03.05.2023

10 Jahre AustrianStartups: “Es gibt immer noch eine große Angst vor dem Scheitern”

Im brutkasten-Talk ging AustrianStartups-Chefin Hannah Wundsam auf Errungenschaften und bleibende Herausforderungen in der zehnjährigen Geschichte der Institution ein.
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AustrianStartups Managing Director Hannah Wundsam | (c) brutkasten
AustrianStartups Managing Director Hannah Wundsam | (c) brutkasten

Auf den Tag genau zehn Jahre ist es her: Am 3. Mai 2013 wurde AustrianStartups formell gegründet. Alles begann mit dem “Stammtisch”, den es auch heute noch gibt. Dieser fand damals im ersten Co-Working-Space Wiens, dem 2017 geschlossenen sektor5 statt. “Seitdem hat sich viel getan. Die kleine Community, die sich damals im Sektor5 monatlich zu einem Stammtisch getroffen hat, ist mittlerweile eine Community von über 30.000 Personen im ganzen Land, die sich regelmäßig bei Veranstaltungen trifft”, sagt AustrianStartups Managing Director Hannah Wundsam im brutkasten-Talk anlässlich des Zehn-Jahre-Jubiläums.

Sie nennt einige der Errungenschaften der Institution: “Wir haben große Bildungsinitiativen wie die Youth Entrepreneurship Week ins Land gebracht und wir haben einen Think Tank aufgebaut, mit dem wir bereits fünf Mal die Studie Austrian Startup Monitor herausgebracht haben. Und vor allem sind wir eine starke Community, die sich gegenseitig inspiriert, vernetzt und gemeinsam Veränderungen voranbringt”.

“Ein bisschen erwachsen geworden”

Doch nicht nur bei AustrianStartups selbst, sondern in der gesamten Startup-Szene und auch in der Gesellschaft habe es in den Jahren seit 2013 große Veränderungen gegeben. “Die Startup-Szene ist ein bisschen erwachsen geworden”, so Wundsam. Das Thema sei unter anderem durch Formate wie “2 Minuten 2 Millionen” in der Breite angekommen. “Entrepreneurship ist mittlerweile für viele kein Fremdwort mehr. Startups haben auch in der Breite einen gewissen Ruf, eine Bekanntheit bekommen und es ist auch in der Politik angekommen, dass sie einen großen Mehrwert für die österreichische Wirtschaft schaffen”. Gründer:innen würden nicht mehr nur als “Techies” gesehen, sondern als “Lösungstreiber in den großen Herausforderungen, vor denen wir stehen”.

AustrianStartups-Forderungen an die Politik bleiben die selben

Doch natürlich weiß die AustrianStartups-Chefin nicht nur Positives zu berichten. Aufholbedarf gebe es hierzulande etwa nach wie vor im Bereich Entrepreneurship Education – ein Feld, in dem die Initiative unter anderem mit der oben genannten Youth Entrepreneurship Week aktiv Schritte setzt. “Und auf politischer Ebene gibt es noch viele Rahmenbedingungen, die wir schon seit unseren Anfängen zu ändern versuchen”, meint Wundsam und nennt einmal mehr das Thema Mitarbeiter:innenbeteiligung, bei dem sie auf eine baldige Lösung hofft. In der aktuell schwierigen Lage für Startups bei Aufstellen von Investments seien auch Anreize für privates Risikokapital, wie etwa ein Investitionsfreibetrag, besonders wichtig. Zufrieden sei man dagegen mit der guten Förderlandschaft.

Unternehmerfeindliches Mindset

Verbesserungsbedarf sieht Wundsam beim Mindset in der Bevölkerung: “Ein großes Thema in Österreich, an dem wir arbeiten wollen, ist, dass es keine sehr große Risikobereitschaft gibt. Es gibt immer noch eine große Angst vor dem Scheitern und in den Köpfen vieler Menschen fehlt das Bild, dass Unternehmen tatsächlich eine positive Leistung bringen”. So hätten bei einer Studie etwa 64 Prozent der Befragten gesagt, dass sie nicht glauben, dass Unternehmen einen positiven Wert für die Gesellschaft bringen. “Dieses Mindset müssen wir verändern und ich glaube, da braucht es viele positive Role Models – und auch vielmehr weibliche Role Models”.

Und es brauche eine starke Community, die sich gegenseitig unterstützt und miteinander das Ökosystem aufbaut. “Und ich glaube, das ist etwas, wo wir ganz stark die Ebene aufbereiten”, so Wundsam. Letztlich wolle AustrianStartups “das Home of Austrian Entrepreneurship auf physischer und auf virtueller Ebene sein”.

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(c) Adobestock

Man könnte meinen, es hat sich wenig verändert: Im Vergleich zum Vorjahr stecken wir immer noch in einer geopolitisch und wirtschaftlich unsicheren Situation, während der Venture-Capital-Markt in Europa weiterhin stagniert. Das spiegelt auch das jüngste “Start-up Barometer” der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsorganisation EY wieder. Analysiert wurde dabei die Investmentaktivität in und rund um Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt.

EY Österreich: Rückgang zum dritten Jahr in Folge

Im Vorjahr hatte es in einem schwierigen Jahr einen Lichtblick gegeben: 2023 ist die Zahl der heimischen Finanzierungsrunden auf 184 gestiegen, was einer neuen Rekordzahl entsprach. Gleichzeitig ist allerdings das Finanzierungsvolumen gegenüber 2022 deutlich gesunken – von rund einer Milliarde Euro auf 695 Millionen Euro. Den bisherigen Höchstwert des gesamten Investitionsvolumens hatte die Startup-Szene wiederum ein Jahr zuvor verzeichnet – 2021 mit gut 1,2 Milliarden Euro.

Wie ging es nun also dieses Jahr weiter? Das Finanzierungsvolumen sank erneut – von 695 Millionen Euro im Jahr 2023 auf 578 Millionen Euro im Jahr 2024. Damit ging das Volumen im dritten Jahr in Folge zurück.

Anzahl der Runden sank um ein Fünftel

2024 sank allerdings nicht nur das Investitionsvolumen, sondern auch die Zahl der heimischen Finanzierungsrunden. Mit einem Rückgang von 17 Prozent bzw. 117 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr erreicht der Gesamtwert des diesjährigen Finanzierungsvolumens seinen Tiefpunkt seit 2020. Die diesjährige Anzahl der Finanzierungsrunden hat sich im Vergleich zum Vorjahr nämlich um 19 Prozent bzw. um 35 auf 149 Abschlüsse verringert.

Hoffnung: KI-Boom pusht Investments

Wenngleich sich Volumen und Anzahl des investierten Kapitals verringert haben, scheint sich ein klarer Investitionstrend abzuzeichnen: Laut EY ist ein Drittel des Investitionsvolumens an KI-Startups gegangen – und damit mehr als doppelt so viel als noch im Jahr 2023.

Damit betraf jede vierte in Österreich registrierte Finanzierungsrunde – konkret 28 Prozent – ein Startup mit einem KI-Schwerpunkt. Insgesamt zählt EY 42 solcher Runden – und damit acht mehr als noch im Vorjahr.

Auch summenmäßig gab es im KI-Sektor einen Zuwachs: 2024 wurden 168 Millionen Euro in österreichische Startups investiert, die KI als integralen Bestandteil des eigenen Geschäftsmodells haben, wie EY vermeldet. 2023 war der Betrag nicht einmal halb so groß – und lag bei 77 Millionen Euro.

“Nicht nur ein Hype, sondern eine Schlüsseltechnologie”

“2024 war eindeutig das Jahr der KI-Startups: Rund ein Drittel aller Finanzierungsrunden und des gesamten investierten Kapitals in Österreich entfielen auf Unternehmen, die künstliche Intelligenz in ihrem Geschäftsmodell nutzen – und das branchenübergreifend. Dieser klare Fokus der Investor:innen zeigt, dass KI nicht nur ein Hype ist, sondern als Schlüsseltechnologie mit enormem Potenzial wahrgenommen wird”, sagt Florian Haas, Head of Startup bei EY.

Haas prophezeit für 2025, “dass die Dynamik im KI-Bereich ungebremst bleibt und KI von einem Hype zur Normalität wird”. Insofern rechne man weiterhin mit einem großen Kapitalfluss in der KI-Branche. Mittelfristig wird der Anteil der KI-Startups an den Gesamtinvestments weiter steigen, so Haas, denn es zeige sich “branchenübergreifend enormes Innovationspotenzial”.

Volumen pro Runde bei 4,4 Mio. Euro

Das Durchschnittsvolumen aller im Jahr 2024 verzeichneten Deals liegt auf Vorjahresebene – nämlich bei 4,4 Millionen Euro. Laut EY ist das deutlich weniger als noch in den Rekordjahren 2021 und 2022. Damals wurden im Durchschnitt 11,6 bzw. 7,7 Millionen Euro pro Finanzierungsrunde ausgeschüttet.

Ein Lichtblick: Die Mega-Deals

2024 wurden elf Finanzierungsrunden mit einem Volumen von jeweils mehr als 10 Millionen Euro verzeichnet. Das sind laut EY drei weniger als im Vorjahr. Auch wie 2023 gab es heuer “keinen einzigen Mega-Deal in einer Größenordnung von mehr als 100 Millionen Euro”.

„Ein Lichtblick für das österreichische Startup-Ökosystem: Ohne die Mega-Deals über 100 Millionen Euro, die 2021 und 2022 die Rekordsummen geprägt haben, zeigt sich, dass 2024
mit 578 Millionen Euro sogar erfolgreicher war als 2021 (557 Millionen Euro) – ein Beweis für die Breite der Szene, in der mehr Startups Anschlussfinanzierungen sichern konnten, auch wenn aktuell nicht genügend Kapital für die ganz großen Würfe da ist“, kommentiert Haas das Finanzierungsgeschehen.

Wie auch im brutkasten-Investment-Rückblick erwähnt, handelt es sich bei der größten Finanzierungsrunde des Jahres mit rund 100 Millionen Euro um das österreichisch-deutsche PropTech Gropyus. Auf Platz zwei liegt das Linzer Scaleup Storyblok mit 74 Millionen Euro. Platz drei ergatterte der Lieferketten-Experte Prewave rund um Lisa Smith und Harald Nitschinger mit 63 Millionen Euro.

Wien und Tech-Startups im Fokus

Überdies zeigt der Report, dass sich die Bundeshauptstadt Wien weiterhin als Hotspot der österreichischen Startup-Szene beweist. Mehr als drei von fünf in Startups investierte Euros wurden 2024 in Jungunternehmen investiert, die in Wien ansässig sind. Mit 89 Finanzierungsrunden vereinigten die Wiener Startups mehr als jede zweite gezählte Finanzierungsrunde, so EY. Auf Rang zwei folgt Niederösterreich mit 17 Finanzierungsrunden, vor der Steiermark mit 14 Abschlüssen.

Software holte die meisten Investments

Außerdem unverändert blieb der Finanzierungsfokus auf Tech- und Software-Startups: Die meisten Runden wurden wie schon in den beiden Vorjahren im Softwarebereich abgeschlossen – dies umfasst Sektoren wie SaaS, Artificial Intelligence, Virtual Reality, Blockchain, Cloud, Cyber Security und Data Analytics. In diesen Feldern zählt man insgesamt 59 Abschlüsse, was einem Marktanteil von 40 Prozent entspricht. Im Vorjahr waren es 64 Deals bei einem Marktanteil von 35 Prozent.

Auf Platz zwei der am häufigsten investierten Branche liegt der Health-Sektor: Hierbei verzeichnete man 24 Finanzierungsrunden bei einem Marktanteil von 16 Prozent. Gefolgt von Energy mit 15 Finanzierungsrunden.

Software auch bei Investmenthöhe im Lead

Laut EY wurden mehr als zwei von fünf investierten Euros (43 Prozent) 2024 in Österreich in den Bereich Software & Analytics investiert, der mit Storyblok (74 Millionen Euro) und Prewave (63
Millionen Euro) auch zwei der Top-3-Deals beinhaltet. Damit stieg das Investitionsvolumen in
diesem Bereich gegenüber dem Vorjahr um mehr als 100 Millionen Euro.

Der Bereich PropTech verzeichnete ein Investitionskapital von 120 Millionen Euro, was einer Million mehr als im Vorjahr 2023 entspricht. Nach Software und PropTech steht der Bereich Energy, dessen Startups 73 Millionen Euro Risikokapital einwerben konnten. Das entspricht einer viermal so großen Summe als im Vorjahr.

Die übrigen Sektoren verzeichneten eine Rückgang an Investitionskapital im Vergleich zum Vorjahr. Darunter die Bereiche Mobility, Education, E-commerce sowie ClimateTech, GreenTech und CleanTech.

Dennoch soll jede sechste Finanzierungsrunde ein Startup mit Nachhaltigkeitsbezug betroffen haben, so EY. Konkret verzeichnete man hierbei 25 der registrierten 149 Finanzierungsrunden. Das Gesamtvolumen in den Bereich Nachhaltigkeit liegt im Jahr 2024 bei 148 Millionen Euro, was einem Anteil von fast 26 Prozent am gesamten investierten Risikokapital entspricht.

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