09.12.2023

AI Act: EU einigt sich auf Regulierung für künstliche Intelligenz

Nach 36 Stunden intensiver Verhandlungen erzielten EU-Parlament, EU-Kommission und Mitgliedsstaaten eine Einigung beim AI Act. Die technischen Details der ersten umfassenden Regulierung von künstlicher Intelligenz in der EU müssen aber noch geklärt werden.
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Fahnen der Europäischen Union
Fahnen der Europäischen Union | Foto: Adobe Stock

Sie haben sich ordentlich dahingezogen, die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten. Der vermeintlich letzte Verhandlungstag begann am Mittwoch um 16 Uhr. Nach einer durchverhandelten Nacht wurden die Gespäche aber am frühen Donnerstagnachmittag unterbrochen. Am Freitag in der Früh ging es weiter – und nach einem weiteren Tag mit intensiven Verhandlungen kam man gegen Mitternach schließlich zu einer vorläufigen Einigung.

“Deal”, schrieb Digitalkommissar Thierry Breton um 23.37 Uhr auf der Plattform X (vormals Twitter) und postete dabei eine Grafik, die die EU als einzigen Kontinent mit KI-Regulierung auswies. Die Einigung sei “historisch”, schreib er in einer weiteren Nachricht. Der AI Act sei “viel mehr als ein Regelwerk – er ist eine Startrampe für EU-Startups und Forscher, um das globale KI-Rennen anzuführen.”

Die Verhandler:innen standen schon unter Zeitdruck: Denn im kommenden Jahr stehen Wahlen zum EU-Parlament an. Und ohne Einigung hätte sich ein Beschluss bis in die nächste Legislaturperiode des Parlaments verzögert.

Nun gibt es eine vorläufige politische Einigung, die die Eckpunkte absteckt. Viele technische Details müssen erst noch ausgearbeitet werden. “Es könnte Wochen dauern, um den Text zu konsolidieren”, erwartet der Journalist Luca Bertuzzi, der die Verhandlungen für das Portal Euractiv intensiv verfolgte. Wirksam werden soll der AI Act in rund zwei Jahren, bestimmte Teile der Regulierung sollen bereits früher schlagend werden.

“Foundation Models” wie GPT-4 nicht vom AI Act ausgenommen

Die konkrete Ausgestaltung des AI Acts ist schon länger äußerst umstritten. Kontroverse Punkte gab es dabei einige. In den vergangenen Wochen war etwa der Umgang mit “Foundation Models” ein Streitpunkt. Dabei handelt es sich um KI-Modelle, die die Grundlage für andere Anwendungen liefern, wie etwa die GPT-Modelle von OpenAI. Die Sprachmodelle GPT-3.5 und GPT-4 sind die “Foundation Models” hinter ChatGPT.

Deutschland, Frankreich und Italien hatten hier vorgeschlagen, solche Basismodelle aus dem AI Act auszunehmen. Stattdessen sollte eine Selbstverpflichtung der Anbeiter umgesetzt werden. Das EU-Parlament war strikt dagegen – und setzte sich weitgehend durch. Bestimmte Transparenzvorschriften werden für alle KI-Modelle gelten. Große KI-Modelle, die “systemische Risiken” aufweisen, bekommen zusätzliche Verpflichtungen.

Neue KI-Behörde in Kommission geplant

Für Open-Source-Modelle wiederum sind Ausnahmen vorgesehen: Werden sie nicht als Modelle mit systemtischen Risiko eingestuft, beschränken sich die verpflichtenden Angaben auf Informationen zu Trainingsdaten und Testverfahren.

Zur Regulierung dieser Basismodelle wird innerhalb der Europäischen Kommission eine KI-Behörde etabliert. Grundsätzlich werden KI-Modelle von den zuständigen Behörden auf Ebene der Mitgliedsstaaten überwacht. Diese stimmen sich dazu im Europäischen Ausschuss für künstliche Intelligenz ab.

Der AI Act ermöglicht Strafen von bis 6,5 Prozent des globalen Umsatzes eines Unternehmen oder bis zu 35 Mio. Euro – dies gilt für die schwersten Vergehen bei verbotenen Anwendungsfällen. System- und Modellanbietern können Strafen von 3 Prozent des Umsatzes oder 15 Mio. Euro drohen, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Strafen von 1,5 Prozent des Umsatzes oder 500.000 Euro können fällig werden, wenn falsche Informationen angegeben werden.

Biometrische Identifizierung von Personen nicht vollständig verboten

Intensiv diskutiert wurden auch bestimmte Anwendungsfälle von KI – etwa im Bereich biometrischer Anwendungen. Das EU-Parlament wollte biometrische Identifizierung von Personen im öffentlichen Raum völlig verbieten. Damit konnte es sich nicht durchsetzen. Die biometrische Identifizierung von Personen ist nach dem AI unter bestimmten Voraussetzungen zulässig – und zwar bei der gezielten Suche nach konkreten Personen, wenn es um die Gefahr eines Terroranschlags oder um andere schwere Straftaten geht.

Lange kontroverse Diskussionen über AI Act

Über die konkrete Ausgestaltung des AI Acts war inbesondere in den vegangenen Monaten kontrovers diskutiert worden – auch Startups befürchteten Nachteile. Im Oktober hatte beispielsweise das französische KI-Jungunternehmen Mistral AI gewarnt, dass der AI Act, so wie er geplant sei, den weiteren Betrieb des Startups verunmöglichen könnte (brutkasten berichtete). Der AI Act klassifiziert KI-Anwendungen in unterschiedliche Risikokategorieren – mit denen dann verschiedene Pflichten und Haftungen einhergehen.

Auch ein im Sommer an der Hochschule St. Gallen durchgeführter “Praxis-Stresstest” zum AI lieferte mehrere kritische Punkte (brutkasten berichtete). Bei der von Europarechts-Professor Thomas Burri durchgeführten Challenge wurden reale KI-Anwendungen von Unternehmen, wie der Deutschen Telekom oder Mercedes Benz, auf ihre Kompatibilität mit dem AI Act abgeklopft. “Mit dem AI Act sähen wir Unsicherheit bei genau den Leuten, auf die wir unsere Zukunft bauen wollen”, schlussfolgerte Burri damals.

Die EU beschäftigt sich seit über zwei Jahren mit einem Rahmenwerk für künstliche Intelligenz. Seither hat sich in dem Bereich allerdings auch einiges verändert – man denke nur an das Erscheinen von ChatGTP Ende November 2022, das die Fortschritte bei künstlicher Intelligenz ins Bewusstsein der Öffentlichkeit holte. “Die schnellen Entwicklungen im AI-Bereich haben die Aufgabe nicht leichter gemacht”, sagte der italienische EU-Parlamentarier Brando Benifel bei einem Pressebriefing zum AI Act im Juni, an dem brutkasten teilgenommen hatte.

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Benefits, Home-Office
(c) GrECo - Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits GrECo.

Es herrscht eine Zeit im Arbeitswesen, in der sich sehr viele Personen mit der Zukunft und davon ausgehend mit Benefits von Unternehmen beschäftigen. Dabei steht vor allem die betriebliche Vorsorge hoch im Kurs. Neun von zehn Befragte finden eine Pensionsvorsorge (91 Prozent), eine private Krankenversicherung (90 Prozent) oder steuerfreie Zukunftsleistungen wie lohnsteuerfreie betriebliche Vorsorge (89 Prozent) bei der Jobsuche besonders attraktiv. Das zeigt die aktuelle “Health & Benefits Studie” des Versicherungsunternehmens GrECo, die sowohl die Arbeitnehmer:innen- als auch die Arbeitgeberseite befragt hat.

Benefits: Anforderungen an Jobs steigen

Die unternehmenseigene Befragung unter österreichischen Unternehmen wurde im Juli und August 2024 durchgeführt, um die Sichtweisen und Strategien der Arbeitgeber zu beleuchten. Diese Umfrage richtete sich an heimische Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen “Human Resources” und “Benefits-Management”. Insgesamt nahmen 274 Unternehmensrepräsentant:innen an der Befragung teil. Dabei lag der Fokus auf den geplanten Benefits-Maßnahmen der nächsten zwei Jahre.

“Die Anforderungen an den Job steigen weiter. Viele Arbeitnehmer:innen wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei den alltäglichen Herausforderungen unterstützt. Auch eine zusätzliche Pensions- und Krankenvorsorge, die deutlich über die staatliche Grundversorgung hinausgeht, wird zunehmend geschätzt. Lösungen, die Mitarbeiter:innen auch in Zukunft gut absichern, stehen insgesamt an oberster Stelle der Wunschliste”, erklärt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits bei GrECo.

Für Unternehmen gilt es, sich bewusst zu machen, dass Benefits, die zeitgemäß und besonders relevant für die Lebensqualität der Mitarbeitenden sind, den besten Pull-Faktor darstellen und einen direkten Einfluss auf die Loyalität haben.

Langfristig vs. kurzfristig

Vor allem langfristige Benefits wie Vorsorgelösungen hätten laut der Umfrage für acht von zehn Befragten (83 Prozent) eine höhere Priorität als kurzfristige Vorteile wie Fitnessangebote. Ein Unterschied zeigt sich jedoch bei der Gen Z, deren Fokus auf anderen Herausforderungen wie beispielsweise mentaler Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gerichtet ist.

“Das liegt nicht daran, dass die Gen Z Pensionsvorsorge oder Krankenversicherung nicht schätzt. Untersuchungen zeigen, dass die Gen Z anfälliger für Burnout und Stress ist. Der Mental Health-Aspekt wird somit immer wichtiger, um Fluktuation und geringer Produktivität entgegenzuwirken“, erklärt Schuller. “Es geht hier um ein abgestimmtes Paket, das sowohl Prävention als auch die entsprechende Absicherung im Bedarfsfall sicherstellen kann.”

Bemerkenswert ist, dass trotz aller Bemühungen aktuell 67 Prozent der Unternehmen die Vorteile betrieblicher Vorsorgeleistungen noch nicht ausschöpfen. Dabei bieten steuerfreie Zukunftssicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung und Pensionszusagen gerade die finanzielle Sicherheit, die sich die Mitarbeiter:innen wünschen würden, so die Studie.

Der Jahresbericht der Pensionsversicherung Österreich zeigt, dass ein Viertel der österreichischen Arbeitnehmer:innen (25 Prozent) noch vor dem Ruhestand berufsunfähig sind und nur vier Prozent der Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

“Diese Lücke wird aber nach wie vor auch in der Praxis von nur rund 17 Prozent der Unternehmen abgedeckt. Auch eine “Pensionszusage” bieten nur 27 Prozent an und das, obwohl sie angesichts der steigenden Lebenserwartung ein wichtiges Angebot wäre, um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter sicherzustellen”, liest man im Bericht.

Benefits kein Obstkorb

Im Kampf um die besten Talente steigt der Druck auf die Arbeitgeber, über das Gehalt hinaus ansprechende Sozialleistungen anzubieten. Über ein Drittel (35 Prozent) der heimischen Arbeitnehmer:innen ist sogar bereit, auf zehn Prozent des Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür wichtige Benefits erhalten – in der Gen Z ist es sogar jede:r Zweite (46 Prozent).

Benefits wie Home-Office oder flexible Arbeitszeiten, zählen jedoch nicht dazu. Sie werden viel mehr als selbstverständliche Voraussetzung betrachtet und sind wie der Obstkorb, den nur mehr 24 Prozent als sehr ansprechend bewerten, seit langem kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

“Eine ‚One-size-fits-all-Lösung‘ bei Benefits ist nicht mehr zeitgemäß. Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen erkennen und entsprechend handeln, sind für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser gerüstet und langfristig erfolgreicher”, so Schuller weiter.

Kommunikation mangelhaft

Aufholbedarf gibt es auch in der Kommunikation: Nur 56 Prozent der Mitarbeiter:innen kennen auch alle angebotenen Benefits. Auf Seite der Arbeitgeber gilt es dringend, eine zugängliche Übersicht der angebotenen Benefits zu schaffen und diese laufend zu kommunizieren. Etwa ein Drittel (32 Prozent) der befragten Unternehmen gibt zudem an, keine genaue Kenntnis darüber zu haben, wie viel Prozent der Lohnsumme für Benefits aufgewendet werden.

“Das zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie für bestehende Mitarbeiter:innen dringend verbessern müssen, denn 88 Prozent wünschen sich einen Arbeitgeber, der sich um sie kümmert”, fasst Schuller abschließend zusammen. “Nur wer langfristige Absicherung und moderne Arbeitsmodelle kombiniert, wird im Wettbewerb um die besten Talente bestehen können – erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels.”

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