01.12.2015

1,5 Mio für “Cookies”: In unter 60 Sekunden Geld an Freunde senden

FinTechs boomen. Damit sind Startups gemeint, die moderne Technologien in der Finanzbranche entwickeln. Das Berliner Startup Cookies ist neu im Geschäft, macht aber mit seiner aktuellen Finanzierungsrunde auf sich aufmerksam. 1,5 Millionen Euro sammelt das junge Unternehmen von bekannten Investoren zum Start ein. Co-Gründer Cheloufi im Gespräch mit dem Brutkasten.
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(c) Cookies: Lamine Cheloufi (rechts) und Garry Krugljakow haben sich beim Ex-Arbeitgeber kennengelernt.

Es herrscht Goldgräberstimmung bei den motivierten Startup-Gründern im Finanzsektor. Laut Studien haben sich die Investitionen in FinTechs in den letzten Monaten vervielfacht. Auch Deutschland mischt vorne – direkt nach den USA – mit, besonders Berlin wird gerne als neue Hochburg nach London zitiert.

Die meisten FinTech-Startups haben “pay”, “money” oder “transfer” im Unternehmensnamen, das war zwei Gründern eines der jüngsten Unternehmen der Finanzbranche aber zu langweilig. “Cookies, also Kekse, kennt jeder, mag jeder – Cookies teilt man mit Freunden. So unbeschwert, wie man mit Cookies umgeht, wollen wir Geldüberweisungen gestalten”, erklärt der Co-Gründer Lamine Cheloufi, der dem Brutkasten Rede und Antwort stand.

Ein bekanntes Beispiel für ein erfolgreiches FinTech zweier Wiener Gründer ist Number26. Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf arbeiten von Berlin aus an einem modernen Girokonto. Die Junggründer Lamine Cheloufi und Garry Krugljakow haben sich ebendort kennengelernt. Cheloufi hat Number26 als Head of Product begleitet, Krugljakow war kurzzeitig an der Business-Front dabei. Beide haben vor wenigen Monaten das Unternehmen verlassen und selbst gegründet – Cookies.

Datenschutz

“Mein Co-Founder Garry und ich haben gesehen, dass es keine App gibt, mit der die Menschen einander einfach, schnell und sicher Geld senden können. Für alles gibt es Apps  – Instagram für Fotos, Facebook für Freunde. Aber wenn es ums Geld geht, hat man die Wahl zwischen Bankautomaten und langwierigen Online-Überweisungen”, so der junge Kölner. Mit der Cookies-App möchte man dieses Problem lösen. Die Beta-Phase soll bald starten.

Zusammen mit inzwischen 25 Mitarbeitern (teilweise ebenfalls ehemalige Kollegen von Number26), werken sie an einem Produkt, das Echtzeit-Überweisungen möglich machen soll – die Anmeldung dauert dabei weniger als 60 Sekunden. Dabei sollen spezielle Mechanismen für besonders hohe Sicherheitsstandards sorgen. Das ist auch nötig, denn amerikanische Großkonzerne wie Google, Apple oder Paypal arbeiten ebenfalls an Lösungen im Finanzdienstleistungsbereich. Der Vorteil von Cookies sei die eigene Marke. Apple oder Google haben in der Vergangenheit mit Datenschutz-Skandalen das Vertrauen der Kunden geschädigt. “Wir speichern sensible Bankdaten nicht auf unseren Servern und nehmen keine Einblicke darin. Der Nutzer behält sie immer in der Hand”, meint Cheloufi.

Geld versenden

Dem User soll es mit Cookies besonders einfach fallen, Geld zu schicken. “Cookies ist für alle Bankkunden verfügbar. Mit uns kann man spielerisch einfach Geld versenden – ohne extra ein Konto zu eröffnen”, was gleichzeitig auch ein großer Unterschied zu Number26 ist, wo man erst ein Konto aufmachen muss.

Die Vision ist allerdings doch ähnlich: “Wir wollen die Banken- und Finanzwelt aufmischen, indem wir ein alltägliches Problem lösen”, meint Cheloufi, dem es dabei nicht schnell genug gehen kann: “Mit einem 60-Sekunden-Anmeldeprozess, nachdem man sofort Geld senden und empfangen kann, wollen wir die Abhängigkeit von Bankautomaten, IBANs und TANs aus der Welt schaffen.”

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(c) Cookies: Garry Krugljakow und Lamine Cheloufi

Dafür konnte man auch große Namen als Investoren gewinnen. Mit an Board der ersten Runde sind Holtzbrinck Ventures, die Studi-VZ-Gründer Ehssan Dariani und Dennis Bemmann, die Wunderlist-Macher Chad Fowler und Benedikt Lehnert (die nach der Übernahme bei Microsoft arbeiten), Raffael Johnen von auxmoney, sowie der Wunderlist-CFO Steffen Kiedel. Damit haben sie Zugang zu Know-How aus den unterschiedlichsten Branchen. Insgesamt 1,5 Millionen Euro konnten die zwei Jungs aufstellen.

Ehssan Dariani, der Cookies von Beginn an begleitet hat, ist von der Idee überzeugt: „Das Cookies-Team ist dabei, ein Problem mit Innovationen zu lösen, an dem sich viele andere seit Jahren die Zähne ausbeißen”, so der Studi-VZ-Gründer.

Ob Cheloufi einen Tipp für die Suche nach den geeigenten Investor hat? “Die Investorensuche ist immer schwierig, weil es vor allem darum geht, die richtigen Investoren zu überzeugen. Mein Tipp für Gründer ist es, sich auf das Produkt zu konzentrieren. Wenn ein gutes Team ein innovatives Produkt entwickelt, findet es meist die richtigen Investoren. Das sage zumindest ich als Produkt-Verliebter – ein Geheimrezept für so etwas gibt es wohl nicht”, meint er.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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