17.04.2018

Großkunde für Smartphone-Texterkennungs-System von Wiener Anyline

Der Wiener Texterkennungs-Spezialist Anyline gewinnt den Tiroler Konzern Tyrolit als Kunde. Das Machine Learning-basierte Texterkennungssystem für Smartphones des Unternehmens soll dort für enorme Zeiteinsparung sorgen.
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Anyline kooperiert mit Tyrolit
(c) derbrutkasten: Anyline Co-Founder und CEO Lukas Kinigadner

Riesige Lager in die täglich Massen an neuen Waren aus aller Welt geliefert werden – das ist in vielen Großbetrieben Teil des Alltags. Einer davon ist der Tiroler Werkzeug-Konzern Tyrolit, Teil des Swarowski-Firmenimperiums, der im Bereich Schleifmittel mit 670 Millionen Euro Jahresumsatz (2017) zu den Weltmarktführern zählt. “Jede dieser Lieferungen hat eine eindeutig identifizierbare Chargennummer oder einen Barcode aufgedruckt. Die wurde bislang händisch abgetippt bzw. gescannt und ins SAP-System eingetragen”, erzählt Lukas Kinigadner, Co-Founder und CEO des Wiener Unternehmens Anyline. Da die Wareneingänge von verschiedenen Zulieferern aus der ganzen Welt stammen, sind die Nummern und Codes alles andere als einheitlich. Sie sind in unterschiedlichen Größen auf unterschiedlichen, teils unebenen Flächen abgedruckt. Also ein klassischer Fall für händische Arbeit – eigentlich.

+++ Accenture und Anyline: So geht Corporate-Startup-Collaboration +++

Tyrolit: “Weniger manuelle Fehler”

Denn Anyline bietet genau für diese Herausforderung eine Lösung, mit der Tyrolit nun als Kunde gewonnen wurde. Mit dem Machine Learning-basierten Texterkennungssystem des Unternehmens, können die Mitarbeiter des Konzerns die Produktcodes nun mit dem Smartphone aus der Entfernung scannen. Die App ist direkt mit dem SAP-System verknüpft und automatisiert so die Eintragung. Anyline erfülle mit seiner Technologie dabei eine Brückenfunktion zwischen Analog und Digital, sagt Kinigadner. “Zahlen können sowohl Menschen als auch unsere Software lesen”. Man könne also digital mit vorhandenen Systemen arbeiten, anstatt auf komplett neue umstellen zu müssen. “Der Prozess vom Erfassen und Senden der Informationen funktioniert mit dem System schnell, fehlerlos und ist eine zuverlässige Erweiterung für unsere Arbeitskräfte direkt vor Ort. Mit der Lösung entstehen weniger manuelle Fehler beziehungsweise falsche Anlieferungen”, sagt Eduard Kohler, der bei Tyrolit für Business Application Management zuständig ist.

“Der Vorstand dreht bei uns nicht durch, wenn wir kommen. Wir sind vielleicht nicht das coolste Investment, aber das beste.”

Canon, Porsche und Red Bull als Bestandskunden

Dass die Texterkennung (OCR-Technologie) – auch offline – direkt auf dem Smartphone abläuft, ist eine der großen USPs von Anyline. “Diese Hardware hat jeder bereits, oder sie kann zumindest relativ günstig angeschafft werden. Das spart unseren Kunden eine Menge Geld bei der Implementierung”, sagt Kinigadner. Und Tyrolit ist nicht der erste große Kunde, den Anyline mit der Technologie gewinnen konnte. Canon, Swisscom, Porsche Austria, Red Bull Mobile und Global Blue zählen zu den Auftraggebern für Whitelabel-Lösungen, die genannt werden dürfen. Und es gebe noch weitere große Player, die man nicht öffentlich kommunizieren könne, sagt Kinigadner. Dabei punkte man in der Kundenansprache durch das klare Aufzeigen von Usecases. “Der Vorstand dreht bei uns nicht durch, wenn wir kommen. Wir sind vielleicht nicht das coolste Investment, aber das beste”, erzählt der CEO.

“Hansi hat in weiteren Runden für uns mitverhandelt”

Nicht nur Kunden, auch eine Reihe bekannter Investoren konnte Anyline so schon überzeugen. Bereits sehr früh stieg etwa Hansi Hansmann ein. “Er hat dann auch in den weiteren Runden für uns mitverhandelt”, erzählt Kinigadner. “Was ich an ihm besonders schätze ist, dass er dabei extrem fair gegenüber allen beteiligten ist”. Anfang 2016 wurde eine dieser Runden abgeschlossen – 1,5 Millionen Euro kamen damals von Windkraft-Unternehmer Lukas Püspök, Busuu-Gründer Bernhard Niesner und dem Silicon Valley-Fonds iSeed Ventures, der auch bei mySugr an Bord war. Auch dabei war damals Gernot Langes-Swarowski, großer Anteilseigner bei Tyrolit. Nur wenige Monate später wurde damals ein 500.000 Euro-Investment von Hermann Hauser bekanngegeben. Die vier Co-Founder, Kinigadner (CEO), Daniel Albertini (CTO), Jakob Hofer (CMO) und David Dengg (Developer) halten dennoch gemeinsam noch mehr als 60 Prozent des Unternehmens.

Archiv: Anyline CEO Kinigadner im Video-Interview:

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Grafiken zur Startup Entwicklung Österreich
Eigene Grafiken, Karte Rechts (c) ASM
mit Visuals

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Es ist das Jahr 2014, brutkasten wurde soeben gegründet. Im September launcht Bitpanda, damals noch unter dem Namen Coinimal, Runtastic bringt ein Fitnessarmband auf den Markt und Shpock steht kurz vor der Übernahme durch den norwegischen Medienkonzern Schibsted. Die Startup-Szene boomt.

Das alles ist heute zehn Jahre her. Eine lange Zeit, in der in der österreichischen Startup-Szene einiges passiert ist – Erfolgsstorys von großen Exits werden geschrieben, Investor:innen stecken Millionenbeträge in junge Unternehmen, staatliche Gesellschaften wie die FFG vergeben jährlich 100 Millionen Euro für Projekte von Startups. Aber auch Krisen wie die Covid-19-Pandemie erschütterten die Wirtschaft – immer wieder werden Startups insolvent.

All diese Veränderungen versucht der Austrian Startup Monitor (ASM) festzuhalten, hinter dem das Austrian Institute of Technology (AIT) steht. Durch jährliche Umfragen erhebt die Forschungseinrichtung wichtige Daten, die einen Überblick über die Welt der Startups liefern. Diese Daten wurden brutkasten exklusiv zur Verfügung gestellt. Wir haben uns an – gesehen, was sich in den letzten zehn Jahren in der österreichischen Startup-Szene verändert hat.

Gründungsland Österreich

Beginnen wir mit den Neugründungen. Insgesamt 277 Startups wurden 2014 – im Entstehungsjahr von brutkasten gegründet. Anschließend stieg die Anzahl der Gründungen jährlich, bis der Wert 2017 mit 379 Startups seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.

Was die Daten des ASM ebenfalls zeigen, ist ein kleiner Rückgang im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie. Doch die Startup-Szene erholt sich schnell, bereits 2021 befinden sich die Neugründungen wieder auf Vorkrisenniveau. Aufgrund der vom AIT ausgewählten Suchstrategien, scheinen neu gegründete Startups erst mit einer zeitlichen Verzögerung bis zu zwei Jahren in den Daten auf. Doch für 2022 bis heute wird, ähnlich der Werte aus Deutschland, eine stabile Anzahl an Neugründungen erwartet  – wenn auch mit einem leichten Rückgang.

Investments: Mehr Deals, Gesamtsumme aber zuletzt rückläufig

Dass Startups über die Jahre vor allem wirtschaftlich immer relevanter werden, zeigen auch die Daten des jährlich erscheinenden EY Start-up-Barometer. Die Studie verrät, dass die Anzahl der Investments für österreichische Startups im vergangenen Jahr ein Rekordhoch erreicht hat. Noch nie zuvor wurden so viele Deals abgeschlossen.

Hier lohnt sich jedoch der Blick auf die Gesamtsumme der Investments. Denn 2023 waren die Investmentbeträge zum zweiten Mal rückläufig. Wie die Daten von EY zeigen, wurden 2023 zwar weit mehr Investments abgeschlossen als jemals zuvor, allerdings gab es keinen einzigen Großdeal im Umfang über 100 Millionen Euro.

2021 war die Anzahl an Investments zwar noch um einiges niedriger als 2023, allerdings katapultierte die Anzahl an Großdeals - wie etwa jene von Bitpanda oder GoStudent - die Summe in eine noch nie da gewesene Höhe. Über 1,2 Milliarden Euro wurde damals in Startups investiert  – mehr als die Hälfte davon alleine durch Großdeals.

Startups werden immer höher bewertet

Neben der Anzahl an Investments steigt auch die Bewertungen der Startups kontinuierlich. Aus den Daten des ASM geht hervor, dass die Investor:innen 2019 noch den Großteil der Startups mit weniger als 2,5 Millionen Euro bewertet haben. Doch bereits im Jahr darauf hat sich alles geändert: Mehr als die Hälfte der Startups erhielt eine Bewertung über dem Schwellwert. 

Seitdem sind die Bewertungen jährlich gestiegen. Im vergangenen Jahr kamen 44 Prozent der heimischen Startups auf eine Bewertung von mehr als fünf Millionen Euro  –  so hoch war der Wert noch nie. Einige Startups haben Bewertungen von über 100 Millionen Euro erreicht.

Startup-Gründung: eine Frage des Geldes

Insgesamt steigt zwar die Anzahl der Investments und auch die Bewertungen. Doch auf welche Finanzierungsformen setzen österreichische Startups überhaupt in welchem Ausmaß?

Die Daten zeigen: Bootstrapping bleibt nach wie vor häufigste Finanzierungsform. Zwei von drei Founder:innen finanzieren ihr Startup aus eigenen Mitteln. Allerdings ist der prozentuale Anteil an eigenfinanzierten Startups seit 2018 stark zurückgegangen. Vor sechs Jahren wurden noch 81 Prozent der Startups gebootstrappt - letztes Jahr waren es nur noch 66 Prozent.

Auch hier zeigt sich, dass öffentliche Förderungen aktuell wieder häufiger werden. Rund die Hälfte der Startups erhielt nationale Unterstützungen. Auch gaben mehr als ein Viertel der Startups an, sich aus dem Cashflow zu finanzieren. Daneben hat gut jedes vierte Startup einen Business Angel hinter sich. Hingegen spielen Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding nur mehr eine sehr geringe eine Rolle.

Beliebte Branchen

Vor zehn Jahren war Künstliche Intelligenz noch weitaus weniger verbreitet als heute. Doch die Grundsteine waren bereits gelegt. Aus den Fortschritten im maschinellen Lernen gingen die ersten Pioniere hervor: 2014 übernahm Google das Startup DeepMind und bald danach wurde auch OpenAI gegründet - das Unternehmen hinter der beliebtesten KI ChatGPT. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, bis KI auch die österreichische Startup-Szene umkrempelt.

Was aus der Grafik hervorgeht ist, dass IT & Software prozentual gesehen nach wie vor die dominierende Branche bleibt. Startups in der Branche der Life Sciences bekamen in den vergangenen Jahren starken Zuwachs. Ein Rückgang hingegen gab es bei den Anteilen an Hardware-Startups. Sie verlieren über die Jahre immer mehr an Bedeutung – verhältnismäßig setzen sich auch immer weniger Jungunternehmen in der industriellen Technologie an.

Dass Life-Science-Startups beliebter werden, zeigt sich auch bei den Gründungsformen. Akademische Startups, also Unternehmen, die als Spin-Off an einer Universität oder an einer Fachhochschule entstanden sind, machen heute knapp ein Viertel aller Gründungen aus. Aber dennoch: Mehr als jedes zweite Startup wird weiterhin unabhängig gegründet.

Frauen in den Gründungen

Auch der Frauenanteil in den Gründungsteams verändert sich. Nach den Daten des ASM waren vor sechs Jahren nur rund zwölf Prozent der Gründer:innen Frauen, während insgesamt 29 Prozent der österreichischen Gründungsteams zumindest eine Frau im Team hatten.

Bis 2022 stieg der Frauenanteil in den Gründungsteams auf rund 39 Prozent, bevor er vergangenes  Jahr wieder leicht zurückging. Der Anteil der Gründerinnen insgesamt hat sich bei etwa 17 Prozent eingependelt – auch dieser Wert ist leicht rückläufig.

Startups-Teams wachsen

Anhand der Anzahl der Mitarbeiter:innen zeigt sich: Startups wachsen. Vor sechs Jahren, also 2018, waren durchschnittlich 8,2 Mitarbeitende pro Startups angestellt. Nur drei Jahre später, 2021, waren es mit 12,3 Mitarbeiter:innen bereits um die Hälfte mehr. Auch im vergangenen Jahr waren durchschnittlich wieder 12,3 Mitarbeitende pro Startup angestellt.

In welchen Bereichen werden Mitarbeitenden eingesetzt? Am meisten gefragt ist nach wie vor IT und Softwareentwicklung. Jährlich gaben mehr als 40 Prozent der heimischen Startups an, dass sie hierbei Probleme in der Besetzung haben – 2022 war es sogar die Hälfte aller Startups.

Auch Positionen im Sales und in der Produktentwicklung sind gefragt – mehr als ein Viertel der Startups sucht ergiebig nach Angestellten.

Finanzielle Realität

Doch wie viel Umsatz machen die Startups am Ende des Jahres wirklich? Die Antwort wirkt etwas ernüchternd: Nach wie vor geben etwas mehr als ein Viertel der heimischen Startups an, keinen Umsatz zu machen. Ein weiteres Viertel hingegen äußert, dass sie einen Umsatz bis 50.000 Euro hatten – auch dieser Wert bleibt über die Jahre unverändert.

Immerhin kann die andere Hälfte von sich behaupten, einen Umsatz zu erwirtschaften, der darüber liegt. Nicht nur das, auch gibt mehr als jedes zehnte Startup an, bereits einen Umsatz über einer Million Euro zu haben.

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Die Daten, die wir für diesen Artikel verwenden, wurden dem brutkasten vom Austrian Startup Monitoring (ASM) zur Verfügung gestellt, sowie vom EY Start-up Investment Barometer Österreich 2023 abgerufen. Das ASM wird vom Austrian Institute of Technology (AIT) an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Jährlich befragt die Forschungseinrichtung die österreichische Startup-Szene empirisch. https://austrianstartupmonitor.at/


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