15.09.2023

Atome treffen Bits – über das Verschmelzen der physischen mit der digitalen Welt

Gastbeitrag. Die physische und die digitale Welt wachsen zunehmend zusammen. Dabei gibt es vier Mega-Trends, die in den kommenden Jahren bestimmend sein werden, schreibt Christian Winkelhofer von Accenture Österreich.
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Christian Winkelhofer ist Managing Director Neue Technologien bei Accenture Österreich
Christian Winkelhofer ist Managing Director Neue Technologien bei Accenture Österreich | Foto: Accenture
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Wir leben heute in zwei Welten – in der realen Welt einerseits und auf Social Media, in Apps, im Web, mit unseren diversen Endgeräten in der digitalen Welt…

Diese beiden Welten haben heute Berührungspunkte. In den kommenden Jahren wird sich das verändern: Die digitale Welt verschmilzt mit der physischen Welt. Atome treffen auf Bits und Bytes. Diese Entwicklung wird uns alle betreffen und ein starker Treiber für Wirtschaft und Gesellschaft sein.

In unserer Zukunftsvision, der Tech Vision, blicken wird jedes Jahr in die Zukunft. Das hat wenig mit Glaskugel- oder Kaffeesatz-Lesen zu tun. Wir kennen die Technologien, die bestimmend sein werden. Diese Technologien geben die künftigen Entwicklungen vor. So können wir die Trends ableiten.

Unsere Tech Vision sieht heute vier Trends:

Trend 1: KI tritt in eine neue Ära

Künstliche Intelligenz verschiebt die Möglichkeiten, und die Zahl der Einsatzgebiete erhöht sich permanent. 81 Prozent der Entscheider prüfen heute die Einsatzmöglichkeiten von Generative AI in ihren Unternehmen. Der Einsatz von Generative AI hat schon heute das Potenzial, 7 Prozent mehr globale Wertschöpfung zu erwirtschaften.

Österreichische Unternehmen haben diesen Trend bereits erkannt: Auf die Frage, welche Innovations- und Technologiebereiche für die Vision und langfristige Strategie ihrer Organisation am wichtigsten sind, antworten 99 Prozent mit „KI“.

Trend 2: Digitale Identitäten

In der Zukunft wird es digitale Identitäten für Personen und Dinge geben bzw. geben müssen. Das Internet-Protokoll wurde ohne Identitäts-Layer erstellt. Es werden häufig Kontaktdaten – beispielsweise die Telefonnummer oder die E-Mail-Adresse – genutzt, um sich zu identifizieren. Das wird für die Zukunft nicht ausreichen.

Wir werden eine digitale Identität für Personen und Dinge benötigen. Die Verbreitung einer digitalen Identität für Personen und Dinge steht heute erst am Anfang. Wir müssen zuerst hinterfragen, welche Funktion eine derartige Identität überhaupt erfüllen muss.

Trend 3: Daten & Transparenz

Die Nutzung von „meinen, deinen und unseren Daten“ braucht zunehmend Transparenz. Diese Transparenz schafft wiederum Vertrauen für die Datennutzung. Der Bedarf an Transparenz und Datenaustausch über Interessengruppen eines Unternehmens hinweg wird immer weiter wachsen.

In Österreich haben Daten in den letzten Jahren überdurchschnittlich an Bedeutung gewonnen. Dies könnte aber auch daran liegen, dass Österreich starken Aufholbedarf hatte. Es gilt für unsere Unternehmen, die Entwicklung aktiv mitzugestalten und die Chancen dieses neuen Daten-Ökosystems zu nutzen.

Trend 4: Beschleunigung der Wissenschaft

Die Nutzung von KI und neuen Technologien bedeutet eine Revolution in der Wissenschaftsentwicklung. Wissenschaft und Technologie haben sich immer schon gegenseitig beeinflusst. Die Revolution im Zusammenspiel von Wissenschaft und Technologie wird Fortschritte für Mensch, Unternehmen und die Welt als Ganzes mit sich bringen. In herausfordernden Zeiten sind dieser Fortschritt und verkürzte Innovationszyklen entscheidend. Um das Potenzial auszuschöpfen, sind zielgerichtete Investitionen gefragt.

Wenn die physische und die digitale Welt zu einer neuen Realität konvergieren, stehen wir vor großen Herausforderungen. Wir brauchen Strategien, um die Verschmelzung zu begleiten und zu gestalten. Künstliche Intelligenz benötigt sowohl eine entsprechende Architektur als auch Integrationen.

Wir müssen und können heute das künftige Zusammenspiel von Mensch und Maschine definieren. Für diese Entwicklung muss Transparenz geschaffen und das entsprechende Vertrauen aufgebaut werden. Dieses Vertrauen kann als Wettbewerbsvorteil klug eingesetzt werden.


Über den Autor

Christian Winkelhofer ist Managing Director Neue Technologien bei Accenture Österreich. Er hat Wirtschaftsinformation an der JKU Linz sowie der Oxford Brooks University studiert. Darüber hinaus hält er einen Executive MBA der WU Wien / University of Minnesota. Zudem studierte Herr Winkelhofer Disruptiv Strategy an der HBX Harvard Business School. Seine Vita prägen mehr als 20 Jahre Berufserfahrung, vom Einzelunternehmer bis in die Geschäftsführung großer Beratungskonzerne.


Video: Christian Winkelhofer über die Accenture Tech Vision 2023

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Lisa-Marie Schiffner gründet eigenes Tech-Startup Lmwy. (c) Lmwy

Über vier Millionen Menschen folgen ihr auf Social Media, sie wurde in die “Forbes 30 under 30” aufgenommen und gründete mit Anfang 20 ihr eigenes Startup. Die Rede ist von Lisa-Marie Schiffner: Sie gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten in Österreichs Social-Media-Landschaft. Die heute 23-Jährige startete 2013 ihre Reise als Content Creatorin und zählt mittlerweile zu den erfolgreichsten des Landes. Mit ihrer Leidenschaft für Fotografie und Videografie begeistert sie seit rund elf Jahren ihre Community, die insgesamt auf über vier Millionen Follower:innen angewachsen ist.

Was viele nicht wissen: Schon lange vor ihrem Social-Media-Erfolg verfolgte Schiffner den Traum, eine eigene App zu entwickeln. Ende letzten Jahres setzte sie diese Vision in die Realität um und gründete das Tech-Startup Lmwy. Kurz darauf brachte sie ihre Editing-App auf den Markt. Die Idee entstand aus ihrer Frustration, ständig mehrere Apps für die Bildbearbeitung nutzen zu müssen. Ihre Lösung: eine einzige App, die all die Anforderungen und Bedürfnisse eines Content Creators erfüllen soll.

Lmwy als “All-in-One”-Creator-App

Nach fünf Jahren Optimierungszeit war es dieses Jahr endlich so weit: Am 15. April launchte Schiffner ihre Lmwy-App. Die Plattform positioniert sich als die erste „All-in-One“-Creator-App, die laut Produktversprechen sämtliche Werkzeuge für die Content-Produktion in einer Anwendung vereint. Dazu gehören ein Bildbearbeitungstool mit Vorlagen und Filtern sowie ein Video-Tool, das als mobiles Schnittprogramm fungiert. Mit diesen Funktionen soll Lmwy alle notwendigen Features an einem Ort bündeln und das laut Schiffner zu einem vergleichsweise günstigen Preis.

Gegenüber brutkasten betont Schiffner: „Damals musste ich mir alles selbst beibringen und das Problem war, ich musste mir alles zusammen suchen. Ich möchte anderen die Möglichkeit geben, an einem einzigen Ort kreieren zu können – und das nicht nur für professionelle Creator, sondern für alle, die einfach Lust darauf haben”.

Eine weitere Besonderheit der App ist das integrierte Community-Forum, das als Plattform für Austausch und Unterstützung dienen soll. Dort teilt Schiffner ihre Erfahrungen und Tipps als erfolgreiche Content Creatorin. Nutzer:innen erhalten Tutorials zu den neuesten Content-Trends und Inspiration für eigene Projekte. Außerdem verriet Schiffner im Interview, dass bereits die ersten Community-Events in Planung seien. Diese sollen die Möglichkeit bieten, sich persönlich zu vernetzen und gemeinsam Ideen rund um Content Creation auszutauschen.

50.000 iOS-Downloads in einem halben Jahr

Das Unternehmen Lmwy wurde von Beginn an durch Schiffners Personal Brand finanziert. Sie berichtet, dass sie während der Entwicklungsphase „immer wieder viel an der Personal Brand arbeiten musste, um das Startup überhaupt hochziehen zu können”. Die Einnahmen stammen aus den Abonnements der App sowie einem eigenen Online-Shop, bei dem ein speziell für die Content-Produktion entwickelter Kalender angeboten wird. Nach eigenen Angaben verzeichnete die App im ersten Halbjahr bereits 50.000 iOS-Downloads und erzielte einen Umsatz von über 100.000 Euro.

Um die Vision zu verwirklichen, holte sie zwei App-Entwickler ins Team – jeweils für iOS und Google Play. Abgesehen davon sei Lmwy aus einer reinen „One-Woman-Show“ entstanden, wie sie im Interview erklärt. Bis heute übernimmt Schiffner einen Großteil der Aufgaben selbst: von Designentscheidungen bis hin zum Marketing. Zusätzlich greift sie bei Bedarf auf die Unterstützung von Freelancer:innen im Grafikbereich zurück.

Schiffner über Lmwy: “Ich bin auf viel Ablehnung gestoßen”

Der Arbeitsaufwand, besonders in der Anfangsphase, sei zwar oft überwältigend gewesen, doch ihre Vision und ihr Durchhaltevermögen hätten überwogen, erzählt Schiffner im Interview. „Ich habe mir einen Bereich ausgesucht, der mich challenged. Nach elf Jahren als Creator habe ich für mich eine neue Herausforderung gebraucht. Es fühlt sich gerade an wie damals am Anfang von meiner Social Media Karriere, wo sich alles so schwer angefühlt hat. Aber ich habe Bock drauf, ich will dazu lernen und mich weiterentwickeln“.

Schiffner begann ihre Social Media-Karriere zwar rein aus Leidenschaft für die Fotografie, erkannte jedoch bald das enorme Potenzial, das die Plattformen im Bereich Marketing bieten. Dennoch stößt sie des Öfteren auf die Skepsis, die ihrem Berufsfeld entgegengebracht wird. Im Interview erzählt sie: „Ich bin auf viel Ablehnung gestoßen, weil meine App halt darauf ausgerichtet ist, mit Social Media zu interagieren. Dann präsentierst du das eingesessenen Business-Menschen, meistens Männern, die dann letztendlich erstens dich für zu jung empfinden und zweitens dann die Idee scheiße finden, was auch völlig in Ordnung ist”.

Als Frau erlebte sie zusätzlich, dass ihr oft weniger zugetraut wird. „Es ist eine Zusatz-Challenge“, sagt Schiffner, „es gibt immer noch sehr viele Vorurteile, dass eine Frau nicht fähig ist, ein Team zu führen oder irgendwie krass Karriere zu machen“. Anstatt dass Schiffner sich davon demotivieren lässt, lernte sie, an der Kritik und ihren Fehlern zu wachsen. „Ich ecke gerne an, ganz ehrlich. Mittlerweile finde ich es sogar lustig”.

Schiffner mache “Business mit Herz”

Die Lmwy-App ist mit ihren sechs Monaten noch in einer frühen Entwicklungsphase und befindet sich weiterhin in der Optimierung. Für das Team bedeute das Learning by Doing, da die technischen Herausforderungen einer Bildbearbeitungsapp laut Schiffner sehr komplex seien. In Zukunft plant sie, verstärkt auf Fotomanipulation durch Künstliche Intelligenz zu setzen und den Community-Bereich der App weiter auszubauen.

Langfristig schließt Schiffner die Gründung eines weiteren Unternehmens aus. Ihr Terminkalender lasse dafür neben Lmwy und ihrer Personal Brand keinen Raum. Außerdem sei sie sehr familiengebunden und will zukünftig in “Richtung Family gehen und auch eine andere Seite des Erfolgs, den im Personal Life, dann auch genießen”, sagt die 23-jährige Steierin. „Also ich muss nicht mehr die Welt zerreißen. Ich habe voll Bock auf das, was ich gerade mache und ich bin da mit Herz und Seele dabei, aber ich bin nicht verkrampft darin”. Schiffner mache “Business mit Herz und nicht nur aus Geldgründen. Das ist der Grund, weshalb das [Startup] so erfolgreich werden kann, genauso wie die Personal Brand”.


Aus dem Archiv: Lisa Marie Schiffner bei brutkasten Spotlight (März 2023):

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