19.04.2022

“2 Minuten 2 Millionen”: vly erhält 1,5 Millionen Euro für zwei Prozent

In dieser Folge von "2 Minuten 2 Millionen" ging es um digitale Visitenkarten, Rätselreisen durch Städte und einen Liegestütz-Supporter. Außerdem konnte ein Unternehmen mit seiner Anti-Fake-News-Software überzeugen, während ein Milch-Alternativ-Startup einen Mega-Deal erhielt.
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(c) Puls 4/Gerry Frank - Am Ende ließen sich die vly-Gründer zu einem Deal überreden.
kooperation

Die ersten bei “2 Minuten 2 Millionen” waren Romana Dorfer und Silja Kempinger. Sie haben mit Factinsect einen KI-basierten automatisierten Fakten-Check entwickelt, der helfen soll, die Glaubwürdigkeit einer Information einzuschätzen. Mastermind der App ist die Software-Entwicklerin und Expertin für Künstliche Intelligenz Dorfer; Kempinger bringt als Co-Founderin ihre Expertise in den Bereichen Medienkompetenz und Fake News als auch Marketing ins Unternehmen ein.

Factinsect-Software klassifiziert Aussagen

Einmal installiert, gleicht das Tool – schon während User Beiträge im Internet lesen – Textinhalte mit ausgewählten Qualitäts-Quellen ab. Man sieht ein kleines Feld neben der Adresszeile im Browser, das man während dem Lesen von Nachrichten anklicken kann. Ein paar Sekunden später erhält man ein Ergebnis: Grün gefärbte Bereiche stehen für bestätigte Informationen oder gesichertes Wissen. Orange bedeutet, dass die Informationen widersprüchlich oder nicht bestätigt ist.

„Die Software sucht nach ähnlichen Aussagen im ‚Crawler und klassifiziert sie“, erklärte Dorfer dem brutkasten bereits im November 2021. „Wir ziehen für den Vergleich Medien heran, die dem Ehrenkodex des Presserats folgen.” Die Forderung: 180.000 Euro für zwölf Prozent Beteiligung.

Factinsect, 2 Minuten 2 Millionen
(c) Puls 4/Gerry Frank – Romana Dorfer (li.) und Silja Kempinger vom Fake-News-Check Factinsect.

Nach einer gelungenen Demonstration im Studio schaltete sich Martin Rohla per “Green Screen” zu und verteilte das Sustainability-Ticket von Goodshares. Dieses beinhaltet eine Beratung durch den Investor, TV-Präsenz sowie 5.000 Euro der fair-finance.

Anschließend stiegen vier Investoren aus unterschiedlichsten Gründen aus, doch Hans Peter Haselsteiner bot als letzte Hoffnung überraschend 100.000 Euro für 15 Prozent. Unter der Voraussetzung, dass “seine Leute” die Software der Gründerinnen genau unter die Lupe nehmen. Deal für Factinsect.

CityRiddler bei “2 Minuten 2 Millionen”

Die zweiten bei “2 Minuten 2 Millionen” waren Tanja Zigart, Lukas Baronyai und Deivis Shomo. Sie haben mit CityRiddler eine App entwickelt, die die klassische Städtereise mit Rätselraten kombiniert. So sollen nicht nur neue, versteckte oder auch bekannte Orte erkundet, sondern zugleich durch interaktive Rätsel interessante Informationen ergattert werden.

Die Touren dauern mindestens 30 Minuten und können auf bis zu vier Stunden ausgeweitet werden. Die App ist im App Store für Android und iOS verfügbar. Momentan wird CityRiddler in Wien angeboten; Berlin ist in Vorbereitung und soll bald folgen. Die Forderung: 250.000 Euro für 15 Prozent.

CityRiddler
(c) Puls 4/Gerry Frank – Das CityRiddler-Team verbindet Sightseeing mit Rätseln.

Nach dem Pitch ging es um die Bewertung. Winzer Leo Hillinger und Philipp Maderthaner zeigten sich über die Forderung des “early stage”-Startups “veräppelt” (Zitat Hillinger), gaben aber nach der ersten Aufregung zu, dass es sich bei CityRiddler um eine gute Idee handelt, die funktionieren könnte. Zuerst müsse das Startup jedoch beweisen, dass es eine Anziehungskraft habe.

Felix Ohswald erklärte daraufhin, dass, wenn sich ein digitales Geschäftsmodell als erfolgreich erweise, es auch sehr schnell hoch skalierbar wäre. Da sei eine hohe Bewertung auch gerechtfertigt. Allerdings zweifelte er in diesem Fall daran, dass Kunden bereit wären, fünf bis zehn Euro für die Idee der Gründer zu bezahlen. Da müsste man noch mehr “ins Testing” gehen. Kein Deal für CityRiddler.

Vly als Milch-Alternative

Die nächsten bei “2 Minuten 2 Millionen” waren Nicolas Hartmann, ehemaliger Leistungssportler sowie Ernährungsberater für vegane Profisportler und der Grazer Jurist Niklas Katter. Ihr Unternehmen vly stellt „Milch“ aus Erbsen her. Punkten möchte das Startup unter anderem bei Sportlern mit seinem besonders hohen Protein-Anteil.

Dieser sei deutlich höher als bei Kuhmilch und bei gängigen Milch-Alternativen, gleichzeitig enthalte vly aber im Gegensatz zu Milch und den meisten Ersatzprodukten kein Zucker. Auch in Sachen Mineralstoffe und Vitamine übertreffe man die anderen Produkte. Eine zweite Produktlinie, ein Kakaodrink, wurde bereits entwickelt.

In Deutschland kann die Milch-Alternative auf einen Umsatz von sechs Millionen Euro zurückblicken. Für die Eroberung des österreichischen Marktes forderten die Founder: 500.000 Euro für 2,5 Prozent.

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(c) Puls 4/Gerry Frank – Niklas Katter (li.) und Nicolas Hartmann bekamen ein Angebot, das sie nicht ausschlagen konnten.

Nach dem Pitch und einer kurzen Fragerunde meldete sich Daniel Zech von Seven Ventures. Er bot für die 2,5 Prozent Anteile 1.000.000 Euro TV-Werbung. Der Rest der Jury stieg allerdings, dafür mit großem Lob, aus. Teilweise aufgrund des hohen Eintritt-Tickets, den das Startup forderte.

Die Gründer lehnten zuerst Zechs Angebot ab, der jedoch nicht locker ließ und nachbesserte. Am Ende wurden es 1,5 Millionen für zwei Prozent. Deal für vly.

Tapni: eine digitale Visitenkarte bei “2 Minuten 2 Millionen”

Der Vorletzte bei “2 Minuten 2 Millionen” war Mihajlo Nikodijević. Sein Startup Tapni, das er mit seinem Bruder Aleksandar gegründet hat, digitalisiert Visitenkarten. Dabei arbeitet das Team mit einer NFC-Technologie und setzt bloß ein Smartphone zur Nutzung voraus. Kund:innen haben dabei die Wahl zwischen verschiedenen Träger-Medien für den NFC-Chip. Neben physischen Karten stehen etwa auch Schlüsselanhänger, Halsketten und Armbänder zum Verkauf.

Wenn User:innen ihre Kontaktinformationen in der tapni-App aktualisieren, erfolgt eine automatische Synchronisation, was das Problem von ständig neu benötigten Visitenkarten obsolet mache, meinte der Gründer.

(c) Puls 4/Gerry Frank – Mihajlo Nikodijević digitalisiert die Visitenkarte.

“Am besten verkaufen sich die Karten. Diese kann man auf unserer Webseite personalisieren lassen und ohne Lieferkosten und ohne einer Mindestbestellmenge bestellen. Unsere Handy-Sticker sind auch sehr beliebt, haben aber den Nachteil, dass diese keinen QR-Code wie auf den Karten besitzen. Dadurch ist es nicht möglich, seine Kontaktdaten mit älteren Geräten zu teilen. Der QR-Code gilt also quasi als Backup dafür, wenn mein Gegenüber ein nicht NFC-kompatibles Gerät besitzt”, erklärte Nikodijević dem brutkasten im Jänner des heurigen Jahres.

Direkt nach dem Pitch lud der Gründer die Investoren ein, ein Angebot abzugeben, ohne etwas zu fordern, sprach anschließend aber von einem Firmenwert von fünf Millionen Euro von tapni. Was die Jury verwirrte. Aus diesem und anderen Gründen blieben die potentielle Partner ohne Angebot. Kein Deal.

Ein Liegestütz-Helfer

Den Abschluss von “2 Minuten 2 Millionen” bildete Metin Özgün, der Gründer von Metius. Seine Idee adressiert das Thema “Liegestütze”.

“Bisher konnte ich leider keine Liegestützen machen, weil ich vor vielen Jahren einen Schlüsselbeinbruch hatte und an einer Übergangsstörung der Lendenwirbelsäule leide, daher war diese Sportübung für mich bisher nicht geeignet. Voraussetzung für Liegestützen sind ein gesunder Rücken und Schultern“, schrieb der Gründer auf seiner Webseite.

Metius soll es daher allen ermöglichen, Liegestütze zu machen und zu unterstützen. Der Schwierigkeitsgrad ist individuell und variabel einstellbar. Das Fitness-Gerät sei speziell entwickelt für alle, “die Liegestütze bisher nicht richtig und sauber ausführen konnten, zum Beispiel aufgrund von körperlichen Einschränkungen, fehlender Kraft, Ausdauer oder Erfahrung”. Die Forderung: 100.000 Euro für 30 Prozent.

(c) Puls 4/Gerry Frank –

Nachdem Hans Peter Haselsteiner etwas überstürzt Metius ausprobiert und sich dabei kurzfristig gefährdet hatte (er wäre beinahe vom Gerät gefallen), führte Özgun die richtige Handhabung und die verschiedenen Möglichkeiten seines Produkts vor. Für den Bau-Tycoon und Ohswald war der Markt für den Liegestütz-Unterstützer jedoch zu klein. Auch Maderthaner blieb ohne Offerte. Am Ende gab es Lob von Hillinger, aber keinen Deal für Metius.

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Die Projektpartner:innen: von TU Wien, Forschung Burgenland. KEBA und kW-Soltions | (c) kW-Solutions

Bidirektionales Laden eröffnet für E-Autos weitreichende Möglichkeiten, die weit über die klassische Nutzung als Fortbewegungsmittel hinausgehen. Mit dieser Technologie können Elektrofahrzeuge nicht nur Energie aus dem Netz beziehen, sondern auch gespeicherten Strom wieder zurückspeisen. Dadurch werden sie zu mobilen Energiespeichern, die flexibel in verschiedene Szenarien eingebunden werden können – so zumindest in der Theorie. In der Praxis ist bidirektionales Laden in Österreich jedoch noch Zukunftsmusik. Ein neues Forschungsprojekt, an dem das Wiener Startup kW-Solutions beteiligt ist, möchte das nun ändern.

Bidirektionales Laden: Innovationsbedarf in Österreich

Das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützte Projekt Interoperable Communication for Bidirectional Charging (ICBC) hat sich zum Ziel gesetzt, die technischen und formalen Hürden von bidirektionalem Laden zu überwinden.

kW-Solutions-Gründer Korbinian Kasinger erläutert: “Es braucht jemanden, der den Vehicle-to-Grid-Prozess in Österreich durchmoderiert – sowohl technisch als auch formell“, so Kasinger​. Eine Herausforderung ist etwa die Zertifizierung des zurückgespeisten Stroms. “Bei einer PV-Anlage weiß man, dass es Grünstrom ist. Bei Autobatterien ist das nicht so einfach”, so der Gründer.

Technologisch ermöglicht es der Vehicle-to-Grid-Prozess (V2G), Strom aus der Batterie zu entnehmen und zurückzuverkaufen oder dem Regelenergiemarkt zur Verfügung zu stellen. Das ICBC-Projekt soll genau diese Möglichkeiten ausloten und zur Marktreife bringen​.

Das Konsortium hinter ICBC

Hinter dem ICBC-Projekt steht ein Konsortium aus kW-Solutions, der Technischen Universität Wien (TU Wien), Forschung Burgenland und KEBA​. Während die TU Wien für die Entwicklung von Kommunikationsschnittstellen sorgt, untersucht Forschung Burgenland die ökonomischen Vorteile von V2G. KEBA bringt seine Expertise in der Entwicklung von Ladeinfrastruktur-Hardware ein​.

kW-Solutions selbst arbeitet an einer flexiblen Software-Architektur, die V2G-Technologie effizient ins bestehende Netz integrieren soll. Das 2021 gegründete Startup hat sich auf die Bereitstellung intelligenter Ladelösungen für Elektrofahrzeuge spezialisiert.

Ein zentrales Produkt ist die Energiemanagement-Software “Charly”, die speziell für Mehrparteienanlagen entwickelt wurde, um ein effizientes Lastmanagement und eine automatisierte Verrechnung zu ermöglichen. 2023 konnte das Startup eine sechsstellige Finanzierungsrunde abschließen und FSP Ventures für sich gewinnen (brutkasten berichtete). Das Family Office ist an zahlreichen bekannten österreichischen Startups beteiligt, darunter Woom, Agrobiogel, Ecop Technologies oder Swimsol.

Pilotprojekte als nächster Schritt

Das ICBC-Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und soll erste Antworten auf diese Fragen liefern. “In ein bis zwei Jahren werden wir valide Pilotprojekte in Österreich starten“, so Kasinger​. Ein flächendeckender, standardisierter Einsatz von V2G könnte allerdings noch drei bis fünf Jahre dauern​.

Das ICBC-Projekt legt laut Kasinger großen Wert auf praxisnahe Lösungen. In sechs Arbeitsbereichen werden nun Use-Cases, Schnittstellen und Systemarchitekturen entwickelt, um die Marktfähigkeit sicherzustellen​. Bidirektionales Laden könnte laut dem Gründer für Österreich nicht nur die Elektromobilität attraktiver machen, sondern auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen.


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