21.03.2016

Built to exit: Lässt sich ein schneller Startup-Exit planen?

Michael Altrichter führte Payolution in nur 5 Monaten zum Exit. Es war zwar keine reine Glückssache, einfach wiederholen lässt sich der Stunt dennoch nicht. Altrichter erzählt dem Brutkasten, wie der schnelle Exit gelang, gibt Tipps und spricht auch eine Warnung aus.
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Fünf Monate nach dem Start kämpfen die meisten Gründer mit Bürokratie, Produktentwicklung, Kundenakquise und Investorensuche. Aber nicht alle: Bei Payolution ging es Schlag auf Schlag. Fünf Monate nach der Gründung folge bereits der Exit. Das Payment-Startup der heutigen Business Angels Michael Altrichter und Stefan Kalteis ging im September 2011 an den britischen Zahlungsdienstleister Skrill. Kalkül oder pures Glück? Lässt sich ein schneller Exit planen?

Wenn ein Frühphasen-Investor gleich zuschlägt

„Es war sehr viel Glück dabei“, sagt Michael Altrichter, der das Startup 2011 gemeinsam mit Stefan Kalteis gegründet hatte. Die größte Rolle spielten aber die Erfahrung der Gründer und Altrichters dichtes Netzwerk: „Mir fiel es leicht, meine Bekannten und Geschäftspartner im Payment anzurufen und zu fragen, wer bei einem neuen Payment-Unternehmen als Business Angel dabei sein will“, erzählt Altrichter, der zu diesem Zeitpunkt bereits seit 12 Jahren mit seinem ersten Unternehmen, Paysafecard, erfolgreich im Geschäft war. Die erste Runde brachte gleich zehn Investoren für Payolution. Einer davon war Nikolai Riesenkampff, CEO von Skrill: „Die Verhandlung mit ihm hat sofort in die Übernahme geführt“.

Built to exit? “Anfängern würde ich das nicht empfehlen”

Ob Berechnung, oder glücklicher Zufall, so einfach wiederholen lässt sich ein Exit wie dieser nicht. Um ein Startup zu konstruieren, das „built to exit“, also gemacht für den Verkauf ist, braucht es viel Erfahrung. „Anfängern würde ich das nicht empfehlen,“ sagt i5invest-CEO Herwig Springer, „man sollte schon für die Sache leben“. Das sieht auch Altrichter so. “Man kann einen Exit aber schon forcieren”, meint der Serial-Entrepreneur. “Typisch wäre eine App zu entwickeln, sich nur auf die Nutzerzahlen zu konzentrieren und keinen Umsatz zu machen, in der Hoffnung, schnell gekauft zu werden”. Empfehlen würde Altrichter das aber nicht: “Man hat dann ein großes Problem, wenn man keinen Käufer findet”.

+++ Marie Helene Ametsreiter: “Investoren stehen nicht Schlange” +++

Auch wenn ein Startup nicht “built to exit” ist, schadet es nicht, das Thema möglichst früh mitzudenken. Spätestens, wenn ein Finanzinvestor an Bord geholt wurde, führt daran kein Weg mehr vorbei: „Ein Finanzinvestor will irgendwann wieder raus und wird immer wieder nach einem Exit fragen“.

Mit langem Atem zum Millionen-Exit

Heute gehört der Wünsch nach einem Exit meist bereits zu den Gründungsmotiven. Um die Jahrtausendwende war das noch anders. Paysafecard, das erste Startup von Altrichter (gemeinsam mit Armin Sageder, Michael Müller und Reinhart Eilmsteiner), wurde genau in dieser unsicheren Zeit der Dotcom-Blase gegründet. “Der Exit-Gedanke war da ein weit entfernter”, erinnert sich Altrichter. Eine neue Marke im Payment-Bereich zu etablieren war keine leichte Aufgabe: “Das Zahlungsverhalten der Kunden umzugewöhnen dauert sehr lange und damals war auch das Vertrauen in den E-Commerce noch nicht da”, so Altrichter. “Es hat viele Jahre gedauert, bis wir einen Markt für uns gefunden haben”.

Geklappt hat es schließlich in der Nische des Wett-Marktes im Internet, der sich zu dem Zeitpunkt gerade erst entwickelte. Erst 2007 gelang der Break-Even: “Das zeigt, dass Startups manchmal einen sehr langen Atem brauchen”, meint Altrichter. Das Warten zahlte sich für Altrichter aus: 2012 ging Paysafecard um 140 Millionen Euro ebenfalls an Skrill.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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