09.12.2015

Microsoft: “Startup-Szene verkauft sich unter Wert”

Im Rahmen der "Innovation to Company" Startup-Challenge soll der Wirtschaftsstandort Wien gefördert werden. Der Brutkasten hat mit Microsoft-Marketing-Chef Gerhard Goeschl über seine Erwartungen und die heimische Szene gesprochen.
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Gerhard Goeschl sieht viel Potential in der österreichischen Startup-Szene.
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Bei der „Innovation To Company (I2C)“ – Challenge von der Wirtschaftskammer Wien haben große Industrieunternehmen wie Microsoft, Heintel und Eaton konkrete Aufgaben vorgegeben. Den Gewinnern winken bis zu 350.000 € und eine Kooperation mit einem der renommierten Unternehmen.

Microsoft Marketing Leiter für IT-Spezialisten und Software Entwickler Gerhard Goeschl sieht viel Potential in der österreichischen Szene. Und er freut sich über die Kooperation mit der Wirtschaftskammer Wien, um Startups zu unterstützen.

Der Brutkasten: Mit welchen Erwartungen sind Sie die Kooperation mit der I2C-Challenge eingegangen?

Gerhard Goeschl: Microsoft arbeitet schon sehr lange mit Startups zusammen. Auch mit der Wirtschaftskammer gibt es seit ca. drei Jahren eine Kooperation, im Zuge derer wir gemeinsam Aussendungen oder verschiedenste Veranstaltungen machen. Wir zeigen den Startups was möglich ist und wie sie Technologie und Software nutzen können. Diese Kooperation funktioniert sehr gut, deshalb lag es für uns auf der Hand, dass Microsoft sich der I2C-Challenge anschließt.

Warum legt Microsoft Wert auf die Zusammenarbeit mit Startups?

Goeschl: Microsoft ist ein großer Konzern und mit vielen eingefahrene Strukturen. Startups hingegen sind neu am Markt, haben viele und teilweise sehr unkonventionelle Ideen und sind schnell in der Umsetzung. Das ergänzt sich gut. Außerdem ist Microsoft ein Plattform-Anbieter. Das heißt wir bieten die Basis an, auf der andere ihre Produkte entwickeln können. Verkauft der Entwickler ein Produkt, verkauft er auch unsere Technologie mit. Eine Win-Win Situation.

Welche Angebote hat Microsoft für Startups?

Goeschl: Wir haben mit dem „BizSpark“-Programm ein spezielles Förderungsprogramm für Startups. Im “BizSpark” bekommen Startups bis zu drei Jahren lang gratis Software zur Verfügung gestellt, Beratung und Betreuung. Wir helfen ihnen einen Business Plan zu schreiben. Auch kostenlose Cloud-Services sind in dem Paket enthalten.

Bei einem guten Business Plan gibt es die Möglichkeit das Startup für das „BizSpark Plus“-Programm zu nominieren. Da haben wir lokal die Möglichkeit Förderungen in Höhe von bis zu 120.000 US-Dollar auszuschütten.

+++ Michael Bartonek von Eaton Industries über die i2c Teilnahme +++

Gibt es auf Microsoft Seite bereits konkrete Vorstellungen für die I2C-Challenge?

Goeschl: Wir unterstützen gern alle Startups im IT-Bereich, die gute Ideen haben. Für den I2C-Bereich haben wir uns auf den Themenbereich “Smart-City” geeinigt. Wir suchen Lösungen, die Software-Komponenten haben oder sich möglicherweise im „Internet of Things“-Bereich bewegen. Adressiert wird das Thema der Urbanisierung.

Welche Tipps haben Sie für Startups, die mit Microsoft arbeiten möchten?

Goeschl: Wir suchen eine Lösung die „ready to market“ ist. Ein Startup sollte also ein Produkt einreichen, das defacto fertig ist. Nur eine Idee wäre für die I2C-Challenge zu wenig, es lässt sich aber trotzdem darüber reden ob sich eventuell ein Platz in unserem “BizSpark”-Programm findet. Beim Auswahlverfahren schauen wir uns an: Was ist wirklich marktreif? Was lässt sich ohne allzu viel Aufwand bald umsetzen? Wo gibt es konkrete Zahlen? Wie strukturiert ist die Einreichung?

Wie sieht eine mögliche Kooperation für das Gewinner-Startup aus?

Goeschl: Dem Sieger öffnen wir alle unsere Partnerkanäle. Wir erstellen gemeinsam Marketing-Unterlagen und verteilen sie über unsere Kanäle. Zusätzlich werden unsere Kundenbetreuer damit ausgestattet. Unsere Berater wissen genau, was Großkunden brauchen. So kann ein Startup möglicherweise ein Geschäft mit einer großen Firma abschließen, zu der man sonst keinen Zugang gehabt hätte. Kontakte zu den internationalen Niederlassungen werden hergestellt, um auch dort die Vertriebskanäle zu öffnen.

+++ Mehr zum Thema: Heintel Medizintechnik über die I2C Challenge+++

Was halten Sie generell von der österreichischen Startup-Szene?

Goeschl: Wer sich mit dem Thema noch wenig beschäftig hat, könnte den Eindruck bekommen, dass Österreich nicht so gut unterwegs sei. Vor allem weil Hot-Spots wie Berlin oder Kopenhagen auftauchen. Ich glaube aber, dass sich die österreichischen Startups bzw die Szene aktuell ein bisschen unter ihrem Wert verkaufen. Es gibt hier sehr wohl Ideen und Firmen, die es wert sind, dass man ihnen Gehör schenkt. MySugr oder Runtastic sind ja hervorragende Aushängeschilder für Österreich.

 

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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