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Mit LittleThings baute der US-Unternehmer und -Investor Joe Speiser ab 2014 ein auf die Produktion und Verbreitung von viralem Content spezialisiertes Startup auf. Mit der “female focused feel good entertainment company” habe man Anfang 2018 mit mehr als 75 Millionen US-Dollar Jahresumsatz gerechnet und 110 Mitarbeiter:innen beschäftigt, erzählt Speiser in einem viralen Twitter-Thread unter dem Titel “Wie die Abhängigkeit von Facebook mein Startup 100 Millionen Dollar und 110 Jobs kostete”.
LittleThings: Erst Facebook-Liebling, dann plötzlich zu “fluffig”
“Wir bauten das Geschäft auf dem Rücken von Facebook auf, indem wir aus ihrem Füllhorn von Viewern schöpften. Unser Wachstum war hervorragend und unser Traffic und die Zahl unserer Videoaufrufe stiegen über jene von Buzzfeed, ABC, CNN, HuffPo und Fox hinaus in die Höhe”, schreibt der Unternehmer. Am Gipfel des Erfolgs lag LittleThings bei 20 Millionen Social Media-Followern und 900 Millionen Video-Views pro Monat. Täglich produzierte man vier Stunden Live-Show. “Facebook hat uns ständig in seinem Hauptquartier empfangen und LittleThings sogar auf seiner F8-Konferenz als Bespiel für den Aufbau eines Medienunternehmens hervorgehoben. Die Dinge hätten nicht besser laufen können”, erzählt Speiser.
Doch dann kam die große Wende: Der Facebook-Algorithmus wurde im Februar 2018 massiv geändert. “Wir hatten schon Unmengen Algo-Änderungen hinter uns, daher beunruhigte uns das zunächst nicht. Aber irgendetwas war anders. Ganz anders”, erzählt Speiser, “unsere hochrangigen Kontakte bei FB sagten, dass Zuck die fluffigen Inhalte, die wir produzierten, nicht mochte und dass er ernster genommen werden wollte. Er wollte, dass das Land Facebook respektiert und seine aktuellen News dort erhält”. Er habe dann hilflos zusehen müssen, als der organische Traffic um 90 Prozent einbrach, so der Gründer.
“Es war ein Todesurteil”
Seitens Facebook sei man nur auf den neuen Fokus und die Möglichkeit von bezahltem Content verwiesen worden. “Wir gaben damals bereits fast vier Millionen Dollar pro Monat für Werbung aus, also gingen sie einfach davon aus, dass wir noch mehr zahlen würden”, erzählt Speiser. Doch tatsächlich sei der Unterschied in der Gewinnspanne zwischen bezahltem und organischem Content extrem gewesen und bei 10 bis 20 Prozent zu 90 Prozent gelegen. So habe man die 110 Mitarbeiter:innen für Live-Produktion und Co nicht halten können. “Es war ein Todesurteil”. Dabei sei das Timing zusätzlich schmerzlich gewesen. Bereits weit fortgeschrittene Verhandlungen zu einem 100 Millionen US-Dollar-Übernahme-Deal mit einem europäischen Käufer seien geplatzt und man habe schließlich ein deutlich niedrigeres Angebot annehmen müssen.
Warum man nicht früher diversifiziert habe, fragt Speiser sich selber. Es habe zu dem Zeitpunkt einfach keine richtigen Alternativen gegeben. “Wir haben jahrelang versucht, uns zu diversifizieren, und viel Anstrengung in OTT, E-Mail, Pinterest und Youtube investiert. Snapchat war noch zu jung für unsere Zielgruppe, und TikTok gab es noch gar nicht”, erzählt der Gründer. Doch es sei nie gelungen, eine Balance mit der unglaublich großen Zahl an Facebook-Views zu schaffen. “Wir waren süchtig auf den FB-Traffic”.
“Warnende Geschichte für jeden Startup-Gründer da draußen”
Jahre später würden ihm nun als Angel Investor Businesses, die gänzlich auf Shopify, Amazon, Instagram, TikTok, Google Apps oder sonst was aufgebaut sind, “einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen”. “Es ist ein sehr scharfes zweischneidiges Schwert. Du kannst unmittelbaren Zugang zu Millionen Leuten und schnelles Wachstum bekommen. Aber kannst du nachts wirklich gut schlafen, wenn du weißt, dass das jederzeit durch eine einfache Änderung des Algorithmus zunichte gemacht werden kann?” sagt Speiser. Er wolle, dass das “eine warnende Geschichte für jeden Startup-Gründer da draußen” ist. “Wähle deine Plattformen mit Bedacht aus und denke immer daran: Was sie geben können, können sie auch nehmen…”, schließt der Gründer.