14.04.2016

Das Einzelbüro ist eine aussterbende Rasse

Wolfgang Bretschko ist Unternehmer, Business Angel, Mentor und Berater mit über 20 Jahren Erfahrung im (Konzern-) Management. Zuletzt hat er das COCOQUADRAT gegründet- das erste Coworkcafé in Wien. Ein Konzept, das er von Amerika nach Österreich gebracht hat. In seinem Gastkommentar für den Brutkasten widmet er sich "der neuen Welt des Arbeitens".
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Arbeitszeit
Wolfgang Bretschko ist alles in einer Person: Business Angel, Manager, Coach und Gründer.

Wenn ich von Zeit zu Zeit abends am neuen Headquarter der Erste Bank vorbei komme bin ich beeindruckt ob der Architektur des Gebäudekomplexes. Besonders abends, wenn die Innenbeleuchtung Einblicke in die Büros und Besprechungsräume gewährt, offenbart sich die moderne Eleganz des Gebäudes. Ich sehe unzählige Büros und Besprechungsräume, sorgfältig und ordentlich aufgeräumt, die meisten von ihnen verlassen und leer. Da frage ich mich, wie groß die Auslastung dieser Großraumbüros und Besprechungsräume übers Jahr sein mag. Sind es 80%, 50% oder gar nur 30%? Wie viele Stunden im Jahr stehen diese Räume leer, weil sich die viel beschäftigen Manager zwischen 22:00 und 6:00 morgens selbst wohl eher zu Hause oder in der Innenstadt aufhalten oder weil am Samstag und Sonntag doch die Mehrheit der Mitarbeiter verdienter Weise das Wochenende genießt.

Kann man ein derartiges Gebäude wirtschaftlich sinnvoll auslasten?

Braucht es noch solche Gebäude?

Wie wäre es, wenn Firmen dazu übergehen, ihre Büros und Besprechungsräume allgemein zugänglich zu machen?

Eine Vision entsteht

Wie wäre es, wenn Firmen dazu übergehen, ihre Büros und Besprechungsräume allgemein zugänglich zu machen? Keiner hat mehr einen fixen Arbeitsplatz. Banken könnten ihren Kunden ihre Arbeitsplätze und Besprechungsräume zur Verfügung stellen. Jeder kann über eine APP seinen Platz flexibel buchen. Die eigenen Mitarbeiter werden mit Priorität behandelt, über einen smarten Algorithmus lernt das System, wer wann eine Arbeitsplatzbedarf hat, durch die Verknüpfung mit den Kalendern der Mitarbeiter kann das System Vorschläge machen und so zu einer deutlich höheren Auslastung des Gebäudes führen.

Die Bonität der Kunden könnte auch als Kriterium für die Vertrauenswürdigkeit herangezogen werden. Eine Bank verfügt über genügend Informationen. Es entstehen völlig neue „Kunden“-beziehungen, durch die Vernetzung unterschiedlichster Personen werden neue Geschäftsideen generiert. Kundenbindung einmal ganz anders gedacht. Klingt utopisch? Nein, ist es mit Sicherheit nicht.

Die Arbeitswelt um uns ändert sich rasant

Das Einzelbüro ist eine aussterbende Rasse. Die Grenzen zwischen Firmen und Kunden werden fließend, ebenso wie die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Von San Francisco ausgehend hat sich der Trend zum Coworking in den letzten 10 Jahren schnell über den Globus verbreitet. Coworkingspaces finden sich heute in jeder mittleren bis kleinen Stadt. Einzelunternehmer und kleine Firmen, sowie Startups teilen sich die Büroinfrastruktur, es entstehen Communities, die sich gegenseitig befruchten und so zu neuen Geschäftsideen führen.

Das Einzelbüro ist eine aussterbende Rasse

Die Globalisierung und die Digitalisierung befeuern diese Entwicklungen. Viele Menschen machen sich selbständig bzw. gründen ihr eigenes Unternehmen, weil sie sich damit einen Traum erfüllen wollen oder pragmatischer, weil sie aus dem normalen Arbeitsverhältnissen gedrängt werden. 77% aller Neugründungen, mehr als 30.000 in Österreich in 2015 waren Einpersonenunternehmen. Bereits 58% aller Unternehmen in Österreich sind Einpersonenunternehmen. Ein Trend der auch europaweit zu verfolgen ist.

Firma gründen – einfach wie nie

Dieser Trend zur Selbständigkeit und zu kleinen unternehmerischen Einheiten wird durch die heutigen technologischen Möglichkeiten erst ermöglicht und weiter gefördert. Es war noch nie so leicht sein eigenes Unternehmen zu gründen. Mit Laptop und Smartphone ist man heute geschäftsfähig. Ich kann meinen Geschäften überall wo es WLAN oder 3G gibt – und wo gibt es das heutzutage nicht? – nachgehen. Alle relevanten Unterlagen und Geschäftsdaten sind in der Cloud gespeichert. Über Tools wie Slack, Asana oder Trello kann ich mit meinen Teammitgliedern ortsunabhängig zusammenarbeiten. Wenn ein persönlicher Austausch notwendig ist, nutze ich Skype oder ein ähnliches Service. Die meisten dieser Tools sind noch dazu kostenlos verfügbar. Zum Betrieb dieser Infrastruktur hätte ich früher eine IT-Abteilung genötigt. Dank Apple, kann ich diese Services im „Plug&Play“ Modus selbst einrichten und nutzen. Der weltweite Startup-Boom sorgt dafür, dass durch ständige Innovationen die Möglichkeiten weiter wachsen werden.

Sharing Economy

Neben diesen technologischen Rahmenbedingungen sind die neuen Geschäftsmodelle der Sharing Economy ein zusätzlicher Treiber für völlig neue Möglichkeiten. Es geht immer mehr ums Benützen und nicht um das Besitzen. Muss ich heute noch eine CD besitzen um Musik zu hören, oder reicht die Mitgliedschaft bei Spotify? Brauche ich ein eigenes Auto oder reicht mir eine „Car to Go“ Mitgliedschaft? Airbnb und UBER sind weitere prominente Beispiele für diese neue Sharing Economy.

Und damit schließt sich für mich der Kreis zu den Möglichkeiten der neuen Welt des Arbeitens. Brauche ich noch ein eigenes Büro um meiner Arbeit nachgehen zu können? Brauche ich als Firma noch ein eigenes Bürogebäude für meine Mitarbeiter oder kann ich es für meine Kunden öffnen?

Ich freue mich schon, wenn ich über mein Smartphone von Zeit zu Zeit meinen Arbeitsplatz im Erste Campus reservieren kann.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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