08.07.2016

Neue Startup-Strategie: Positives Gründerklima für Niederösterreich

ideen.reich, zukunfts.reich,chancen.reich - mit dieser neuen Spin-Off-Initiative soll der Unternehmensstandort Niederösterreich gestärkt werden. Gründen soll an Attraktivität gewinnen. Bereits Schüler werden einbezogen.
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Mit einer neuen Strategie soll Gründen in Niederösterreich attraktiver gemacht werden.
kooperation

Dass etwas passieren musste war klar. Nach zahlreichen Gesprächen mit Startups, Unternehmen und Business Angels war auch klar was. Eine neue Spin-Off-Initiative für Niederösterreich. “Diese neue Spin-Off-Strategie ist ein weiterer Schritt, damit aus den Ideen und Forschungsergebnissen der Wissenschaftler erfolgsversprechende Gründungen entstehen”, mit diesen Worten stellt NÖ-Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav die neue Strategie im TFZ in Wiener Neustadt vor.

Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

v.l.n.r. Landesrätin Petra Bohuslav, Norbert Gamsjäger, Geschäftsführer AAC, Doris Agneter, Geschäftsführerin tecnet equity (c) NLK Johann Pfeiffer
v.l.n.r. Landesrätin Petra Bohuslav, Norbert Gamsjäger, Geschäftsführer AAC, Doris Agneter, Geschäftsführerin tecnet equity
(c) NLK Johann Pfeiffer

Das Ziel ist klar – Niederösterreich soll ein attraktiver Standort für Unternehmensgründungen werden. Federführend sind dabei der niederösterreichische Inkubator “Accent” und Venture Capital Geber “technet equity“. Aber auch auf Seiten der Politik bemüht man sich Jungunternehmern eine Stütze zu sein. “In Niederösterreich wurde in den vergangenen Jahren einerseits sehr viel in Forschung und in den universitären Aufbau investiert und andererseits ein Unterstützungssystem für junge Gründer aufgebaut. Das positive Gründungsklima soll weiter gesteigert werden”, sagt Bohuslav.

“Positives Gründerklima in NÖ soll weiter gesteigert werden.”

ideen.reich – chancen.reich – zukunfts.reich

Aus drei Schritten setzt sich die neue Initiative zusammen:

(c) Technet equity
(c) Technet equity
  • ideen.reich – Potential moblisieren
    Potential muss mobilisiert werden. Ziel ist es zu zeigen, wie Forschung und Technologie wirtschaftlich umgesetzt werden können. Potentielle Gründer sollen motiviert werden eine Idee mit einem eigenen Unternehmen umsetzen zu wollen. Jungunternehmer werden von der Idee über das Businesskonzept bis zur erfolgreichen Umsetzung begleitet. Auch in Schulen und anderen Ausbildungseinrichtungen sollen vermehrt Awareness-Maßnahmen gesetzt werden, um das Thema Startup in den Köpfen der Jugend zu verankern.
  • chancen.reich – Von der Idee zum Business-Konzept
    Motivierte Menschen sollen bei der Gründung von Unternehmen unterstützt werden. Das Angebot richtet sich an Studierende, Wissenschaftler aber auch forschungsintensive Unternehmen. Mittels intensivem Coaching und Beratung bei der Umsetzung soll eine Geschäftsidee schneller und erfolgreicher umgesetzt werden. Anschub-Finanzierungen für den ersten Prototyp und auch bei Absicherungen bei geistigem Eigentum zählen zum Programm. Ein pre-incubator-Modell (dem u.a. die Terminplaner-App Gatherer entsprungen ist) wie es an der FH St. Pölten bereits läuft, soll auf weitere Bildungseinrichtungen ausgeweitet werden.
  • zukunftsreich – Umsetzung ermöglichen
    Der letzte Punkt behandelt das Thema Finanzierung. Gründer werden von der Idee bis zur Gründung begleitet und in Finanzfragen unterstützt. Das Netzwerk und die Infrastruktur sollen ebenfalls erweitert werden, um sowohl Gründern als auch dem Rest der Branche eine bessere “Spielwiese für Business” zu geben. Ein key-player in diesem Bereich ist der Venture-Capital-Fonds technet equity, der Unternehmen finanziert. Darüber hinaus soll auch eine engere Zusammenarbeit mit Business Angels weiter forciert werden.

Startups von Standort NÖ begeistert

Die beiden niederösterreichischen Startups “Blinos” und “Keyper” haben sich bewusst für den Standort NÖ entschieden. “Accent hat in der Anfangsphase eine wichtige Rolle für uns gespielt und uns in sowohl juristischen als auch bürokratischen Fragen entscheidend weitergeholfen”, sagt Philipp Pamminger von Blinos. “Für uns liegt Wiener Neustadt praktisch. Wir haben die Nähe zu Wien, ein Teil des Teams sitzt auch in Wien, doch wir können für unseren Unternehmensalltag in gewohnter (und nicht ganz so hektischer) Umgebung bestreiten”, meint Andreas Kreuter von Keyper.


Blinos produziert Außenrollos, die ohne Werkzeug montierbar sind. Hitze schafft somit nicht den Weg durchs Fenster und die Wohnung bleibt kühl. Keyper ist ein Software-Entwickler im Ticketing-Bereich. Die App erleichtert sowohl Veranstaltern als auch Eventbesuchern den Vertrieb und das Bekommen von Tickets.


AAC – Vorzeigebeispiel für Gründung aus Forschung

Ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Gründung aus einer Forschungseinrichtung ist die Firma Aerospace & Advanced Composites GmbH (AAC). Diese wurde im Oktober 2010 als Spin-Off von Wissenschaftern des Forschungszentrums AIT gegründet. “Bei der Gründung haben mir dabei das Know-how sowie das Netzwerk der accent-Mitarbeiter sehr geholfen”, erzählt Dr. Norbert Gamsjäger, Geschäftsführer der AAC. Sein Unternehmen bietet Forschungs-, Entwicklungs- und Engineering-Dienstleistungen für Luft- und Raumfahrt sowie spezialisierte terrestrische Anwendungen an. Dort werden Materialien sowie Komponenten bzw. Bauteile für die Raumfahrt geprüft. Es ist somit der einzige private Anbieter auf diesem Gebiet in Österreich. Seit Juli 2012 hat die Firma mit ihren 25 Mitarbeitern ihren Standort am TFZ Wiener Neustadt.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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