12.10.2015

Produktivere Startups: Die Lehren aus Groupon und Zalando

Zuckerbrot und Peitsche? Dass traditionelle Hierarchien den Unternehmenserfolg schmälern können, kann man mitunter in den Kennzahlen ablesen. Wir haben mit dem Unternehmer Julian Teicke und dem Berater Gerald Mitterer darüber geredet, warum Startups dringend über ihre Organisations-Struktur nachdenken sollten.
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Natürlich ist der Online-Händler Zalando erfolgreich. 2,2 Mrd. Euro Umsatz wurden im vergangenen Jahr von rund 9000 Mitarbeitern erwirtschaftet. Zappos, ein US-Onlinehändler, ist das Vorbild für das Erfolgskonzept – bei vielen Parallelen, gibt es aber bereits bei den Zahlen einen deutlichen Unterschied: Zappos erwirtschaftete 2014 mit nur 1500 Mitarbeitern 4,7 Mrd. Euro Umsatz. Der Schweizer Unternehmer Julian Teicke hat eine Erklärung für diesen massiven Unterschied im Verhältnis von Mitarbeiterzahl zu Umsatz: „Bei Zappos wird seit 15 Jahren in erster Linie an der Unternehmenskultur gearbeitet“, sagt Teicke im Gespräch mit dem „Brutkasten“. Tatsächlich ist Zappos-Gründer Tony Hsieh für seinen mehr als unkonventionellen Führungsstil bekannt. Auf offiziellen Firmenfotos zeigt sich der „Glücksforscher“ während eines Haarschnitts im privaten Umfeld – niemand soll sich verstellen müssen, so seine Devise. Das gilt auch in vollem Umfang für die Mitarbeiter, die in jedem Kostüm oder sogar im Pyjama willkommen sind, solange sie dann gerne ins Büro gehen. Der Fachbegriff dafür ist „Wholeness“ und entstammt aus der jungen Organisationslehre Holacracy. Wholeness ist laut Teicke eines der ganz zentralen Elemente, die zu produktiveren Firmen mit glücklicheren Mitarbeitern führen sollen.

Gemeinsam heulen bei Groupon

(c) Julian Teicke
(c) Julian Teicke

Bevor Teicke 2010 sein erstes eigenes Unternehmen gründete, arbeitete er bei dem Couponing-Riesen Groupon in Großbritannien, der damals von dem deutschen Unternehmer und Investor Oliver Samwer geleitet wurde. Die Samwer-Brüder sind bekannt für rasantes Wachstum und hoch gesteckte Ziele: „Wir haben damals binnen weniger Monate von 20 auf mehr als 900 Mitarbeiter hochskaliert“, erinnert sich Teicke. Er habe enorm viel gelernt, der Erfolg hatte aber auch Schattenseiten. „Da gab es eine Heul-Ecke im Treppenhaus – da hat eigentlich immer jemand geheult“, so der heute 29-Jährige. Wirklich geheult? „Ja, wirklich geheult. Manchmal trafen sich auch Leute, um gemeinsam zu heulen“.

2012 haben die Arbeitsbedingungen bei Groupon medial hohe Wellen geschlagen: Massenentlassungen, unerreichbare Zielvorgaben, falsche Versprechungen, Ausbeutung, die bereits in der Bewerbungsphase beginnt und Wutausbrüche Oliver Samwers sind nur einige der damaligen Vorwürfe. „Es kam oft zu Situationen, die einfach nicht schön sind“, erzählt Teicke und gibt ein Beispiel: „Ich war für den Rollout von Groupon in Dänemark zuständig. Wir waren gerade einmal zwei Wochen live und haben unsere Ziele nicht erreicht. Es wurde ein Management-Meeting einberufen, in dem nach den zwei am schlechtesten performenden Leuten in Dänemark gesucht wurde. Ich habe die Namen genannt und hätte dann vor allen Leuten die beiden Mitarbeiter anrufen und sie entlassen sollen. Ich habe mich natürlich geweigert und das nicht gemacht. Unter einer solchen Kultur leidet letztlich die Lebensqualität jedes einzelnen“.

Die Gefahren eines alleinigen Machthabers

Kann man mit unglücklichen Mitarbeitern also ein erfolgreiches Geschäft aufbauen? „Ja, weil einfach wahnsinnig schlaue Menschen die Fäden in der Hand haben und die Leute unter sich verwenden wie verlängerte Arme“, meint Teicke. „Dabei geht allerdings viel Potenzial der Leute darunter verloren“. Joël Kaczmarek unterstellt in seinem Buch „Die Paten des Internet“ Oliver Samwer perfide Manipulation und psychologische Tricks, mit denen Mitarbeiter bis an ihre Leistungsgrenzen geführt wurden, um hoch gesteckte Ziele zu erreichen. Wie kein Zweiter verstehe er es, andere von sich abhängig zu machen. Wutausbrüchen in der Büro-Öffentlichkeit stünden Lob und Motivation im persönlichen Gespräch gegenüber – viele Mitarbeiter, vor allem im Management, ertragen einiges, besteht auch nur eine kleine Chance den Chef zu beeindrucken.

„In traditionellen Hierarchien ist es enorm schwierig, das Potenzial des Einzelnen zu nutzen, weil ich in einem Netz von Abhängigkeiten drinstecke. Damit orientieren sich die Menschen an den Dingen, die die Karriere befördern“, meint Gerald Mitterer, Mit-Gründer des Unternehmensberaters „dwarfs and Giants“. Moderne Firmen seien allerdings so komplex, dass es fahrlässig sei, sich nur auf die Entscheidungen eines Machthabers zu verlassen. „Das ist ungefähr so, als würde man in ein Flugzeug steigen, 70 Instrumente sehen, um das Flugzeug gut zu fliegen, aber nur den Höhenmesser verwenden“, meint Mitterer.

Kleine Änderungen – große Wirkung

„Meine erste eigene Firma habe ich anfangs mit denselben Methoden aufgebaut – dem klassischen ‚command and controll‘“, erzählt Teicke weiter. Dass etwas nicht stimmt, fiel dem Gründer auf, als er sich die Kundenzufriedenheitsdaten ansah. „Im Kundendienst kamen die Leute jeden Tag bereits in der Früh mit hängenden Schultern. Die waren der Mülleimer der Firma“. Die Lösung: Die Mitarbeiter des Kundendienstes sollten ihre Erfahrungen in alle anderen Abteilungen tragen und in der gesamten Firma die „Stimme der Kunden“ sein. Das Ergebnis: DeinDeal wurde eines der kundenfreundlichsten Unternehmen der Schweiz. Eine kleine Änderung in der Organisationsstruktur mit großem Effekt.

Lesen Sie in den nächsten Tagen auf derBrutkasten.com: Wie kann man mit einer modernen Organisations-Struktur ein Umfeld für produktivere Mitarbeiter schaffen?


Oft fällt es den jungen Unternehmen in der Wachstumsphase schwer, Ordnung in die Struktur zu bringen und die wachsende Anzahl von Mitarbeitern zu organisieren. Beim OrgDesign Lab am 18.11.2015 wird Gründern dabei geholfen, diese Hürde zu bewältigen. Interessierte Entrepreneure können sich ab sofort bewerben.

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Crypto Weekly, Bitcoin Halving
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Die Kurstafel:

​⚠️ Das Bitcoin-Halving steht unmittelbar bevor

Es steht jetzt endgültig bevor: das vierte Bitcoin-Halving wird in der Nacht auf Samstag über die Bühne gehen. Beim Halving wird die Belohnung, die Miner erhalten, um neue Blöcke zu Bitcoin-Blockchain hinzufügen, halbiert. Die Folge: Es kommen weniger neue Bitcoins in den Umlauf als es ohne Halving der Fall wäre. Diesmal sinkt diese “Ausschüttung” von 6,25 Bitcoin auf 3,125 Bitcoin.

Wer gut im Kopfrechnen ist, kann es sich schon herleiten: Nachdem es das vierte Halving ist, ist die Belohnung zunächst von 50 auf 25 (im Jahr 2012), dann von 25 auf 12,5 (im Jahr 2016) und zuletzt 2020 von 12,5 auf 6,25 gesunken. Das Halving ist dabei aber nicht über einen Zeitraum definiert, allerdings dennoch klar vorherbestimmt: Es findet alle 210.000 Blöcke statt - was in der Praxis aktuell (bei einer Blockzeit von zehn Minuten)  auf etwa vier Jahre hinausläuft.

Das Halving spielt eine extrem wichtige Rolle für die Geldpolitik von Bitcoin. Denn dass die Menge aller jemals bestehender Bitcoin begrenzt ist, ist eines der zentralen Merkmale von Bitcoin. Und geht Hand in Hand mit einer deterministischen Geldpolitik. Es entscheidet keine Zentralbank nach eigenem Ermessen, wie viele Bitcoin in Umlauf kommen. Sondern es ist im Code vorgegeben. 

Und weil neue Bitcoin eben als “Block-Subvention” für Miner entstehen, hängt die Anzahl der im Umlauf befindlichen Coins klarerweise direkt davon ab, wie viele Bitcoin diese “Belohnung” ausmacht. Mit dem Halving ist sichergestellt, dass die Anzahl der neu entstehenden Coins langfristig sinkt. Wichtig dabei: Es sinkt nicht die Gesamtzahl der Bitcoin - es kommen weiterhin neue dazu, nur eben nicht mehr so viele wie vorher.

​📈 Warum das Halving den Bitcoin-Kurs antreiben könnte…

Soweit einmal die Auswirkungen des Halvings auf die in Umlauf kommenden Bitcoin. Für viele, die am Markt aktiv sind, ist aber ein anderer Aspekt interessanter: Wie wirkt sich das Halving auf den Bitcoin-Kurs aus? 

Und auch hier gibt es Theorien, die in Crypto Weekly auch immer wieder diskutiert worden sind. Eine der populärsten Annahmen: Auf das Halving folgt ein Bullenmarkt mit steigenden Kursen. 

Bei den vergangenen drei Halvings war dies - mit einigen Monaten Verzögerung - auch tatsächlich der Fall. Drei Fälle sind aber statistisch nicht viel und die zeitliche Verzögerung macht es noch einmal schwieriger, Kausalitäten herzuleiten. Zumal Bitcoin sich im Jahr 2024 unter völlig anderen Rahmenbedingungen bewegt als in den Jahren 2012, 2016 und 2020.

Anstatt uns von der Vergangenheit leiten zu lassen, werfen wir doch einen Blick auf die Logik hinter der Annahme. Die lautet im Wesentlichen: Wenn weniger Bitcoin in Umlauf kommen, werden sie wertvoller. 

🤔 …und warum vielleicht auch nicht

Aber diese Begründung hat gewisse Probleme: Einerseits sinkt ja das Bitcoin-Angebot nicht, sondern es kommen weiterhin neue dazu. Andererseits ist es beim Bitcoin-Kurs so wie bei jedem anderen Asset: Er wird nicht monokausal vom Angebot bestimmt - ebenso entscheidend ist auch die Nachfrage. Und die hängt von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren ab - die mitunter sogar völlig außerhalb des Kryptomarkts angesiedelt sind. Etwa, wenn makroökonomische oder geopolitische Entwicklungen die Nachfrage nach sämtlichen “Risk Assets” dämpfen. 

Dazu kommt: Dass das Halving kommt, ist bekannt. Wahrscheinlich gibt es nur sehr wenige Ereignisse in der Finanzwelt, deren Eintreten mit dermaßen geringer Unsicherheit vorhergesagt werden kann. Und kursrelevante Ereignisse, die bereits bekannt sind, sind im Normalfall bereits im Kurs widergespiegelt. 

Natürlich kann man trefflich darüber diskutieren, ob der Kryptomarkt einen effizienten Markt darstellt. Aber grundsätzlich ist die geschilderte Annahme plausibel: Wer ein iPhone verkauft, von dem man sicher weiß, dass es in drei Monaten kaputt geht, wird dafür einen geringeren Preis erzielen als wenn dies nicht der Fall ist. Der Käufer weiß, dass das passieren wird - und preist es dementsprechend ein. Analog dazu läuft es an den Finanzmärkten. 

Heißt das nun also, dass das Halving keine Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs haben wird? So einfach ist es dann auch wieder nicht. Wie schon in Crypto Weekly #124 geschildert, kann das Halving bis zu einem gewissen Grad auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden: Wenn alle auf einen Kursanstieg setzen, kommt er dann tatsächlich - zumindest vorübergehend. Der Kurs wird in einem solchen Fall also nicht vom Halving selbst getrieben, sondern von der Wahrnehmung des Halvings durch die Trader:innen. 

Entscheidend dabei ist aber: Die kurzfristige Kursreaktion auf das Halving ist jedenfalls spekulativ getrieben. Und spekulativ getriebene Marktbewegungen können schnell in die eine wie auch in die andere Richtung gehen. Wie sich das Bitcoin-Halving kurzfristig auf den Kurs auswirken wird, werden wir morgen wissen. Zuverlässig voraussagen, lässt es sich jedenfalls nicht.


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