14.08.2019

Datenlage zu KMU und Artificial Intelligence in Österreich noch gering

Der brutkasten wirft einen Blick auf den Stellenwert von Artificial Intelligence (AI) bei KMU in Österreich und hat sich angesehen, welche aktuellen Studien diese Thematik behandeln. Das Ergebnis: Die Datenlage zu AI und KMU ist noch sehr gering.
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KMU
(c) fotolia / teguhjatipras

Der Aufholbedarf in Sachen Digitalisierung bei heimischen KMU ist hinreichend bekannt und wird in zahlreichen Publikationen thematisiert – siehe Digital Dossier 2018 sowie Mittelstandsbericht des Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) oder KMU Digitalisierungsstudie 2018 der WKO (der brutkasten berichtete). Bei den eben genannten Publikationen handelt es sich teils um Metastudien, teils um empirische Umfragen unter Unternehmen.

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Möchte man einen Schritt tiefer ins Detail gehen und einen Teilaspekt beleuchten, nämlich den Stellenwert von Artificial Intelligence bei heimischen KMU, so zeigt sich, dass die Datenlagen dünner wird. So heißt es beispielsweise im eben genannten Digital Dossier 2018 des BMDW: “Aktuell gibt es wenige Daten für Österreichs Wirtschaft zu den Trendthemen Blockchain, Künstliche Intelligenz (KI) und Internet der Dinge. Aber auch zu Big Data, Robotern und Cloud Services besteht Forschungsbedarf. Ebenso ist die Einbindung der Digitalisierung in die Unternehmensstrategie wenig erforscht.”

AI-Landscape Österreich von enliteAI

Gänzlich fehlen empirische Daten jedoch nicht: An dieser Stelle sei beispielsweise auf das Wiener Startup enliteAI zu verweisen, das in regelmäßigen Abständen einen Überblick über die heimische AI-Landschaft veröffentlicht. In einer Übersichtsdarstellung werden dabei alle relevanten AI-Kompetenzträger dargestellt, wie beispielsweise Startups, Acceleratoren oder Forschungseinrichtungen. Die Auflistung der jeweiligen Akteure basiert auf der Auswertung von mehr als 100 Experteninterviews, Desk Researches und Branchenevents. (der brutksaten berichtete). Eine spezifische Auflistung für KMU gibt es allerdings nicht. Die Überblicksansicht über das österreichische AI-Ökosystem eignet sich allerdings sehr gut, um sich der Thematik zu AI in Österreich anzunähern und einen ersten Eindruck zu bekommen, wie vielfältig die heimische AI-Landschaft ist.

AI Landschaft
(c) enliteAI / AI Landscape Austria

Internationale BCG-Studie

Eine weitere Publikation, die sich mit der Anwendung von AI in österreichischen Unternehmen beschäftigt, ist eine länderübergreifende Vergleichsstudie der Boston Consulting Group (BCG). Für die Studie wurden rund 2.700 Manager aus verschiedensten Branchen in Deutschland, China, Frankreich, Japan, Österreich, der Schweiz und den USA zu den AI-Strategien ihrer Unternehmen befragt (der brutkasten berichtete).

(c) BCG / Studie Mind the (AI) Gap: Leadership Makes the Difference

Die BCG-Studie namens “Mind the (AI) Gap: Leadership Makes Differences” stellt Österreich in Sachen Nutzung von AI in Unternehmen ein schlechtes Zeugnis aus. Demnach nutzen lediglich 13 Prozent aller heimischen Unternehmen konkrete AI-Anwendungen für ihr eigenes Geschäftsmodell, knapp 30 Prozent entwickeln diese gerade und 42 Prozent beschäftigen sich damit. Obgleich der letzte Wert ziemlich hoch erscheint, ist er im internationalen Vergleich laut BCG relativ niedrig, bedenkt man, dass sich bereits 85 Prozent der chinesischen Unternehmen mit AI beschäftigen. Betrachtet man das Diagramm, so kann man unweigerlich erkennen, dass Europa und die USA im Vergleich zu China großen Aufholbedarf haben.

AI-Studie des BMVIT

Eine weitere Publikation, die sich sehr ausführlich mit dem Stellenwert von AI in der österreichischen Wirtschaft beschäftigt, wurde im Juni 2019 im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) veröffentlicht. Die Studie namens “Artificial Intelligence Potenzial Österreich: Zahlen, Daten, Fakten” analysiert das Wirtschaft- und Technologiefeld rund um AI in Österreich.

In die Studie flossen verschiedenste Sekundärstatistiken mit ein – darunter die IKT-Landkarte des BMVIT, Förderungsdaten von FFG und Horizon 2020 sowie Strukturerhebungen der Statistik Austria und Arbeitsmarktdaten. Zusätzlich wurden Experteninterviews durchgeführt und AI-Strategien anderer Länder analysiert.

Die Studie geht inhaltlich auf Anwendungsgebiete, Wertschöpfungsketten sowie Geschäftsmodelle von AI in Österreich ein. Zudem werden AI-Forschungseinrichtungen in Österreich und AI im öffentlichen Sektor behandelt. Eine spezifische Erhebung zum Einsatz von AI bei KMU gibt es allerdings nicht – also bei Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen, einen Jahresumsatz von höchsten 50 Millionen Euro haben oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft.

(c) BMVIT / Artificial Intelligence Potenzial Österreich: Zahlen, Daten, Fakten

Obgleich die allgemeinen Ergebnisse nicht spezifisch für KMU ausgewiesen werden, nimmt die über 100 Seiten lange Studie des BMVIT an gewissen Stellen auch Bezug zu KMU – ohne jedoch spezifische Daten zu nennen. Meist erfolgt die Bezugnahme in Zusammenhang mit aktuellen Problemstellungen und Herausforderungen, die KMU künftig bewältigen müssen. So heißt es beispielsweise: “Es besteht noch ein gewisses Ausmaß an Kritik und Zurückhaltung gegenüber AI Lösungen. KMU, die versuchen AI anzuwenden, sind aufgrund mangelnder Erfahrung, aber auch wegen der oft schwer erklärbaren Ergebnisse lernender AI-Systeme noch zögerlich.” Und weiters: “Darüber hinaus sind gerade KMU von der Problematik betroffen, dass ihnen möglicherweise Daten für die Lernverfahren notwendiger Qualität und Quantität fehlen.”

Künftige Datenlage

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es bereits zahlreiche Daten und Publikationen zum Einsatz von AI in Österreich gibt, diese sich allerdings nicht spezifisch mit KMU beschäftigen. Mit der zunehmenden Institutionalisierung – siehe  beispielsweise AI-Lehrgang an der Uni Linz (der brutkasten berichtete) – ist anzunehmen, dass es in Zukunft eine verstärkte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Stellenwert von AI in der österreichischen KMU-Landschaft geben wird.

Diese Annahme basiert vor dem Hintergrund, dass 99,7 Prozent aller Unternehmen in Österreich KMU sind, 68 Prozent aller Erwerbstätigen der marktorientierten Wirtschaft in KMU arbeiten und 62 Prozent der Wertschöpfung im KUM-Sektor erwirtschaftet wird.

KMU-Roadshow Österreich

Ende August 2019 startet der brutkasten eine österreichweite Roadshow mit dem Ziel KMU, Startups und Corporates zu vernetzen. Im Mittelpunkt stehen Erfahrungsaustausch, die Präsentation von regionalen Best Practice-Beispielen und das Aufzeigen von Chancen der Digitalisierung, sowie der Kooperation mit anderen Unternehmen. Die KMU-Roadshow wird mit freundlicher Unterstützung der Austria Wirtschaftsservice (aws), Erste Bank und Sparkasse, Wiener Städtische Versicherung sowie Presono und SVEA Ekonomi und regionalen Partnern umgesetzt.

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Startup-Politik - Das bringt Blau-Schwarz - Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag | Peter Lechner/HBF

Also doch Blau-Schwarz. Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos und dem Rücktritt von Karl Nehammer als ÖVP-Chef und Bundeskanzler starten nun Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. Vor allem im Ausland wird auf die Aussicht auf einen Bundeskanzler Herbert Kickl mit Besorgnis reagiert. Auch im Inland sind sehr viele Menschen, die nicht die FPÖ gewählt haben, nicht glücklich damit.

Viele wirtschaftspolitische Überschneidungen

Eine relativ breite Zustimmung für Blau-Schwarz gibt es allerdings laut Medienberichten im Wirtschaftsflügel der ÖVP. Das hat gute Gründe, denn bei vielen von der ÖVP im Wahlprogramm geforderten wirtschaftspolitischen Maßnahmen dürfte man mit der FPÖ deutlich leichter auf einen gemeinsamen Nenner kommen, als es mit der SPÖ der Fall gewesen wäre. Die starken Differenzen in diesem Bereich dürften auch einer der Hauptgründe für das Platzen der schwarz-rot-pinken Koalitionsverhandlungen gewesen sein – auch für die Neos, die sich mit der ÖVP allein gut einigen hätten können, nicht aber mit der SPÖ.

Gute Chancen für Konsens bei zentralen Startup-Politik-Anliegen

Blau-Schwarz – sofern diese Verhandlungen nicht ebenfalls scheitern – bedeutet somit auch für die Startup-Politik relativ gute Chancen auf die Umsetzung einiger zentraler Forderungen der Community. Die größten Anliegen wurden bekanntlich vergangenes Jahr im Papier “Vision 2030” veröffentlicht.

Beteiligungsfreibetrag: Eigentlich Einigkeit, aber Sparpaket könnte zum Dealbreaker werden

Drei zentrale Forderungen hat die ÖVP explizit in ihr Wahlprogramm aufgenommen: Den Dachfonds, den Beteiligungsfreibetrag und die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes. Bei der FPÖ fanden sich diese zwar nicht explizit im Wahlprogramm, eine Einigung scheint aber bei allen drei realistisch. So hieß es vom “Bürgerbüro Team Kickl” auf brutkasten-Anfrage vor der Wahl, man wünsche sich “rechtliche Anpassungen für Risikokapitalgeber, etwa in Form von steuerlichen Begünstigungen” – sowohl für den Beteiligungsfreibetrag als auch für die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes im Sinne der Startup-Community ist damit die Tür geöffnet. Der wegen des Budget-Lochs angesagte Sparkurs könnte jedoch eine Steuerbegünstigung für Investor:innen gegenüber der breiten Bevölkerung schwer argumentierbar machen.

Dachfonds: Unterschiedliche Ansichten, aber Chance auf Einigung

Etwas schwieriger könnte eine prinzipielle Einigung beim Dachfonds werden. Von der FPÖ hieß es vor der Wahl auf brutkasten-Anfrage, Österreich müsse “rasch einen Venture-Capital-Fonds einrichten, der dabei hilft, die schwierigen Anfangsphasen für heimische Neugründungen im Technologiebereich zu bewältigen”. Das wäre ein Gegenmodell zum geforderten Dachfonds, der als “Fund of Funds” nur in Fonds investiert und auch nicht staatlich finanziert, sondern nur organisiert wird. Dass die FPÖ sich hier umstimmen lässt, scheint zwar gut möglich – denn bei den Freiheitlichen dürfte aus ideologischer Sicht nichts gegen das Dachfonds-Modell sprechen.

Die FPÖ ist aber freilich durch ihren Mandate-Überhang in der besseren Verhandlungsposition und könnten auch versuchen, ihr Modell durchzubringen. Wenn das Thema denn überhaupt wichtig genug für die verhandelnden Parteien ist – letztlich kann mit einer gewissen Sicherheit angenommen werden, dass startup-politische Maßnahmen von keiner Seite zur Koalitionsbedingung gemacht werden.

Lohnnebenkosten-Senkung: Ein Wille, aber im Budget-Loch womöglich kein Weg

Auch bei einer Reihe nicht startup-spezifischer, aber durchaus startup-relevanter wirtschaftspolitischer Maßnahmen könnten Blau und Schwarz gut zusammenfinden. Zu nennen wäre hier etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten, die prinzipiell beide Parteien in ihren Wahlprogrammen hatten. Hier könnte allerdings einmal mehr die Notwendigkeit rigider Sparmaßnahmen aufgrund der budgetären Situation einen Strich durch die Rechnung machen. Zwar gibt es bei den beiden Parteien einen Konsens, ausgaben- und nicht einnahmenseitig sparen zu wollen. Doch auch wenn man sich darauf einigt, keine Steuern erhöhen oder einführen zu wollen, sind Steuer- und Abgabensenkungen im großen Stil, wie es bei der Lohnnebenkostensenkung (oder etwa auch bei einer Senkung der Körperschaftssteuer, wo ebenfalls Konsens besteht) der Fall wäre, wohl ob der notwendigen Gegenfinanzierung momentan schwer umzusetzen.

Bürokratieabbau: Wohl mehr Ausnahmen als Maßnahmen

Der Bürokratieabbau ist ein weiteres Thema, bei dem FPÖ und ÖVP – geht man nach den Wahlprogrammen – gut zusammenpassen. Tatsächlich scheint die ÖVP bei diesem Thema aber ziemlich selektiv zu sein, wie Medienberichte zu Konflikten zwischen Pink und Schwarz in den geplatzten Koalitionsverhandlungen nahelegen. Mächtige Blöcke innerhalb der Partei wie die Landesorganisationen, die Beamtengewerkschaft und der Wirtschaftsbund verhindern demnach Bürokratieabbau-Maßnahmen in ihren jeweiligen Bereichen. Die FPÖ wiederum dürfte definitiv nicht für einen weiteren Wegfall von Notariatspflichten zu haben sein, ebenso wenig, wie für weitere Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. Unterm Strich ist das Potenzial in dem Bereich also eingeschränkt.

Nachhaltigkeit im Out

Und es gibt auch einige Bruchlinien zwischen FPÖ und ÖVP, die sich auf die Startup-Politik auswirken könnten. Zu nennen wären hier neben der bereits genannten Rot-Weiß-Rot-Karte etwa die Differenzen in der EU-Politik. Ebenso könnte die Anti-Klimaschutz-Politik der FPÖ Auswirkungen auf Startups haben, etwa im Bereich Förderungen, die im Zuge der Sparmaßnahmen ohnehin auf der Abschussliste stehen dürften. Nachdem ein signifikanter Anteil der Startups in den vergangenen Jahren Nachhaltigkeit zu einem der Kernziele erhoben hat, könnte hier generell eine nicht förderliche Gesetzgebung zum Problem werden.

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