28.07.2016

“Wir werden Kompromisse finden”: Elisabeth Hakel über das Startup-Paket

Werden bürokratische Hürden jetzt tatsächlich beseitigt? Für welche Unternehmen gibt es nun eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten? Welche Reformen werden noch folgen? Nach der Präsentation des Startup-Pakets der Bundesregierung tauchten viele Fragen auf. Im Brutkasten-Gespräch beantwortet SPÖ-Startup-Sprecherin Elisabeth Hakel viele Fragen rund um das Thema.
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SPÖ-Sprecherin Elisabeth Hakel über das Startup-Paket.

Nach langem Warten hat die Bundesregierung vor etwa drei Wochen ihr Startup-Paket veröffentlicht. Es handle sich dabei um ein Kooperations-Projekt von ÖVP und SPÖ, heißt es. Das erklärte Ziel: Österreich als Wirtschaftsstandortzu stärken. Mit Chefredakteurin Theresa Sophie Breitsching und Elisabeth Hofer vom Brutkasten sprach Elisabeth Hakel von der SPÖ über die neuen Maßnahmen, Definitionsschwierigkeiten und Pläne für die Zukunft.

Wie lange sind Sie schon in der SPÖ tätig?

Seit meiner Jugend. Ich komme aus einer ländlichen Region in der Steiermark, wo das öffentliche Verkehrsnetz immer sehr überschaubar war. Mit 17 Jahren wollte ich in die Disko einer naheliegenden Gemeinde fahren, doch meine Eltern konnten nicht ständig hin- und herfahren. Damit wollte ich mich nicht zufrieden geben und dann habe ich die sogenannte “Saturday Nightline” mitinitiiert, die es übrigens heute noch gibt. Das war irgendwie schon der Einstieg in die Politik.
Im Jahr 2000 ist die SPÖ in die Opposition gekommen und ich wurde parlamentarische Mitarbeiterin von Caspar Einem. Später habe ich mich parallel dazu als PR-Beraterin selbstständig gemacht und war somit selbst ein “Ein-Personen-Unternehmen”. Seit 2008 bin ich Abgeordnete zum Nationalrat.

Sie hatten also ein Ein-Personen-Unternehmen. Ist das der Zugang zum Bereich Startups?

Ich habe mein EPU gegründet, nicht weil ich es selber wollte, sondern weil ich gefragt wurde, ob ich in einem kleinen Unternehmen PR-Beratung machen möchte, wo man mich aber nicht anstellen wollte bzw. konnte. Also musste ich mich damals selbständig machen. Ich wusste anfangs gar nicht wirklich, worauf ich mich da einlasse. Finanziell und organisatorisch war das eine riesige Umstellung und ich war oft völlig überfordert: SVA-Beiträge, Steuerberater, Umsatzsteuer-Vorauszahlung, und und und. Ich hatte zwar eine HAK Matura, doch in der Praxis hat mir viel know-how zur Selbstständigkeit gefehlt.

Ich wusste anfangs gar nicht wirklich, worauf ich mich mit der Selbstständigkeit da einlasse.

Sie sind für Kunst, Kultur und Startups zuständig. Wie passt das zusammen?

Für Kunst und Kultur habe ich mich schon in der Schulzeit sehr interessiert. Im Kulturbereich gibt es im Übrigen ganz viele Ein-Personen-Unternehmen. Schauspieler, Drehbuchautoren und viele mehr sind allesamt EPUs – Eigentlich die gesamt Kreativwirtschaftsszene. Auf das Thema Startups bin ich über Freunde, die selbst ein Unternehmen gegründet haben, aufmerksam geworden. Einer meiner besten Freunde, hat damals in unserer WG “Ubimet” gegründet, das war 2004. Das war meine erste Erfahrung mit den Herausforderungen, die man bewältigen muss, wenn man mit einem Startup loslegt. Mittlerweile habe ich mit den unterschiedlichsten Stakeholdern aus der Community einen guten inhaltlichen Austausch.

Auch und vor allem in der SPÖ?

In keiner Partei ist es wirklich behandelt worden, wobei ich überzeugt bin, dass es genügend Möglichkeiten gegeben hätte, um etwas weiterzubringen.

Harald Mahrer von der ÖVP war sehr präsent bei diversen Veranstaltungen und hat den Eindruck vermittelt, dass vieles schwer umsetzbar ist bzw., dass es viel Zeit braucht. Können Sie das bestätigen?

Harald Mahrer hat sich sicher dafür eingesetzt und war oft vor Ort, um sich die Probleme der Szene anzuhören. Letztendlich hat er aber nichts erreicht. Mit Bundeskanzler Christian Kern, hat sich die Schwerpunktsetzung in der österreichischen Politik schon merklich verändert. Die Herausforderungen, mit denen Startups zu kämpfen haben, hat Bundeskanzler Kern bereits zur Chefsache gemacht. Der erste große öffentliche Auftritt des neuen Bundeskanzlers war am Pioneers Festival. Das ist schon auch ein Zeichen. Und es war auch der Bundeskanzler, der gesagt hat „Ich will ein „Startup-Paket“.

Bedeutet das, dass das Thema erst zum Kanzler kommen musste, um eine Veränderung zu bewirken?

Ja. Ich glaube das Thema musste zur Chefsache werden.

Wie definiert die SPÖ eigentlich Startup?

Es ist meistens ein sehr junges Unternehmen. Wir sagen so drei Jahre, älter sollte es nicht sein. Es arbeitet in einem hoch technologischen und innovativen Bereich. Es wächst sehr schnell und hat eine hohe Skalierbarkeit. Wachstum bringt auch einen steigenden Beschäftigungsgrad. Also viele Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit.

Das würde aber bedeuten, dass die Großen wie Runtastic oder Shpock dann gar nicht mehr hineinfallen würden in die Definition.

Ja, das würde ich so sagen. Ich glaube Runtastic ist nicht mehr in der Phase, wo sie noch viel Unterstützung von der öffentlichen Hand brauchen. Ich bin überzeugt davon, dass Runtastic über die Startup-Phase bereits hinaus ist. Genauso wie Shpock oder eben Ubimet. Ubimet hat weltweit über 300 Mitarbeiter, die gibt’s seit 2004, das ist kein junges Startup mehr. Da gibt es in Österreich zahlreiche andere junge Unternehmen, die noch Unterstützung brauchen.

Sind Startups ein Thema, bei dem sich SPÖ und ÖVP recht einig sind? Oder ist das nur ein Thema, mit dem man in Zeiten der großkoalitionären Schwierigkeiten nach außen einig wirken kann?

Das Startup Paket ist das Ergebnis guter Zusammenarbeit zwischen der SPÖ und der ÖVP. Staatssekretär Harald Mahrer, Bundesminister Jörg Leichtfried, ich und unsere Teams haben und werden auch weiterhin ausdifferenzieren, es wird Meinungsverschiedenheiten geben, doch ich denke, wir werden Kompromisse finden und uns einigen können.

Das Startup Paket ist das Ergebnis guter Zusammenarbeit zwischen der SPÖ und der ÖVP.

Die Junge Wirtschaft hat kritisiert, dass die Entlastung der Lohnnebenkosten, die das Startup Paket vorsieht auf „innovative Startups“ beschränkt ist.

Die Junge Wirtschaft würde mit ihrer Definition noch viel mehr in die Breite gehen und da würden meiner Ansicht nach dann auch alle EPUs und KMUs hineinfallen. Und das hat dann nichts mehr mit Startups zu tun. Dann kommt ein Tischler und fragt zurecht, warum er kein Startup ist, denn er hat auch gerade gegründet. Da muss man klar abgrenzen. Siehe auch meine Definition vorhin. Dass sich in allen anderen Unternehmensformen natürlich auch etwas tun muss, ist ein anderes Thema. Aber KMUs und EPUs gehören nicht zu Startups.

Redaktionstipps

Wie lange wird es dauern, bis bürokratische Hürden tatsächlich beseitigt werden?

Das neue Gesetz soll ab 1. Jänner 2017 gelten. Es beinhaltet unter anderem auch einen 24 Stunden Check des AWS. Anfangs war ich diesbezüglich skeptisch, ob das zu schaffen ist. Doch das AWS hat mir versichert, dass es diesbezüglich keine Probleme geben wird.

Im Startup-Paket ist vorgesehen, dass Ideen beim Patentamt hinterlegt werden können, auch wenn sie noch nicht patentreif sind. Macht das das System der Patentvergabe nicht redundant?

Zwei Dinge: Einerseits bekommt man für eine Patentanmeldung einen Gutschein im Wert von 10.000 Euro und zweitens kann man eine Idee erst einmal hinterlegen, somit ist diese ein Jahr lang geschützt. Dieses Prinzip funktioniert derzeit beispielsweise in den USA sehr gut. Die Menschen wissen in etwa, was hinterlegt wurde – kennen jedoch keine Einzelheiten. Dies regt zusätzlich den Wettbewerb an.

Wie viel Kontakt gibt es zu Gründern, die noch ganz am Anfang stehen?

Seit Christian Kern Österreichs Bundeskanzler ist und besonders seit seinem Auftritt beim Pioneers Festival, melden sich beinahe täglich Startups oder Personen bei uns, die mitarbeiten wollen, die uns ihre Anliegen und Vorschläge präsentieren wollen oder uns von ihren Problemen berichten möchten. All das ist wertvolles Feedback für unsere Arbeit in der Politik.

Was kann man von politischer Seite bewirken für jemanden, der sich meldet?

Es handelt sich um die unterschiedlichsten Anfragen oder Vorschläge – oft welche, die bereits in dem Paket beantwortet oder umgesetzt wurden. Manchmal wird auch nur um einen Kontakt zu den unterschiedlichsten Förderstellen gebeten. Erfreulich ist, dass viele Menschen sich bei uns melden und bei der SPÖ inhaltlich mitarbeiten wollen. Im Herbst werden wir den Prozess starten, ein SPÖ-Positionspapier zum Thema Startups zu schreiben. Es gilt dann, sich mit mittel- und langfristigen Zielen und darauf bezogene Fragen auseinanderzusetzen.

Können Sie verraten, welche Hauptagenden dieses Papier beinhalten wird?

Aufbauend auf dem Startup-Paket gibt es noch weitere Forderungen aus unserer Enquete, die nicht so schnell beantwortet werden können. Wir werden diskutieren und uns auf eine Position einigen. Daran können sich alle, die Lust haben, beteiligen. Parteiübergreifend. Bis Ende des Jahres wollen wir das SPÖ-Positionspapier fertig haben.

Wieso ist denn Entrepreneurship auf einmal ein Thema in der SPÖ?

Es war immer schon ein Thema in der SPÖ, aber eben nicht das oberste Thema. Weil wir aus einer ganz anderen Richtung kommen, das stimmt schon. Jetzt ist es zur Chefsache ernannt worden und das ist gut so. Eine erste Antwort bzw. Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen für Startups war jetzt das Startup-Paket. Der zweite Schritt wird ein KMU-Paket im Herbst sein, in dem es um eine Reform der Gewerbeordnung geht. Aus 400 freien Gewerbescheinen soll einer gemacht werden. Da steht schon einiges an.

Wie darf man sich das vorstellen?

Es gibt 440 freie Gewerbe. Wenn ein Fotograf zum Beispiel auch etwas mit Design macht, braucht er verschiedene Gewerbescheine und das wiederum verursacht nicht nur Verwaltungskosten. Künftig soll nur noch ein Gewerbeschein notwendig sein.

Können Sie sich vorstellen, selbst einmal zu gründen bzw. wieder zurück zu gehen in die Selbständigkeit?

Ja, absolut. Die Generationen, die nach mir die Handelsakademie besuchen, arbeiten in Übungsfirmen und sind Unternehmer. Unglaublich, was dort teilweise schon auf die Beine gestellt wurde, bevor man in Österreich das Wort „Startup“ überhaupt kannte. Das gab es zu meiner Zeit leider noch nicht. Vielleicht wäre ich dann in die Wirtschaft gegangen. Aber sag niemals nie. Es kann sich immer noch alles ergeben.

Ist das Startup-Paket ein Wahlanreiz für Jungunternehmer?

Ich hoffe, dass wir nicht so schnell wieder wählen müssen. Sollte es aber dazu kommen, hoffe ich, dass es in Erinnerung geblieben ist.

Zur Person

Werdegang: Nach der Matura kam Elisabeth Hakel nach Wien und arbeitete im SPÖ-Jugendreferat als Generalsekretärin. 2000 wurde sie parlamentarische Mitarbeiterin von Caspar Einem. Ab 2007 war sie Pressesprecherin von Barbara Prammer, der damaligen Nationalratspräsidentin. 2008 gab es Neuwahlen. Hakels Heimatbezirk in der Steiermark fragte sie, ob sien den Bezirk im Nationalrat vertreten möchte und sie kandidierte. Seit 2008 ist sie Abgeordnete zum Nationalrat.

 

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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