07.02.2023

Amazon und Co. fordern europäisches Gesundheitssystem heraus

Das Gesundheitswesen in Europa sieht sich mit aktuellen Krisen konfrontiert, wie die Pandemie mehr als deutlich gemacht hat. Parallel dazu machen große Tech-Unternehmen weitere Schritte, um in diesem Bereich Fuß zu fassen. Was eine medizinische Versorgung durch Amazon und Co. bedeuten kann und welche Faktoren bedacht werden müssen, durchleuchtet Christian Lautner von "Heal Capital". Ein möglicher Blick in die Medizin-Zukunft.
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Amazon Clinic, Health, gesundheitswesen, Google Health,
(c) Heal Capital - Christian Lautner, Heal Capital, über Tech-Konzerne und das Gesundheitswesen.

Schwindelgefühl, eine drückende Brust. Der Hals kratzt und die Nase rinnt oder ist verstopft. Ein Arzttermin zur Abklärung steht an. Doch welcher Mediziner oder Medizinerin soll es sein? Die gängige Hausarztpraxis, die meist wenige Minuten vom eigenen Heim entfernt ist oder doch Amazon? Alternativ steht auch der Google-Doktor bereit. Man hat die Wahl.

Amazon und der Teufelskreis im Gesundheitssystem

Was wie eine weit entfernte Zukunft klingt, in der große Konzerne die Gesundheitsversorgung anbieten, setzt längst erste langsame Schritte dorthin. Dies hat Gründe.

Länderübergreifend sind Gesundheitssysteme in einem Teufelskreis gefangen. Eine alternde Bevölkerung, Fachkräftemangel, steigende Kosten – das sind die Schlüsselbegriffe des heutigen Health-Diskurses. Für Christian Lautner, Managing-Partner bei VC “Heal Capital”, ist das Gesundheitswesen, einer der größten und letzten Sektoren, die nicht durch eine Digitalisierung gegangen sind.

Was allerdings passiert, ist, dass Tech-Riesen immer stärker in den Medizin-Bereich drängen. Bei Amazon etwa erkennt man wiederholende Muster, wie Lautner weiß.

“Europa hat Bedarf”

“Sie tasten sich heran”, sagt er. “Sie machen Themen wieder zu und kommen mit größeren um die Ecke. Das Gleiche gilt für Google. Wenn es ihrer Meinung nach Themen gibt, die großen Bedarf haben, dann kommen sie wieder. Und Europa hat großen Bedarf.”

Amazons erster Versuch mit “Amazon Pharmacy” in den Gesundheitssektor vorzustoßen, wurde 2019 eingestellt. Das US-Unternehmen wollte hier einen Service etablieren, der Menschen hätte helfen sollen, gesund zu werden und zu bleiben. Kund:innen konnten sich Medikamente nach Hause liefern lassen. Danach folgte die Übernahme von “One Medical“, einem Anbieter von Primärversorgung.

Amazon Clinic

Im November letzten Jahres gab es den nächsten Schritt in diesem Bereich. Mit “Amazon Clinic” präsentierte das US-Unternehmen eine virtuelle Gesundheitsversorgung, die in 32 Bundesstaaten tätig ist und für mehr als 20 häufige Krankheiten wie Allergien, Akne und Haarausfall Lösungen bieten soll. Und dabei klinische Angebote von “preisgekrönten Telehealth-Anbietern” auflistet – User:innen können hier Drittanbieter für Telemedizin in Abgleich mit ihrer Zeit und verfügbaren finanziellen Mitteln auswählen und werden mit Mediziner:innen verbunden.

Doch, will man das Thema Gesundheit künftig Konzernen überlassen, die in anderen Staaten bzw. auf anderen Kontinenten sitzen?

Für Lautner gliedert sich dieser Diskurs über das künftige Gesundheitssystem in drei Sektoren: Patienten, Marktteilnehmer und Politik.

Kund:innen im Fokus

In einem hypothetischen Fall erhalten Patient:innen ein Angebot von “Integrated Care”, die Versorgung ist sektoral aufgebaut. Über das digitale Angebot könne man Patienten “Experience” vermitteln. Über alldem würde “Kundenorientierung” stehen, wie sie von Amazon heutzutage priorisiert gelebt wird, so der Gedanke.

Beim Punkt Marktteilnehmer:innen hingegen komme es auf das Level an, mit denen jene agieren. Hierbei würde “auf einen Schlag” ein Leistungsprinzip aktiv werden und auch die Transparenz eine Rolle spielen. Als Patient:in müsse man sich in so einem Fall mit deutlich “weniger Bürokratie auf Leistungsgbringerseite” befassen”, glaubt Lautner. “Amazon kann das Gesundheitssystem als solches herausfordern, eine bessere Versorgung anbieten und ein Wettbewerber zum bestehenden System sein.”

Der letzte Faktor in diesem Diskurs, ist die Frage, wofür die Politik zuständig ist. “Sie kann einen Rahmen setzen und die Versorgung sicherstellen”, so der Health-Experte weiter. “Jedoch besteht hierbei eine Monopolgefahr, die Kosten über das System können steigen und Abhängigkeit ein Problem werden. Beim Kernthema Gesundheit muss man sich fragen, wie sehr man sich hierbei von anderen Ländern und Teilnehmern abhängig machen möchte.”

Positive Entwicklung?

Allerdings, bei diesem Diskurs, so weiß der “Health-Manager” interessiert Patient:innen nicht, welche Sektoren hier schlagend werden oder wie sich das Gesundheitswesen entwickelt, man möchte bloß eine gute Versorgung haben.

“Als Patient kann ich so eine Entwicklung, wie sie bei den Tech-Konzernen stattfindet, durchaus positiv sehen”, denkt er. “Von Videos bis hin zum Shopping gibt es das schon. Warum sollte es nicht im Gesundheitswesen ebenfalls eine Komplettlösung geben? Versorgungsplattformen können Problemlöser sein und zur Versorgungssicherheit beitragen. Da wäre es jedoch wichtig, auch europäische Player zu haben, die Leistungen anbieten.”

Auch die Frage des Datenschutzes ist eine akute, besonders, wenn es um sensible Daten geht: “Wenn man Amazon hernimmt, kann man sich nicht an einen großen Datenschutzskandal erinnern, was nicht heißt, dass es nicht passieren kann. Amazon ist da wohl besser gerüstet, als jeder andere Anbieter”, sagt Lautner. “Google vielleicht ausgenommen. Es gibt ja den Spruch, ‘Datenschutz ist etwas für Gesunde’. In dem Moment, in dem ich krank bin, möchte ich, dass Daten zu einem besseren medizinischen ‘Outcome’ verwendet werden. Gleichzeitig unterliegt Amazon hier dem europäischen Rechtsrahmen und hat sich zu unterwerfen. Wie auch andere europäische Anbieter.”

Neue Vorgangsweisen nötig

Für Lautner wird es am Ende darauf ankommen, Effizienz mit guter Pflege zu verbinden. Durch den eskalierenden Mangel an Fachkräften, wird man sich mehr individuellen Fragen widmen müssen, welche Versorgung tatsächlich ein Patient oder eine Patientin wirklich braucht, ob ein langer Aufenthalt im Krankenhaus nötig ist, oder man besser daheim aufgehoben wäre. Tech-Unternehmen und Startups könnten hier Lösungen liefern und für Spitalmitarbiter:innen Zeit frei spielen. “Es geht schlussendlich darum, wie und wo man die Versorgung sicherstellen und gleichzeitig dem Mangel und Bedarf gerecht werden kann”, so Lautner abschließend.

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Die Kurstafel:

​⚠️ Das Bitcoin-Halving steht unmittelbar bevor

Es steht jetzt endgültig bevor: das vierte Bitcoin-Halving wird in der Nacht auf Samstag über die Bühne gehen. Beim Halving wird die Belohnung, die Miner erhalten, um neue Blöcke zu Bitcoin-Blockchain hinzufügen, halbiert. Die Folge: Es kommen weniger neue Bitcoins in den Umlauf als es ohne Halving der Fall wäre. Diesmal sinkt diese “Ausschüttung” von 6,25 Bitcoin auf 3,125 Bitcoin.

Wer gut im Kopfrechnen ist, kann es sich schon herleiten: Nachdem es das vierte Halving ist, ist die Belohnung zunächst von 50 auf 25 (im Jahr 2012), dann von 25 auf 12,5 (im Jahr 2016) und zuletzt 2020 von 12,5 auf 6,25 gesunken. Das Halving ist dabei aber nicht über einen Zeitraum definiert, allerdings dennoch klar vorherbestimmt: Es findet alle 210.000 Blöcke statt - was in der Praxis aktuell (bei einer Blockzeit von zehn Minuten)  auf etwa vier Jahre hinausläuft.

Das Halving spielt eine extrem wichtige Rolle für die Geldpolitik von Bitcoin. Denn dass die Menge aller jemals bestehender Bitcoin begrenzt ist, ist eines der zentralen Merkmale von Bitcoin. Und geht Hand in Hand mit einer deterministischen Geldpolitik. Es entscheidet keine Zentralbank nach eigenem Ermessen, wie viele Bitcoin in Umlauf kommen. Sondern es ist im Code vorgegeben. 

Und weil neue Bitcoin eben als “Block-Subvention” für Miner entstehen, hängt die Anzahl der im Umlauf befindlichen Coins klarerweise direkt davon ab, wie viele Bitcoin diese “Belohnung” ausmacht. Mit dem Halving ist sichergestellt, dass die Anzahl der neu entstehenden Coins langfristig sinkt. Wichtig dabei: Es sinkt nicht die Gesamtzahl der Bitcoin - es kommen weiterhin neue dazu, nur eben nicht mehr so viele wie vorher.

​📈 Warum das Halving den Bitcoin-Kurs antreiben könnte…

Soweit einmal die Auswirkungen des Halvings auf die in Umlauf kommenden Bitcoin. Für viele, die am Markt aktiv sind, ist aber ein anderer Aspekt interessanter: Wie wirkt sich das Halving auf den Bitcoin-Kurs aus? 

Und auch hier gibt es Theorien, die in Crypto Weekly auch immer wieder diskutiert worden sind. Eine der populärsten Annahmen: Auf das Halving folgt ein Bullenmarkt mit steigenden Kursen. 

Bei den vergangenen drei Halvings war dies - mit einigen Monaten Verzögerung - auch tatsächlich der Fall. Drei Fälle sind aber statistisch nicht viel und die zeitliche Verzögerung macht es noch einmal schwieriger, Kausalitäten herzuleiten. Zumal Bitcoin sich im Jahr 2024 unter völlig anderen Rahmenbedingungen bewegt als in den Jahren 2012, 2016 und 2020.

Anstatt uns von der Vergangenheit leiten zu lassen, werfen wir doch einen Blick auf die Logik hinter der Annahme. Die lautet im Wesentlichen: Wenn weniger Bitcoin in Umlauf kommen, werden sie wertvoller. 

🤔 …und warum vielleicht auch nicht

Aber diese Begründung hat gewisse Probleme: Einerseits sinkt ja das Bitcoin-Angebot nicht, sondern es kommen weiterhin neue dazu. Andererseits ist es beim Bitcoin-Kurs so wie bei jedem anderen Asset: Er wird nicht monokausal vom Angebot bestimmt - ebenso entscheidend ist auch die Nachfrage. Und die hängt von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren ab - die mitunter sogar völlig außerhalb des Kryptomarkts angesiedelt sind. Etwa, wenn makroökonomische oder geopolitische Entwicklungen die Nachfrage nach sämtlichen “Risk Assets” dämpfen. 

Dazu kommt: Dass das Halving kommt, ist bekannt. Wahrscheinlich gibt es nur sehr wenige Ereignisse in der Finanzwelt, deren Eintreten mit dermaßen geringer Unsicherheit vorhergesagt werden kann. Und kursrelevante Ereignisse, die bereits bekannt sind, sind im Normalfall bereits im Kurs widergespiegelt. 

Natürlich kann man trefflich darüber diskutieren, ob der Kryptomarkt einen effizienten Markt darstellt. Aber grundsätzlich ist die geschilderte Annahme plausibel: Wer ein iPhone verkauft, von dem man sicher weiß, dass es in drei Monaten kaputt geht, wird dafür einen geringeren Preis erzielen als wenn dies nicht der Fall ist. Der Käufer weiß, dass das passieren wird - und preist es dementsprechend ein. Analog dazu läuft es an den Finanzmärkten. 

Heißt das nun also, dass das Halving keine Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs haben wird? So einfach ist es dann auch wieder nicht. Wie schon in Crypto Weekly #124 geschildert, kann das Halving bis zu einem gewissen Grad auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden: Wenn alle auf einen Kursanstieg setzen, kommt er dann tatsächlich - zumindest vorübergehend. Der Kurs wird in einem solchen Fall also nicht vom Halving selbst getrieben, sondern von der Wahrnehmung des Halvings durch die Trader:innen. 

Entscheidend dabei ist aber: Die kurzfristige Kursreaktion auf das Halving ist jedenfalls spekulativ getrieben. Und spekulativ getriebene Marktbewegungen können schnell in die eine wie auch in die andere Richtung gehen. Wie sich das Bitcoin-Halving kurzfristig auf den Kurs auswirken wird, werden wir morgen wissen. Zuverlässig voraussagen, lässt es sich jedenfalls nicht.


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