11.04.2017

Vier Tage Arbeit sind genug

Ein Grazer Startup wird zum Vorreiter eines neuen Arbeitszeitmodells. Bei Bike Citizens bleibt nämlich das Büro am Freitag leer.
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(c) Kzenon - fotolia.com: Glückliche Angestellte bei Bike Citizens.

Vier Tage arbeiten, gefolgt von drei Tagen Wochenende: In einigen Ländern, darunter etwa Schweden, ist das Arbeiten an nur vier Tagen pro Woche in vielen Unternehmen keine Seltenheit mehr. Sogar in China hat die Regierung in ausgewählten Städten die Arbeitszeit gekürzt. Das soll vor allem den Konsum der Bevölkerung steigern. Auch in Österreich ist ein Herabsetzen der Arbeitszeit auf vier Tage in der Woche schon länger ein Thema.

Praktikanten bis Chef

Das Grazer Startup Bike Citizens hat das Modell im Juli 2014 in die Praxis umgesetzt. Vor sechs Jahren gründeten Daniel Kofler und Andreas Stückl das Unternehmen, das Fahrrad-Navigations-Apps für mehr als 200 europäische Städte zur Verfügung stellt. Mittlerweile arbeiten über 20 Mitarbeiter für die Firma – jede Woche von Montag bis Donnerstag. Am Freitag bleibt das Büro leer. Im Einvernehmen mit den Mitarbeitern wurde das Wochenpen- sum auf 36 statt 38,5 Stunden reduziert. Das gilt für alle – vom Praktikanten bis zum Chef.

Redaktionstipps

An den Arbeitstagen gibt es eine Kern- arbeitszeit von 9:00 bis 15:00 Uhr. Die restlichen zwölf Stunden können die Angestellten frei auf die anderen Wochentage aufteilen – notfalls auch auf den Freitag, wobei die Geschäftsleitung bevorzugt, die Mitarbeiter wirklich nur an vier Tagen im Haus zu haben.

Die Idee dahinter

Ein ausgeruhtes, zufriedenes Team kann in vier Tagen effizienter arbeiten als ein gestresstes, abgespanntes Team in fünf, weil es mit mehr Motivation und Energie in den Job startet. Gerade Kopfarbeit würde erholte, zufriedene Angestellte erfordern, erklärt Geschäftsführer Daniel Kofler. Eine Mitarbeiterin bestätigt das: „Wenn nur noch Zeit zum ,Funktionieren‘ bleibt und der Ausgleich fehlt, wird die Qualität irgendwann zu leiden beginnen.“

Organisatorische Herausforderung

Natürlich bringt die Vier-Tage-Woche aber auch besondere organisatorische Herausforderungen mit sich: „Gute Kommunikation und Strukturen sind wichtig, damit Prozesse nicht blockiert werden. Wir haben uns zum Beispiel darauf geeinigt, Meetings auf den Nachmittag zu legen, sodass am Vormittag Ruhe und Zeit bleibt, um die jeweiligen To-dos ungestört voranzubringen.“ Dass sich durch die Vier-Tage-Woche die Produktivität seines Unternehmens verringert, befürchtet Kofler nicht. Er kann sich sogar vorstellen, die Arbeitszeit sukzessive auf 30 Stunden pro Woche zu verringern.

Andere Prioritäten

Bei den Mitarbeitern von Bike Citizens ist die Resonanz auf die alternative Arbeitszeitregelung durchwegs positiv. Entsprechend der gekürzten Stundenzahl verzichten sie auf einen Teil ihres Gehalts, sind mit ihrem Job aber dennoch zufrieden: „Wir nähern uns mit dem Modell langsam dem Zwei-Jahres-Jubiläum und bislang gab es keine Wünsche, wieder auf fünf Tage umzustellen.“ Der längere Freizeitblock ermögliche den Mitarbeitern eine bessere Work-Life- Balance. Studien zufolge soll diese vor allem für die Generation Y, also die zwischen 1980 und 2000 Geborenen, größere Priorität haben als das Einkommen.

Eine Frage des Timings

Wer nur vier Tage in der Woche arbeitet, hat auch genügend Zeit, eigene Projekte zu entwick- eln und voranzutreiben. Bei Bike Citizens macht man sich dennoch keine Sorgen, dass zu viele Mitarbeiter sich selbstständig machen könnten: „Wer sich selbstständig machen will, wird ohnehin Wege nden, dies zu tun. Da kann eine Vier-Tage-Woche sicher von Vorteil sein. Aktuell wird der zusätzliche freie Tag aber ganz anders genutzt – Hobbys, Familie, Rad fahren …“

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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