24.02.2015

BlaBlaCar-Gründer Mazzella: “Firmenwerte sind am wichtigsten”

Mit der Frage, wie man Reisende möglichst kostengünstig von A nach B bringt, beschäftigen sich inzwischen einige Startups. BlaBlaCar ist eines davon. Seit dem Start im Jahr 2006 hat der Online-Vermittler von Mitfahrten über 25 Millionen Mitglieder und ist in 22 Ländern aktiv. Gründer Frédéric Mazzella im Gespräch.
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(c) BlaBlaCar: Frédéric Mazzella (CEO & Gründer) in der Mitte, seine Mitgründer links und rechts: Nicolas Brusson und Francis Nappez.

Die soziale Mitfahrzentrale wurde von Frédéric Mazzella in Paris gegründet. Neben dem Firmensitz in der französischen Hauptstadt, gibt es dreizehn weitere Büros in anderen Ländern – über vierhundert Mitarbeiter arbeiten für den Online-Vermittler. Laut BlaBlaCar wären User in den letzten zwei Jahren übrigens rund 250.000 Male um die Welt gefahren.

Seinen Namen erhielt das Unternehmen, das zuvor Covoiturage hieß, erst rund 5 Jahre nach seiner Gründung im Jahr 2006. Wieso eigentlich? Und warum launchte die Vermittlungsplattform zuletzt in Indien, aber ist nicht in den USA zu finden? Diese und andere Fragen beantwortet Gründer Frédéric Mazzella beim Startup Europe Summit in Berlin:

Wieso war Spanien das erste Land, in das BlaBlaCar expandierte?

(c) BlaBlaCar: Frédéric Mazzella (CEO & Gründer)
(c) BlaBlaCar: Frédéric Mazzella (CEO & Gründer)

Frédéric Mazzella: Der Kriterienkatalog unterschied sich von allen anderen Ländern, die danach folgten. Denn hier wollten wir zunächst überprüfen, ob unser Produkt in zumindest zwei Ländern und zwei verschiedenen Sprachsystemen gleichzeitig bestehen kann.

Dafür musste unser Team zunächst umdenken und global denken lernen. Das Produkt musste seine Skalierbarkeit unter Beweis stellen. Konkret: Wir wollten herausfinden, ob unser Konzept die DNA zum Skalieren hat. Wir wollten gleich zu Beginn testen, ob es zwei Sprachen gleichzeitig bewältigen kann. Spanisch war als Testmarkt naheliegend aufgrund der Ähnlichkeit zur französischen Sprache.

Wir wollten mit unserer Expansion nach Spanien herausfinden, ob unser Produkt die DNA zum Skalieren hat.

Bei allen anderen Ländern machen wir Marktstudien vorab. Wir sehen uns beispielsweise die Zahl jener Menschen an, die sich auf Facebook über unsere Themen austauschen sowie welche alternative Transportmöglichkeiten es vor Ort bereits gibt. Nach all diesen Kriterien wählen wir dann das nächste Land aus, in das wir ausrollen.

Wie geht BlaBlaCar vor, wenn es expandieren möchte?

Wenn wir uns entschieden haben, in welches Land wir gehen, haben wir drei Szenarien, wie wir dies tun:

  1. Durch “Acqui-Hiring” (Anmerkung der Redaktion: Das ist das Aufkaufen eines Unternehmens, um an qualifizierte Fachkräfte zu kommen.)

Das ist der beste Fall, der eintreten kann: Wenn wir ein Startup vor Ort finden, das etwas Ähnliches macht, wie wir. Die haben bereits das Wissen, kennen den Markt, haben die nötige Motivation, den Spirit. Wir fragen das Unternehmen dann, ob sie ihr System mit uns zusammen weiter entwickeln möchten. Das ist dann der perfekte Fit. Das Startup bekommt von uns die nötige Finanzierungsspritze, sowie ein Produkt, das bereits über 10 Millionen Menschen bedient. Das Team kann sich dann voll darauf konzentrieren, das Produkt unter die Menschen zu bringen, mit allen Marketing-Möglichkeiten, die es gibt.

  1. Mitarbeiter aus den eigenen Reihen

Wenn wir Leute in unserem eigenen Team haben, die fähig sind, ein Produkt vor Ort zu launchen, dann ist dies ebenfalls eine Möglichkeit. Das funktioniert wie ein Spin-off. Das haben wir auch zum Beispiel in Deutschland so gehandhabt: Fünf Mitglieder im Team waren Deutsche, die dann von Paris aus nach Hamburg gegangen sind und sich vor Ort um den Launch unseres Produkts gekümmert haben.

  1. Ein Team vor Ort finden

Das ist definitiv die schwierigste Möglichkeit. Denn du stellst jemanden an, der den Markt noch nicht gut genug kennt. Der Projektleiter hat dann quasi die Rolle eines Entrepreneurs. Er ist anfangs alleine, muss super viel lernen und das Team vor Ort aufbauen. Es ist super schwierig, die richtige Person auszuwählen. So haben wir das zum Beispiel in der Türkei und in Indien machen müssen. Es hat zwar letztendlich gut funktioniert, aber es hat eben auch viel Kraft gekostet.

+++Was erfolgreiche Teams anders machen +++

Wieso Indien und nicht etwa die USA?

Einige Unternehmen haben schon vor uns probiert, ähnliche Konzepte in der USA zu launchen. Die haben Millionen investiert und es hat trotzdem nicht geklappt. Die Frage ist, wieso hat es nicht funktioniert? Wir haben vielleicht zwei Antworten darauf gefunden: Zum einen wirtschaftliche Gründe, wie etwa, dass Benzin in den USA billig ist, die Highways kostenfrei. Der finanzielle Benefit ist zu gering. Zum anderen sind die Distanzen viel größer. Die Fahrer verlieren zu viel Zeit, wenn sie Mitfahrer irgendwo abholen müssen, weil das Transportsystem oft nicht gut genug ausgereift ist.

Wie geht das Team mit den ständigen Veränderungen um?

Unser Team weiß, dass es immer mit neuen Veränderungen zu tun hat. Bei uns verändert sich nämlich alles jederzeit. Das Mindset bei uns ist “Change”. Bei uns denkt man nicht statisch. Es geht um die Mission, die sich immer verändern oder anpassen kann. Außerdem artikulieren wir immer unsere Werte. Sie helfen uns dabei, den anfänglichen Spirit zu halten.

Wir legen großen Wert darauf, dass unser Team stark ist und motiviert bleibt. Das kommunizieren wir über unsere Werte.

Wenn du schnell wächst, sind gerade die Werte des Unternehmens super wichtig. Zusammengefasst muss man zwei Dinge jederzeit beachten: Stell sicher, dass das Team für Veränderungen bereit ist. Zweitens, artikuliere die Werte der Firma.

Wie kam es zum Namen BlaBlaCar, der doch ungewöhnlich ist? 

Wir haben von unserem Ursprungsnamen zu BlaBlaCar gewechselt, da wir schnell gemerkt haben, dass der Anfangsname nicht passt. Wir brauchten einen Namen, der auch in anderen Ländern funktioniert. Auf unserer Website muss man bei der Registrierung angeben, ob man gesprächig ist oder eben nicht. Da kann man auswählen zwischen “bla”, “blabla” und “blablabla”. Einmal als ich wieder einmal auf der Website war, hatte ich dann den spontanen Einfall, das Unternehmen einfachBlaBlaCar zu nennen.

Um ehrlich zu sein, hat mich das Branding viele schlaflose Nächte gekostet. Es musste immerhin etwas sein, das in Erinnerung bleibt. Am Ende einer langen Zeit hatten wir 30 Namen, die ich an Freunde geschickt habe. Einige Monate später fragte ich nach, an welchen Namen, sie sich erinnern können: Fast alle sagten BlablaCar. Es ist zumindest einer, an den man sich erinnern kann. (lacht)

+++ Wingly: Die Mitflugzentrale macht Fliegen billiger +++

Artikel-Update: 27.2.2016

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

+++ Jetzt bewerben und von Expedition Zukunft profitieren +++

Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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