03.05.2023

Agrobiogel: So schützt sich das Biogranulat-Startup vor Imitaten

Sommer, Sonne, Ernteausfall: Der Sommer steht in den Startlöchern und damit auch die Angst vor Wassermangel und trockenen Böden. Christoph Ertl erklärt, wie das Biogranulat Agrobiogel Dürreschäden vorbeugt und welche Rolle Innovationsschutz in der Globalisierungsstrategie des Startups spielt.
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Das AgriTech Startup hat seinen Produktionsprozess patentieren lassen - mit der Unterstützung der aws. (c) Agrobiogel
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Sommerliche Hitzeperioden bringen nicht nur Freibadbesucher:innen ins Schwitzen, sondern treiben auch Landwirt:innen Schweißperlen auf die Stirn. Denn die Hitze lässt Böden austrocknen, Ernten ausfallen und Landwirt:innen in finanzielle Notlagen schlittern.

Im Jahr 2022 beliefen sich die Dürreschäden in der Landwirtschaft auf 130 Millionen Euro – so Erhebungen der Landwirtschaftskammer Österreich. Noch gravierender war die Dürreperiode im Jahr 2018 mit Schäden in Höhe von 230 Millionen Euro. Seither hat sich der Niederschlag im Osten und Süden Österreichs um 50 Prozent im Vergleich zu den Vorjahres-Sommern verringert.

Gerade die trockensten Regionen Österreichs sind beliebte Wein- und Obstbaugebiete – und genau jene Kulturen reagieren sensibel auf Wasserknappheit. Wirtschaftliche Schäden und finanzielle Einbußen sind bei Fortschreiten des Klimawandels zu erwarten.

Agrobiogel: Das Puzzleteil zur Besserung

Nicht die einzige Lösung für das Dürreproblem, aber ein Puzzleteil zur Besserung liefert das Agri-Tech-Startup Argobiogel: Das BOKU-Spin-Off entwickelt ein zu 100 Prozent biologisch abbaubares und wasserspeicherndes Granulat, das Wasser und Nährstoffe in Agrarböden speichert und der Pflanze je nach Bedarf zur Verfügung stellt. Damit wird die Fruchtbarkeit von Nutzböden gesteigert und Hitzeschäden vorgebeugt.

Ein vergleichbares, gänzlich natürliches und biologisch abbaubares Produkt gibt es am Markt nicht, so Christoph Ertl, Head of Technical Marketing und Sales bei Agrobiogel. Dort, wo Zukunftspotenzial schlummert, steigt auch das Plagiat-Risiko. Um ungewollte Nachahmung also vorzubeugen, setzt Agrobiogel auf Innovationsschutz. Wie das Agri-Tech-Startup Innovationsschutz umsetzt und warum sich Startups davor nicht fürchten sollen, erklärt Ertl im Gespräch mit dem brutkasten.

Einzigartig und doch nicht allein

Soweit bekannt ist Agrobiogel das einzige Produkt seiner Art auf dem Markt: “Es gibt ähnliche Produkte, aber keiner unserer Mitbewerber ist zu 100 Prozent biologisch abbaubar. In allen vergleichbaren Produkten finden sich synthetische Plastikanteile”, sagt Ertl.

Genauso einzigartig wie das Produkt selbst ist auch sein Produktionsprozess. Zum Schutz der Innovation hat sich das Team von Agrobiogel an die Austria Wirtschaftsservice (aws) gewandt: Gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien hat Agrobiogel den Herstellungsprozess schützen lassen: Das Produktionspatent sichert den Prozess vom Rohstoff bis zum fertigen Granulat.

Mit Abfallstoff zur Bodenrettung

CEO und Co-Founder Gibson S. Nyanhongo hat das Startup als BOKU-Spin-Off im Jänner 2021 gegründet. Der Ausgangsstoff von Agrobiogel ist Lignin, ein Nebenprodukt der Zellstoffindustrie, das ursprünglich in Holzzellwänden vorkommt.

“Wir verwenden Lignin aus der Zellstoffindustrie, bereiten es auf und produzieren daraus ein Granulat, das Wasser und Düngemittel speichert und somit Böden und Nutzpflanzen vor dem Austrocknen schützt”, so Christoph Ertl, Marketing & Vertriebsleiter bei der AgroBiogel GmbH.

Agrobiogel ist ein CO2-einsparendes Kreislaufprodukt, erklärt Ertl: “Wir nehmen einen Nebenstrom, verarbeiten ihn und geben ihn an die Natur zurück. Unser Granulat soll vor allem Winzer:innen und Obstbauer:innen bei der Überbrückung der Trockenperioden helfen, ist aber auch für Hobbygärtner:innen geeignet, die ihre Böden vor dem Austrocknen schützen wollen.”

Warum die Scheu vor Innovationsschutz unbegründet ist

“Die Austria Wirtschaftsservice GmbH hat uns sehr geholfen, uns in puncto Patent- und Produktionsschutz zu informieren und die richtige Variante zu wählen”, erzählt Ertl. “Das Produktionspatent für Europa soll im Sommer 2023 erteilt werden. Unser finaler Markenname ist noch in Arbeit und wird zeitgerecht vor dem internationalen Market Launch geschützt.”

“Innovationsschutz ist keine Odyssee. Vor allem bei so einzigartigen Produktionsprozessen wie unserem war es uns wichtig, die Expertenberatung der aws in Anspruch zu nehmen”, erzählt Ertl. Innovationsschutz sieht Ertl als Grundlage zur sicheren Skalierung eines innovativen Geschäftsmodells.

Die aws bietet Startups diverse Förderprogramme zum Thema Innovationsschutz an. Gedeckt werden dabei unter anderem Kosten für die Erlangung neuer Schutzrechte, für externe Beratungsleistungen sowie Personalkosten zum Innovationsschutz-Management.

Darüber hinaus unterstützen aws-Expert:innen Startups bei der Implementierung ihrer individuellen Schutzrechtsstrategie. “Die aws hat uns dabei vor allem bei unseren Patentanträgen geholfen und uns über Markenschutz informiert. Auch weiterführende Zusammenarbeit mit Patentanwälten wurde uns über die aws um Einiges erleichtert”, sagt Ertl.

Globalisierung? Ja, aber lokal produziert.

Mit geschützter Marke und gesichertem Produktionsprozess möchte Agrobiogel in internationale Märkte vordringen. Ein Roll-out ist langfristig für Europa, USA, Kanada und Südafrika geplant: “In Europa fokussieren wir uns zunächst auf Spanien und Italien: Weinbau und Obstkulturen sind dort weit verbreitet, wobei in vielen Regionen mittlerweile chronische Wasserknappheit herrscht”, erklärt Ertl.

“Wir möchten unser Produkt aber nicht nur international verkaufen, sondern auch regional produzieren”, so der AgrarTech-Experte. Um Transportwege kurz zu halten, sollen Zellstofffabriken das Granulat in den Zielmärkten regional herstellen. “Wir wollen Agrobiogel nicht quer über den Globus transportieren, sondern eine lokale Produktion ermöglichen und den Klima-Impact so gering wie möglich halten”, bestätigt Ertl die Vision des Spin-Offs.

Ein Puzzleteil der Klimarevolution

Gänzlich revolutionieren kann Agrobiogel die Landwirtschaft nicht. “Das ist auch nicht unser Ziel”, so Ertl. Viel eher sei Agrobiogel ein Puzzleteil einer ganzheitlichen Strategie, um Pflanzen vor Trockenstress und die Landwirtschaft vor Dürreschäden zu schützen.

“Wenn es uns gelingt, in einzelnen Segmenten einen Lösungsansatz zu entwickeln, mit dem wir Winzern und Landwirten dabei helfen, wirtschaftliche Ausfälle zu reduzieren und Dürrephasen zu überbrücken, dann ist unser Ziel erreicht. Viele kleine Schritte bringen uns dabei auch ein großes Stück voran.”

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(c) Turbulence Solutions

Wer ein Flugzeug besteigt, der kennt sie: Turbulenzen. Kaum etwas kann einem den Flug so unangenehm machen wie das ruckartige Auf und Ab in der Luft. Was für die meisten Passagiere nur ein Ärgernis ist, kann in der Fliegerei schnell zu einem großen Sicherheitsrisiko werden. Genau hier setzt Turbulence Solutions an. Das Wiener Startup rund um Gründer und CEO András Gálffy verfolgt die Vision, Fliegen künftig komfortabler und sicherer zu gestalten – und zwar durch die gezielte Beseitigung von Turbulenzen.

So funktioniert das Turbulence Cancelling System

Die Unternehmensgründung von Turbulence Solutions erfolgte bereits im Jahr 2018, wobei mehrere Jahre Entwicklungszeit im sogenannten Turbulence Cancelling System (TCS) stecken. An der Maschine angebrachte Sensoren gewährleisten ruckelfreie Flüge, indem sie den Luftdruck messen und Turbulenzen erkennen, noch bevor sie auf die Flügel treffen. Herzstück des Systems ist eine Steuerungssoftware, die entsprechende Steuerimpulse für die Gegenturbulenzen berechnet. Die Technologie sorgt dafür, dass die eingebauten Flügelklappen rechtzeitig in die richtige Position gebracht und der Auftrieb erhöht oder verringert wird. “Mit dem derzeitigen Produktniveau können wir ca. 80 Prozent der Turbulenzen unterdrücken“, so Gálffy gegenüber brutkasten.

András Gálffy verfügt selbst über eine Pilotenlizenz | (c) Turbulence Solutions

System von Turbulence Solutions wurde bereits verbaut 

Das Turbulence Cancelling System wurde bereits in erste Flugzeuge des Modells Shark 600 verbaut. Dabei handelt es sich um ein Leichtflugzeug, das Platz für zwei Personen bietet. Dafür werden sogenannte Turbulence-Flaplets auf bestehende Klappen des Flugzeugs montiert. “Der Einbauprozess ist relativ einfach und dauert etwa einen halben bis einen ganzen Tag”, so Gálffy. Hierbei wird die bestehende Klappe des Flugzeugs entfernt und durch eine neue Klappe mit dem Turbulence-Flaplet ersetzt. Der Einbau selbst kann durch den Flugzeughersteller oder spezialisierte Wartungsbetriebe durchgeführt werden, wobei Turbulence Solutions das System-Design und die Steuerungslogik bereitstellen.

Erste Pre-Orders erfolgt

Das erste Halbjahr 2024 war für Turbulence Solutions von entscheidender Bedeutung. Im April 2024 erfolgte der öffentliche Launch auf der Aero Friedrichshafen, einer der wichtigsten Luftfahrtmessen in Europa. “Wir haben jetzt schon zwölf Pre-Orders, die schon bezahlt sind. Sie werden Ende des Jahres eingebaut und zertifiziert”, so der Gründer.

Turbulence Solutions verfolgt eine gezielte B2B-Strategie. Der Vertrieb erfolgt direkt über Partnerschaften mit Flugzeugherstellern und Wartungsbetrieben. Das Unternehmen setzt hierbei auf eine enge Zusammenarbeit mit Herstellern, die das System in neue oder bestehende Flugzeuge integrieren. Ein besonderes Augenmerk liegt derzeit auf dem Markt für Ultralight-Flugzeuge, der bereits jetzt Cashflow-positiv ist. Künftig soll das System aber auch in größeren Flugzeugen, wie Passagierjets, verbaut werden. “Unsere Vision lautet: Make flights turbulence-free. Und das möchten wir für die gesamte Luftfahrtindustrie umsetzen”, so Gálffy. Auch Zukunftsmärkte wie Advanced Air Mobility (AAM, fliegende Taxis) sollen künftig bedient werden.

Zudem ist András Gálffy Projektleiter im TU Wien Space Team | (c) Turbulence Solutions

Finanzierung und Unterstützung durch Austria Wirtschaftsservice

Bislang konnte Turbulence Solutions seine Entwicklung durch öffentliche Förderungen und Business Angels finanzieren. Die Erlöse aus den ersten Verkäufen sollen nun genutzt werden, um in neue Marktsegmente zu expandieren. 

“Von der Idee bis zur Marktreife war es ein langer Weg. Wir mussten nicht nur die Technologie perfektionieren, sondern auch den richtigen Markteintrittspunkt finden. Jetzt sind wir bereit, die Luftfahrt zu verändern“, so Gálffy weiter.

Eine wesentliche Unterstützung erhielt Turbulence Solutions dabei durch die Austria Wirtschaftsservice (aws), insbesondere über das aws Seedfinancing-Programm. Dieses Programm war entscheidend, um die Technologie zur Marktreife zu bringen. Durch das Seedfinancing konnte Turbulence Solutions wichtige Entwicklungsschritte finanzieren, die für den erfolgreichen Markteintritt notwendig waren.

“Die aws hat uns dabei nicht nur finanziell unterstützt. Die Beratung durch das aws-Team war für uns bei etlichen strategischen Entscheidungen sehr wichtig. Speziell in den Bereichen der Geschäftsmodellentwicklung, des geistigen Eigentums und des internationalen Markteintritts konnten wir von der Erfahrung der aws extrem profitieren”, so der Gründer. 

Zukunftspläne von Turbulence Solutions

Die nächsten Schritte für Turbulence Solutions beinhalten die Expansion in den Markt für größere Flugzeuge und fliegende Taxis sowie die weitere Forschung an fortschrittlichen Technologien. Mit der kontinuierlichen Verbesserung ihrer Systeme und dem Fokus auf neue Anwendungen sieht sich das Unternehmen auf einem guten Weg, die Luftfahrtindustrie nachhaltig zu verändern.

“Die Möglichkeiten sind enorm. Wir sehen Turbulence Cancelling als einen sehr wichtigen Beitrag für die Zukunft der Luftfahrt und arbeiten kontinuierlich daran, es für immer größere Flugzeuge und anspruchsvollere Einsatzgebiete zu adaptieren”, so Gálffy abschließend.


*Disclaimer: Das

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