09.11.2021

“2 Minuten 2 Millionen” und Kunden, die auf Schweine starren

In dieser Folge der Startup-Show "2 Minuten 2 Millionen" ging es um nachhaltigen Schweinekonsum, darum mit Spielen die Welt zu retten und um Unterstützung von Kindern.
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(c) Puls 4/Gerry Frank - Hannes und Markus Kriegner hatten die Idee zu Mein Schwein.
kooperation

Die erste bei “2 Minuten 2 Millionen” war Sandy Glückstein. Sie hat mit PoBeau ein Startup gegründet, das pflegende Masken für den Po entwickelt. Im Sortiment befinden sich Produkte gegen Pickel, zur Straffung, aber auch zum Bleachen. So geht’s: Zunächst muss die Haut gereinigt und dann das Gel gleichmäßig auf beide Poback aufgetragen werden. Die Einwirkzeit beträgt fünf bis zehn Minuten. Anschließend lassen sich die Reste sanft einmassieren. Ihre Forderung: 250.000 Euro für 10 Prozent Anteile.

Kommunikationsexperte Philip Maderthaner und Bau Tycoon Hans Peter Haselsteiner waren sich unsicher, ob es dafür einen Markt gäbe bzw. wie die wichtige Mundpropaganda bei so einem sensiblen Thema funktionieren würde. Glückstein sprach von einer Mehrkanalstrategie, die sie fährt: Verkauf auf Amazon und Onlineshop. Bisher alles ohne Marketing-Budget.

PoBeau
(c) Puls 4/Gerry Frank – Sandy Glückstein entwickelt Produkte für die Pflege des Pos.

Alexander Schütz zog sich als erster zurück, ihm war die Bewertung zu hoch. Leo Hillinger sah es ähnlich. Die Gründerin sprach deswegen von Vorverträgen und Prognosen in Höhe von 1,5 Millionen Euro, was aber wenig half. Pickel am Hintern wären ihm wirklich egal, meinte der Winzer. Ein potentieller Investor weniger.

“Hintern lügen nicht”

Mediashop-Chefin Katharina Schneider zeigte sich an Kosmetik und Beauty interessiert, sie sah aber wenig Mehrwert im Produkt. Und keinen großen Markt. Sie ging ohne Angebot. Maderthaner brachte ebenfalls die Bewertung ins Spiel und verabschiedete sich auch ohne Offerte. Haselsteiner zitierte Reinhard Mey mit “Hintern lügen nicht” und verabschiedete Glückstein ohne Deal.

Mein Schwein bei “2 Minuten 2 Millionen”

Die nächsten bei “2 Minuten 2 Millionen” waren die Brüder Markus und Hannes Kriegner. Sie haben mit Mein Schwein eine Plattform aufgebaut, die es den Konsument:innen ermöglicht, ihr eigenes Essen aufzuziehen. User können bis zu vier Schweine virtuell umsorgen, füttern und beobachten.

Vor der Schlachtung ist es möglich sich mittels Webcam jederzeit vom Wohlergehen des Tieres zu überzeugen. Die Haltung der Tiere entspreche laut Gründern höheren Ansprüchen, als den Vorschriften bei Bio-Haltung. Außerdem könne die Fütterung mitbestimmt oder Spielzeuge für die Schweine gekauft werden. Die Forderung der Franchise-Geber um ihr Konzept anderen Landwirten anzubieten: 100.000 Euro für 20 Prozent.

Mein Schwein
(c) Puls 4/Gerry Frank – Mit der Plattform Mein Schwein kann man Schweine bis zur Schlachtung aufziehen.

Konkret zahlt ein Landwirt einmalig 5.000 Euro Lizenzkosten und zwischen zwölf und 15 Prozent Gebühr pro verkauftem Schwein an die Gründer. Kunden können sich das Fleisch liefern lassen oder Selbstabholung wählen. Für die stressfreie Schlachtung ohne Adrenalin wäre ein mobiler Schlachthof gedacht, der zu den Mein Schwein-Betrieben hinfahren würde. Haselsteiner sagte, der Einstiegspreis wäre für Landwirte zu hoch. Hillinger hingegen nannte die Idee “Weltklasse”.

Auch Schneider meinte, etwas gegen Massentierhaltung zu tun, wäre wichtig, sie aber als jemand, der sich fleischlos ernähre, könnte nicht helfen. Nach dieser Absage erklärte Haselsteiner, dass er Kunde werde, er glaube zwar an die Idee, aber momentan wären die Gründer noch zu früh dran.

Maderthaner teilte die Meinung, dass das Startup noch zu “early stage” sei, riet zur stärkeren Markenpositionierung und bot 50.000 Euro für 15,1 Prozent. Hillinger sprach von Marketingaufgaben, die es zu lösen galt und schloss sich bei Maderthaner an. Alexander Schütz zog sich daraufhin zurück und empfiehl, das Angebot von Maderthaner anzunehmen. Die Gründer hörten auf ihn. Deal für Mein Schwein.

Mit Gamification gegen den Klimawandel

Die nächsten bei “2 Minuten 2 Millionen” waren Alexander Ruzicka und Mathias Nell. Sie haben mit Beat3 eine App entwickelt, die mit Challenges dazu motivieren möchte, sich für den Planeten einzusetzen. Themen dabei: Müll, Ernährung oder Mobilität. Für die gemeisterten Herausforderungen erhalten die Nutzer:innen Punkte, sogenannte Beats. Als Belohnung kann man diese Punkte in Gewinnspielen verwenden und Preise gewinnen. Die Forderung: 50.000 Euro für zehn Prozent.

Das Startup arbeitet mit der Bildungsdirektion zusammen und hat unter anderem die Wiener Linien und Uniqa als Partner gewinnen können. Und verfügt über 250 aktive User, die über soziale Netzwerke Screenshots von erfolgreich absolvierten Herausforderungen posten sollen. Die App ist kostenfrei, Geschäft machen die Gründer damit, dass Kunden Challenges schalten. Man richtet sich dabei an Städte und Kommunen.

Beat3, 2 Minuten 2 Millionen
(c) Puls 4/Gerry Frank – Beat3 möchte mit spielerischen Challenges mehr Awareness für den Klimawandel schaffen.

Hotelier Bernd Hinteregger zog sich mit Lob zurück. Haselsteiner ging ebenfalls ohne Angebot. Medienunternehmer Stefan Piëch gefiel der Gamification-Ansatz der Gründer, merkte aber an, dass sich Ruzicka und Nell überlegen müssten, wie sie Geld verdienen. Er bot zwar kein Cash-Investment an, dafür aber 50.000 Euro Werbezeit auf seinen beiden Kindersendern.

Nachdem sich auch Katharina Schneider zurückgezogen hatte, meinte Schütz, die letzte Meile in Sachen Profit würde fehlen, wäre die geschafft, würde er gerne einsteigen. Kein Deal für Beat3.

Hölzerne Garage bei “2 Minuten 2 Millionen”

Der vorletzte bei “2 Minuten 2 Millionen” war Christian Brandecker. Er bietet mit Deiner Holzgarage nachhaltige und regionale Fertiggaragen an. Interessierte können sich auf der Homepage des Startups ihre individuelle Garage aus Holz konfigurieren und zwischen Einzel-, Doppel- und Großraumgarage wählen. Sonderwünsche inklusive. Seine Forderung für seine ökologische Alternative zu Betongaragen: 100.000 Euro für zehn Prozent.

Deine Holzgarage
(c) Puls 4/Gerry Frank – Christian Brandecker präsentierte den Investoren Holzgaragen.

Der Gründer konnte innerhalb von einer Woche seit dem Launch der Website sechs Garagen verkaufen und plane den Verkauf von weiteren sechs Garagen (seit Sendeaufzeichnung gerechnet). Hillinger fand die Idee gut, meinte aber, er könne nicht investieren, da er mit Hillcont Raumsysteme selbst Garagenlösungen anbiete. Schneider und Maderthaner fanden die Idee spannend, gingen aber ebenfalls ohne Angebot. Haselsteiner wusste, dass der Kapitalaufwand für das Startup enorm werden würde und verabschiedete sich auch als möglicher Partner. Alexander Schütz meinte, zum jetzigen Zeitpunkt könne er nicht investieren. Kein Deal für Deine Holzgarage.

Recycelte Kindemode mit Babäm

Beim Abschluss von “2 Minuten 2 Millionen” sah man das Tochterunternehmen von SOS-Kinderdorf namens Babäm. In einem Online-Shop und in einem Store in der Wiener Lindengasse verkauft das Unternehmen gebrauchte Mode für Damen, Herren, Kinder und Babys. Der Erlös kommt anderen Projekten der Hilfsorganisation zugute. Geschäftsführer und Konzeptentwickler Ivo Schärmer präsentierte vor der Investoren und forderte für seine Expansionspläne nach Deutschland und in die Schweiz: 240.000 Euro für 20 Prozent.

2021 beträgt der Umsatz 400.000 Euro, für 2022 wäre das Doppelte geplant. Haselsteiner und Schütz wollten wissen, ob es für Investoren eine Dividende gibt oder es sich um ein rein soziales Projekt handelt. Schärmer sprach von verschiedenen Modellen, bei dem der Investor sein Investment zurückhaben oder auch in andere SOS-Kinderdorf-Projekte weiter investieren könne.

(c) Puls 4/Gerry Frank – Ivo Schärmer stellte mit Babäm das Tochterunternehmen von SOS-Kinderdorf vor.

Nach dieser Erklärung schaltete sich Daniel Zech von 7 Ventures zu und bot eine Verkaufsfläche im Startup Village in der Shopping-City Süd an. Danach ging es weiterhin darum, ob potentielle Financiers ihr Geld zurückbekommen würden. Schärmer sprach wiederholt davon, dass ein Investor übergebliebenen Profit weiter investieren könne.

Haselsteiner meinte schlussendlich, Babäm wäre zwar kein Investment-Case, aber über Spenden und Unterstützung könne man mit ihm reden. Schneider bot auch kein Geld, versprach aber ebenfalls wie auch Alexander Schütz eine Spende. Hotelier Bernd Hinteregger bot an, dass er bei seinem Sommerfest im Hotel zu Kleiderspenden aufrufen würde, zudem wolle er etablieren, dass Spendenwillige einmal im Monat Sachen für das Kinderdorf abgeben könnten. Außerdem würde er gerne mit seiner Band bei Babäm-Veranstaltungen auftreten, um zu unterstützen. Stefan Piëch, Aufsichtsrat des SOS-Kinderdorfs und Juror beim MIT-Bootcamp, bot einen Platz an der elitären US-Universität an, um sich beim Aufbau von NGOs noch mehr zu spezialisieren. Kein Deal für Babäm.

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(c) Stock.Adobe/gnublin - Es gibt verschiedene Arten von Unternehmenskonflikten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe unseres Jubiläum-Printmagazins – “Wegbereiter”. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Es war nur eine Bemerkung am Rande – doch sie schwillt an und gärt wie verfaulendes Obst. Und sie wird bleiben, wird weitere Verletzungen aufnehmen und wachsen; sich steigern, bis sie zum Problem und dann klar benennbar für alle zu einem fassbaren Begriff wird. Erst dann wird man es Konflikt nennen, obwohl der Beginn schon viel früher vollzogen war. Mit dieser einen Bemerkung am Rande.

Laut Definition im Duden ist ein Konflikt „das Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen, Interessen oder eine ähnlich entstandene schwierige Situation, die zum Zerwürfnis führen kann“. Dies ist auch die allgemeine Auffassung im kollektiven Bewusstsein von Gesellschaften. Dabei wird aber oft übersehen, dass ein Konflikt je nach Bereich weitaus mehr Ebenen hat.

Für Jürgen Dostal, Konfliktexperte und Gründer von Proconsens.at, sind es im unternehmerischen Umfeld andere Dynamiken als im Privaten, die vor allem das Arbeitsklima massiv beeinflussen können. Personen fühlen sich seinen Erkenntnissen nach in ihren Werten oder im Handeln eingeschränkt oder gar gemobbt, während anderen oftmals gar nicht bewusst sei, dass es eine Art von negativer Interaktion gegeben hat. Da kann es zu interpersonellen oder gar IntergruppenKonflikten (Abteilungen, Teams) kommen, mit der möglichen Folge, sich gegeneinander auszuspielen – ohne die wahren Gründe für die Unstimmigkeiten zu thematisieren.

Die Konfliktarten

Passend dazu hat das HR-Startup Personio eine Unterteilung des Begriffs in verschiedene Punkte vorgenommen. Konflikte können in Unternehmen zwischen Mitarbeiter:innen gleicher Ebene (Kolleg:innen) entstehen, zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden oder zwischen ganzen Teams bzw. Abteilungen. Das Konfliktmanagement unterscheidet daher zwischen einer ganzen Reihe von Konfliktarten.

Bei Sachkonflikten handelt es sich um unterschiedliche Auffassungen in Sachfragen, etwa um die beste Methode, eine Aufgabe zu erledigen, oder welches Feature als Nächstes in ein Produkt eingebaut werden soll.

Beziehungskonflikte nennt man den Zustand, wenn das zwischenmenschliche Verhältnis gestört ist. Sie fußen meist auf negativen Erlebnissen oder Vorurteilen und sind oft nur Ausdruck anderer, unterbewusster Konflikte. Missverständnisse in der Kommunikation sind eine weitere Konfliktart, in der beteiligte Parteien schlicht falsche Schlüsse aus dem Gesagten ziehen.

Ressourcenkonflikte nennt man es, wenn Mitarbeiter:innen die Verteilung der Unternehmensressourcen persönlich als ungerecht empfinden.

Bei Zielkonflikten wiederum prallen verschiedene Abteilungen aufeinander – etwa wenn eine mit Kürzungen zu hadern hat, die andere jedoch auf die Arbeit ihrer Kolleg:innen angewiesen ist, um Firmenziele zu erreichen (z. B. Development vs. Vertrieb).

Wertekonflikte sind indes geprägt von persönlichen Moralvorstellungen, die zu Zwistigkeiten führen können, wenn Führungskräfte oder die Belegschaft entgegen persönlicher Einstellungen handeln.

Die Studie „Konfliktkultur in Österreichs Unternehmen“, die Jürgen Dostal und sein Team mit 300 Teilnehmer:innen (66 Prozent Führungskräfte) ausgearbeitet haben, zeigt eines der Grundprobleme in unternehmensspezifischen Konfliktfällen: Leader subsumieren im Wesentlichen unterschiedliche Interessenslagen (77 Prozent) bzw. Interaktionen, bei denen sich mindestens zwei Akteur:innen beeinträchtigt sehen, als Konflikt. Nur 48 Prozent der Befragten folgen der Auffassung, dass ein Konflikt auch dann vorliegt, wenn sich von mehreren Personen lediglich eine beeinträchtigt sieht. Damit würden rund die Hälfte der Manager:innen spezielle Vorfälle wie Mobbing oder das „Getroffensein von Bemerkungen“ nicht als Konflikt ansehen – mit möglichen weitreichenden Folgen.

Was innen passiert, bleibt innen

Hier geht es, in anderen Worten, um Beispiele, in denen sich Personen durch vereinzelte Aussagen von Kolleg:innen oder Führungskräften irritiert fühlen und ihre Irritation nicht artikulieren; oder, falls doch, die Situation nicht als „Konflikt aus dem Inneren“ wahrgenommen wird. Ungelöste und unterbewusste (unerkannte) Konflikte beeinträchtigen das Arbeitsklima, weiß Dostal. Sie senken die Zufriedenheit am Arbeitsplatz und auch die Produktivität, erhöhen die Fluktuation im Team, erzeugen Stress und gefährden die Gesundheit (Anstieg der Krankenstände); was schlussendlich zu einer schlechteren Qualität im Unternehmen führt und stark dem Firmenimage schadet.

Konflikte
(c) Proconsens.at – Jürgen Dostal von Proconsens.at

„Dort, wo Konflikte bestehen, ziehen sich Menschen zurück“, sagt er, „mit negativen Auswirkungen. Spannend ist ja, dass über 60 Prozent unserer Befragten sagen, dass sie nicht mit entsprechenden Skills ausgestattet sind, um Konflikte zu lösen.“ Dabei wären es laut dem Mediator ganz einfache Kommunikationsfähigkeiten, die es braucht, um Probleme anzugehen. „Es ist nicht kompliziert“, führt Dostal weiter aus. „Man muss sich Zeit nehmen und kommunizieren. Es geht nicht darum, den Konflikt ‚wegzureden‘, sondern um ein aktives Zuhören und ein Verstehen, worum es den beteiligten Personen geht. Das Problem hier ist, dass jahrzehntelang Führungskräfte bestellt wurden, nicht um zu führen; sie wurden aus einer traditionellen Rolle des Expertentums heraus rekrutiert, aber ohne in Führungsskills zu investieren. Viele Gründe für Konflikte liegen jedoch spezifischer vergraben und brauchen Skills, um erkannt zu werden.”

Für Diana-Maria White, Rechtsanwältin, Verteidigerin in Zivil- und Strafsachen und Wirtschaftsmediatorin, sind Konflikte im Job-Kontext etwas „strukturell Normales, wie sie bereits im Oktober 2023 im brutkasten-Talk erklärte. Man gehe mit fremden Menschen eine Bindung ein, die man privat gar nicht kenne. „Die Eskalation des Konflikts kommt dann durch subjektive Befindlichkeiten“, sagte sie damals. „Er geht manchmal aus Nichtigkeiten los und schaukelt sich auf. Wenn der Konflikt verfestigt ist, bekomme ich ihn teilweise nicht mehr gelöst.“

Eskalationsstufen beim Konflikt

Der Konfliktforscher Friedrich Glasl beschreibt in diesem Sinne die Eskalation eines Konflikts in neun Stufen, die sich in drei Hauptphasen gliedern. Die erste Phase ist geprägt von gelegentlichen Spannungen bis hin zu heißen Debatten, in denen sich Streitende gegenseitig unter Druck setzen. Hier können dem Forscher zufolge Konflikte noch konstruktiv gelöst werden.

Die zweite Phase öffnet das Persönliche – das Ziel ist nun, den Konflikt zu gewinnen; dabei werden Werkzeuge wie Drohungen, Sanktionen und Machtspiele eingesetzt. In so einem Fall wird eine Partei als „Verlierer“ aus dem Konflikt scheiden, was zu einem zerrütteten Arbeitsklima und gestörtem Arbeitsverhältnis führt – mit Auswirkungen auf die Produktivität.

In der dritten und heftigsten Phase wollen alle Beteiligten einander nur noch schaden – und sie riskieren damit sogar den eigenen Untergang und den des ganzen Unternehmens. In Zahlen können laut Dostal 72 bis 75 Prozent aller Konflikte gelöst werden.

„Eine Führungskraft kann allerdings nur bis zur Eskalationsstufe 4 helfen, darüber braucht es Mediatoren“, sagt er. „Bei Stufe 7 bis 9 braucht es Expertenteams, da geht es nur mehr ums Vernichten des anderen.“

Für Dostal ist eine Unternehmensmediation unparteiisch und ermöglicht die Entwicklung eines Spektrums von Lösungsmöglichkeiten und Perspektiven mit den größtmöglichen Überschneidungen zwischen Streitenden.

„Wir sprechen unterschiedliche Sprachen, geben Worten unterschiedliche Bedeutungen mit, je nach Erfahrung, Werten, Alter, Hintergrund“, erklärt Dostal. „Am Arbeitsplatz, mit all dem Konkurrenzdenken, kann Emotion eine ganz riesige Rolle spielen. Mediatoren übersetzen, paraphrasieren und stellen die Umstände für die Parteien klarer dar. Es geht darum, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu erzeugen.“

Ein ungelöster Konfliktfall

Der Konfliktexperte erinnert sich an einen Fall, der nicht gelöst werden konnte, um präziser zu erläutern, was Unternehmer:innen heute fehlt. Die Causa damals befasste sich mit der Auflösung eines Dienstverhältnisses eines jungen Mitarbeiters, der mehr als 50 Prozent Fehlzeiten zu Buche stehen hatte. Das Spannende an dem jungen Mann war sein Selbstbild, das jedoch nicht mit der Außenwahrnehmung übereinstimmte.

„Die Person hat gedacht, sie könne Dinge viel besser als die anderen, müsse nichts Neues lernen und sei zum Führen bestimmt“, erinnert sich Dostal. „Sie konnte aber nicht nachweisen, dass sie diese Dinge tatsächlich beherrscht.“

Der Mediator sieht in dem jungen Mann von einst ein typisches „Goldlöffelkind“, dem man ständig unreflektiert positives Feedback gegeben hatte – und damit die „Self Perception“ fütterte, fehlerfrei zu sein.

„Niemand agiert fehlerfrei“, betont Dostal. „Doch der junge Mann konnte Kritik nicht annehmen. Es war spannend zu beobachten, denn die Wahrnehmung des jungen Mitarbeiters ist seine persönliche Realität; und das müssen Arbeitgeber realisieren und lernen, mit Menschen umzugehen.

Konkret geht es öfter auch darum, gewisse Dinge aus der Vergangenheit einer Person zu kompensieren. Dazu muss man eine neue Art des Führens lernen. Als ‚Arschloch-Chef’ – Sternekoch Tim Raue hat den Begriff geprägt – hat man heute keinen Erfolg mehr. Es braucht keinen mehr, der brüllt, sondern einen, der konstruktives Feedback liefern kann; auch bei Menschen, die Schwierigkeiten haben, mit Kritik umzugehen.“

„Konflikte benötigen Reife“

Alles andere könne zu einer veritablen Persönlichkeitskrise führen, in der sich vor allem junge Personen verletzt zurückziehen. „Um Konflikte zu lösen, benötigt es Reife“, so Dostal. Eine Reife, über die Lisa Smith vom Lieferketten-Startup Prewave verfügt, ruft man sich ihre Worte aus dem November 2023 in Erinnerung: Ein Jahr zuvor war sie mit ihrem Scaleup in ein größeres Office gezogen und musste mit ihrem FlexDesk-System über 100 Leute unter einen Hut bringen.

„Da sind ein paar Sachen aufgekommen und wir haben versucht, aufeinander zuzugehen“, erzählte sie damals über den Firmenumzug. Für die Gründerin war es in diesen Konfliktsituationen wichtig, das Gespräch zu suchen und als ersten Schritt herauszufinden, was überhaupt passiert ist, so ihr Zugang: „In größeren Firmen wird das aber immer schwieriger. Wichtig ist, das Gegenüber zu verstehen, damit man konstruktiv zusammenarbeiten kann; um den gemeinsamen Blick auf den Weg in die Zukunft zu richten und den Konflikt zu begraben.“

Prewave hat in der Vergangenheit bei Streitfällen konkret die HR-Abteilung involviert und die Parteien zu direkten Gesprächen geladen. „So direkt wie möglich und nicht über die Team-Leads“, betonte Smith. „Wir überlegen uns immer, was eine rasche, pragmatische Lösung sein kann.“

Kämpfe und Warnzeichen

Weniger pragmatisch war ein anderes Beispiel aus Dostals Erlebnisrepertoire: Ein Unternehmen hatte es für eine gute Idee gehalten, konkurrierende Ziele zwischen den Abteilungen auszurufen, und hat die einzelnen Abteilungen gegeneinander ausgespielt. „Man wollte sehen, ob sie in der Lage sind, mehr Energie aufzubringen“, erinnert sich der Mediator. „Sie haben sich jedoch hart bekämpft; letztendlich gab es nur Stillstand.“

Deswegen sei es gemäß eines modernen Leaderships nicht nur essenziell, sich Konfliktlösungsskills, wie oben beschrieben, anzueignen, sondern auch auf Warnzeichen zu achten – wie es Personio in seiner Ausführung vorschlägt.

Warnzeichen sind: Mitarbeiter:innen reden nicht mehr miteinander. Sie äußern sich negativ und herablassend übereinander. Mitarbeitende zeigen in ihrer Mimik und ihrer Körpersprache Ablehnung. Sie missachten bewusst Entscheidungen oder Arbeitsanweisungen – und reagieren aggressiv; beim kleinsten Anlass gibt es Streit.

„Wenn Konflikte am Arbeitsplatz frühzeitig erkannt und konstruktiv behandelt werden, wirken sie sich durchaus positiv auf ein Unternehmen aus“, rät Personio. „Konflikte zeigen, wo Veränderungsbedarf besteht, und erhöhen den Druck auf die Beteiligten, zu handeln. Sie zwingen, sich im Konfliktmanagement mit möglichen Lösungen auseinanderzusetzen. Dabei werden oft neue, kreative Ansätze gefunden.“

Positiv sei, so Dostal, dass sich Führungskräfte und Mitarbeitende im DACH-Raum entsprechende Skills zur Konfliktlösung wünschen. „Es gibt eine hohe Bereitschaft, besser mit Konflikten umzugehen“, sagt er. „Wenn die Effektivität im Umgang mit Konflikten nicht besteht, führt dies zu schwerwiegenden Problemen, die in Unternehmen für weitaus höhere Kosten sorgen können, als wenn man Grundlagen schafft und Führungskräfte mit Konfliktlösungsskills ausstattet – und zwar mit jenen, die auch mit unterschiedlichen Werten, Emotionen und Hintergründen umgehen können.“


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