25.08.2020

“mAIde in Austria”: Ein Blick auf Österreichs AI Hidden Champions

Sie machen Autos sicherer, erkennen Fake News und sorgen dafür, dass in Disney World die Attraktionen reibungslos funktionieren: Österreichs AI-Experten sind wahre „Hidden Champions“, die auch in Corona-Zeiten nützliche Lösungen bieten. Der brutkasten wirft einen Blick auf Vorzeigeunternehmen aus der Alpenrepublik, die mittlerweile global ihre Lösungen anbieten.
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AI
(v.l. oben) Christian Bacher (Jaroona), Anna Bacher (Jaroona), Wolfgang Domann (AVI Systems), (v. l. unten) Marck Pfeiffer (Sail Labs), Gerald Bader (Atos), Franziskos Kyriakopolo (7lytix)

Vorbei sind die Zeiten, in denen ein Großteil der Gesellschaft Künstliche Intelligenz mit gefährlichen Robotern á la Terminator gleichsetzte. AI kleidet sich heute anders. In Algorithmen und individuellem „Targeting“ von Einzelpersonen.

Sei es bei Geräten, die ideale Raumtemperaturen des Besitzers erlernen und automatisch einstellen, für optimale Lichtverhältnisse ohne Stromverschwendung sorgen oder uns auf unseren Lieblingsseiten im Netz zugeschnittene Werbung so präsentieren, dass manche meinen, sie müssten nur davon träumen und soziale Netzwerke spielen am nächsten Tag die passende Reklame aus.

Auch Mensch-gegen-Maschine-Spiele haben mittlerweile eine neue Dimension angenommen und abseits von Duellen im Schach oder Jeopardy ebenso lyrische Wettkämpfe in ihrem Repertoire– wer schreibt das bessere Gedicht, der menschliche oder maschinelle Geist?

Stille AI aus Österreich

Doch abseits davon gibt es auch „Artificial Intelligence“, die dem Menschen nicht gleich ins Gesicht springt, dafür im Hintergrund arbeitet und ihm den Alltag oder die Arbeit erleichtert. Und für Sicherheit sorgt. Man kann sie in weitgefasster Form als die „stillen AIs“ bezeichnen.

„Die beste KI-Technologie ist die, die man gar nicht als solche wahrnimmt“, sagt Wolfgang Domann, Geschäftsführer von AVI Systems. Sein Unternehmen mit Sitz in Krems ist eines jener heimischen Vertreter eine AI-Riege, die bemerkenswerte, wenn nicht teilweise gar futuristische und vor gar nicht so langer Zeit als utopisch bezeichnete Arbeit leistet.

Das Unternehmen verbindet „Safe Artificial Intelligence“ mit entsprechenden Hightech-Anwendungen für die Mobilität und Industrie. Eines der beeindruckendsten Projekte, an dem AVI Systems aktuell arbeitet, ist die „CarEye Safety Angle Produktsuite“, wie Domann erklärt: „Im Vergleich zu herkömmlichen Abbiegeassistenzsystemen haben wir hier einen komplett anderen technologischen Ansatz gewählt. Anstelle von Radar- oder Ultraschallsensoriken verwenden wir von uns entwickelte Kamerasensoren, die Bildinformationen mittels künstlicher Intelligenz auswerten. Das bedeutet, das System erkennt nicht nur Objekte, es klassifiziert sie auch und trifft zusätzlich verlässliche Bewegungsvorhersagen in Echtzeit.

Die Produktsuite, die 2019 für den „Staatspreis für Mobilität“ (in der Kategorie Betreiben & Sicherheit) nominiert wurde, verknüpft dafür Hightech-Kamera-Monitor-Systeme mit künstlicher Intelligenz und Deep-Learning-Algorithmik“.

Corona: Ampel-Lösung für den Einzelhandel

Neben dieser Automotive-Prognose hat das Unternehmen auch für die Corona-Krisenzeit mithilfe von AI eine Lösung speziell für den Einzelhandel entwickelt: Ein System zur Durchgangskontrolle mit Ampelregelung. Dieses kann beispielsweise in Baumärkten oder Gartenzentren am Ein- und Ausgang sowie in engen Durchgangsbereichen angebracht werden, um Mitarbeitern und Kunden mittels eines einfachen Ampelsignals anzuzeigen, ob ausreichend Platz auf der Fläche ist oder gewartet werden soll.

Das intelligente Durchgangskontrollsystem ist wahlweise mit einer oder zwei Kameras sowie einer ‘Deep Learning Kamera-Sensorik’ ausgestattet und lässt sich so konfigurieren, dass eine zur Ladengröße definierte Personenanzahl erfasst und entsprechend Zugang gewährt werden kann.
“Wir machen Maschinen intelligent sehend. Dass eine Kamera ‘sehen’ kann, ist allen bewusst. Dass aber eine Kamera mit unserer Technologie auch ‘versteht’, was sie sieht und dementsprechend Impulse und Signale aussendet, wenn etwas außerhalb der Norm wahrgenommen wird oder eine unmittelbare Gefahr besteht, das ist dann doch noch ein entscheidender Schritt weiter“, so Domann.

Mit AI-Sensorik zu Disney

Ein weiteres jener lokalen Unternehmen, die mehr oder weniger “hidden“ ihr Championat ausführen, trägt den Namen Atos. Es beschäftigt sich mit „Cloud“, „Cybersecurity“ sowie „High Performance Computing“ und bietet dabei ganzheitliche Lösungen für „Orchestrated Hybrid Cloud“, „Big Data“, „Business-Anwendungen“ und „Digital Workplace“.

Eines der Aushängeschilder der Wiener Firma ist jedoch der Einsatz von „Predictive Maintenance“ (vorausschauender Wartung) bei Fahrgeschäften in Vergnügungsparks. Neben der Qualitätssicherung von Gasflaschen in Grillern – mit Bilderkennung und Algorithmen werden Mängel und Defekte an Gasflaschen erkannt – stattet Atos unter anderem Attraktionen von „Disney World“ mit Sensoren aus. Dabei prognostizieren KI-Sensordaten Probleme, damit Ausfällen vorgebeugt werden kann.

„Im Durchschnitt haben große Vergnügungsparks mehr als 40.000 Besucher pro Tag. Der Eintrittspreis bleibt unabhängig von der Anzahl der Attraktionen, die geöffnet sind, gleich. Es ist also eine Frage des guten Rufs und der Kundentreue, dafür zu sorgen, dass alles einwandfrei funktioniert und ständig für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Heute verfügt jede Attraktion über nahezu 11.000 Sensoren. Sie überwachen ihren Gesamtzustand, um ihre ordnungsgemäße Funktion und Sicherheit zu gewährleisten“, erklärt Gerald Bader, Senior Director AI & Analytics CEE von Atos: „Es ist unerlässlich, diesen immer wichtiger werdenden Datenfluss in Echtzeit zu analysieren, um Fehlfunktionen zu antizipieren, sofort zu reagieren und um mögliche Ausfallzeiten so weit wie möglich zu begrenzen“.

Um die vorausschauende Wartung von Attraktionen zu ermöglichen, setzt das Unternehmen eine AI-Lösung auf Basis von „Edge Data Analytics“ ein, die in Echtzeit auf einem „BullSequana Edge-Server“ ausgeführt wird. Der Edge-Server, der als der weltweit leistungsstärkste gilt, sammelt, sortiert, speichert und analysiert den Datenfluss in Echtzeit und kontinuierlich. Er eignet sich insbesondere für Bereiche, in denen schnelle Antwortzeiten entscheidend sind. Das ist etwa der Fall in der Industrie 4.0, bei autonomen Fahrzeugen, im Gesundheitswesen, sowie bei der Sicherheit im Einzelhandel und an Flughäfen. Kurzum: Überall dort, wo Daten am „Edge“ in Echtzeit verarbeitet werden.

„Mithilfe von ‘Deep Learning-Algorithmen’ werden diese Daten sofort analysiert, um Fehlfunktionen oder Schwächungen von Fahrgeschäft-Komponenten während der Fahrt zu erkennen. Sie lösen dann einen Alarm an die Teams für technische Überwachung, Wartung und Support aus, um einen Einsatz zu planen. Damit verfügen sie über ein Echtzeit-Warnsystem zur Sicherstellung der Kundenzufriedenheit sowie zur Vermeidung von Schließungen einzelner Attraktionen“, erläutert Bader.

Mit EpiSYS gegen die Covid-19-Krise

Im aktuellen Kampf gegen die Pandemie leistet auch Atos einen wichtigen Beitrag. Weltweit sind mehrere Supercomputer des Unternehmens im Einsatz, die es Forschern ermöglichen, mittels AI und Machine Learning Forschungslücken oder „blinde Flecken“ rascher zu entdecken. „Unsere Hochleistungsrechner können tausendmal schneller rechnen als Standardrechner“, sagt Bader.

Das verwendete System dabei heißt EpiSYS und ist ein Epidemie-Management-System (EMS), das Fachleuten im Gesundheitswesen einen genauen Überblick über eine epidemiologische Situation verschaffen soll, indem es relevante Daten im Zusammenhang mit dem Virus (etwa Patientendaten) speichert und verwaltet, einschließlich der Verfolgung und Rückverfolgung von Berichten über Patientenvorfälle in Echtzeit.

EpiSYS wurde Anfang März in Österreich eingeführt. Weitere Betätigungsfelder von Atos beinhalten natürliche Sprachverarbeitung zur Automatisierung von Kundeninteraktionen sowie Bild- und Objekterkennung. Auch der Einsatz von digitalen Assistenten, „Chatbot Ingrid“ etwa, für das Impfmanagement-System der Stadt Wien, „Predictive Maintenance“ zur Vorhersage von Wartungsintervallen und „Fraud Detection“ fallen in diese Sparte.

AISaaS für Handel und Industrie

Das Startup 7Lytix aus Linz hingegen verbindet angewandte Künstliche Intelligenz mit Data Science, „um AI für jedes Business anwendbar zu machen“, wie Martina und Franz Kyriakopoulos erklären.

Die ehemalige Co-Founderin von „simpelctix“, einem Startup für „Predictive Analytics“, entwickelt mit ihrem Partner „AI-Software as a Service“ für die Branchen Handel, Logistik, Industrie und Finance.
Dabei erarbeitet 7Lytix auf „selbstlernenden Technologien basierende KI-Lösungen“, die mit Absatzprognosen, „Recommender“-Systemen, Bilderkennung und Risikoprognosen breit aufgestellt sind.

„Wir implementieren die oben genannten Lösungen sowohl für unsere Investoren, die Raiffeisen Landesbank OÖ und die Mediaprint, als auch für eine Reihe großer Unternehmen in Österreich und Deutschland, etwa die Deutsche Bahn, voestalpine, Salamander oder Daily“, erklärt Kyriakopoulos: „Unsere AI vermag, um konkretere Beispiele zu bringen, anhand des bloßen Bildes eines Schuhes zu prognostizieren, wie viele Paare davon im ersten Jahr in Österreich, Deutschland und weiteren Ländern verkauft werden. Und die Disposition eines weltweit agierenden Konzerns zu vollautomatisieren, mithilfe sehr genauer Absatzprognosen“.

Das Problem an dem Quellcode packen

Jaroona von Anna und Christian Bacher widmet sich indes der Cybersecurity. Das 2018 in Wien gegründete Startup unterstützt Software-Entwickler bei der sicheren Entwicklung von Applikationen, indem sie mittels KI und Machine Learning den Programmquellcode auf Sicherheitslücken überprüfen und dem Entwickler sofort Vorschläge zur Korrektur der Fehler unterbreiten.

„Sicherheitslücken in Applikationssoftware sind mittlerweile die Hauptangriffsziele von Hackern. Die Korrektur von Sicherheitsfehlern bereits beim Kodieren macht die Software nicht nur sicherer, wir erzielen damit massive Effizienzgewinne im Entwicklungsprozess. Denn je später im Prozess die Fehler erkannt werden, desto teurer wird die Korrektur für das Unternehmen – von den Folgekosten eines erfolgreichen Angriffs ganz abgesehen“, erklärt CEO Christian Bacher.

Der Gründer meint zudem, dass Artificial Intelligence enorme Fortschritte in der Erkennung von Sprache gemacht hat, die bis vor einigen Jahren noch undenkbar waren und man nur aus ScienceFiction-Filmen kannte.

„Heute ist es möglich geworden, mit Maschinen in natürlicher Sprache zu kommunizieren und etwa fast perfekte Sprechübersetzungen maschinell zu machen. Wir verwenden ähnlich bahnbrechende NLP-Technologie (Natural Language Processing), um Programmquellcodes auf semantische Probleme zu überprüfen und Verbesserungen maschinell durchzuführen“, so Bacher.

AI gegen Fake News

Apropos Sprache: Mark Pfeiffer, Chief Visionary Officer von Sail Labs, arbeitet mit seinem Team an AI-Projekten, die unter anderem zur Verarbeitung von natürlicher Sprache – beispielsweise zum Zweck der Medienbeobachtung und Medienanalyse – gedacht sind.

„Dazu nutzen wir unser preisgekröntes ‘Media Mining-System’, mit dem durch die Analyse von traditionellen Medien, TV, Radio, Zeitungen, sowie sozialer Medien – Twitter, YouTube, Facebook, Telegram, WhatsApp-Gruppen – in über 30 Sprachen ein umfassendes Lagebild erstellt werden kann.

Das System hilft dabei, einzuschätzen, ob Debatten durch beispielsweise Falschmeldungen oder Propaganda beeinflusst werden. Weiters lässt sich die Reichweite von Medien verschiedenster Art sowie die Resonanz auf die Bevölkerung feststellen“, erklärt er.

Die multilinguale EU und ihr Sprachproblem

Das aktuelle „Vorzeige-Projekt“ des Wiener Unternehmens ist die Zusammenarbeit mit dem ELG (European Language Grid). Dabei geht es um die Erstellung einer europaweiten Plattform für Natural Language Processing.

„Sowohl die Industrie, als auch zahlreiche Forschungsinstitutionen versuchen seit Jahren Policy Maker und EU-Institutionen davon zu überzeugen, dass Sprachtechnologien – insbesondere in einem „Multilingual Digital Single Market“ – kein Luxus sein dürfen, sondern eine fundamentale Rolle spielen – die auch politisch entsprechende Beachtung und ein entsprechendes Interesse verdient“, so Pfeiffer.

Genauer gesagt geht es darum, radikalisierende und polarisierende Inhalte zu erkennen und so ein Bewusstsein zu schaffen. „Wir werden auch weiterhin unsere Technologien zur Detektion von ‘Fake News’ einsetzen, um Desinformationskampagnen in einem frühen Stadium aufzudecken. Unternehmen und Regierungen haben dann ein Werkzeug zur Hand, um schneller faktisch korrekte Antworten zu geben und Akteure in einem möglichst offenen Dialog zu konfrontieren, sodass schlussendlich beide Seiten mit Fakten argumentieren müssen“, meint Pfeiffer.

AI und Österreich: „Man muss jetzt die richtigen Fragen stellen“

Die genannten Beispiele von AI-Betrieben stellt nur einen kleinen Teil der heimischen Arbeit im Bereich der Artificial Intelligence dar und ließe sich noch um weitere Projekte und Startups ergänzen. Denn, die KI-Szene hierzulande ist lebendig, wie etwa Bader meint, oder auf einem guten Weg, wie Pfeiffer beisteuert, jedoch gelte es in dieser Phase die richtigen Fragen zu stellen – und Aktionen zu setzen.

„Warum haben wir keine starke europäische Suchmaschine wie Google, Yandex oder Baidu? Warum haben wir keinen europäischen Onlinehändler, der auch seine Wertschöpfung hier hat und hier Steuern bezahlt? Ich sehe mit Freude, wie ein paar dieser Fragen grade von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Margarete Schramböck, aber auch von vielen anderen Mitgliedern dieser Regierung aufgegriffen werden. Es wird Zeit, diese Krise richtig zu nutzen“, mahnt der Sail Labs-CVO.

Fehlende „Liebesbeziehung“ zwischen Startups und Unternehmen lässt Wissen abfließen
Ein Thema bei dem auch Kyriakopoulos deutliche Worte findet: „Startup-Unternehmen haben es in Österreich generell nicht leicht. Das ist auch bei KI nicht anders. Neben der noch immer geringen Risikofreudigkeit von Investoren und der fehlenden Breite an Eigenkapitalfinanzierung stellt vor allem die nach wie vor geringe Bereitschaft von etablierten österreichischen Unternehmen, mit Startups zu kooperieren, eine große Hürde bei der Markteinführung dar“, sagt er.

Startups im B2B-Umfeld seien darauf angewiesen, dass etablierte Unternehmen Bereitwilligkeit zeigen, „Proof of Concepts“ durchzuführen und als Referenzkunden zu fungieren. Diese Bereitschaft fehle in Österreich noch immer weitgehend.

Kyriakopoulos dazu: „An Ideen und Know-how mangelt es in Österreich nicht. Experten in der Umsetzung gibt es allerdings viel zu wenige. Da muss im Rahmen der Schule und der beruflichen Ausbildung deutlich mehr getan werden. Auch ‘Hidden Champions’, und dazu zählen wir uns auch, sind oftmals darauf angewiesen, die Experten und Referenzkunden im Ausland zu finden. Damit gehen wertvolle Unternehmen und damit verbundenes Know-how der österreichischen Wirtschaft zu oft verloren.“


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Gründer und CEO Georg Breitenberger am Business Angel Summit | (c) martin pacher / brutkasten

Die Zement-, Beton- und Bauindustrie zählt zu den CO2-intensivsten Industrien weltweit: Laut dem UN Global Status Report ist der Bau- und Gebäudesektor für rund 38 Prozent des globalen CO2-Aufkommens verantwortlich. Während die Nachfrage nach neuen Gebäuden und Infrastrukturen stetig wächst, verursacht die traditionelle Bauweise erhebliche ökologische Probleme. Ein Grund dafür ist der Mangel an kreislaufähigen Technologien, um Baureststoffe effizient zu recyceln und die Emissionen signifikant zu senken.

25 Jahre Erfahrung in der Bauindustrie

Mit ParaStruct ging 2021 ein Unternehmen aus Tirol an den Start, das künftig ungenützte Rohstoffe in der Bauindustrie nutzbar machen und eine Lösung zur nachhaltigen Transformation der Bauindustrie bieten möchte. “Parastructs 3D-Druck- und Recyclingtechnologien ermöglichen es, Bauteile vollständig kreislauffähig zu machen und dabei Kosten und den CO2 Fußabdruck zu senken”, so Gründer und CEO Georg Breitenberger.

Der gebürtige Südtiroler verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Bauindustrie. Bereits während des Bauingenieur-Studiums beschäftigte er sich mit 3D-Druckverfahren in der Bauindustrie. “In diesem Bereich wurden von mir verschiedene Leitprojekte in Ländern wie Taiwan, Schweiz, Deutschland und Italien entwickelt. Um meine Ziele noch besser zu erreichen, habe ich mich 2021 selbständig gemacht”, so der Gründer.

Das Gründungsteam (v. l.n.r. Georg Breitenberger, Freia Ruegenberg, Kilian Rießbeck) mit einem Mitarbeiter | (c) ParaStruct

Zunächst hat er sein Startup als Ein-Personen-Unternehmen (EPU) gegründet. Als er die Recyclingfähigkeit von mineralischen Bindemitteln untersuchen wollte, holte er sich mit Freia Ruegenberg und Kilian Rießbeck zwei weitere Expert:innen im Bereich der anorganischen Chemie als Gründungsmitglieder an Bord.

Die Entwicklung der Materialplattform von ParaStruct

Über die letzten zwei Jahre entwickelte Breitenberger gemeinsam mit seinem Team eine Materialplattform, die biogene und mineralische Reststoffe oder Abfallstoffe der Bauindustrie aufbereitet und durch digitale Fertigungsverfahren, wie 3D-Druck, wiederverwertet.

Konkret handelt es sich dabei um meist feinkörnige organische Materialen wie Holzmehl oder Sägespäne bzw. anorganische Schüttgüter. Diese Abfälle werden mit einem speziellen Bindemittel kombiniert, das wiederum wiederverwendbar ist.

“Bei industriellen Prozessen in der Holz oder Ziegelherstellung entstehen sehr große Mengen an feinkörnigen Abfällen. Das entspricht rund 30 Prozent der gesamten Abfallmenge. Über die Materialplattform bringen wir die Produktionsreststoffe mit den geeigneten Bindemitteln zusammen”, so der Gründer über die Lösung von ParaStruct.

Das 3D-Druckverfahren ist dabei eine Option, aber keine Notwendigkeit. So können die Abfallmaterialen auch konventionell verarbeitet werden. 3D-Druck bietet sich jedoch insofern an, als dass man funktionale und ästhetisch anspruchsvolle Bauteile herstellen kann.

Das Geschäftsmodell und erste zahlende Kunden

ParaStruct plant, seine Technologie durch Lizenzvergabe an bestehende Produzenten zu monetarisieren. Das Startup hat laut dem Gründer bereits 16 Letters of Interest von Unternehmen aus ganz Europa erhalten, die an den innovativen Recyclinglösungen interessiert sind. Zudem zählt das noch recht junge Unternehmen bereits erste zahlende Kunden aus der Stahl- und Betonfertigungsindustrie.

Die Biomaterialien sind vielfältig von der Bauindustrie bis zur Möbelindustrie einsetzbar. Hier handelt es sich um einen Hocker, der für ein italienisches Möbelcluster aus Altholz hergestellt wurde.

“Das Lizenzsystem ist variabel und die Partner können unterschiedliche Bausteine auswählen. Sie zahlen eine Einmalzahlung zu Beginn und eine laufende Lizenzgebühr von fünf Prozent auf den Umsatz”, so der Gründer.

Die Umstellung auf recycelbare Baumaterialien bietet laut Breitenberger enorme Vorteile, insbesondere in Ländern wie Dänemark und den Niederlanden, wo bereits Steueranreize für nachhaltige Bauweisen existieren. In diesem Kontext verweist der Gründer unter anderem auf den Markt für kreislauffähige Materialien. Dieser wird aktuell von der Unternehmensberatung Roland Berger auf 540 Milliarden Euro geschätzt, mit einem jährlichen Wachstum von zwölf Prozent.

Förderungen durch die Austria Wirtschaftsservice

Im Zuge des Aufbaus des Unternehmens wurde Breitenberger gemeinsam mit seinem Team von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) unterstützt. So konnte das Unternehmen über das Programm aws Preseed – Deep Tech eine Förderung an Land ziehen.

Im Modul Preseed – Deep Tech werden auf angewandter Forschung und Entwicklung basierende unternehmerische Vorgründungs- und Gründungsvorhaben unterstützt, die durch Erarbeitung eines ersten “proof of concept” bzw. eines Prototypen einer wirtschaftlichen Umsetzung zugeführt werden sollen.

“Durch die aws Preseed-Finanzierung war es möglich, ein qualifiziertes und spezialisiertes Team aufzubauen. Zudem diente sie uns als Referenz bei weiteren Fördergeldgebern im EU-Kontext und bei ersten Testkunden. Auch hat die Unterstützung bei der Strukturierung der Gründungsphase etliche Entscheidungen erleichtert”, so Breitenberger.

Fundraising und die weiteren Pläne von ParaStruct

Anfang Juli nahm Breitenberger am Business Angel Summit in Kitzbühel teil. Einmal pro Jahr treffen sich auf Einladung der Austria Wirtschaftsservice (aws) und der Standortagentur Tirol in dem bekannten Alpen-Städtchen dutzende Business Angels und Startup-Investor:innen zum Austausch über aktuelle Themen und Trends (brutkasten berichtete von Ort).

Wie bereits in den Vorjahren erhielten auch in diesem Jahr wieder zwölf Startups die Chance, an der Netzwerkveranstaltung teilzunehmen – darunter auch ParaStruct. Das Unternehmen konnte sich unter 150 Bewerbern durchsetzen und pitchte gemeinsam mit weiteren elf Startups seine Technologie vor mehr als 130 Business Angels.

“Bis Ende des Jahres wollen wir eine Finanzierungsrunde in Höhe von 600.000 Euro abschließen. Uns wäre es auch wichtig, einen deutschsprachigen Leadinvestor zu finden”; so Breitenberger über die mittelfristigen Pläne von ParaStruct.

Langfristig möchte das Startup bis 2025 den Nutzen seiner Technologie auch in Branchen außerhalb des Baus nachweisen. Zudem will ParaStruct künftig mit dem speziellen 3D-Druckverfahren zur Besiedelung extraterrestrischer Räume wie Mond und Mars beitragen. Unter anderem hat das Startup im Space-Bereich dafür bereits erste Preise gewonnen.



* Disclaimer: Das Porträt entstand im Zuge einer Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice GmbH.

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“mAIde in Austria”: Ein Blick auf Österreichs AI Hidden Champions

Sie machen Autos sicherer, erkennen Fake News und sorgen dafür, dass in Disney World die Attraktionen reibungslos funktionieren: Österreichs AI-Experten sind wahre „Hidden Champions“, die auch in Corona-Zeiten nützliche Lösungen bieten. Der brutkasten wirft einen Blick auf Vorzeigeunternehmen aus der Alpenrepublik, die mittlerweile global ihre Lösungen anbieten.

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Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

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