht beendete. Das Airsoft-Projekt wuchs, vier Millionen Abonnenten konnten gewonnen werden – mit rund 30 Millionen Views.

Von L.A. nach Taiwan

Da aber Knoll zu dem Zeitpunkt nicht vorhatte physische Produkte zu erzeugen – er wollte sich den Stress nicht antun und lieber als YouTuber durch die Welt reisen – zogen er und sein Partner nach Los Angeles, um Sponsoren zu finden.

Novritsch
(c) Novritsch – Bei Novritsch wurden zwei Tage Verkaufspläne zu zwei Stunden.

“Wir pitchten, erklärten, dass wir 30 Millionen Zuseher haben und fragten Unternehmen, was sie zahlen würden, wenn wir ihr Logo bei uns einbauen. Sie waren bereit 500 bis 700 Euro auszugeben”, erzählt Knoll, der sich gleich dachte, ‘das kann nicht der Marktpreis’ sein. So flogen er und Neuwirth nach Taiwan, mieteten sich in einer Fabrik ein und verbesserten bestehende Airsoft-Produkte.

In zwei Tagen zu einer Million Umsatz

“Wir starteten ganz ohne Evaluierung wie man produziert oder die Produkte bewirbt und wollten einfach in Österreich verkaufen. Wir hofften darauf, dass wir innerhalb von zwei Wochen das ganze Equipment anbringen könnten, doch nach dem Launch war alles in zwei Stunden weg”, erinnert sich der gebürtige Braunauer. “Also haben wir eine ‘Pre-Order’-Funktion eingeführt und damit in zwei Tagen eine Million Euro Umsatz gemacht.”

Die große “Watschn”

Man merkt, es lief. Doch dann kam die “große Watschn” für die Gründer. Die Bank hat das Konto gesperrt, Paypal war plötzlich “zugefroren”, die Fabrik machte Stress und Produkte waren fehlerhaft. “Uns passierte alles Schlechte, was man sich vorstellen kann”, erzählt Knoll. Aufgeben wollte er aber nicht: “Wir haben aus dem Schlafzimmer heraus, Schritt für Schritt, für alle Probleme Lösungen gefunden. Freunde angestellt, mit Claudia Neuwirth Christophs Schwester an Board geholt, ein richtiges Unternehmen gegründet und die Bank gewechselt.”

Kapital blieb mit den Wachstumsplänen trotzdem Mangelware. Deshalb griffen die Gründer zu einem Kickstarter-Modell, damit sie die Produktion starten konnten, bauten auch eine Art Transparenz-Log, um die Community über den Entwicklungsstand auf dem Laufenden zu halten und wuchsen auf aktuell über 60 Mitarbeiter – mit heute 30 Millionen Euro Umsatz.

Novritsch exportiert in 80 Länder

Novritsch bedient aktuell Kunden in rund 80 Ländern; zu den stärksten Märkten zählen Deutschland, die USA und auch Österreich mit seiner 2.000 Personen starken Szene. Den Unterschied zur Konkurrenz erreicht das Startup mit Authentizität und einem USP, der das Community-Feedback stets im Auge behält, wie Knoll betont.

“Andere Hersteller produzieren in Asien, kennen den Sport aber nicht. Das wäre so, wie Smartphones zu bauen, ohne dass Mitarbeiter Handys hätten”, zieht der Founder den Vergleich, der ihn und seine Firma vom Rest abhebt. “Die Versandhandelskette war in unserer Branche eingerostet. Fabriken entwickeln nämlich die Hardware, schicken es zu einem Distributor, der zu einem anderem und jener schlussendlich zum Händler. Wenn etwas nicht passt, so erreicht das Feedback den Produzenten nicht. Wir aber wissen sofort, was nicht funktioniert. Unsere Designer und Ingenieure der ‘Guns’ sitzen alle in Wien im Office und können auf Rückmeldungen schnell reagieren.”

Airsoft: Kein verruchtes Image mehr

Airsoft als Sport litt lange unter einem schlechten Ruf, wie Knoll zugibt. Ein verruchtes Image, gepaart mit dem Umstand, dass Spieler ihr Gesicht nicht zeigen wollten oder Fotos von Politikern, die mit Waffen im Wald posieren, taten das ihrige dazu, die Szene in ein schlechtes Licht zu setzen.

“Doch das hat sich alles geändert. Die Motivation sich öffentlich zu zeigen, ist gestiegen, es gibt ‘Partyfotografen’ bei jedem Event, Leute taggen sich auf Facebook. Insgesamt muss man sagen, dass die Community heute offen, ehrlich und auf Sicherheit bedacht ist. Man hilft einander”, weiß Knoll. “Der Sport ist auch nicht mehr so kompetitiv, wie etwa ‘Paintball’. Leute verbinden Airsoft gerne mit Grillen und allgemein mit Unterhaltung.”

Kurz, ein Sport, der Novritsch zu einem der “Big Player” der Szene gemacht hat. Knoll ist überzeugt davon, dass seine Erfahrung mit Überwinden von Hürden, ihn dazu befähige anderen Foundern beratend zur Seite zu stehen. Etwa, wenn es um die Produktion in Asien geht, um andere Lizenz-Themen, um “dangerous goods” wie “compressed gas” oder darum, Batterien durch die Welt zu schicken. Einmal stoppte, so der Gründer, der Hamburger Zoll einen Container mit einem Warenwert von mehreren 100.000 Euro, der für Novritsch gedacht war. Erst 15 Monate später bemerkten die zuständigen Beamten, dass es sich beim Inhalt nur um Spielzeug handelt.

Novritsch-Gründer mit Learnings

“Ich habe bis hierher viel an ‘learnings’ mitgenommen. Deswegen veranstalten wir immer wieder kleine ‘office events’ in Wien für Founder und CEOs mit Fokus auf psychische Produkte”, sagt Knoll. Interessierte, die sich zum Austausch melden wollen, können ihn über sein LinkedIn-Profil erreichen. Doch es gibt Einschränkungen: “Wir sind sehr selektiv. Es sind keine Agenturen vor Ort, niemand der pitchen will, sondern es kommen nur Leute mit bestehenden Unternehmen, um Lösungen zu wichtigen Fragen zu suchen.”

Knolls Ziel für die nächsten Jahre ist es, das komplett “gebootstrappte” Unternehmen weiter wachsen zu lassen und im nächsten Jahr 60 Millionen Euro Umsatz zu generieren. 2023 sollen es schon 120 Millionen werden.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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