10.07.2019

Startup oder Schmäh? Fünf Beispiele von Unternehmen, die etwas anders (gewesen) sind

In der Startup-Welt gibt es regelmäßig erstaunliche Geschichten. Manche davon führen beim Rezipienten dazu, aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen oder sich kopfschüttelnd zu fragen: "Warum?". Es folgen ein paar Beispiele von Startups, die sich durch obskure Ideen und überraschende Investitionen einen Namen gemacht haben.
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Startup, Juicero, Teaforia, Liquid Death, Yo
c) Yo/Facebook - Bei manchen Startups scheint es manchmal schwer zu fallen an die Seriosität des Unternehmens zu glauben.

Theranos und ihr berühmter Blutstropfen sind längt bekannt. Der brutkasten berichtete. Es gibt aber auch andere Startups, die diesem in Sachen Dreistigkeit und Skurrilität um wenig nachstehen. Der brutkasten hat eine Sammlung der größten WTFs in der Startup-Szene erstellt.

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Ohne Internet kein Saft

Eines davon ist das US-Startup Juicero. Ihr Produkt: eine Saftpresse für rund 700 US-Dollar. Das Unternehmen wurde 2016 in San Francisco gegründet. Nach dem Kauf der Presse, die sich mittels Smartphone steuern ließ, konnten Kunden für 30 US-Dollar monatlich Beutel mit kleingehäckselten Früchten oder Gemüse erstehen. Das Ende des Startups kam in Schritten: Zuerst gab es Kritik an dem Produkt, da man es ohne eine Internetverbindung nicht steuern konnte. Die Folge war, dass das Unternehmen den Verkaufspreis auf 400 und schlussendlich auf 200 US-Dollar senkte.

118 Millionen verpulvert

Den finalen Dolchstoß erhielt Juicero jedoch durch einen Test von Bloomberg, in dem ein Redakteur beweisen konnte, dass man die Saftpresse eigentlich nicht brauche. Eineinhalb Minuten presste der Tester mit den Händen, um ein ähnliches Ergebnis zu erreichen wie die High-Tech-Saftpresse. Insgesamt konnte Juicero in seiner sechzehnmonatigen Lebenszeit rund 118 Millionen US-Dollar an Investment von 16 VCs einstreichen.

Hände so stark wie die Juicero-Maschine

Thousand-Dollar-Tea-Time

Zwar mit drei Jahren länger am Markt, aber mit dem gleichen Ende wie Juicero schreibt sich die Geschichte von Teaforia. Dabei handelte es sich um eine 1000-US-Dollar teure Wifi-Teebrühmaschine (inkluisve handgeblasener Karaffe) mit vorgepackten und extra zu erwerbenden Teebeuteln (Sips). Das Startup wurde dabei von Investoren mit zwölf Millionen US-Dollar unterstützt, bevor es 2017 sein Aus erklärte.

Startup, Juicero, Teaforia, Liquid Death
(c) Teaforia – 1000 US-Dollar zum Teemachen war schlussendlich ein zu hoher Preis.

Startup konnte Anforderungen an intelligente Küche nicht standhalten

“Die Realität unseres Geschäfts ist, dass es viel mehr Finanzmittel und Zeit in Anspruch nehmen würde, um den Markt aufzuklären. Und wir konnten einfach nicht die Mittel beschaffen, die einerseits in einer für Hardware-Unternehmen sehr schwierigen Zeit und andererseits im Bereich der intelligenten Küche erforderlich sind”, schrieb das Unternehmen auf seiner Website: “Aus diesem Grund geben wir schweren Herzens bekannt, dass alle Geschäftstätigkeiten für die Teforia Company ab heute eingestellt werden”.

Ein alter Bekannter, der noch lebt

Um auf die Seite von Liquid Death zu gelangen, muss man vorab bestätigen, dass man 18 ist. Der brutkasten berichtete bereits über das Startup, das österreichisches Wasser in Dosen in den USA vertreibt. Das Unternehmen spielt marketingtechnisch mit düsternen Szenen in makaberen Bildern und Videos, ist aber im Gegensatz zu den oberen Beispielen noch lebendig und im Geschäft. Mehr als 27.000 Follower auf Instagram und über 150.000 User auf Facebook zählt die Dosenwasser-Community. Bisher wurden von der Wasserfirma 1,2 Millionen US-Dollar an Funding eingestrichen.

Startup, Juicero, Teaforia, Liquid Death
(c) Liquid Death/Facebook – Liquid Death setzt auf Kontroversen und ein junges Punk-Image.

Unsicher ob real oder fake

Eine gänzlich andere Situation als bei den bisher genannten Beispielen zeigt sich beim Startup Cangoroo. Noch bis in den Frühling diesen Jahres hinein fragte sich die Startup-Community, ob die Firma real sei. Ihr Ziel: Pogo-Sticks als Alternative zu E-Scootern zu etablieren. Der Grund, warum sich Medienvertreter und Experten fragen, ob es sich hierbei um einen Fake handelt, liegt daran, dass das Startup dem Branding und Kommunikationsunternehmen ODD Company gehört. Jene hat bereits aufwendige virale Videos für Carlsberg, Tui und die Movember-Bewegung gedreht.

Teil der “Sharing Economy”

Founder Adam Mikkelsen muss wiederholt in Interviews betonen, dass es sich bei Cangoroo um eine echte Firma handelt und nicht um einen “Hoax” im Sinne einer PR-Aktion . Das schwedische Startup möchte den Pogo-Stick als “shared fitness product” etablieren und startet mit 100 Stück seiner Fortbewegungsmittel in Stockholm und Malmö. Später soll noch ein Rollout in San Francisco, USA, folgen. Trotz wiederholter Beteuerungen, das Startup sei real, bleiben bis heute Zweifel daran, wie man etwa beim Bericht der Tech-Plattform thenextweb erkennen kann.

Startup, Juicero, Teaforia, Liquid Death
(c) Cangoroo – Beim schwedischen Startup  Cangoroo regen sich Zweifel, ob es sich nicht um eine PR-Aktion handelt.

Das “Hodor” des Sozialen Netzwerks

Die Entwicklung der App “Yo” habe, so heißt es, acht Stunden gedauert. Die Funktion dieses sozialen Netzwerks besteht darin, dass der User nur eine einzige Nachricht an seine Freunde senden kann: “Yo”.

Startup, Juicero, Teaforia, Liquid Death, Yo
(c) Yo/Facebook – Bei Yo handelt es sich um ein soziales Netzwerk, bei dem man nur die Nachricht “Yo” an Freunde schicken kann.

App warnt auch vor Angriffen

Die Idee dabei: Empfänger sollen ein Gefühl der Bestätigung erhalten, dass jemand anderer an sie denke. Abseits davon können “Yo-Nutzer” auch ihren Standort teilen, Freunde hinzufügen und Gruppen erstellen. Mit 1,5 Millionen US-Dollar an Investments ist das Netzwerk heute noch operativ. Letzte Zahlen sprechen von 1,4 Millionen aktiven Usern. Zudem wird berichtet, dass sich israelische Nutzer mit der App auch vor Raketenangriffen warnen.


⇒ Liquid Death

⇒ Cangoroo

⇒ Yo

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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