07.06.2022

4-Tage-Woche-Test mit 3000 Personen

Im Vereinigten Königreich startet der weltweit bislang größte 4-Tage-Woche-Test mit 70 Unternehmen, der ein halbes Jahr lang dauert.
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Der bislang größte 4-Tage-Woche-Test startet im Vereinigten Königreich
Der bislang größte 4-Tage-Woche-Test startet im Vereinigten Königreich | (c) Adobe Stock - Nuthawut

Die 4-Tage-Woche wird aktuell zum immer größeren Thema. Der brutkasten berichtete erst vergangene Woche von der Einführung durch das oberösterreichische Scaleup Tractive für alle 170 Mitarbeiter:innen. Während beim Unternehmen aus Pasching die Umstellung bereits als Dauerlösung fixiert ist, wird andernorts erst einmal getestet, dafür in einer bislang nicht dagewesenen Dimension. An einem 4-Tage-Woche-Test im Vereinigten Königreich, der heute startet und ein halbes Jahr lang dauert, beteiligen sich 70 Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeiter:innen.

Oxford, Cambridge und Boston College als Forschungspartner

Organisiert wird der Test von der Initiative 4 Day Week Global und ihrer britischen Teilorganisation. Forschungsseitig sind die Elite-Unis Oxford und Cambridge sowie das Boston College an Bord. Sie können nun die Auswirkungen in sehr unterschiedlichen Settings untersuchen. Denn es nehmen Firmen aus vielen verschiedenen Branchen teil, etwa Bildung, Banking, Pflege, IT, Immobilien, Autozulieferer, Online-Handel oder Gastronomie und Hotellerie.

Konkret untersucht werden im Rahmen des Tests die Auswirkungen auf die Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen und die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gleichstellung der Geschlechter. “Wir werden analysieren, wie die Arbeitnehmer:innen auf einen zusätzlichen freien Tag reagieren, und zwar in Bezug auf Stress und Burnout, Arbeits- und Lebenszufriedenheit, Gesundheit, Schlaf, Energieverbrauch, Reisen und viele andere Aspekte des Lebens”, erklärt Juliet Schor, Professorin für Soziologie am Boston College in einem Bloomberg-Artikel.

4-Tage-Woche-Test mit “Commitment, zumindest 100 Prozent Produktivität aufrechtzuerhalten”

Anders als bei Tractive, wo die Normalarbeitszeit von 38,5 auf 35 Stunden reduziert wurde, erfolgt bei den teilnehmenden Unternehmen im 4-Tage-Woche-Test im Vereinigten Königreich eine Reduktion der Arbeitszeit um ganze 20 Prozent bei weiterhin vollem Gehalt. Dabei besteht jedoch das “Commitment, zumindest 100 Prozent Produktivität aufrechtzuerhalten”.

“Mit dem Ende der Pandemie erkennen immer mehr Unternehmen, dass die neue Front im Wettbewerb die Lebensqualität ist, und dass die Arbeitszeitverkürzung und der Fokus auf den tatsächlich erbrachten Output das Mittel sind, das ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschafft”, kommentiert 4 Day Week Global CEO Joe O’Connor ebenfalls gegenüber Bloomberg. Ed Siegel, CEO der am Test teilnehmenden Charity Bank bestätigt das: “Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Vier-Tage-Woche bei unveränderten Gehalts- und Sozialleistungen zu einer zufriedeneren Belegschaft führt und sich gleichermaßen positiv auf die Produktivität des Unternehmens, die Customer Experience und unseren sozialen Auftrag auswirken wird”.

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Die Geschäftsführer der cycoders GmbH: CTO – DI (FH) Martin Guess, CEO – Thomas Mörth Bildrechte: cycoders GmbH
(c) cycoders GmbH - Die Geschäftsführer von cycoders Martin Guess und CEO Thomas Mörth.

Getuschel. Hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, Gespräche erst fortgesetzt, wenn die Führungskraft außer Hörweite ist. Man mutmaßt, man nimmt an. Man glaubt, dass die Firma Probleme hat und sich womöglich von Leuten trennen muss. Die Sorge wächst und man fürchtet, dass es einen treffen könnte. Und an die Arbeit zu denken, ist mit einem solchen Gefühl nur schwer möglich. So ähnlich geht es zu Krisenzeiten in Unternehmen zu, weiß Lolyo Co-Founder und CEO Thomas Mörth, der auch gemeinsam mit Martin Guess Geschäftsführer von cycoders ist. Er möchte mit seiner App Ängste von Mitarbeiter:innen lindern.

Lolyo mit direktem Draht

Die Idee dazu kam ihm vor ein paar Jahren, als er in seiner Werbeagentur kundenseitig den Wunsch verspürte, eine verbesserte digitale und interne Kommunikation zu entwickeln. “Es gab am Markt bereits einige Lösungen, aber die waren zu teuer oder zu kompliziert”, erzählt er. “Also haben wir entschieden, das wir uns der Sache annehmen.”

Heraus kam Lolyo, eine Mitarbeiter:innen-Mitmach-App als Kommunikationstool, das man aufs eigene Smartphone laden kann und so direkten Zugang zum Führungsteam erhält.

“Wenn man Mitarbeiter binden möchte, mitteilen, was man alles tut, dann war das bisher mit klassischen Kanälen schwierig”, so Mörth weiter. “So ein Tool ist heutzutage jedoch unverzichtbar und funktioniert nicht bloß einseitig, sondern auch umgekehrt. Es ist ein direkter Draht zur Unternehmensführung.”

Das Zeitalter der Verunsicherung

Gerade jetzt, wo Unternehmen Personal abbauen müssen oder zumindest die Gefahr dazu groß sei, herrsche in der Regel große Verunsicherung, weiß der Founder. “Das schlägt sich negativ in der Produktivität nieder, denn ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten.”

Die Folgen dieser negativen Gefühle können für alle Seiten verheerend sein: Die Arbeitsmoral verschlechtert sich und eine sinkende Produktivität, erhöhter Stress und Burnout-Gefahr schleichen sich ein und lähmen den täglichen Betrieb.

Mit den psychischen Folgen für die verbleibenden Mitarbeiter:innen hat sich Alexander Ahammer mit seinem Team vom VWL-Institut der Johannes Kepler Universität Linz in einer Studie beschäftigt. Eine der Erkenntnisse: Innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Jahren nach dem Personalabbau der untersuchten Firmen erfolgten 6,8 Prozent mehr Medikamentenverschreibungen sowie 12,4 Prozent mehr Krankenhaustage, erwähnte der Ökonom 2022 in einem APA-Gespräch. Dass diese Ängste Arbeitgeber:innen viel Geld kosten können, wurde auch in einer Studie der FH Köln aus dem Jahr 2000 belegt, wie Mörth erwähnt. “Diese Angst kann man aber mit den richtigen Instrumenten wegnehmen.”

Lolyo als mobiles Intranet

Lolyo ist im Detail ein mobiles Intranet, das Mitarbeitende miteinander vernetzt. Die drei primären Kanäle – News, Pinnwand und Chat – sollen dabei einen optimalen Informationsfluss garantieren. Zudem enthält die App eine Vielzahl an Features, die das Engagement erhöhen und interne formelle Abläufe wesentlich vereinfachen soll. Im Idealfall soll sie für alle Mitarbeitenden den Zugang zu allen digitalen Services des Unternehmens anbieten.

Insgesamt gibt es 30 verschiedene Features, die von Terminen, Formularen, Umfragen über automatische Übersetzung bis hin zum Start eines eigenen Podcast-Kanals verschiedene Angebote parat halten. Der Mitmach-Booster von Lolyo ist zudem als Anreiz gedacht, aktiv zu bleiben. Wenn man sich Nachrichten durchliest, liked oder kommentiert, erhält man Punkte, die dann in einem vom Unternehmen aufgesetzten “Goodies Store” eingelöst werden können. “Das ist unser USP”, sagt Mörth. “Wir haben diese Art von ‘Gamification’ von Anfang an integriert.”

300 Kunden

Seit dem Beginn im Jahre 2018 konnte Lolyo 300 Kunden (Anm.: darunter Liebherr, Efco, Recheis, Wutscher Optik) aus 15 Ländern für sich gewinnen. “Corona war für uns ein glücklicher Fall, denn die Unternehmen mussten umdenken”, erinnert sich Mörth. “Der Bedarf nach guter Kommunikation hat sich ja damals plötzlich erhöht.”

Auch die Mundpropaganda war für das 16-Personen starke Team wesentlich. “Wir sind ein kleines Unternehmen und nicht investorengetrieben”, erklärt der Founder. “Und haben keine Millionen an Marketing-Budget. Der Erfolg kam über unsere ‘Word of Mouth-Taktik’. Damit konnten wir bisher unseren Umsatz jährlich verdoppeln.”

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