30.08.2023

38 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer haben Angst vor Jobverlust durch KI

Das zeigen Umfrageergebnisse von Deloitte. 61 Prozent befürworten eine Mischung aus Tradition und Moderne, ein Viertel will keine Änderung.
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KI am Arbeitsplatz wird immer präsenter. (c) Adobe Stock

38 Prozent der Arbeitnehmer haben Angst vor KI – und damit einhergehend Angst vor einem Jobverlust. Das zeigen die Ergebnisse der jüngsten Deloitte-Studie, die 510 Arbeitnehmende online zur Digitalisierung am Arbeitsmarkt in Österreich befragte.

Das breite Credo der Umfrageergebnisse: Digitalisierung ist gut, aber bitte nicht zu viel. Und Angst haben wir auch ein bisschen. Wovor die österreichische Arbeitnehmerschaft Angst hat und was sich in den nächsten drei Jahren schon verändern kann, gibt es hier im Überblick.

Optimismus mit einem Hauch von Zweifel

Ganze 61 Prozent der befragten Arbeitnehmenden sind dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz am Arbeitsplatz gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt. Sie befürworten eine “ausgewogene Mischung” aus menschlicher Interaktion und technologischer Unterstützung, so die Ergebnisse der jüngsten Deloitte-Studie.

Nur 13 Prozent begrüßen eine verstärkte Automatisierung: Sie erhoffen sich effizientes Arbeiten. Einem Viertel ist der Digitalisierungsprozess jedoch suspekt: Tradition wird bevorzugt, Digitalisierung als unsicher abgestempelt.

38 Prozent bangen um Job

87 Prozent der hiesigen Arbeitnehmer:innen nehmen gemäß der Studie eine Zunahme an Investitionen in neue Technologien und Infrastruktur wahr. 81 Prozent merken bereits, dass sich Arbeitsabläufe und -strukturen dadurch maßgeblich ändern.

Bei 16 Prozent der befragten Arbeitnehmenden wird Künstliche Intelligenz schon zumindest zeitweise im Unternehmen eingesetzt – und das vor allem bei repetitiven und automatisierten Aufgaben (49 Prozent) sowie bei datenbasierten Entscheidungen (34 Prozent).

Trotz der vermeintlichen Arbeitserleichterung und Effizienzsteigerung haben gut 38 Prozent der Befragten Digitalisierungszweifel, Ängste vor Jobverlust und Respekt vor fehlenden Kompetenzen im Umgang mit neuen Tools.

CEOs, leistet Aufklärungsarbeit!

Trotz aller Zweifel weiß man mittlerweile: Bei effizienter Allokation kann Künstliche Intelligenz Arbeitskräfte entlasten, neue Arbeitsmodelle und -plätze schaffen und durchaus neue Türen für moderne Arbeitsweisen – beyond 9to5 – öffnen. Damit die digitale Transformation aber gelingt, braucht es vor allem eines: Aufklärungsarbeit vonseiten der Chefetagen.

Dafür plädiert auch Anna Nowshad, Partnerin bei Deloitte Österreich: “Um dieser Skepsis entgegenzuwirken, ist eine bewusste und aktive Auseinandersetzung mit dem Thema sowie die verantwortungsvolle Entwicklung und Implementierung von KI das Um und Auf.” In diesem Sinne sollten Unternehmen die digitalen Kompetenzen ihrer Belegschaft gezielt ausbauen und fördern: “Das interne Know-how wird künftig einen zentralen Grundstein für den weiteren Geschäftserfolg bilden”, sagt die Deloitte-Expertin.

Programmieren, Datenanalyse & Co.: Diese Kompetenzen sind besonders gefragt

Im Zuge der Umfrage skizziert Deloitte weiters, wie der digitale Job- und Arbeitsmarkt der Zukunft aussehen könnte – mit dem Keyword “Digital” als Zugpferd: Anforderungen an Arbeitnehmende werden sich zentral verändern, so die Einschätzung des Beratungsunternehmens.

Besonders gefragt sind vor allem digital-technische Kenntnisse rund um Programmierleistungen und Datenanalysen. Deloitte kategorisiert jene sogar als “unbedingt notwendig”. Auch kritisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten sowie Skills in puncto Kommunikation und Zusammenarbeit sind auch zukünftig weiter von Vorteil.

Markante Veränderung in den nächsten drei Jahren erwartet

Digitale Veränderungen sind in der österreichischen Arbeitnehmerschaft zwar (noch) nicht gänzlich willkommen, das Eintreten und Ausmaß ihrer Folgen ist knapp der Hälfte hiesiger Arbeitnehmer:innen aber bereits bewusst. Knapp 50 Prozent der befragten rechnen schon in den nächsten drei Jahren mit markanten Jobveränderungen.

Nowshad von Deloitte sagt dazu: “Um die digitale Transformation bestmöglich zu meistern, gilt es, Arbeit proaktiv neu zu gestalten. Nur so kann das Beste aus menschlichen Potenzialen und den neuen Technologien herausgeholt werden – und gleichzeitig ein echter Mehrwert für Unternehmen und Mitarbeitende entstehen.”

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Schon Jahre vor dem aktuellen KI-Hype konnte das Wiener Scaleup Anyline mit seiner Bilderfassungs-Lösung via Smartphone große Erfolge erzielen. In den Jahren 2016 bis 2021 kam das Unternehmen auf ein Wachstum von durchschnittlich 200 Prozent pro Jahr. Platzierte man die Lösung zunächst in unterschiedlichsten Branchen, wurden die Autoindustrie und im Speziellen das Erfassen von Daten zu Autoreifen immer mehr zum Fokus.

“Als wir uns entschieden haben, uns auf weniger Branchen zu konzentrieren, wurde klar, dass wir die neue Ausrichtung so schnell wie möglich im Team verfestigen mussten”, erzählt Co-Founder und CEO Lukas Kinigadner. Wie viele Wachstumsunternehmen setzte auch Anyline daraufhin auf OKRs (Objectives and Key Results), um Strategie, Ziele und Organisation zu strukturieren.

OKRs “zu strukturiert für ein Scaleup”

Doch erfolgreich war die Einführung der Methode im Rückblick nicht, wie Natasha Sotomayor, Head of Growth Strategy, erklärt: “OKRs waren dazu gedacht, uns zu verbinden, aber sie haben einfach nicht funktioniert. Sie waren zu strukturiert für ein Scaleup. Für mich waren OKRs zu starr und zu sehr top-down ausgerichtet. Und sie haben sich nicht gut mit den übergeordneten Zielen verbunden.”

Fehlendes “why”

Auch mit anderen Methoden wie “North Star” sei das “why” nicht ausreichend bei den Mitarbeiter:innen angekommen und es nicht gelungen, die Motivation zu steigern. “In einem Startup oder Scaleup sind die Dinge immer in Bewegung. Man lernt ständig dazu. Deshalb ist es wichtig, dass man als Mitarbeiter:in versteht: Worauf arbeite ich hin?”, so Sotomayor.

Umstieg auf AOA bei Anyline

Seit einiger Zeit nutzt Anyline mit Art of Acceleration (AOA) von GrowthSquare (brutkasten berichtete bereits) eine neue Methode. Davon versprach man sich eine schnelle und klare Kommunikation von Zielen und Erwartungen, einen flexiblen Bottom-up-Ansatz und einen Fokus auf den Weg selbst, nicht nur auf die Endergebnisse. “Wir brauchten einen schnellen Weg, um Zielsetzungen, Erwartungen und Grenzen zu kommunizieren, um den Mitarbeiter:innen von Anyline Kontext und Ziele zu geben”, sagt CEO Kinigadner. Einer der zentralen Vorteile der AOA-Methode sei, dass sie schnell Orientierung gebe, wo das Unternehmen gerade steht und welche Überzeugungen darin herrschen.

“Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt”

Doch natürlich wurde – nach mehreren gescheiterten Versuchen mit anderen Methoden – auch AOA von den Anyline-Mitarbeiter:innen nicht einfach mit offenen Armen empfangen. “Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt. Als Führungskraft war für mich klar: ‘Wenn sie mich nicht hassen, dann bin ich schon auf dem richtigen Weg'”, sagt Kinigadner. Vor allem auch seitens des Management-Teams habe es ein klares Commitment zur neuen Methode und die Bereitschaft, selbst Hand anzulegen, gebraucht.

Canvas, Retros und vierteljährliche Workshops

Generell setzt die AOA-Methode auf einen Bottom-up-Ansatz, legt einen Fokus auf das “why” und den Prozess auf dem Weg zum Ziel und soll eine größere Flexibilität im Vergleich zu anderen Methoden wie OKRs bieten. Konkret umgesetzt wird das unter anderem mit dem sogenannten “AOA Canvas” in den zwei Formaten “Company” und “Team”, wo Insights zum Status Quo, zu Überzeugungen, Herausforderungen, Vision, Zielen und einigem mehr geboten werden. Damit sollen Mitarbeiter:innen die Ziele im Auge behalten, während sie gleichzeitig viel Selbstbestimmung am Weg dorthin haben.

Monatlich gibt es “Retros” und quartalsmäßig Workshops, in denen die Teams über das Zurückliegende reflektieren und gemeinsam das weitere Vorgehen definieren. “Die Teams schätzen es sehr, wenn sie die Möglichkeit haben, zu reflektieren, einen Schritt zurückzutreten, ein wenig kreativ zu sein und darüber nachzudenken, was sie als Team in diesem Quartal erreichen möchte. Wenn man immer nur umsetzt, geht im Bereich Ideen nichts weiter”, meint Natasha Sotomayor. In diesen Diskussionen spielen Hierarchien keine Rolle, wodurch die Kommunikation zwischen Führungsebene und Mitarbeiter:innen an vorderster Front verbessert werden soll.

Hohe Zufriedenheit im Anyline-Team

Und was kam dabei bislang heraus? Nach drei Quartalen mit monatlichen Retros und vierteljährlichen Workshops gaben jeweils mehr als 80 Prozent der Anyline-Mitarbeiter:innen in einer internen Befragung an, dass sie die Zeit zur Reflexion schätzten, sich in ihren Teams wohlfühlten, ihre Stimme gehört wurde und sie wussten, worauf das Unternehmen hinarbeitete. “Sagen wir mal, von den 22 Teams sind 20 begeistert und die anderen beiden mögen es. Wohingegen ich glaube, dass im Großen und Ganzen niemand die OKRs mochte”, so Sotomayor.

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