01.03.2016

PrimeCrowd: Der Eliteclub der Privatinvestoren

Wer mindestens 10.000 Euro investieren will und den Kontakt zu handverlesenen Startups sucht, ist bei PrimeCrowd richtig. Die Wiener Investment-Plattform will ihr Netzwerk in ganz Europa aufbauen.
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Markus Kainz (Mitte) und einige seiner PrimeCrowd-Gesellschafter. (c) PrimeCrowd
Markus Kainz (Mitte) und einige seiner PrimeCrowd-Gesellschafter. (c) PrimeCrowd

Während auf Kickstarter-Nutzer durchschnittlich rund 65 Euro in ein Projekt investieren, liegt die Schwelle bei Markus Kainz’ neuer Crowd-Plattform gleich um einiges höher. Der Serial-Entrepreneur und Investor baut in Wien mit PrimeCrowd eine Art Eliteclub für Privatinvestoren auf. Erst ab 10.000 Euro ist man dabei – soviel muss in Form eines Nachrangdarlehens mindestens in ein Startup aus dem PrimeCrowd-Portfolio investiert werden. Für eine Eigenkapitalbeteiligung sind mindestens 50.000 Euro fällig.

Geld ist aber nicht die einzige Hürde, die künftige PrimeCrowd-Mitglieder nehmen müssen – ohne Kontakte geht fast nichts. Auch die Startups werden handverlesen. Sie sind entweder ausgewählte Top-Absolventen internationaler Inkubator-Programme, mit denen PrimeCrowd zusammenarbeitet – oder sie werden von Gesellschaftern empfohlen. Markus Kainz erklärt im Interview, wie seine neue Crowdinvesting-Plattform genau funktioniert.

+++ Auch interessant: Finanzierungsmöglichkeiten für Startups in der Anfangsphase +++

Funktioniert PrimeCrowd wie ein Fonds, in den man investieren kann?

Markus Kainz: Nein. Es gibt zwar Mindest-Tickets von 10.000 Euro, aber jeder Investor soll selbst entscheiden, in welches Startup er investiert. Wir wollen ja auch, dass die Investoren die Startups unterstützen. Wir stellen nur den Kontakt her, beraten und stellen die Investment-Tools zur Verfügung.

Hat PrimeCrowd Vorbilder?

Kainz: Ich war bei den Pitching Days in Tel Aviv (Reise der Wirtschaftskammer Österreich, Anm.) und dort haben wir uns einige Accellerators und Investment-Buden angeschaut. Eine davon hieß OurCrowd und die haben das dort bereits umgesetzt gehabt und waren sehr erfolgreich. Ich dachte, cool, soetwas brauchen wir auch in Europa.

Wie wird das Startup-Portfolio für PrimeCrowd zusammengestellt?

Kainz: Wir wollen in ganz Europa agieren und haben deshalb Deals mit Inkubatoren und Accellerators in ganz Europa. Wir arbeiten unter anderem auch mit StartUs zusammen. Inkubatoren filtern ja bereits vorher aus und wir bieten am Ende des Programms den besten Startups die Möglichkeit, bei PimeCrowd gelistet zu sein. Wir haben auch ein sehr weites Gesellschafternetzwerk und kommen auch über Weiterempfehlungen zu Startups. Das wichtigste ist, dass das Team passt und das kann man viel besser beurteilen, wenn die Empfehlungen über das Netzwerk kommen.

Welche Startups sind zum Start dabei?

Kainz: Man muss bei uns Investor sein, um Zugang zu den Startups zu haben.

Wie wird man Investor?

Kainz: Nach der Bewerbung oder Empfehlung gibt es einen persönlichen Termin, in dem es um Motivation und Einstellung geht. Bis jetzt hat es immer gepasst. Man bekommt dann Zugang zu unserer Plattform und sieht dort alle Startups. Es gibt auch Veranstaltungen, Netzwerk-Events und eine Academy.

Die Investoren haben nicht nur Geld, sondern auch einen Background, der für Startups nützlich sein kann?

Kainz: Manche haben nur Geld (lacht). Die meisten wollen sich aber auch einbringen. Einer zum Beispiel hat eine sehr große IT-Firma und interessiert sich für IT-Startups, denen er auch praktisch helfen kann.

Können Startups mitentscheiden, wer in sie investiert?

Kainz: Im Fall einer Eigenkapitalbeteiligung ist man Gesellschafter. In dem Fall braucht man natürlich die Rücksprache mit dem Startup. Bei Nachrangdarlehen kann das Startup aber nicht mitentscheiden.

Mit wieviel Kapital können PrimeCrowd-Startups rechnen?

Kainz: Der Durchschnitt liegt jetzt bei 200.000 und 500.000 Euro.

Passiert es auch, dass Startups leer ausgehen?

Kainz: Das kann natürlich auch passieren. Startups haben drei Monate Zeit, um auf ein Mindestinvestment zu kommen. Wir versuchen aber schon auf Pitch-Events vorab die Stimmung bei den Investoren abzuschätzen.

Wie ist das Team von Primecrowd aufgestellt?

Kainz: Es gibt 22 Gesellschafter, die in die PrimeCrowd an sich investiert haben. Zu den Investoren kommen wir über Weiterempfehlungen und das persönliche Netzwerk. Deshalb war es wichtig, ein großes Gesellschafternetzwerk zu haben. Die Hälfte der Gesellschafter investiert aber zusätzlich in Startups.

Wer sind die 22 Gesellschafter?

Kainz: Es sind einige bekannte Namen dabei, wie Daniel Cronin oder Julian Breitenecker, Bruder vom Puls4-Breitenecker. Julian investiert auch mit Media-for-Equity in viele Startups. Spannend ist auch Johannes Siller – es gibt den European Investment Fonds, über den die EU deine Investments für die Startups verdoppelt. Johannes Siller ist einer von sechs Österreichern, der in diesem Netzwerk dabei ist. Er ist sehr aktiv in der Startup-Szene, aber er ist sehr zurückhaltend.

Bleiben Sie Ihrem Projekt bei StartupLeitner, dem Inkubator Slax erhalten?

Kainz: Aus meiner Sicht brauchen Startups zwei Sachen dringend: das eine ist der Bereich Sales. Die meisten haben ein tolles Produkt und Team, aber Probleme, das Ding zu verkaufen. Deshalb unterstützt Slax Startups im Bereich Sales. Ich werde dort weiter mit dabei sein, aber mein Fokus wird auf PrimeCrowd liegen.

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Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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